von Thomas Heck...
Zwei Brüder des bekannten und gut integrierten Abou-Chaker-Clans, ein Rechtsanwalt und ein Strohmann haben mit einem Firmengeflecht eine 80 Jahre alte Frau und ihren Mann um ihr Mehrfamilienhaus in Friedrichshain-Kreuzberg gebracht. Die haben schlichtweg ein Mehrfamilienhaus geklaut. Der Schaden: drei Millionen Euro. Eine Gaunerposse aus dem Shithole Berlin mit dem grünen Justizsenator Behrendt... da wurde wohl der Slogan Eigentümer einteignen falsch verstanden worden...
Die Razzia erregte bundesweit Aufsehen: Im Dezember des vergangenen Jahres durchsuchten zeitgleich 500 zum Teil schwer bewaffnete Beamte in Berlin und Hamburg 27 Objekte und vollstreckten dabei drei Haftbefehle gegen zwei Abou-Chaker-Brüder und einen weiteren Mann. Bei der Razzia im Rocker- und Clanmilieu ging es um viele Vorwürfe, darunter gewalttätige Geldeintreiberei, Betrug, Drogenhandel. Über Immobiliengeschäfte soll zudem Geld gewaschen worden sein.
Die Ermittlungen richteten sich gegen 36 Personen. Zusammen sollen sie eine kriminelle Vereinigung gebildet haben. Die Staatsanwaltschaft teilte damals mit: „Wir kämpfen gegen Paralleljustiz und organisierte Kriminalität.“
Wie diese parallelen Strukturen arbeiten, zeigt ein Teilaspekt des ganzen Verfahrens, der am Freitag vor dem Berliner Landgericht startete. Dass das Verfahren komplex ist, zeigte schon die Liste der Verteidiger. Die vier Angeklagten hatten insgesamt zehn Rechtsanwälte dabei.
Um was geht es? Den vier Angeklagten wird vorgeworfen, zwischen Mai und November 2019 mit gefälschten Verkaufsunterlagen ein Mehrfamilienhaus in Berlin-Friedrichshain „erworben“ zu haben. Das Haus gehörte eigentlich einem Rentner-Ehepaar, das von allem gar nichts mitbekam.
Die Ermittler sind sich sicher, dass die beiden Abou-Chaker Brüder Rabih und Mohamad die Drahtzieher des Deals waren und gefälschte Dokumente und Vollmachten organisiert haben. Dabei sollen sie Hilfe von dem Rechtsanwalt Stefan Gö. und dem Strohmann Rainer G. bekommen haben.
Der Plan soll gewesen sein, die Immobilien mit Gewinn weiterzuverkaufen. Das Geld sollte zu 50 Prozent zwischen den Abou-Chaker-Brüdern und dem Beschuldigten G. aufgeteilt werden, der wiederum einen Anteil an den Rechtsanwalt Gö. zahlen sollte. Ein Notar, gegen den gesondert ermittelt wird, soll ebenfalls an der Tat beteiligt gewesen sein. Er soll als Entlohnung eine Erlassung seiner Schulden in Höhe von einer Million Euro bekommen haben.
Wie lief der Deal ab? Laut Ermittlern sei durch die Täuschung der Grundbuchbeamten im Grundbuch der vermeintliche Verkauf eingetragen worden, das Eigentum dadurch übertragen worden. Den ursprünglichen Eigentümern sei durch den Verlust ihrer Rechte an dem Grundstück ein Schaden von mindestens drei Millionen Euro entstanden.
Der gesondert verfolgte Notar soll zunächst für die Informationsbeschaffung zuständig gewesen sein. Er soll herausgefunden haben, dass die Immobilie schuldenfrei ist, die Eigentümer betagt sind und nicht in Berlin wohnen.
Für die Umsetzung des gemeinsamen Tatplanes soll Rechtsanwalt Gö. als geschäftsführender Alleingesellschafter am 5. Juli 2019 eigens eine Grundbesitzgesellschaft mbH gegründet haben, was durch den Notar beurkundet wurde.
Der Notar soll auch den vermeintlichen Kaufvertrag zum Preis von 250.000 beglaubigt haben. Die GmbH des Rechtsanwaltes sollte dann die Anteile des übertragenen Grundstücks wiederum treuhänderisch für eine GmbH halten, deren Gesellschafter und Geschäftsführer wiederum Strohmann G. ist.
Im Rahmen der Verhandlungen soll Rechtsanwalt Gö. als vollmachtloser Vertreter der Rentnerin und ihres Ehemannes, denen das Haus eigentlich gehörte, aufgetreten sein. Das Ehepaar soll zu keinem Zeitpunkt davon gewusst haben.
Die Abou-Chaker-Brüder sollen in der Zwischenzeit zwei noch unbekannte Mittäter aufgetrieben haben, die sie mit gefälschten Ausweispapieren ausstatteten und als Eigentümer-Ehepaar ausgaben. Nach der Kaufabwicklung sollen die Beschuldigten auch ein Dokument gefälscht haben, in dem die eigentlichen Eigentümer den Erhalt der Summe quittierten.
Strohmann G. und Rechtsanwalt Gö. und der Notar sollen dann die gefälschten Unterlagen beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg im Grundbuchamt eingereicht haben. Den niedrigen Kaufpreis begründeten die Beschuldigten mit der Übernahme von Verbindlichkeiten in Höhe von 3,5 Millionen Euro, die die GbR des eigentlichen Eigentümer-Eherpaares gehabt haben soll. Am 6. November 2019 wurde die neue Grundbesitzgesellschaft des Rechtsanwaltes Gö. als neue Eigentümerin eingetragen, die eigentlichen Eigentümer aus dem Grundbuch gelöscht.
Aufgeflogen war der Deal, weil das Paar, dem das Haus eigentlich gehört, eine Kündigung für seine Wohngebäude-Versicherung bekam. Die Frau sagte der BILD-Zeitung: „Ich fiel aus allen Wolken, erstattete Anzeige bei der Polizei“.
Seit der Razzia sitzen die beiden Abou-Chaker-Brüder und Rainer G. in Untersuchungshaft. Der Rechtsanwalt Gö. wurde haftverschont. Die Angeklagten wollten sich zunächst nicht zu den Vorwürfen vor Gericht einlassen. Bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten bis zu zehn Jahre Haft. Die Verhandlung soll am Dienstag fortgesetzt werden.