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Mittwoch, 26. November 2025

Leserfrage: Was passiert, wenn die USA keine Waffen mehr liefern?


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Ich wurde auf Steady gefragt, was passiert, wenn die USA der Ukraine tatsächlich die Hilfe versagen.

Das ist sehr komplex, wozu ich leider gerade nicht die Zeit habe. Daher antworte ich ad hoc.

Man muss das Thema trennen. Einmal in Daten und einmal die Waffen.
Was aber viel wichtiger ist, ist die Dynamik des Krieges zu verstehen. Denn ein Krieg geht lange. Und er endet nie so, wie er begonnen hat. Das wird von den meisten, die schlau daherreden oder Untergangsszenarien produzieren, schlicht ignoriert.

Waffensysteme: Artillerie

Im Bereich der Taktik und der Waffensysteme hat sich am meisten verändert.

Zu Beginn des Krieges war alles sehr altbacken. Vor allem, weil Russland hauptsächlich alte, sowjetische Systeme hatte. Und genau so Krieg geführt hat. Das tut sie teilweise bis heute. „Kanonenfutter“ ist ein russisches Modell, kein „westliches“.

Hier haben die USA mal ca. 100 Bradley geliefert, die auch an der Front durchschlagenden Erfolg hatten. Die Bradley Schützenpanzer waren im Grunde auch altes Zeug, aber immer noch moderner als das russische Zeug.
Inzwischen gehen immer mehr moderne Systeme in die Ukraine.

Die Artillerie spielte eine sehr große Rolle. Also die Kanonen und Haubitzen, die auf 20 und mehr Kilometer schießen können.

Diese Bedeutung hat abgenommen. Vor allem durch den in der Kriegsführung neuartigen Einsatz von Drohnen. Sowohl die iranischen Shaheed, als auch kleine Drohnen „an der Front“.

Artillerie und Artillerie-Munition ist das, was die USA am meisten beigesteuert haben. Vor allem die 155mm Munition.
Rheinmetall baut gerade am Standort Unterlüß (Niedersachsen) eine neue Fabrik für 155er. Diese soll 2027 die volle Auslastung fahren können.
Es kann tatsächlich sein, dass das eine Fehlinvestition war, die von den neusten Entwicklungen überholt wurde. Aber das ist ja dann kein Problem der Ukraine.

Waffensysteme: Flugabwehr

Zunächst muss man verstehen, dass alle Flugabwehr-Systeme auf eine Höhe spezialisiert sind: hoch, mittel und niedrig. Niedrig wären beispielsweise die Shaheed Drohnen, aber auch Helikopter im Angriff.

Es wurde immer über das Patriot System gesprochen. Mit dem auch schon die Hyperschall-Rakete Kinshal abgeschossen wurde. Patriot ist eher für mittlere bis hohe Höhen zuständig, also Marschflugkörper und Raketen.

Im besten Fall hat man ein Gebiet, das von mehreren Systemen geschützt wird. Kommt etwas angeflogen, wird das Ziel identifiziert und einem System zugewiesen. Das ist prinzipiell das, was der Iron Dome der Israelis macht. („Iron Dome“ ist eigentlich nur ein System von mehreren, wird aber gemeinhin als das ganze System verstanden.)

Die Patriots sind für die Ukraine sehr wichtig. Und die Raketen, also die Munition, werden ausschließlich in den USA produziert. (Deutschland hat zwar eine Teilproduktion, aber kann es nicht alleine.)
Diese würde dann also zum Mangel werden, wenn die USA die Lieferung einstellen.

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Ein Starter und ein Container des deutschen Iris-T. Hersteller: Diehl.

Das Rückgrat der ukrainischen Flugabwehr ist aber gar nicht mehr die Patriot, sondern das deutsche Iris-T. Das gibt es in zwei Ausfertigungen. Einmal als SLS für kurze Reichweite und einmal als SLM für mittlere Reichweite. Und das letztere ist das, was hauptsächlich in der Ukraine genutzt wird.
Nach letzten Stand sind davon bereits acht Systeme geliefert. Zu einem System gehören immer mehrere Starter, Radar und Gefechtsstand (Fire Control): beim Iris-T für Mittelstrecke immer um die vier Starter, für Kurzstrecke um die sechs.
Deutschland hat zugesagt, noch zehn weitere Iris-T zu liefern. Das wären also bummelig 72 Starter. Die Produktion läuft auf Hochtouren.

Und die alten Gepards haben so dramatisch gut in der Ukraine abgeliefert, dass die Rüstung und das Interesse des Militärs extrem auf diese Systeme geht. Von denen man dachte, man braucht sie nicht mehr.
Das sind Kanonen, die in hoher Frequenz und natürlich Rechner-gestützt niedrig fliegende Ziele bekämpfen können.

Bereits im Zulauf sind Skynex. Moderne Ausführungen dieser Systeme.
Diese können - wie die Iris-T - einmal auf gepanzerten Fahrzeugen angebracht werden, aber auch als einzelne Kanonen irgendwo auf dem Acker stehen. Dafür braucht es also nicht mehr viel Personal.

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Ein Skynex als "Stand alone" im Einsatz in der Ukraine.

Ich möchte nur einen Eindruck vermitteln, dass sich sehr viel geändert hat und noch sehr viel ändert.
Und all diese Änderungen führen dazu, dass die USA als Lieferant immer unwichtiger werden.

Und wer weiß? Vielleicht werden ja auch noch andere Europäer wach. Zumindest in Großbritannien gibt es klare Anzeichen, ebenso in Skandinavien.

Die Daten

Die Hauptbeschäftigung meiner Stammeinheit während meiner Dienstzeit bestand darin, die russische Flotte im baltischen Raum aufzuklären. Alles super streng geheimes Zeug. So super geheim, dass das meiste davon am nächsten Tag schon keine Sau mehr interessiert hat.

Denn es gibt zwei Arten von Daten, von „Aufklärung“. Das sind einmal die gründlichen Auswertungen, beispielsweise von Hafenanlagen. Welche Schiffe dort stationiert sind, wie der Sprit dahin kommt, wieviel gelagert werden kann, und so weiter.
Das sind also langfristig relevante Daten.

Das andere sind akute Daten. In meinem Beispiel welches Schiff gerade wohin unterwegs ist. Und die haben eine kurze Halbwertzeit. Da geht es bei der Geheimhaltung eher darum, woher man etwas weiß. Dass man etwas weiß, kann am nächsten Tag schon obsolet sein.

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Die USA haben Daten an die Ukraine weitergegeben. Um das wirklich beurteilen zu können, müsste man wissen, welche Daten genau. Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Das wissen nur die, die direkt damit betraut sind. Und die Befehlskette über ihnen.

Das Ding ist aber, dass Häfen und Flugplätze ja nicht einfach mal eben umziehen. Die Ukrainer wissen, wo was ist. Sehr genau sogar. Wenn selbst ich als kleiner MilBlogger auf Sattelitenbildern Hafenanlagen vermessen kann, oder an Bilder und Daten komme, wo welche Schiffe gerade sind, können die Ukrainer das allemal. Vieles, wofür wir noch teure Bücher wälzen mussten, steht heute offen im Internetz.

Die für Russland schmerzhaften Angriffe beispielsweise auf die Öl-Industrie sind völlig unabhängig von aktuellen Informationen. Tanks und Raffinerien laufen selten weg. (Mir ist kein Fall bekannt.)

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Erklärungen zu den ukrainischen Angriffen auf Tuapse von Anfang November.

Die Ukraine hat also einen Mehrwert vor allem aus aktuellen, zeitnahen Informationen. Welche Einheit gerade wohin verlegt, wo Munition zwischengelagert wird, usw. Vieles davon passiert aber in Reichweite der „Front“ bzw. der Drohnen. Auch das können sie also häufig selber aufklären. Und selbst dafür gibt es offene Quellen, OSINT (Open Source Intelligence).
Man sollte auch nicht vergessen, dass u.a. auch Frankreich, Großbritannien und Deutschland inzwischen über Sattelitenaufklärung verfügen.

Was die USA definitiv als Vorteil haben, ist der Sensenmann.
Die „Reaper“ Drohnen MQ-9 können von US-Stützpunkten aus starten, hoch, lange und weit fliegen und dann solche Informationen sammeln. (Wie gerne würde ich da Mäuschen spielen: mein alter Spielplatz.)
Diese sind ständig über dem Schwarzen Meer im Einsatz.
Doch auch da kommt direkt wieder ein Aber. Deutschland hat genau solche Drohnen derzeit im Zulauf – übrigens israelische. Und auch Großbritannien und Frankreich haben solche Drohnen. Zudem gibt es immernoch Flugzeuge, die genau so etwas machen können, auch sehr zeitnah.

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Bundeskanzler Scholz bei der Einführung einer israelischen Heron Drohne bei der Bundeswehr.

Es gibt natürlich internationale Kooperationen. Man muss davon ausgehen, dass wenn Deutschland etwas weiß, wissen es auch die Briten. Weil schon zu meiner Zeit ein ständiger Austausch und Kontakt stattgefunden hat. Und wenn die nun die Ukraine mit auf dem Verteiler stehen haben, wissen die es auch.

Hier muss man also ein sehr großes Fragezeichen setzen: Was liefern die USA überhaupt (noch) für Daten, die die Ukraine dringend benötigt?

Liefern ist nicht schenken

Ein weiterer Punkt muss zumindest kurz angeschnitten sein.
In der öffentlichen Debatte und den Medien wird immer verkürzt „Die USA liefern Waffen“ oder „Deutschland liefert Waffen“. Tatsächlich liefern private Unternehmen. Beispielsweise Reinmetall in Deutschland und Raytheon und Lockheed in den USA. Und was die liefern, muss die Ukraine meist teuer bezahlen. Im Fall der USA häufiger als in Europa, meist über Kredite.

Altbestände, wie die deutschen Leopard oder die US-amerikanischen Bradley werden meist für lau abgegeben. Für alles andere muss Geld auf den Tisch.
Es wird nur meist verkürzt, dass die Staaten etwas liefern würden. Weil diese ja immer einen Daumen darauf haben, wer was wohin liefern darf. Siehe die Debatte um Waffenlieferungen nach Israel.
Auch die Medien sind hier häufig sehr nachlässig.

Und wenn Trump etwas mag, dann ist das Business. Das bringt Steuern, das bringt Einnahmen und er kann sich als erfolgreichen Geschäftsmann präsentieren.
Ich habe bisher noch keinen einzigen ernstzunehmenden Ansatz von Trump gesehen, irgendeinen Waffenhandel mit der Ukraine zu unterbinden. Und ich reche auch jetzt nicht damit.
Kann, aber eher unwahrscheinlich.

Ja, richtig: Viele Länder geben der Ukraine Kredite, mit denen sie dann Waffen in den jeweiligen Ländern einkaufen kann.
Man nennt es in der Psychologie den Versunkene-Kosten-Trugschluss (Sunk Cost Fallacy): Umso mehr Kredite die Staaten geben, umso weniger können sie die Ukraine verlieren lassen.

Resümee

Ich hoffe ich konnte zeigen, wie komplex das Ganze ist. Und dass die Einen zu der einen Meinung kommen können, und die Anderen zu einer anderen.

Grundsätzlich komme ich zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit der öffentlichen Debatte völlig an dieser Dynamik vorbei geht und daher häufig schlicht Unfug widerspiegelt. Sowohl in den Medien, als auch von den meisten „Experten“; und auf Social Media sowieso.

Man muss halt ständig an dem Thema dranbleiben. Was ich zugegebenermaßen auch nicht tue. Mir reichen aber ein Paar Infos, um mir ein Bild zu machen und ausreichend auf dem Laufenden zu bleiben.

Und ich sehe derzeit absolut keinen Grund (mehr) anzunehmen, die Ukraine sei geliefert, würden die USA die Hilfe einstellen. Im Gegenteil, die USA werden unwichtiger und unwichtiger.

Und wenn man das so ein bisschen geblickt hat, machen Nachrichtenmeldungen manchmal auch einen ganz anderen Sinn.

Der trumpsche Kapitulationsplan – Details, Erklärungen, Geostrategie
Ein Friedensplan der USA für die Ukraine wurde öffentlich. Es ist wohl notwendig, ihn genauer zu betrachten. Denn es geht um viel mehr, als um die Ukraine. Zwar wird…
Steady icon Steady

Beispielsweise haben die USA ja gerade den unsäglichen Kapitulationsplan vorgelegt. Als ganz leichter diplomatischer Gegenwind aus Europa kam – der Plan ist ohne Europa nicht umsetzbar – hat Trump gepoltert, er gebe Selenskyj bis Donnerstag Zeit. Als dann mehr Gegenwind kam und Verhandlungen zwischen den USA, Europa und der Ukraine in Genf angesetzt wurden, ruderte Trump zurück. Binnen weniger Tage. Es war ja alles nicht so gemeint, man müsse halt verhandeln, dass sei nur ein Vorschlag gewesen.

Ich interpretiere das so, dass man Trump (mal wieder) aufs Töpfchen gesetzt und ihm erklärt hat, dass der Plan ohne Europa nicht funktioniert. Und dass die USA nicht mehr so wichtig sind, dass sie einen solchen Druck auf die Ukraine ausüben können.
Das ist eben kein Wunschdenken, sondern deckt sich mit den Fakten und Informationen.

Ok, außer das mit dem Töpfchen.


Erschienen auf steady.page


Montag, 3. November 2025

Rücktritt: Israels Militärstaatsanwältin gesteht Video-Leak...

von Matthias Nikolaidis

In Israel ist ein Skandal mit einem Knall aufgeflogen: Die Militärstaatsanwältin höchstpersönlich hatte ein Video geleakt, das den Ruf der IDF beflecken sollte. Jifat Tomer-Jeruschalmi wurde erst suspendiert und trat dann zurück. Sie erscheint nun als Teil eines Netzwerks, das den Interessen des Landes schaden will.


Ein Skandal erschüttert Israel, von dem die Welt bisher eher indirekt betroffen war. Indirekt, aber betroffen war sie eben doch. Der vorläufige Endpunkt der Geschichte ist das definitive Ausscheiden der militärischen Generalstaatsanwältin Jifat Tomer-Jeruschalmi aus dem Amt. Zuvor hatte Verteidigungsminister Israel Katz die Militär-Staatsanwältin suspendiert, da Ermittlungen gegen sie eingeleitet worden waren. Dabei ging es um Tomers Rolle bei der Veröffentlichung eines Videos, das Soldaten der israelischen Verteidigungskräfte (IDF) im Gefängnis Sde Teiman zeigte. Das Video war im August 2024 an die Öffentlichkeit gelangt und hatte so die Sde-Teiman-Affäre ausgelöst.

Angeblich zeigte es mit letzter Sicherheit, was einige – auch in westlichen Medien – ohnehin behaupten: Israelische Gefängnisse seien Folterkammern für die palästinensischen Gefangenen. Das schrieb etwa der britische, stabil links-wokistische Guardian bald darauf in einem Bericht, der die Vorwürfe ausweitete, wenn auch ausschließlich gestützt auf die Berichte von ehemaligen Häftlingen.

Die gingen so weit, dass Häftlinge sogar „zu Tode geprügelt“ worden seien in Gefängnissen wie Ketziot oder eben Sde Teiman, in denen nachweisliche und mutmaßliche Terroristen und Hamas-Mitglieder interniert sind. Eine Ausstülpung der berüchtigten Paliwood-Inszenierungen ist nicht undenkbar. Unabhängige Belege fehlten. Trotzdem stürzten sich Medien, die UN, NGOs und andere begierig auf die neuen „Fakten“. Umgehend fand der Fall auch seinen Weg an die Universitäten, wo er für Anti-Israel-Boykottaufrufe und allgemein in den antisemitischen Campuskriegen genutzt wurde. Oder war das Ganze doch Desinformation?

Ausgelöst worden war diese Suche nach Schuldigen in der israelischen Armee durch das besagte – vermutlich manipulierte – Video. Es zeigt, kurz gesagt, wie Uniformierte mit ihren Schilden eine Sichtbarriere bilden, hinter der ein Häftling an die Wand gestellt wird. Im folgenden treten mehrere Uniformierte hinter die Schildbarriere, vollziehen unklare Handlungen. Das Video wurde umgehend als die Vergewaltigung eines Gefangenen präsentiert.

Immer verdächtiger: die Rolle der Militär-Staatsanwältin

Fünf Reservisten wurden festgenommen, Ermittlungen begannen. Am Ende wurden sie jedoch nicht wegen Vergewaltigung, sondern wegen anderer Vorwürfe schuldig gesprochen, die freilich nicht in extenso veröffentlicht werden. Hatten sie trotz der Entlastung von einer sexuellen Missbrauchshandlung Rache für das Attentat vom 7. Oktober genommen? Das bleibt unklar. Eine gewisse Härte im Umgang mit hartgesottenen, blutdurstigen Terroristen wäre allerdings verständlich – wenn auch nicht für Zeitungen wie den Guardian. In dieselbe Kategorie gehören Blätter wie die Zeit, die mit Hingabe Hamas-Aussagen zitieren, in großer Schein-Objektivität.

Immer verdächtiger wurde indessen die Rolle der Militärstaatsanwältin Tomer-Jeruschalmi. Denn die weigerte sich solange, wegen des durchgestochenen Videos zu ermitteln, bis der Verdacht auf sie selbst fiel. Das ist in der Tat eine drehbuchreife Wendung des Geschehens.

Der Militärkorrespondent der Radiostation GLZ, Doron Kadosh, zitiert aus Quellen, die mit den Ermittlungen vertraut sind: Die Polizei verfüge über Belege, laut denen „die Generalstaatsanwältin der Streitkräfte, Generalmajor Jifat Tomer-Jeruschalmi, aktiv an der Weitergabe von Material im Zusammenhang mit der Affäre beteiligt war“.

Die Generalstaatsanwältin selbst habe den Befehl gegeben, Materialien an die Medien weiterzugeben. Tomer-Jeruschalmi hätte also nicht lediglich kooperiert, damit das Video seinen Weg in die Öffentlichkeit fand, sie war die Impulsgeberin bei dem Unternehmen, das offenbar darauf abzielte, den Ruf der IDF zu beschädigen.

Und nun ist sie also zurückgetreten, was ein Sieg der Gegenseite ist, derer, die die IDF als den Schild der Israelis ansehen und nicht als eine zu bekämpfenden Foltertruppe. Und Tomer-Jeruschalmi hat in ihrem Rücktrittsschreiben zugegeben, dass sie das Video selbst veröffentlichte, angeblich „um der falschen Propaganda gegen die militärischen Strafverfolgungsbehörden entgegenzuwirken“. Es ging ihr also nur um sich selbst, um ihr eigenes Amt, von dem sie offenbar jeden Makel abwehren wollte. Das Hemd war ihr allemal näher als der Rock.

Es ist dies auch ein Skandal, der sich in ein breiteres Geschehen einreiht. Bekanntlich ist Benjamin Netanjahu seit geraumer Zeit ins Visier der israelischen Judikative geraten. Seit 2016 wurde er in den verschiedensten Angelegenheiten angeklagt, anscheinend nur um seinen Anspruch auf das Premierministeramt in Frage zu stellen. Später formierten sich Proteste gegen den Premier, der versucht habe, auf Umwegen, durch Mittelsmänner in die Ermittlungen gegen sich selbst einzugreifen. „Macht korrumpiert“, steht als Devise hinter solchen Narrativen, und das ist nicht auszuschließen. Aber solche Schauprozesse richten sich in diesen Jahren zumeist nur gegen rechte Politiker.

Wokisierte Justiz, tiefer Staat – alles irgendwie eins

Man kann nun das Kleine mit dem Großen vergleichen und sehen, dass in beiden Fällen die Justiz in politische Schaurennen geschickt wird, ganz abseits vom realen juristischen Wert jeder der Ermittlungen. Indem Ermittlungen und Prozesse eingeleitet werden, transportiert sich zumindest für einen Teil der Öffentlichkeit der Eindruck, dass eine Person oder eine Gruppe schuldig sei.

Und genau das geschah auch im Falle der israelischen Verteidigungskräfte und des Videos vom Sommer 2024. Obwohl man darin nicht wirklich erkennen konnte, was die Uniformierten hinter den Schilden taten, diente das Video dem hysterisierten Teil der Öffentlichkeit dazu, die längst bekannten Anwürfe der Hamas-Terroristen von neuem auszubreiten.

Es waren eigentlich nicht mehr als Vorwürfe ohne Beweiskraft. Das Video schien das zu ändern. Und so war es ein sehr beachtliches Instrument der Gegner von Benjamin Netanjahu, zu denen offenbar auch die nun ehemalige Generalstaatsanwältin der Streitkräfte gehörte. Man kann das nun wokisierte Justiz nennen oder tiefen Staat. Irgendetwas dazwischen. Das scheint heute alles irgendwie eins.

Tomer-Jeruschalmi hatte übrigens auch so ihre Probleme damit, wirklich alle Hamas-Terroristen als Feinde Israels zu behandeln. Einige der Schlächter vom 7. Oktober seien nämlich durchaus als „Bürger Israels“ zu betrachten und deshalb schon keine Kombattanten. Sie durften deswegen nicht von den Streitkräften attackiert werden, wie die Nachrichtenagentur JNS berichtet.

Das war und ist bitter für einige der Opfer vom 7. Oktober 2023. Verteidigungsminister Katz hatte schon angekündigt, dass Tomer-Jeruschalmi nicht ins Amt zurückkehren könne. Katz wolle nicht dulden, dass israelische Soldaten verleumdet würden. Später trat Tomer zurück und übernahm offiziell die Verantwortung für die Video-Leckage. Fall geschlossen.

Damit war aber das Drehbuch noch nicht zu Ende: Nach ihrem Rücktritt am Sonntag ging die Ex-Staatsanwältin Tomer verloren. Ihr verlassenes Auto wurde angeblich am Hatzuk-Strand bei Tel Aviv gesichtet. Tomer war über mehrere Stunden nicht zu erreichen. Sorgenvolle Spekulationen wurden angestellt, gar um ihr Leben gefürchtet. Am Sonntagabend wurde bekannt, dass sie am Leben und wohlauf sei. Glückliches Ende einer Tragikomödie: Ende gut, alles gut. Das israelische Deep-State-Justizsystem hat mit dem Rücktritt Tomers erste Risse bekommen.


Dienstag, 28. Oktober 2025

ZDF-Partner war Hamas-Mitglied – Pressemitteilung der Presse

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Am vergangenen Sonntag, den 19.10.25, hat Israel mehrere Luftschläge gegen den Gazastreifen geflogen.
Die anschließende Berichterstattung der Medien dazu hatte ich in einem Posting auf der Facebook Fanpage und X aufgearbeitet.

Wie nach Recherche und Berücksichtigung der frühzeitigen Meldungen der IDF deutlich wurde, ist der Tag anders verlaufen, als sich das in deutschsprachigen Nachrichtenmeldungen dargestellt hat.

Vor 12 Uhr veröffentlichten unter anderem die Tagesschau und ntv Meldungen, wonach die IDF trotz Waffenruhe Luftschläge fliegt. Das war die Meldungen, welche auch später die Schlagzeilen beherrschte. Dass Israel der Hamas den primären Bruch der Waffenruhe vorwarf, wurde fast ausschließlich im Fließtext erwähnt. Wenn überhaupt.
Die meisten Meldungen dazu kamen ab ca. 18:00h.

Tatsächlich hatte die IDF aber bereits um 13:00h gemeldet, dass sie bei Rafah im Süden angegriffen worden war.
Gegen 18:00h veröffentlichte sie Videoaufnahmen von Maskierten mit Sturmgewehren. Wenig später, dass sie mehrere Ziele bekämpft hat, unter anderem einen langen Tunnel, den die Palästinenser genutzt hatten.

Mehrere maskierte Bewaffnete mit Gewehren, aufgenommen von eienr Drohne.
Screenshot eines IDF-Videos des Angriffs.

Eine andere Quelle meldete gegen 19:00h glaubwürdig, dass am Morgen Hauptmann Yaniv Kola (26) und Unteroffizier Itai Yavetz (21) getötet wurden.

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Links der getötete Hauptmann Yaniv Kola (26), rechts Unteroffizier Itai Yavetz (21).

All das fand in den Nachrichtenmeldungen höchstens am Rande statt, die genaueren Angaben der IDF wurden nirgendwo übernommen. Aus irgendeinem Grund gelten die Meldungen als unbestätigt, die Meldungen der Palästinenser aber als berichtenswert.

„In Gedanken bei den Opfern“

Das ZDF meldete gegen 19:30h, dass „der Standort der Produktionsfirma Palestine Media Production (PMP) in Deir el Balah im Süden Gazas von einer Rakete getroffen“ wurde.
Dabei kamen „ein 37-jähriger Ingenieur der Firma und der Sohn eines anderen Mitarbeiters ums Leben. Ein weiterer PMP-Mitarbeiter (31) wurde bei dem Angriff verletzt.“

Die Kernmeldung wurde auch von anderen Medien übernommen: dass Israel Journalisten angegriffen habe. Die Palestine Media Production sei langjähriger Partner des ZDF.

Die ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten ließ sich zitieren:

„Wir sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Familien, denen wir unser tiefes Mitgefühl aussprechen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Medienschaffende bei der Ausübung ihrer Arbeit angegriffen werden.“
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ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten ist in Gedanken bei den „Opfern“: Einem Mitglied der Hamas.

In einem Beitrag des ZDF dazu heißt es, „auf Nachfrage des ZDF haben die Israelischen Streitkräfte (IDF) erklärt, der Vorfall werde geprüft.“
Das haben sie wohl nun getan.

ZDF muss einräumen: Hamas-Mitglied

Gestern veröffentlichte das ZDF eine Pressemitteilung, dass der getötete 37-Jährige tatsächlich Mitglied der Hamas war.

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Screenshot der Pressemitteilung

Die IDF hätten dem ZDF Dokumente vorgelegt, die das bestätigen. Und da man dem ZDF nun wirklich keine übermäßige Sympathie für die IDF vorwerfen kann, wird es das entsprechend geprüft haben.
Mehr noch, in einem anderen Beitrag heißt es: „Aufgrund der Unterlagen geht das ZDF davon aus, dass der Ingenieur Mitglied der Qassam-Brigaden war.“ Das bedeutet, der Mann war nicht nur irgendein Mitglied, sondern offizielles Mitglied des bewaffneten Arms, quasi der Streitkräfte der Hamas. Inklusive Dienstgrad und Uniform. In einem weiteren Beitrag wird er als Zugführer bezeichnet.

Das zeigt, dass Israel sehr gezielt einen höheren Hamasi mit der Rakete ausgeschaltet hat.
Das Alter des Sohnes oder dessen Name wird ebenso wenig genannt, wie der Name des Kombattanten. Geschwiege denn, ob er überhaupt ein Kollateralschaden war, oder vielleicht sogar ein weiteres Ziel. Durch eine kurze Recherche kann man zumindest den Namen des „Journalisten“ aber leicht herausfinden, die Palästinenser haben ihn selber veröffentlicht. Es handelte sich um Ahmad Abu Mutayr.

Das ist dadurch möglich, dass der Shin Bet, der zuständige Nachrichtendienst für das Innere, ausführliche Listen von Hamas-Mitgliedern hat. Inklusive deren Funktion, Telefonnummern, seit wann sie mindestens Mitglied sind, und so weiter. Der Shin Bet hört ständig mit, sichert Unterlagen, und so weiter.

Schmallippige Kommunikation

Die Meldung des ZDF ist erwartungsgemäß schmallippig. Zwar hat es dies auch auf Instagram und in einem Beitrag veröffentlicht. Diese Beiträge bestehen jedoch aus den immer gleichen Absätzen.
Das erscheint angesichts der Tragweite ernüchternd. Immerhin wird hier eine direkte Verbindung der Hamas zu einem öffentlichen, deutschen Sender nachgewiesen.

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Posting des ZDF auf Instagram.

Nun haben auch andere Medien das Thema aufgegriffen.
Ottilie Klein, die Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Kultur und Medien, sagte der Bild, das sei „ein Skandal, der das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tief erschüttert“ und „Vor allem muss aber überprüft werden, ob die Hamas und ihre Unterstützer über diese Produktionsfirma Einfluss auf die Art und die Inhalte der Berichterstattung des ZDF hatten.“

CSU-Generalsekretär Martin Huber wird zitiert „Dass ein Hamas-Terrorist für das ZDF gearbeitet hat, ist ein ungeheuerlicher Vorgang. Das ZDF und alle Berichterstatter müssen sicherstellen, dass sie nicht Hamas-Terroristen beschäftigen und Hamas-Propaganda verbreiten.“

Armin Laschet, Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses, bringt es auf den Punkt:

„Dass das ZDF in zwölf Jahren Zusammenarbeit nicht bemerkt, dass einer ihrer Mitarbeiter zeitgleich als Zugführer für die Hamas aktiv an Terrorismus gegen Israel beteiligt ist, spricht für sich. Die Tarnung als angebliche Journalisten und Techniker ist eine der perfidesten Methoden der Islamisten. Leider sind allzu viele Medien weltweit auch bei ihrer Berichterstattung darauf reingefallen.“
Screenshot von Google mit Suchergebnissen zum Namen des getöteten Terroristen.
Screenshot: Ein Beitrag von Reporter ohne Grenzen zu dem Luftschlag ist plötzlich nicht mehr zu erreichen.

„Er war kein ZDF-Mitarbeiter und in journalistische Fragen nicht eingebunden.“ …das ZDF wusste nicht einmal, dass der Mann bei der Hamas war. Und nun will es den Eindruck vermitteln, er habe keinen Einfluss nehmen können?

Das ZDF teilte mit, es habe „als Reaktion die Zusammenarbeit bis auf Weiteres eingestellt.“
Alleine dieses „bis auf Weiteres“ ist eine Frechheit. Die zeigt, dass innerhalb des Senders – und meiner persönlichen Meinung nach innerhalb weiter Teile der deutschen Nachrichtenmedien – gar kein Bewusstsein dafür besteht, was dort läuft. Man stelle sich vor, ein öffentlich-rechtlicher Sender würde mit einer Medienproduktion im Gebiet des IS zusammenarbeiten und dann käme auch noch heraus, dass mindestens einer der Mitarbeiter aktives Mitglied ist. Ähnliches gilt für Nordkorea, den Libanon oder den Jemen.

Wer halbwegs die Verflechtungen der Hamas und der Clans innerhalb des Gazastreifens kennt, muss sich die Frage stellen, wie viele der Mitarbeiter und „Partner“ sonst noch Mitglied der Hamas waren, sind, oder zumindest von dieser korrumpiert. Wie frei und ehrlich werden „Journalisten“ wohl berichten, wenn mindestens einer ihrer Kollegen Mitglied einer Organisation wie der Hamas ist? Selbst wenn sie denn selber keine sind.

Spätestens seit dem Luftschlag gegen das Al-Ahli-Krankenhaus im Oktober 2023, bei dem angeblich 500 Menschen getötet wurden, sollte klar sein, was die Hamas macht. Der Luftschlag stellte sich später als verirrte Rakete des Dschihads heraus, die nachts auf dem Angestelltenparkplatz eingeschlagen war. Doch darüber berichtete kaum noch ein Medium.

Seitdem erklären und belegen Insider, Experten und letztendlich selbst ich, wie die Hamas und die Palästinenser Nachrichten steuern und zur Propaganda nutzen. Doch selbst, wenn das ZDF einräumen muss, dass ein Hamasi ihr Partner war: für ein Umdenken reicht es wohl immer noch nicht.
Ein Skandal, der nicht verstanden wird.


Erschienen auf steady.page

Freitag, 3. Oktober 2025

800 US-Generäle kriegen ihr Fett weg – wortwörtlich

von Meinrad Müller

Military supersized: The Boss und sein neues Department of War greifen durch



Am 30. September 2025 wurden aus allen weltweiten US-Armee-Stützpunkten rund 800 Generäle und Admiräle nach Quantico in Virginia zitiert. Viele erwarteten, dort auf einen Großen Krieg eingeschworen zu werden – doch es kam schlimmer als befürchtet: Pete Hegseth, frisch ernannter Kriegsminister, eröffnete die Versammlung mit den Worten: „Der wahre Feind ist euer Speck auf euren Rippen.“ Die Verfettung – geistig auch die Diversitätsagenda, physisch durch mangelnde Fitness – sei ein Grundproblem bis in die höchsten Ränge hinauf.

Ab sofort gilt daher: Zwei Mal im Jahr Sporttüchtigkeitsprüfung. Liegestütze, Klimmzüge, Dauerlauf. Kein Unterschied zwischen Gefreitem und Vier-Sterne-General. „Keine dicken Generäle mehr!“, donnerte Hegseth. Wer die Vorgaben nicht erfüllt, muss die Uniform abgeben. Es ist die ultimative “Operation Bauchrutsche”.

68 Prozent der Stabsoffiziere sind übergewichtig

Nach den Bäuchen waren die Bärte dran. „Innerhalb von 60 Tagen müssen alle Bärte ab – das ist ein Befehl.“ Hegseth stellte klar: Die US-Armee ist keine Motorradgang. Sauber rasiert und korrekt gekleidet – so hat der Soldat vor den Feind zu treten. Damit sprach der selbst athletische einstige Elitesoldat Hegseth einen wunden Punkt an: Laut offiziellen Statistiken sind rund 68 Prozent der aktiven US-Soldaten übergewichtig oder fettleibig.

Ein Heer, das mehr Berührung mit Fast Food hat als mit dem Feind, ist schon vor der Schlacht kapitulationsreif. In Quantico ging es also weniger um China oder Russland als sondern um Burger, Donuts und Cola. Natürlich bekam aber auch die woke Ideologie ihr Fett weg, die der neue, nun wieder so bezeichnete Kriegsminister als ebenso dekadent und schädlich bezeichnete wie die militärische Fresssucht.

Müder Applaus wie nach fünf Big Macs

Die Rede dauerte 45 Minuten. Danach erhoben sich die 800 Offiziere zu einer Standing Ovation. Doch das es weniger nach Siegeswille aus als nach einer müden Wandergruppe, die gerade fünf Big Macs verdrückt hat. Manche keuchten beim Aufstehen, als wäre es ein Dauerlauf gewesen. Zum Schluss trat noch Präsident Trump ans Mikrofon. Er versprach die Rückkehr zu „militärischer Größe“. Übersetzt sollte das vermutlich heißen:Gürtelmaß 99 Zentimeter – nicht mehr. Wem das nicht passt, der ist dann kampfunfähig.

In Quantico gab es keinen Marschbefehl, sondern einen Schlankheitsbefehl. Kein Angriff auf Russland oder China, sondern auf die Wampe. 800 Generäle mussten lernen: Der Feind sitzt nicht jenseits der Grenze – er sitzt direkt auf den eigenen Rippen.

Die Zulieferindustrie für die Armee wird neuen Angebote ersinnen: Abnehmkurse wie bei den WeightWatchers.


Dienstag, 2. September 2025

Nasser-Krankenhaus: Lieber Volksverpetzer, wir müssen reden


Das Nasser Krankenhaus nach dem Luftschlag

Lieber Volksverpetzer,

ich mag Euch. Wirklich.
Ich folge Euch schon lange und Eure Petition habe ich auf meinen Plattformen geteilt.
Enttäuschend zu sehen, dass Ihr nun in die einseitige Berichterstattung der Medien zum Gazakrieg einsteigt. Und dabei dem gleichen Bias unterliegt, wie gefühlte 99% aller Journalisten.

Am Samstag, dem 30.08.2025, habt Ihr den „Faktencheck“ von Philip Kreißel mit dem Titel „Gaza: IDF-Streitkräfte töten Journalisten – Rechtfertigung widerlegt“ veröffentlicht.
Es geht um den Beschuss am Nasser Krankenhaus in Chan Yunis am 25.08.205.

Screenshot des Beitrags des Volksverpetzers

Ich nehme mir die Freiheit zu erklären, warum der „Faktencheck“ kein Faktencheck ist. Sondern lediglich die Aufzählung von Informationen einer Seite, weil für die andere Seite die Expertise fehlt.

Leider muss ich aufgrund der Erregungsbereitschaft des Netzes einige Dinge vorwegschicken. So kurz es geht. Weil ich sonst wieder hunderte unsinnige Kommentare habe.

  • Ich war zehn Jahre lang Unteroffizier eine Spezialeinheit im Nachrichtenbereich. Auch im Einsatz und für die NATO. Angefangen habe ich aber Richtschütze auf einem Leopard II. Ich unterstelle mir zumindest halbwegs die Fachkenntnisse, die hier relevant sind.
    Zusätzlich habe ich länger mit einem Freund telefoniert, der u.a. auch als Panzerkommandant im Einsatz war.

  • De facto bin ich Journalist, bezeichne mich aber als MilBlogger. Weil mein Schwerpunkt die Wissensvermittlung ist. Erklären, nicht Berichten.

  • Alles, was ich hier behaupte, kann ich belegen. Ich vereinfache, denn das ist Teil der Wissensvermittlung.

  • Es geht nicht darum, die IDF freizusprechen. Was ich hier schreibe, würde ich ebenso schreiben, wenn es sich um russische oder ukrainische Streitkräfte handeln würde.

  • Ich verzichte auf meine übliche lakonische, militärische, rheinische Schnauze. So schwer es fällt. Ich möchte konstruktiv sein. Sonst hätte ich das nämlich als Beitrag hinter Bezahlschranke setzen können.

  • Ich bin kein Boomer, politisch links und Krieg ist nichts Tolles.

Man kann keinen Faktencheck betreiben, wenn man einen blinden Fleck hat.
Dieser Blinde Fleck ergibt sich daraus, dass die allermeisten Journalisten keine Ahnung von Militär und Krieg habt. Sicher auch nicht der Datenanalyst Philip Kreißel.

Das ist bereits am Titel zu erkennen. Ich darf Eure „IDF-Streitkräfte“ für übersetzen: „Israelischen Verteidigungsstreitkräfte-Streitkräfte“.
Geschenkt.

Genug der Vorrede.

Das Panzer-Mindsetting

Kampfpanzer sind aus der Idee der Kavallerie entstanden. Die mit Säbel auf dem Pferd.
Es sind fahrende Kanonen. So vollgestopft mit Technik und Computern, dass die Besatzung kaum noch Platz hat.

In der westlichen Gefechtstaktik - und dazu zählen auch die israelischen Streitkräfte - werden sie üblicherweise eingesetzt im so genannten „Gefecht der verbundenen Waffen“.
Vereinfacht: Angenommen man will ein Dorf einnehmen, dann fängt erstmal die Artillerie an, das Dorf aus der Ferne zu beharken. („Shaping“) Dann kommen die stark gepanzerten Kampfpanzer angeritten. Und hinter ihnen die Schützenpanzer, aus denen dann die Infanteristen („Fußsoldaten“) springen und in den Häuserkampf gehen („abgesessenes Gefecht“).
Man kann dieses Vorgehen bereits in der Scharfschützen-Szene im Film Full Metal Jacket sehen, also im Vietnamkrieg.

Die Kampfentfernung für einen Kampfpanzer wie den Leopard II (D), den Abrams (USA) oder Merkava (I) ist so ganz grob 1000m bis 4000m. Für darunter, so von 300 bis 2000m, hat er auch ein „koaxiales“ Maschinengewehr. Der Schütze schießt dann nicht mit der Kanone, sondern mit dem MG.

Unmittelbar um sich herum ist der Kampfpanzer, wenn die Luken im Gefecht geschlossen sind, quasi blind. Zwar gibt es Spiegel, die sind aber sehr eingeschränkt und selten beweglich. Zudem kann er auf kurze Distanz gar nicht schießen. Er ist ziemlich wehrlos. Er ist dafür gemacht zu reiten, nicht zu stehen.

Deshalb ist es sehr unpassend, einen solchen Kampfpanzer in den Häuserkampf zu schicken.
Es gibt aber gute Gründe, das trotzdem zu tun. Die würden aber einen ganzen Vormittag taktischen Unterricht erfordern, das lassen wir weg.
Die Israelis tun es, und sie haben Gründe. Punkt.

Ein Merkava aus einer Ruine aus wenigen Metern fotografiert.

Das ist die schlimmste Situation in einem Häuserkampf in einem asymmetrischen Gefecht, wie die Hamas, der Dschihad und die Hisbollah sie betreiben.
Gehen die Luken zu, weißt du nicht, ob du wieder aussteigen wirst. Eine Unachtsamkeit kann dazu führen, dass jemand eine Rakete feuert und du in deinem Sitz verbrennst. Denn du kannst auch nicht schnell heraus. Der Richtschütze kann beispielsweise erst raus, wenn der Kommandant rausgeklettert ist.

Und das ist das Mindsetting, mit dem die Besatzungen von Kampfpanzern sich in solchen Einsätzen bewegen.

Asymmetrischer Kriegsführung

Das wissen natürlich auch andere.

Die Palästinenser schießen tragbare Anti-Tank-Raketen aus den Trümmern von oben auf die Panzer. Weshalb die Merkava häufig auch mit einem Gitter versehen sind, wie wir es aus Bildern aus der Ukraine kennen. („Bljatmobil“) Der Sinn ist, dass die Rakete auslöst, bevor sie auf die Panzerung trifft und die Wirkung dadurch (hoffentlich) verpufft.

Ein Merkava von oben aus einem kaputten Fenster aufgenommen.

Und sie laufen geduckt an Merkava heran und platzieren im hinteren Teil der Wanne eine Sprengladung. Wenn sie Pech haben, passiert nichts. Wenn sie Glück haben, erwischen sie ein Munitionsdepot und es kommt zu einem „Cook Off“: die ganze Munition geht hoch.
Was man dafür braucht ist nur einer, der fanatisch genug ist, und eine Sprengladung.

Doppelbild: Zwei Palästinenser werfen eine Sprengladung auf einen Merkava, der daraufhin komplett in Flammen steht.

Und das verdeutlicht vielleicht auch einmal, warum das häufige Argument Unfug ist, warum die „überlegenen Streitkräfte“ nicht in der Lage sind, die Hamas zu schlagen. Denn asymmetrische Kriegsführung bedeutet ja, dass eine Seite versucht, die Vorteile, die die andere Seite hat, durch möglichst einfache Mittel zu umgehen.
Vietnamesen in Flip Flops haben die USA davongejagt und Mudschaheddin mit Kamelen die Sowjetunion.

Befehl ist Befehl

Natürlich muss ein Panzer nicht jedes Mal nachfragen, wenn er schießt. Das ist die Verantwortung des Kommandanten. Üblicherweise ein Unteroffizier.
Zwei Drittel bis drei Viertel der Soldaten sind Wehrpflichtige.

Aber es gibt Maßgaben, wonach eine übergeordnete Stelle bestimmte Einsätze genehmigt. Beispielsweise bei einem Luftangriff mit einer Drohne. Dafür gibt es üblicherweise eine Gefechtsführung, die manchmal auch weit weg in einem Zelt oder einem Bunker sitzt.

Kommunikation im Gefecht, schematsiche Darstellung

Und darüber kommt dann mindestens noch eine Instanz, die der militärischen Einheit, beispielsweise der Division. Das ist aber in jedem Land und sogar in jedem Einsatz unterschiedlich.

Das Nasser Krankenhaus

Ein dritter Faktor ist meiner Meinung nach für die Beurteilung des Vorfalls wichtig. Nämlich die „Location“.

Das Nasser Krankenhaus ist ein sehr großer Gebäudekomplex im Chan Yunis, eher im südlichen Teil des Gazastreifens.
Dieser Komplex ist dafür bekannt, dass Kombattanten sich dort „verstecken“. Übrigens vor den Augen aller anderen Palästinenser.

Sattelitenbild des Komplexes
Sattelitenbild des Komplexes, November 2023

Bereits 2024 fanden Gefechte um das Gebäude statt.
Das bedeutet, die IDF haben da nicht willkürlich rumgeballert, sondern Palästinenser haben zurückgeschossen.

Es ist auch gesichert, dass dort mehrere Geiseln gefangen gehalten wurden. Zudem wurden Medikamente mit den Namen von Geiseln darauf gefunden. Mindestens sechs sind namentlich bekannt.

Erst im Juli Im Juni kam es zu Feuergefechten zwischen Anhängern der Hamas (und vermutlich des Dschihads) und Angehörigen der Shabab Miliz. Letztere sollen auch kurzzeitig die Kontrolle über das Krankenhaus erlangt haben. Zumindest lang genug, um für Gruppenfotos zu posieren.

Kämpfer der Shabab posieren für ein Gruppenbild.
Gruppenbild der Shabab Milizen vor dem Nasser Krankenhaus. Screenshot Hindustian Times

Als Mitte Januar eine Waffenpause zwischen den Palästinensern und Israel verkündet wurde, haben Hamas Anhänger aus dem Krankenhaus heraus einen bejubelten kleinen Konvoi gestartet. Dummerweise, bevor die Waffenruhe in Kraft war. Weshalb die Autos nicht weit gekommen sind.

Screenshots des Konvois
Screenshots des Konvois, Quelle: Video, X

Die immer gleiche Situation

Am 21.07.1861 fand die erste große Schlacht des amerikanischen Bürgerkrieges statt, die Schlacht am Bulls Run oder Schlacht bei Manassas. Und weil auch noch Sonntag war, ließ man sich im nahen Washington die Pferde anspannen, die Haussklaven einen Picknick Korb packen, die Damen zwängten sich in die Korsetts und man fuhr dann dorthin, um anderen beim gebratenen Hähnchen beim Sterben zuzusehen.
Als diese Proto-Autobahngaffer merkten, dass Kanonenkugeln nicht halt machen und durch ihr Brathähnchen titschten, kam es zu einer panischen Flucht. Der moderne Krieg.

Mit offenem Mund saß ich davor, als ein Journalist vor Ort erklärte, was passiert war.
Am 13.10.2023 hatten sich einige Journalisten versammelt, um von Gefechten zwischen Hisbollah und IDF zu berichten. Von einer Anhöhe aus, mit gutem Blick, unmittelbar an der israelisch-libanesischen Grenze.

Ein Inferno, ohrenbetäubender Lärm, plötzlich brannte das Auto. Den Vorfall habe ich damals ausgewertet und die Entfernungen gemessen. Ein Merkava hatte eine, vielleicht zwei Granaten da reingesetzt. Aus über 1300 Metern, die Journalisten hatten den Merkava im Tal vor ihnen sicher nicht einmal gesehen. (Was in Untersuchungsbericht später bestätigt wurde.)
Ein Journalist starb.

Das brennende Auto, im Vordergrund transportieren Helfer eine Leiche ab.

Ich kann mich daran erinnern, dass ich damals mit einem Journalisten des SWR diskutiert habe. Konstruktiv wohlgemerkt. Nett und freundlich. Weil meine Haltung war: Diese armen Narren.
Ich habe erklärt, was man aus einem Panzer überhaupt sieht, vielleicht mit einem Wärmebild sieht (Restlichtverstärker, Infrarot o.ä.), wie weit die Kampfentfernungen sind und so weiter.

Aber das waren nicht nur Picknicker bei Manassas. Sie haben sich auf einer Anhöhe positioniert und einige von ihnen haben Kameras auf Stativen aufgebaut. Was in einem Kampfgeschehen leicht für eine Panzerabwehrrakete gehalten werden kann.

Panzerabwehrraketen

Viele dieser Raketen oder RPG arbeiten mit Infrarot oder Laser, um die Entfernung zu messen.
Deshalb haben moderne Kampfpanzer ein Warnsystem. Sobald eine solche Quelle auf sie gerichtet wird, bekommt der Kommandant ein optisches und akustisches Warnsignal. Er kann sofort seine Optik auf den Ursprung des Signals setzen. Mit nur einem Knopfdruck schwenkt der tonnenschwere Turm herum, das Rohr geht sofort auf das Ziel. Und dann wird ausgelöst. Vom Kommandanten oder vom Richtschützen.

Zwei vermummte Hamas-Kämpfer mit Panzerabwehrraketen.
Zwei vermummte Hamas-Kämpfer mit Panzerabwehrwaffen RPG, Beit Hanun, August 2015.

Dieser ganze Vorgang wird trainiert. Er dauert vielleicht drei bis fünf Sekunden. Keine Zeit nachzudenken, denn sonst kann es schon zu spät sein.
Und nun machen wir uns klar, dass auch Kameraleute häufig die Entfernung mit Infrarot oder Laser messen. Es gibt sogar Geräte, die dafür auf Kameras aufgeschraubt werden können.

Ich denke nicht, dass das hier oder im aktuellen Fall beim Nasser Krankenhaus passiert ist. Aber es gibt eine Vorstellung. Die Entscheidung, einen Schuss zu lösen, also zu feuern, fällt in wenigen Sekunden.

Dutzende Panzerabwehrraketen liegen auf dem Boden ausgestellt.
Sichergestellte RPG, 07.10.2024

Und aus einem weiteren Grund werden Kameras als Bedrohung angesehen. Überall, nicht nur von den israelischen Streitkräften.
Kameras eignen sich zur „Gefechtsfeldbeobachtung“. Eigentlich erschließt sich das jedem, sobald man an Drohnen denkt. Doch das geht ja mit jeder Kamera, sogar mit einem Handy. Schöne neue Welt.

Ein Panzermann kann nicht wissen, ob derjenige, der eine Kamera auf ihn richtet, die Bilder für die Presse aufzeichnet, oder ob er die Bilder an einen Kommandostand der Hamas, Hisbollah oder Russen überträgt.

Zudem gibt es im Netz hunderte Propaganda-Videos, die zeigen, wie israelische Panzer aufgenommen und anvisiert werden. Daher das typische rote Dreieck, das ein Ziel markiert. Was auch die Ecke der arabischen Revolutionsflagge, also der Palästinenserflagge, symbolisiert.
Deshalb gibt es inzwischen unter den Soldaten das geflügelte Wort: Siehst Du eine Kamera, bist du gleich tot.

Das alles im Gepäck schauen wir uns nun einmal an, was am Nasser Krankenhaus passiert ist.
Aber wir wechseln die Perspektive. Wir schauen einmal aus den Augen eines Soldaten.

Die Kamera auf der Treppe

Am Montag, dem 25.08.2025 fanden in Chan Yunis und vom Süden kommend bei Gaza-Stadt Gefechte statt. Dazu waren auch Merkava im Einsatz.

Irgendwann wurde eine Kamera im vierten Stock der Außentreppe des Nasser Krankenhauses gemeldet.
Ob fest installiert oder mobil, ob von der Presse oder von der Hamas, das zählt dann nicht mehr. Die Kamera ist der Feind, die Kamera ist das Ziel. Nicht die Personen and er Kamera und nicht das Gebäude, an dem die Kamera steht.

Es ist für die Soldaten völlig unerheblich, wer bei der Kamera ist. Denn sie haben gar keine Zeit, sich zu vergewissern.
Das Militär allgemein geht davon aus, dass wer eine Kamera auf ein aktives Gefecht richtet, das zu wissen hat. Das Militär, jedes Militär, sieht sich in dem Moment in einer Notwehrsituation.

Sattelitenbild, die Außentreppe markiert

Die häufige Nachrichtenmeldung von einem Angriff „auf“ das Nasser Krankenhaus muss also per se falsch sein. Denn dann wäre das Krankenhaus an sich das Ziel gewesen.
Da die IDF mehrfach 2000-Pfünder eingesetzt haben und 4000-Pfünder besitzen, würde nach einem Angriff „auf“ das Krankenhaus nicht mehr viel stehen. Doch das ist ja nicht passiert.

Ob es tatsächlich einen Luftschlag, mutmaßlich durch eine Drohne, gegeben hat, ist derzeit noch unklar. Die Division, also das übergeordnete Kommando, hatte wohl einen solchen Einsatz freigegeben.

Dann haben Merkava Kampfpanzer gefeuert. Nach derzeitigem Stand zwei Mal. Metergenau dahin, wo die Kamera war.
Wodurch das ausgelöst wurde, kann auch ich derzeit nicht sagen. Da das aber für moderne Kampfpanzer sehr ungenau war, gehe ich davon aus, dass sehr schnell geschossen wurde.

Der Double Tap

Und dann ist es unmittelbar nach dem Einschlag des Schusses zu einem weiteren Einschlag gekommen. Das ist der eigentlich relevante. Ob es nun der dritte war, ist bisher unklar. In jedem Fall war es der Zweite auf das gleiche Ziel.

Daraus machen viele Medien nun einen „Double Tap“. Auch Philip Kreißel im Volksverpetzer, indem andere Quellen verlinkt werden und er schreibt: „Ein militärischer Grund für den zweiten Angriff ist ebenfalls nicht ersichtlich.“
Doch.

Wie ein Genozid mehr ist, als viele Menschen zu töten, ist auch ein „Double Tap“ mehr, als zweimal auf das gleiche Ziel zu schießen.

Das Paradebeispiel eines Double Tap hat die IS Ende Februar 2016 in Sadr City, Bagdad, geliefert.
Zunächst hat ein Selbstmordattentäter sich auf dem Markt in die Luft gejagt. Und als dann Helfer herbeiliefen, ist ein zweiter Selbstmordattentäter in diese Helfer gelaufen, und hat sich seinem Kameraden dort angeschlossen. Mindestens 70 Tote waren die Folge.

Der Sinn des „Double Taps“ ist es, Terror auszuüben. Indem man Menschen verunsichert, zu helfen.
Es ist also zwangsläufig notwendig, einen Double Tap genau mit dieser Intention von vornherein zu planen. Zweimal schnell auf ein Ziel zu feuern ist dafür nicht ausreichend.

Auch Russland hat das beispielsweise im Syrienkrieg mehrfach angewendet. In einer Auswertung eines Raketenangriffs im September 2024 auf das Poltawa Militärinstitut musste ich beispielsweise aber zu dem Urteil kommen, dass das dort auch nicht der Fall war.
Dafür ist fürchterlich unerheblich, ob ich Russland mag, oder nicht.

Wirkungsbild des Poltawa Militärinstituts, die zwei Eisnchläge sind deutlich zu erkennen.
Wirkungsbild des Poltawa Militärinstituts.

Wenn mit Kampfpanzern in kürzester Zeit – und das hat auch Philip Kreißel von den Sky News verlinkt – zweimal auf ein Ziel gefeuert wird, ist das nicht zwangsläufig ein Double Tap. Es ist eher unwahrscheinlich. Das Motiv ist entscheidend.

Ich sag es so, wie es ist: Dass palästinensische Journalistendarsteller sofort herbeieilen, um Elendsbilder zu produzieren und mit einem Handy aufzunehmen, dafür kann Israel nichts. Und am wenigsten die Schützen der Merkava.

Nach dem Brechen des Schusses fällt beim Richtschützen sofort ein Sichtschutz, die Optik wird schwarz. Weil er sich sonst durch das Mündungsfeuer die Augen „verblitzt“. Der Ladeschütze lädt sofort nach, die Kanone geht automatisch in die alte Position. Der Richtschütze kann also sofort nochmal feuern. Zeitfenster vielleicht fünf Sekunden, eher weniger. Und das scheint wohl die Zeit gewesen zu sein, in der die verlinkten Sky News einen zweiten Kanonenschuss erkannt haben.

Wäre ein Double Tap geplant gewesen, wie auch der Vertreter Palästinas bei der UN später behauptete, hätte man doch sinnvollerweise in die Rettungsmaßnahmen im Erdgeschoss und den Abtransport der Verletzten gefeuert. Vermutlich konnte der Merkava das aber aufgrund des Winkels gar nicht.

Mediale Narrative

Gehen wir einmal durch, was die Medien vermeldet haben.

Einen „Angriff auf“ das Nasser Krankenhaus hat es nicht gegeben. Es gab Beschuss auf das vierte Stockwerk der südlichen Außentreppe.
Hätte Israel das ganze Ding plattmachen wollen, wäre es jetzt platt.

Es wurde behauptet, Israel hätte einen Double Tap durchgeführt. Dafür sehe ich keinen Anhaltspunkt. Nur Behauptungen von Menschen, die offenbar nicht verstanden haben, was „Double Tap“ bedeutet. Oder es für Klicks ignorieren.

Es wurde behauptet, Israel hätte auf Journalisten gezielt.
Ähnlich wie beim Vorwurf des Genozids wäre dafür notwendig nachzuweisen, dass Israel gezielt Journalisten tötet. Doch das sehe ich nicht.

Ich bestreite nicht, dass Israel versucht Journalisten aus Kampfzonen herauszuhalten. Wie jede andere Streitkraft-Streitkraft sein dem Vietnamkrieg auch.
Ich bestreite auch nicht, dass sie dabei wenig zimperlich vorgehen. Ebenfalls wie jede Streitkraft der Welt.

Ich bezweifele, dass es eine Systematik gibt, einen Befehl, eine Direktive.
In diesem Fall ist das Argument aber eh Makulatur. Denn auf dem veröffentlichten Video sieht man, dass keiner der Leute, die sich bei den Schüssen auf dieser Treppe befanden, überhaupt als Journalisten erkennbar waren. Der Schütze im Kampfpanzer konnte also nicht wissen, dass sich in dem Moment Journalisten auf der Treppe befanden.

Screenshot aus dem Video.
Die Szene auf der Treppe unmittelbar vor dem Einschlag.

Durch die einseitige Berichterstattung, geschuldet dem Umstand, dass die meisten Journalisten keine Expertise haben, muss implizit der Eindruck entstehen, dass Israel anlasslos einfach mal „auf“ Journalisten an einem Krankenhaus geschossen hat.
Ich habe nicht einen einzigen Medienbeitrag gelesen, in dem gesagt wurde, dass unweit des Krankenhauses eine aktive Gefechtssituation bestand. Auch nicht, nachdem die IDF das erklärt haben.

Palästinensische Journalisten und Journalisten in Palästina

Und wo wir gerade unter uns sind, muss ich das anfügen:

Die Medien sprechen ständig von „Reuters-Journalisten“ oder ähnlichem.
Es sind palästinensische Journalisten. Üblicherweise Freelancer, die auch Bilder oder Meldungen an Nachrichtenagenturen oder Medien verkaufen. Die wiederum aber nicht wissen können, wer ihnen da etwas verkauft. Weil sie keine Möglichkeit haben, die Leute zu prüfen.

Ich kaufe selber ständig Stock Medien aus dem Gazastreifen. Und ich bin sicher, ich habe schon hunderte Euros für Bilder ausgegeben, die von Menschen gemacht wurden, die zur Hamas gehören. Direkt oder mittelbar.
Aber das erzählt man nicht auf dem Galaempfang für einen Journalistenpreis. Lieber erzählt die Lobby, es seien „Reuters-Journalisten“ gewesen. Was bei dem durchschnittlichen Deutschen die Assoziation weckt, die seien fest bei Reuter angestellt und hätten dort einen Auftrag erfüllt.

Denken wir an Hassan Eslaiah, der seine Bilder an die größten Agenturen verkauft hat und von dem später rauskam, dass er zeitgerecht zum Durchbruch der Palästinenser am 10/7 am Zaun war. Und dessen Selfie mit dem mehrfachen Mörder Yahya Sinwar dann auftauchte.

Selfie: Der Journalist bekommt vom militärischen Anführer der Hamas ein Bussi

Oder an den bei dem Beschuss auf das Nasser Krankenhaus getöteten „Journalisten“ Mohamed Salama, der nachweislich nicht nur die Übergabe der toten Bibas Familie gefilmt hat und am 10/7 die Stürmung der israelischen Grenze begleitet hat, sondern von dem inzwischen viele Fotos auftauchen, die ihn mit Vertretern der Hamas-Führung zeigen?

Mohamed Salama mit Kamera in Presseweste und Helm

So muss auch Philip Kreißel erwähnen, dass Israel Journalisten den Zugang verweigert.
Übrigens so, wie jede andere Streitkraft der Welt auch, seit dem Vietnamkrieg. Es geht nur noch „eingebettet“, also in Begleitung.
Und der ganze Gazastreifen ist im Grunde eine Kampfzone. Das ganze Gebiet ist etwa so groß wie Bochum.

Doch auch diese selbstwertdienliche Forderung der Medien-Lobby ist wieder einseitig. Ob bewusst oder unbewusst. Denn auch vor dem Krieg musste man schon bei einem Vertreter der Hamas in Ramallah oder Ost-Jerusalem vorsprechen, um im Gazastreifen arbeiten zu dürfen.
Ich frage mich, ob diejenigen, die wieder und wieder diese Forderung aufstellen, tatsächlich glauben, die Hamas würde gerne freie, „westliche“ Journalisten dort rumlaufen haben.

Genauso, wie von der Lobby ständig so getan wird, als genössen Journalisten einen besonderen völkerrechtlichen Schutz. Das ist falsch und trotzdem so tief eingesickert, dass man bei KI-Plattformen sehr dezidiert nachfragen muss. Weil die natürlich nur nachplappern.
Das einzige Mal, dass Journalisten überhaupt im Völkerrecht erwähnt werden, ist im Artikel 79 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen von 1977. Und da steht nur, dass sie als Zivilpersonen zu behandeln sind.
Sie genießen also den gleichen Schutz, wie jeder andere Zivilist auch. Aber eben nicht mehr.

Der Faktencheck-Faktencheck

Schauen wir uns zum Abschluss den Beitrag von Philip Kreißel einmal an.

Bereits in der Überschrift heißt es „Rechtfertigung widerlegt“.
Es ist zumeist nicht so, dass die Überschriften vom Autoren gewählt werden. Hier zeigt sich aber schon das große Problem. Neben „Streitkräfte-Streitkräfte“.

Irgendjemand in den IDF hat in einem Einsatz eine Kamera erkannt. Sie mussten davon ausgehen, dass die Kamera „feindlich“ ist. Und genau so steht es im ersten Ergebnis, den die IDF auf X gepostet haben und der im Beitrag auch zitiert wird.

Allerdings wäre eine „initial inquiry“ keine „ersten Ermittlungen“, sondern eher eine „anfängliche Prüfung“. Denn diejenigen, die das prüfen, haben keine Ahnung, was die Soldaten im Einsatz dort machen. Die müssen erstmal nachfragen, was überhaupt los war.

Das als „Rechtfertigung“ zu bezeichnen, halte ich für schwierig. Es als „widerlegt“ zu bezeichnen zeigt ein völlig falsches Verständnis davon, was dort passiert und zu erwarten wäre.
Das Militär schildert, was aus seiner Sicht passiert ist. Das zu widerlegen wäre Aufgabe eines Gerichtes. Nicht des Militärs in einer ersten Prüfung.
Das ist eine falsche Erwartungshaltung, um die Philip Kreißel den ganzen Beitrag aufgebaut hat.

Sehr häufig hatte ich schon das Argument in den Kommentarspalten, das Militär müsse vorher sicherstellen, dass es der Feind ist, bevor es schießt. Doch das muss es nicht. Und das kann es nicht.
Das ist aber das, was viele Zivilisten, und somit auch viele Journalisten, aus ihrem Rechtsverständnis des Friedens heraus zu denken scheinen. Oder wollen.

Tatsächlich ist ein Gefecht erst einmal ein rechtsfreier Raum. Und verschiedene Verantwortliche - Vorgesetzte, Kommandanten, Kommandeure usw. – tragen die Verantwortung dafür, dass zumindest das Völkerrecht und die eigenen Regularien eingehalten werden. Das ist die große Verantwortung, die jeder Vorgesetzte zu tragen hat. Und für die er sich zu rechtfertigen hat.

Wenn Menschen nun erwarten, dass das im Nachhinein geprüft wird und das Militär im zivilen, friedlichen Rechtsverständnis somit auf der Anklagebank sitzt, ist das völlig verständlich. Und auch richtig und gut so.
Aber die Erwartungshaltung, dass das nun innerhalb weniger Tage untersucht wird und dann eine Art Rechtsgutachten erstellt wird, ist schlicht falsch.

Auch das ist ein Maßstab, der immer wieder an das israelische Militär angelegt wird, aber irgendwie an keinen anderen. Nicht an die Ukraine, nicht an Russland, nicht an die Huthi, nicht an die Hisbollah, nicht an den Irak, nicht an den Libanon, nicht an den Dschihad in Palästina und sicher nicht an die Hamas.

Und genau das ist der blinde Fleck.
In einer völligen Unkenntnis wie Krieg funktioniert, werden Maßstäbe angelegt. Und in diesem speziellen Fall wird eine Erwartungshaltung gegenüber Israel aufgebaut, die bei keiner anderen Streitmacht zu gelten scheinen.

Wie kann den bitte ein Journalist, der von einer fundamentalen Seite eines Problems keine Ahnung hat, einen „Faktencheck“ durchführen? Und dazu dann einfach nur dutzende andere Quellen zusammensuchen und verlinken, die meist ebenso wenig Ahnung haben?
Als Kommentar, als Meinungsbeitrag, wäre das in Ordnung. Aber als „Faktencheck“?

Ich bin mal ganz ehrlich: Ich habe das Gefühl, durch eine Kompetenzlosigkeit, die ich manchmal als „friedensverwahrlost“ bezeichne, bewegt sich die öffentliche Debatte auf dem Niveau einer Massenpsychose. Eine völlige Verzerrung, die der Hamas-Propaganda in die Karten spielt.
Und diejenigen, die dagegen ankämpfen und versuchen Krieg zu erklären, wie Andrew Fox, Torsten Heinrich, Ralf Raths vom Panzermuseum oder auch Ryan McBeth werden von den Medien ignoriert oder als Nationalisten, Rechte, Einseitige oder Kriegsgeile abgefrühstückt. Da setzt man sich lieber Soziologinnen in die Talkrunde oder übernimmt UN-Narrative, die klar auf die Hamas zurückgehen.
Von dem, was auf Social Media abläuft, ganz zu schweigen.

Für einen Faktencheck hätte ich andere Fragen und Antworten erwartet:

  • Warum halten sich „Journalisten“ auf einem Gebäude auf, dass als Kombattanten-Hotspot bekannt ist?

  • Warum halten sich „Journalisten“ in unmittelbarer Nähe zu Rettungsarbeiten auf, die in Reichweite einer aktiven Kampfzone stattfinden?

  • Warum melden Medien weltweit einen Angriff „auf“ ein Krankenhaus, obwohl das Ziel (oft gemäß eigener Berichterstattung) ein anderes war?

  • Wie können die IDF gezielt Journalisten getötet haben, wenn die Getöteten gar nicht als Journalisten zu erkennen waren?

  • Warum melden die IDF die Tötung von sechs Terroristen, die offenbar nicht bei dem Einsatz getötet wurden?

  • Wer führt eine mögliche Untersuchung durch?

  • Gab es einen Luftschlag? Wie lange vor der Zeit bis zu den Panzertreffern? (Hat der israelische Stabschef übrigens befohlen weiter zu untersuchen. Steht auch im zitierten Posting.)

  • Was war der Grund, womöglich ein zweites bzw. drittes Mal auf das Ziel zu feuern? Gab es einen Verantwortlichen, der das autorisiert hat, oder war das eine spontane Handlung in einem Gefecht? (Auch das hat der israelische Stabschef befohlen weiter zu untersuchen. Steht ebenfalls im zitierten Posting.)

  • Wenn es bereits mehrfach Gefechte in und um das Nasser Krankenhaus gegeben hat, warum haben die IDF es nicht besetzt, gesichert und gehalten?

  • Warum wird die Meldung zu einem vergleichsweise kleinen Vorfall von den Medien priorisiert, während Israel 30 Ziele im Jemen bekämpft, die die internationale Schifffahrt bedrohen, und inzwischen die gesamte Führungsriege der Huthi ausgeschaltet hat?

  • Würden die Palästinenser wirklich unabhängige Journalisten im Gazastreifen akzeptieren?

Wirklich, ich mag Euch, Volksverpetzer.
Aber dieser „Faktencheck“ war nix.


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