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Dienstag, 28. Februar 2023

Frisch Erbrochenes von Sahra Wagenknecht...

von Thomas Heck...

Die gestrige "Hart aber Fair"-Sendung hätte eigentlich die Mischung gehabt, die man sich in der derzeitigen Medienlandschaft eher öfter wünschen würde: Unterschiedliche Meinungen, Diskurs anstatt den üblichen regierungskonformen Einheitsbrei. Doch die Realität ist dann doch wieder nur die  übliche übelriechende weil ideologische Melange, die in ihrer populistischen Militanz brandgefährlich ist. Ich weiß dabei nicht, was ich mehr verachten soll.

Auf der einen Seite eine der Stellvertreter Putins in Deutschland, die Linke Sahra Wagenknecht, die man in ihrer ideologischen Verbohrtheit überhaupt nicht mehr ertragen kann, der man aber auch den Mund nicht wirklich verbieten kann, solange keine russischen Truppen kurz vor Berlin stehen. Bei ihr weiß man allerdings, es gibt auch Ossi, die die Mauer wiederhaben wollen. Und zwar 3 Meter höher. Auf der anderen Seite Politiker, die in ihrer nationalen Besoffenheit zugunsten der Ukraine eine Tatkraft an den Tag legen, die ihnen angesichts einer deutschen Flagge niemals in den Sinn gekommen wäre, die in ihrer gesamten politischen Laufbahn Bundeswehr und NATO abgelehnt hatten und heute plötzlich zu Militärexperten bis hin zum Militaristen mutieren. Am Ende die übliche Erkenntnis, dass man sich diese Sendung auch hätte ersparen können.


„Hart aber fair“ führt die Irrtümer der Linken Sahra Wagenknecht gnadenlos vor Augen. Doch das kümmert sie nicht. Herfried Münkler findet das „Manifest“ von ihr und Alice Schwarzer zum Ukrainekrieg „gewissenlos“. So ging es rund.

Geirrt hatten sich vor einem Jahr viele, doch es ist schon frappierend, Sahra Wagenknecht bei „Hart aber fair“ zu erleben, diese Mischung aus Pikiertheit und scheinbar genauer Argumentation, um sie dann mit genau derselben Miene einer zu Unrecht Angefeindeten Folgendes sagen zu hören, in einem Einspieler der Talkshow „Anne Will“ vom 20. Februar vorigen Jahres, vier Tage vor Putins Überfall auf die Ukraine: Russland habe „faktisch kein Interesse“ an einem Einmarsch in die Ukraine und weiter: „Wir können heilfroh sein, dass Putin nicht so ist, wie er dargestellt wird, nämlich ein durchgeknallter russischer Nationalist, der sich daran berauscht, Grenzen zu verschieben. Denn wäre es tatsächlich so, dann wäre wahrscheinlich Diplomatie hoffnungslos verloren, und ich möchte mir eigentlich nicht ausmalen, wie lange Europa noch bewohnbar wäre.“

Selbsttäuschung einer Berauschten

Wie gesagt, geirrt hatten sich damals viele, aber diese komplette Fehleinschätzung, so selbstbewusst vorgetragen wie alles, was Wagenknecht vorträgt, ihr völliges Falschliegen bei „Anne Will“, bestimmt unentrinnbar ihre Wahrnehmung im weiteren Verlauf von „Hart aber fair“, wo unter der Überschrift „Frieden mit Putins Russland: Eine Illusion?“ noch einmal politisches Illusionstheater geboten wurde. Der Eyeopener gleich zu Beginn: Wagenknechts Stimme ist ja dieselbe, mit der sie vor einem Jahr sich so verhauen hatte! Mit diesem Tonfall einer zu Unrecht Angefeindeten! Mit diesem Gestus einer Geschundenen, die sich was traut!

Stimme und Gestus halten nun nicht mehr, was sie versprechen, mit „Anne Will“ im Ohr erscheinen sie wie Makulatur, wie Selbsttäuschungen einer Berauschten. Was natürlich wiederum eine Täuschung des Publikums ist, denn, erstens, irren ist menschlich, und Wagenknecht redet – zweitens – zu intelligent, als nun sämtliche ihrer Worte in den Wind eines ein Jahr alten Zitats zu schlagen, das, noch einmal, so ähnlich seinerzeit von vielen Leuten zu hören war.

Aber warum nun, nachdem sich Putins Bild des Grenzen verschiebenden Neoimperialisten bestätigt hat, die ganze Hoffnung auf sofortige Verhandlungen setzen, wo Diplomatie für Wagenknecht bei diesem Putin-Bild doch erst hoffnungslos verloren galt? Darauf, auf diesen ihren Selbstwiderspruch, geht die „Noch“-Linke, wie sie sich selbst beschreibt, lieber gar nicht erst ein.


Münkler: Ein „gewissenloses Manifest“

Ein ebenbürtiger Gegner wie der Politikwissenschaftler Herfried Münkler dekonstruierte bei „Hart aber fair“ das Gespinst der Wagenknecht dann doch auch ohne jede Bezugnahme auf eine vorab von „Anne Will“ gelenkte Wahrnehmung. Münkler nahm zum täglichen Talkshow-Thema „Alle wollen Frieden, bloß wie?“ noch einmal den Akzent auf, den er im „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesetzt hatte, wo er den Aufruf von Wagenknecht und Alice Schwarzer als ein „gewissenloses Manifest“ disqualifizierte: „Die Vorstellung, man könne Frieden herstellen, indem man ,Frieden!' ruft, ist mir zuwider. Dieses Manifest, und das nehme ich Schwarzer und Wagenknecht besonders übel, desavouiert die gesamte Idee des Pazifismus. Wer das Wort Frieden nicht bloß für eine beliebige Wünsch-dir-was-Vokabel hält, muss dem mit Entschiedenheit entgegentreten.“

Auch wenn Münklers Schwerpunkte Politische Theorie und Ideengeschichte ihn etwas theorie- und ideenverliebt erscheinen ließen, so als habe er mit einer handhabbaren Typologie der Kriege den Masterplan zum Frieden in der Tasche – also trotz dieser gewissen Seminarseligkeit, die Münkler verströmt –, traf sein Spott während der Sendung dann doch mitten ins Herz der Wagenknecht-Versteher, als er meinte, es reiche nicht, „mit Füßchen“ aufzutreten und zu sagen: „Ich will aber, dass Frieden herrscht.“ Vielmehr müsse man, den aufs Ganze gehenden Putin vor Augen, „die ukrainische Armee befähigen, den Russen deutlich zu machen auf dem Schlachtfeld, dass sie ihre Kriegsziele nicht erreichen können oder dass sie einen Preis dafür bezahlen müssen, der höher ist, als sie ihn bezahlen können.“

„Den Frieden gemeinsam erkämpfen“

Der zugeschaltete Sergij Osatschuk, Oberstleutnant der ukrainischen Armee, brachte diese Friedensoption auf die Formel „den Frieden gemeinsam erkämpfen und bekommen“. Sie hob sich von der österlichen Metaphersprache des Publizisten Heribert Prantl ab, dem auf der Linie von Münklers im „Spiegel“ geäußerten Programmsatz „Man muss einen Krieg gedanklich erfassen, um ihn beenden zu können“ folgendes Bild einfiel: „Der Friede ist ein ungelegtes Ei, aber man kann das Nest bereiten, in dem das Ei gelegt werden soll.“


Die unbewegte Miene der wettererprobten Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP war erkennbar keine der Ergriffenheit, sondern eher eine solche der Entschlossenheit, auch diese Wunschpoetik der ungelegten Eier an sich vorüberziehen zu lassen, zumal Prantl, der Dichterkappe ledig, durchaus eine waffenliefernde Bereitschaft zu erkennen gab, die Strack-Zimmermann wiederum Gnade walten ließ gegenüber Prantls nächster, mit Wagenknecht anbändelnder Aufreizung: „Ich denke und hoffe inständig, dass man Verhandlungsbereitschaft auch herbeiverhandeln kann.“ Da war er Willy Brandts bedeutungsschwer intonierten Satz schon losgeworden: „Frieden ist nicht alles. Aber ohne Frieden ist alles nichts.“

Um keine blumigen Missverständnisse aufkommen zu lassen, stellte Münkler klar, dass jedes Hantieren im Ungefähren (pauschale Vorschläge wie „Land gegen Frieden“) dem reinen Herzen mehr als dem klaren Verstand entspringe. Damit spielte er abermals auf sein Denkstück im „Spiegel“ zum Thema „Wie denke ich den Krieg?“ an, wo es heißt: „Die Formel vom ,Nichtseinsollen des Krieges' (Habermas) bleibt kraftlos, wenn es keinen gibt, der das Nichtseinsollen durchzusetzen bereit und in der Lage ist.“ Wer nur auf den Frieden schaue, begreife nichts und vor allem: bewirke nichts.

Das Patentrezeptartige, das von Münklers kühler Analytik ausgeht, ist der etwas falsche Ton, der seine Ausführungen über Leben und Tod auf dem Schlachtfeld begleitet. Wer hätte Strack-Zimmermann zugetraut, bei „Hart aber fair“ die Berliner Demonstration mit Wagenknecht und Schwarzer dann doch „richtig und wichtig“ zu finden? Denn in Russland bleibe so eine Demonstration bis auf Weiteres ein Traum.



Dienstag, 10. Januar 2023

Darf's noch ein bisschen mehr sein?

von Mirjam Lübke...

"Hey, Marie-Agnes, als ihr die alten Marder-Panzer abgestaubt habt, lagen da zufällig noch ein paar gebrauchte U-Boote und Kampfjets in der Ecke? Wir nehmen auch B-Ware, unsere Ansprüche sind nicht so hoch." Nein, das hat Herr Melnyk natürlich nicht zu Frau Strack-Zimmermann gesagt, als sie wieder einmal ein gemütliches Plauderstündchen bei einer Tasse Tee eingelegt haben. Denn die Ukraine hat recht genaue Vorstellungen davon, was sie von Deutschland haben will, vor allem, seitdem Kanzler Scholz in der Panzerfrage weichgeklopft wurde. Nun gut, zunächst einmal handelt es sich um Altbestände, die nun geliefert werden sollen, denn der Marder ist der Veteran unter den deutschen Nachkriegspanzern. Aber wer weiß, was der nächste Schritt sein wird? Dann doch der Leopard? Wäre ich Bundeswehroffizier, würde ich längst nachts ins Kissen weinen - oder mir einen Plan austüfteln, wie ich der Ampelkoalition ebenfalls eine Lieferung des begehrten Kampfgeräts abringen könnte.


Als Privatperson allerdings wäre es mir lieber, einen objektiven Lagebericht aus der Ukraine zu bekommen. In meiner Vorstellung wird das Land von Tag zu Tag größer, denn die russischen Truppen werden in der Darstellung von Tagesschau & Co. seit Wochen erfolgreich zurückgeschlagen, sie müssten sich meiner Einschätzung nach längst östlich des Urals befinden. Zumal Putin offenbar Mühe hat, Kämpfernachschub für seine Sache zu rekrutieren. Ganz egal, wie man zu der Schuldfrage im Ukraine-Krieg steht, es gestaltet sich alles sehr undurchsichtig. Das Vertrauen in die Berichterstattung ist verloren, denn vieles passt nicht zusammen. Die Propagandaschlacht tobt auf beiden Seiten, während gleichzeitig auch von Kriegsverbrechen beider Parteien die Rede ist. Jedes Mal, wenn die Russen aus einem Gebiet abgezogen und Tote in der Zivilbevölkerung zu beklagen sind, startet die "Wer war es?"-Diskussion. Massaker oder Racheakt der ukrainischen Truppen? Hinzu kommt die schwankende Drohkulisse: Steht Putin schon morgen unter dem Brandenburger Tor oder ist seine Armee schon mit den ukrainischen Truppen komplett überfordert? Die widersprüchlichen Medienmeldungen lassen beide Schlüsse zu. Für den Normalbürger ist es fast unmöglich, sich ein objektives Bild des Geschehens zu machen, bei mir sagt lediglich der Bauch: "Hier stimmt etwas nicht!"

Die Ampel-Regierung verfügt sicherlich über genauere Informationen als wir, trotzdem sollten gerade diese Unklarheiten zu Zurückhaltung führen. Aber bekanntlich lässt sich die Bundesregierung auf stets neue Zugeständnisse jenseits von humanitärer Hilfe ein. Dies nur auf den äußeren Druck durch den großen Bruder USA zurückzuführen, scheint mir zu kurz zu greifen, denn als Deutschland unter Kanzler Schröder die Gefolgschaft im Irak-Krieg verweigerte, hatte das außer einer Abkühlung der "Freundschaft" keinerlei weitreichende Konsequenzen für unser Land, sogar die New Yorker ließen sich trotz Handelskrieg den deutschen Riesling weiter schmecken. Betrachtet man Deutschlands Abstimmungsverhalten gegenüber Israel in der UN, so dürfte auch dieses nicht im Sinne der USA liegen, sondern vielmehr dem Erhalt der Wirtschaftsbeziehungen mit der arabischen Welt geschuldet sein. Mit dieser wollte es sich die deutsche Industrie schon zu Adenauers Zeiten nicht verscherzen.

Auch wenn deutsche Regierungen also nicht so frei vom Einfluss der USA in ihren Entscheidungen sind, wie sie es sein sollten: Es geht in der Ukraine-Frage wieder einmal darum, der Weltgemeinschaft gefallen zu wollen und "das Richtige" zu tun. Während Russland droht, weiß die ukrainische Führung sehr gut, welche Knöpfe bei den Deutschen zu drücken sind, um sich deren Unterstützung zu sichern. Das Dilemma dabei: Während einige ukrainische Gruppen sich gern an die Zusammenarbeit mit Deutschland im zweiten Weltkrieg erinnern - auch Andrij Melnyk ist bekanntlich ein Anhänger Stepan Banderas - will man diese Zeit gleichzeitig als Druckmittel einsetzen: "Wer jetzt Russland unterstützt, hätte auch Nazi-Deutschland unterstützt", stand in einem ukrainischen Meme am gestrigen Tag. Man könnte es auch böse formulieren: Um nicht zu sein wie Hitler, soll Deutschland das gleiche Bündnis eingehen wie er, im zweiten Durchlauf passt es dann moralisch. Gepaart mit den Forderungen nach immer mehr Waffen sollte das eigentlich ein Signal sein, schon aus gesunder Sturheit auf Vorsicht und Mäßigung zu drängen, aber stattdessen schaltet die Ampel wunschgemäß in den Gebermodus.
 
Stolz verweist man dabei immer wieder auf die neu errungene wirtschaftliche Unabhängigkeit von Russland, die uns bekanntlich allerdings erhebliche Mehrkosten bei der Gasversorgung beschert und in neue Abhängigkeiten geführt hat, bei denen ebenfalls nicht immer deutlich wird, worin wenigstens der moralische Vorteil liegen soll. Auch aus Russland wird weiterhin Gas bezogen, nur eben in flüssiger Form und mehrfach teurer - das erinnert ein wenig daran, dass Grüne an Greenpeace spenden, wenn sie in den Urlaub fliegen, der Ablass beruhigt das Gewissen. Einzig Rheinmetall dürfte sich über finanzielle Profite freuen und schafft darüber hinaus noch Platz in den Lagerhallen für Neues. Zwei Fliegen mit einer Klappe.
 
Man wünscht sich angesichts dieser Irrwege dringend mehr Pragmatismus zurück und weniger wohlfeile Feindbilder. Das Gut-Böse-Schema taugt in diesem Falle nichts, da keine beteiligte Partei als unschuldiges Opferlamm taugt. Warum sollte also ausgerechnet Deutschland in einem Spiel, in jeder seine eigenen Interessen verfolgt, seinen Retterkomplex ausleben und sich damit selbst in Gefahr bringen? Mit der Lieferung schweren Kriegsgeräts erklären wir uns selbst zur Kriegspartei. Selbst wenn es eher unwahrscheinlich ist, dass Russland deshalb auch hier einmarschiert, heizt dies den Konflikt weiter an. Ein Konflikt, in dem wir im übrigen recht wehrlos dastehen, sollte Putin es sich wider alle Vernunft doch überlegen, es Deutschland heimzuzahlen. Zum Glück müsste er dazu erst an den besser ausgerüsteten Armeen unserer Nachbarländer vorbei, und das mit jetzt schon erschöpften eigenen Streitkräften. Denn nur wenige Länder sind so dumm, erst die Armee eines anderen Staates aufzurüsten, bevor sie sich um die eigene kümmern.
 
Ist das der neue deutsche Pazifismus? Das grüne Wahlversprechen "Keine Waffen in Krisengebiete!" ist längst vergessen - und damit den Weg der meisten Wahlversprechen gegangen. Wir erinnern uns auch an die Empörung, als Ex-Präsident Trump forderte, Deutschland müsse mehr in seinen Verteidigungshaushalt investieren. Stattdessen lassen wir jetzt kämpfen, denn das scheint moralisch hochwertiger zu sein. Auf den ersten Blick ist es auch mit weniger Risiko verbunden - führt aber dennoch dazu, dass wir wirtschaftlich weiter in den Abgrund rutschen. Man könnte fast glauben, den Verantwortlichen sei das egal.



Freitag, 30. Dezember 2022

Ab 5.45 Uhr wird zurückgezaubert!

von Mirjam Lübke...

Zwischen den üblichen verbalen Schlachten um die Notwendigkeit von Corona-Maßnahmen und Waffenlieferungen an die Ukraine - Frau Strack-Zimmermann kann es kaum erwarten - findet sich doch hin und wieder einmal eine Kuriosität, die zeigt, mit welchen Sorgen sich die Generation Regenbogen herumplagt. Nicht mit der Angst vor der Höhe der Gasrechnung im Frühjahr oder der Hoffnung, nun endlich die lästige Maske im Zug loszuwerden - es muss noch etwas viel Dramatischeres sein. Nun ist auch das Heraufbeschwören des vierten Reiches nichts mehr besonderes in gewissen Kreisen, aber dass nun die Gefahr ausgerechnet von Harry-Potter-Schöpferin Joanne K. Rowling ausgehen soll, verblüfft nun doch. Dabei geht die Aufregung auf ein paar Sätze zurück, die sie schon vor Monaten geäußert hatte, man könnte meinen, die Wunden der gekränkten Transpersonen seien längst verheilt. Aber einige der umtriebigen Aktivisten haben sich fest in der Wade der Schriftstellerin verbissen und lassen nicht los, bis die Beute erlegt ist. Ein Phänomen, das in diesem Jahr nicht nur Rowling betraf, denn gefühlt war 2022 das Jahr der queeren Aktivisten - auch die Ampelkoalition stellte ihr "Selbstbestimmungsgesetz" vor.


Was war geschehen? Hatte Rowling eine Autobahn nach Hogwarts gebaut oder die Akademie gar von Albert Speer neu gestalten lassen? Plante Dumbledore, mit einer Armee von Nachwuchs-Magiern in Polen einzumarschieren? Nein, weder Frau Rowling noch die von ihr erdachten Charaktere sehnen sich nach Vergleichbarem. Wir erinnern uns: Die Schriftstellerin bestand lediglich darauf, nicht als "Menstruierende" oder "Mensch mit Gebärmutter" bezeichnet zu werden - und warnte davor, das Wort "Frau" nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Wohlgemerkt als Bezeichnung für biologische Frauen. Damit zog sie sich den Zorn der bunten Gesellschaft zu, sogar die Hauptdarsteller der Harry-Potter-Filme bereuten plötzlich, an diesen mitgewirkt zu haben - es ist freilich nicht bekannt, ob sie auch ihre Gagen zurückgezahlt oder zumindest an eine Antidiskriminierungsberatung gespendet haben. Aber es gab auch viel Solidarität, vor allem von klassischen Feministinnen, die jedoch inzwischen ebenfalls unter Beschuss stehen und sich in Deutschland von Jan Böhmermann öffentlich-rechtlich als Verdauungsprodukt bezeichnen lassen müssen.
 
Doch das reicht offenbar als Verurteilung nicht, und was tut man nicht nur hierzulande, um die ultimative Vernichtung des Gegners einzuleiten? Man hitlert. Mittlerweile laufen in Deutschland mehr Hitler herum als im Film "The Boys from Brazil", was eigentlich zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen müsste. Schließlich wären die Trans-Hitler stetig damit beschäftigt, andere Trans-Hitler als potentielle Konkurrenz auszuschalten. Da die des Hitlerseins Bezichtigten aber in der Realität nur wenig Gemeinsamkeiten mit dem Original aufweisen, leben wir zumindest in dieser Beziehung in relativem Frieden und der Krawall wird durch eine andere Klientel verursacht.

Um erfolgreich zu hitlern oder aber zumindest dramatische Vergleiche anzustellen, muss man gar nicht viel über das Dritte Reich wissen, es reicht vollkommen, sich ein paar oberflächliche Kenntnisse anzueignen. Der Beschuldigte besitzt vielleicht einen Rehpinscher, der unvermittelt zu Schäferhund Blondi mutiert. Ist er Arzt, dann muss er ein Mengele sein - das ist tatsächlich Vera Kosova zugeschrieben worden, die im Vorstand der Juden in der AfD sitzt. Man konnte sie wegen ihres Berufes nicht als dumm abqualifizieren, also musste man sie zumindest mit einem KZ-Arzt gleichsetzen. Dabei hat sie noch nicht einmal Blinddarm-Vergleiche wie Sarah Bosetti gezogen - die als politisch korrekte "Komödiantin" natürlich keine Vorwürfe dieser Art von ihren Kollegen zu hören bekam. Joanne K. Rowling schreibt Bücher - und das sehr erfolgreich - aber hat Hitler nicht auch ein Buch geschrieben? Das muss als Parallele reichen. Dieser Logik folgend wären auch Baerbock und Habeck potentielle Hitler-Kandidaten, auch wenn ihre Werke keine Verkaufsschlager sind.
 
Man muss schon sehr mit sich selbst beschäftigt sein, wenn man so krampfhaft nach derart abstrusen Vergleichen sucht. Aber offenbar nutzen diese sich im Laufe der Zeit ab, weshalb man immer dramatischer werden muss. Das kennen wir auch aus anderen Politikfeldern - der Rechtsruck schreitet angeblich ständig voran. Wenn die Globustheorie stimmt, müsste sich die Gesellschaft mittlerweile schon wieder links von der MLPD wiederfinden. Dabei ist es die "woke" Szene, die stetig an Radikalität und Lautstärke zunimmt. Auch Schwule und Lesben werden mittlerweile bedingungslos niedergemäht, wenn sie einfach nur in Ruhe gelassen werden wollen. Biologische Frauen ohnehin - und von den Quotenfrauen in der Politik ist kein Widerstand dagegen zu erwarten, sie wissen, dass sie längst Teil des Systems sind. Es scheint, als gäbe es eine Art Schweigepakt zwischen diesen Gruppen - was mir nun wahrscheinlich den Vorwurf einbringt, Verschwörungstheorien zu verbreiten.
 
Merken diese Aktivisten - egal, ob sie sich nun für das Klima oder gegen "Transphobie" einsetzen - eigentlich nicht, dass sie sich in eine Sackgasse manövriert haben? Da stehen sie nun wie ein Verfolgter am Ende der Straße vor einer Wand und rudern wild mit den Armen. Die Bürger nehmen das längst nicht mehr ernst, aber darin liegt gerade die Gefahr: Auch sie lassen trotz aller Genervtheit die schrägen Vögel gewähren. Vielleicht, weil sie denken, noch irrer könnte es nicht werden. Da ist aber noch viel Luft nach oben, wenn wir den Lautstarken nicht endlich deutlich machen, dass Hysterie und wüste Beschimpfungen nicht zu den fairen Mitteln einer Demokratie gehören.




Montag, 23. Mai 2022

Hilfe, die AfD wirft mit Wattebäuschen!

von Mirjam Lübke...

Ach Marie-Agnes! Die verbale Panzerhaubitze unter den deutschen Politikern wird plötzlich sehr sensibel, wenn ihr Unfreundliches entgegenschallt. Während ihre Kollegin relativ gelassen auf die sogenannten AfD-Chatleaks reagieren, feuert Frau Strack-Zimmermann unverzüglich eine volle Breitseite auf die Opposition ab. Offensichtlich haben die Teilnehmer dieser Chats gleich ihre Parteiausweise und Mitgliedsnummern mitgeliefert, so dass sich Frau Strack-Zimmermann ihrer Sache sicher sein kann: Hier sind blaue Unholde am Werk, die so furchtbare Dinge tun, wie Philipp Amthor zu fragen, wann er endlich eingeschult wird. Ein Beispiel eklatanter Menschenverachtung. 


Da sitzen AfD-Wähler vor ihren Rechnern, knabbern an ihrem rassistischen Toast Hawaii und während sie schon den nächsten Wandertag zum Obersalzberg planen, setzen sie noch schnell einen Kommentar bei Telegram ab, der aus Britta Hasselmann Frau Hass-Elmann macht. Das kann selbst einer gestandenen Frau aus dem Vorstand von Rheinmetall Tränen der Demütigung in die Augen treiben. Kein Wunder, dass Marie-Agnes sich für den Export schwerer Waffen in die Ukraine einsetzt. Die werden dort jetzt erst einmal gegen die Russen getestet und anschließend vor den Häusern potenzieller Chatgruppen-Teilnehmer aufgestellt. Ein falsches Wort und es kracht - aber gewaltig! 

Eigentlich sollte man sich über derlei verbale Granaten von Seiten der knallharten FDP-Marie gar nicht mehr aufregen, sie legt sonst gern noch eine Schippe drauf. Nur mit dem ukrainischen Botschafter Andrej Melnijk kann sie gut, nachdem sie mit ihm Kaffee getrunken hat. Das rät sie seinen Gegnern ebenfalls - der arme Mann wird eine kräftige Magenschleimhautentzündung bekommen. So viele Gegner, so viele Tassen Kaffee. Nun beträgt sich Melnijk tatsächlich oft wie eine Abrissbirne, man scheint seelenverwandt. Wer Melnijk aushält, sollte grundsätzlich auch den Mut haben, etwa mit Alice Weidel einen Plausch zu halten - aber dazu reicht die Courage nicht.

Eigentlich müsste dieses ständige Etikettieren als "braun" und "Nazi" den Beteiligten selbst inzwischen lächerlich vorkommen. Wie weit rechts darf es denn noch sein? Selbst als Wanderer steht man jetzt im Verdacht, auf dem Hakenkreuz-Rundweg zu laufen. Wenn der Reinhardswald demnächst für Windkraftanlagen abgeholzt wird, ist das dann ein Teil des Kampfes gegen Rechts. Eigentlich müsste ein kollektives Gähnen anheben, sobald einmal wieder die Nazi-Keule geschwungen wird, aber in bestimmten Kreisen wirkt sie noch. Die ständigen Vergleiche dienen also der Erzeugung eines "Alle sagen das"-Gefühls, das durch regelmäßige Wiederholung lebendig gehalten wird. Selbst, wer diese Methode durchschaut, wird um seines "Rufes" willen vorsichtig, prominentestes Beispiel in der AfD selbst war wohl Jörg Meuthen, der es nicht mehr aushielt, als "Geächteter" zu leben. Das Schlimme daran: Man verliert den inneren Kompass dafür, welche Werte man tatsächlich vertreten möchte und welche man durch Beeinflussung von außen vertreten soll. Steter Tropfen höhlt den Stein - dann spielt man nicht mehr mit den "Schmuddelkindern". Seltsam, wir halten uns in dieser Beziehung für modern und "von Zwängen befreit" - aber gerade werden wieder gesellschaftliche Zwänge etabliert, die so eng sind wie ein Korsett im 19. Jahrhundert - und alle lassen sich mehr oder minder freiwillig einschnüren. 

Umgekehrt neigen viele inzwischen dazu, auch Aussagen zu verteidigen, die sie früher widerlich gefunden hätten, die Zensurorgie weckt Rebellionsgelüste. So mag es tatsächlich einige Neonazis geben, die sich im Wald zuhause fühlen, aber es trifft eben auf die meisten Wanderer nicht zu. Frei nach Freud: Manchmal ist eine Zigarre einfach nur eine Zigarre - und der Wanderer einfach jemand, der die Natur liebt. 

Was die Chatgruppen angeht: Menschen haben nun einmal das Bedürfnis, sich auch mal richtig auszukotzen, um sich danach besser zu fühlen. Die Fixierung auf angeblich toxische Sprache lässt unsere Wokoharam vollkommen vergessen, dass so etwas manchmal so wichtig ist wie der Gang zur Toilette: Was raus muss, muss raus. Zumal sie sich das Vergnügen ihren eigenen Gegnern gegenüber ungeniert selbst in der Öffentlichkeit gönnen - wie jemand, der seinen Tischnachbarn zum zivilisierten Essen mit Messer und Gabel auffordert, aber selbst mit den Fingern isst und dabei schmatzt und rülpst. Man sollte sich schon selbst an die Regeln halten, bevor man es von anderen einfordert - oder ihn in die braune Tonne stopft.