Sonntag, 3. Juli 2022

Da blickt man nicht mehr durch!

von Mirjam Lübke...

Also, wie war das jetzt nochmal? Nach dem neuen Selbstbestimmungsgesetz kann es richtig teuer werden, einen Mann mit Perücke oder im Kleid nicht als Frau anzuerkennen. Da können noch die Bartstoppeln wachsen und die Wölbung im Schritt Bände sprechen, der Herr ist jetzt eine Dame. Im Kölner Karneval ist man da schon erfahren, im Dreigestirn gibt es auch eine männliche Jungfrau, aber bisher war es zumindest nicht strafbar, das auch so zu benennen. 


Da haben wir Besitzerinnen eines doppelten X-Chromosoms - früher bezeichnete man uns als "Frauen" - nun eben Pech gehabt. Keine "Safe-Spaces" mehr, wenn aus Klaus per Willenserklärung Claudia wird, darf er bis ins Allerheiligste. Gibt es umgekehrt eigentlich schon Katholikinnen, die sich zum Mann erklärt haben, um sich für den Job des Papstes zu bewerben? Allerdings gilt das neue Selbstbestimmungsgesetz noch nicht im Vatikan - so ein transphober Haufen! Und man kann ihn noch nicht einmal verklagen. Wie bemerkte ein Twitter-User so schön: "Immerhin darf man Tessa Ganserer noch als Kartoffel bezeichnen, wer Markus zu ihr sagt, muss nun mit einer Geldstrafe rechnen!"

Deutschland hat in den letzten Jahren schon einiges an Etikettenschwindel überstanden: Rindfleisch-Lasagne, in welcher rumänische Arbeitspferde ihre letzte Ruhestätte gefunden hatten. Einen Virologen als Gesundheitsminister, der gar kein Virologe ist, sondern diese Berufsbezeichnung nur von seiner geschiedenen Frau "geborgt" hat. Auch der Titel "Doktor" ist mittlerweile nicht mehr wirklich ein Garant dafür, dass jemand tatsächlich selbst eine wissenschaftliche Leistung vollbracht hat. Aber wenn es legitim ist, sich zur Frau zu erklären, obwohl die biologische Grundausstattung fehlt, warum sollte bei fehlender intellektueller Ausstattung ein Unterschied gemacht werden? Man kann alles sein, was man will. Gleich morgen werde ich mich mal als Chefärztin bewerben - ich fühle einfach, dass ich dazu berufen bin! Wenn man mich dann nach Arbeitszeugnissen und Diplomen fragt, schreie ich einfach herum, wie sehr mich das als Angehörige einer missachteten Minderheit (ich habe mindestens zwei zur Auswahl!) ausgrenzen und diskriminieren würde. Was ist schon das Patientenwohl gegen mein geschundenes Ego? 

Nur eine Gruppe versteht da absolut keinen Spaß: Die Anhänger der "critical race theory" - was zu deutsch "kritische Rassentheorie" heißt und sich ein wenig nach "die Fahnen hoch" anhören würde, käme es nicht von der "richtigen" Seite. Martin Luther King und Rosa Parks, die einfach nur Gleichberechtigung wollten, drehen sich im Grabe herum, wenn sie sehen, wie gerade wieder die Rassentrennung eingeführt wird. Die USA machen es vor: Dort gibt es jetzt z.B. wieder Studentenwohnheime nur für "Persons of Color". 

Ich habe keine Ahnung, ab wann man dort wohnen darf, ob etwa die Ahnenreihe soweit zurückverfolgt wird, wie es die Nazis bei den Bewerbern für ihre Napolas machten. Vielleicht wird auch einfach ein Farbfächer an den Teint des designierten neuen Mitbewohners gehalten. Obwohl das zu einfach wäre: So wie sich ab 1933 viele Frauen die Haare bleichten, ginge man dann heute einfach auf die Sonnenbank und - schwupps! - erfüllt man die Kriterien. Für ein paar Euro den Eintritt in einen PoC-Safespace zu erhalten, wäre gegenüber dem Perückenkauf männlicher Damensauna-Besucher ein echtes Schnäppchen. So einfach ist es wohl nicht, man wird doch - Göttin behüte - nicht nach Rassemerkmalen Ausschau halten? "Nein Lisa, deine Nase ist einfach zu schmal, deine Großmutter aus Somalia hast du nur erfunden!" So etwas nennt sich neudeutsch "als schwarz/muslimisch/jüdisch gelesen werden" - oder eben nicht. Da hat sich die politisch korrekte Rassentheorie in ihren eigenen Stricken verheddert, denn man darf natürlich nicht mehr sagen, dass jemand "wie ein Muslim aussieht". 

Aydan Özoguz kündigte es schon vor ein paar Jahren an: "Die Regeln des Zusammenlebens werden täglich neu ausgehandelt". Dabei hat die weiße Mehrheitsgesellschaft schlechte Karten, denn ihr werden diese Regeln ohne Mitspracherecht einfach aufs Auge gedrückt. Auch wenn einiges verdächtig nach "euch zahlen wir es jetzt mal richtig heim!" duftet - das nennt sich dann "Empowerment" - wie Maimouna Obots Forderung nach Spielgruppen mit Rassentrennung. Erst glaubte ich, es handele sich um einen Satireaccount, aber die Dame ist echt. In diesem Fall bekommen Flüchtlinge aus Osteuropa den Zorn ab, denn diese werden in Deutschland angeblich besser behandelt als jene aus Afrika oder dem Nahen Osten. Das treibt die Szene schon seit Beginn des Ukraine-Krieges um, wobei selbstverständlich ein kritischer Blick auf das eigene Verhalten unterbleibt. Doppelt schäbig ist es, dies auf dem Rücken von Kindern auszutragen. 

Was kommt als nächste "Safe-Space"-Forderung? Freibäder für die Event- und Party-Szene in Berlin und Frankfurt? Betreten auf eigene Gefahr? Oder machen wir doch gleich ganz Berlin zum Safe-Space für Clanstreitigkeiten und sonstige Geschäfte der Großfamilien. Eigentlich ist es das schon, aber eine Umetikettierung würde den Senat der zeitraubenden Aufgabe entheben, sich stets neue, verharmlosende Umschreibungen dafür auszudenken. 

Warum aber ausgerechnet biologische Frauen - egal welcher Ethnie sie angehören - auf ihre Rückzugsorte verzichten müssen, will mir nicht recht einleuchten. Vielleicht liegt es daran, dass die sogenannten Feministinnen einfach zu leise geworden sind und sich lieber mit den Möglichkeiten legaler Abtreibung befassen. Und dass die Ideologen hinter alledem eben doch nicht so frauenfreundlich gesinnt sind, wie sie uns glauben lassen. Da brauchen wir auch mehr Empowerment - und keine Männer mit Perücken, die sich in die Damensauna schleichen. Das haben wir dann eben auch mal so ausgehandelt.


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