Posts mit dem Label Jarasch werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Jarasch werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 23. März 2023

Autofreie Friedrichstraße: „So, wie es jetzt aussieht, kann es nicht bleiben“

von Thomas Heck...

Das Hick-Hack um die Friedrichstrasse in Berlin geht in die nächste Runde. Nachdem Bettina Jarasch und ihre grüne Bande vom Wähler abgestraft und abgewählt wurde und sie sich selbst noch schnell verfassungsrechtlich höchst bedenklich, weil sie gleichzeitig noch amtierende Verkehrssenatorin ist, als Fraktionsvorsitzenden ins Berliner Abgeordnetenhaus wählen liess, schafft sie noch schnell Fakten, bevor der neue schwarz-rote Senat übernehmen kann und dann die Trümmer grüner Verkehrspolitik zusammenkehren muss. Wer stoppt Bettina Jarasch?

Bei einer Diskussion über die Sperrung in Berlin-Mitte schlagen die Wellen hoch. Ein Teilnehmer outet sich als Grüner – und ein Staatssekretär bietet Hilfe an.


Der Mann hat Mut. Stefan Lehmkühler gab sich öffentlich als Grüner zu erkennen. Und zwar während einer Versammlung, bei der mit grüner Verkehrspolitik am Beispiel der Friedrichstraße heftig abgerechnet wurde. „Ich bin Erfinder der autofreien Friedrichstraße“, teilte Lehmkühler der Runde mit. Er finde die Idee gut, auch wenn er mit der bisherigen Gestaltung nicht einverstanden war. Was bisher dort geschehen sei, bezeichnete er als „demokratisch legitimiert“. Und ja, er glaube nicht, dass der gesperrte Abschnitt jemals wieder für Kraftfahrzeuge geöffnet werde. Der Kontrapunkt war gesetzt.

Denn ansonsten waren sich bei der Podiumsdiskussion „Berlin verkehrt – wie weiter mit der Friedrichstraße?“ offensichtlich alle im Raum einig. Was das Bezirksamt Mitte und die bislang von der Grünen-Politikerin Bettina Jarasch geleitete Senatsverwaltung für Mobilität in diesem Teil des Stadtzentrums angerichtet haben, müsse so schnell wie möglich rückgängig gemacht werden. Der Status quo sei das Ziel – und dann ein Gesamtkonzept, nicht nur für die Friedrichstraße, für die gesamte historische Mitte.

In den Brombachstuben des Erdinger am Gendarmenmarkt war der Andrang groß. Die 120 Stühle, die das Aktionsbündnis „Rettet die Friedrichstraße“ aufstellen ließ, reichten bald nicht mehr aus. Bei Bratwurst und Flammkuchen wurde heftig debattiert. Er sei zur Geisel linker Politiker geworden, klagte ein Unternehmer. „Wer meint, dass ein noch so guter Zweck die Mittel heiligt, gehört in kein politisches Amt“, sagte Nils Busch-Petersen vom Handelsverband. Thomas Lengfelder vom Hotel- und Gaststättenverband sekundierte: „Wenn da einer von draußen zuguckt, kann er nur noch lachen.“

„Holzklötzchen“ als provisorisches Mobiliar

Gemeint waren vor allem zwei Maßnahmen. Seit Ende Januar ist die Friedrichstraße zwischen der Leipziger und der Französischen Straße wieder für Kraftfahrzeuge gesperrt. Anders als zuvor, als der rund 500 Meter lange Abschnitt Schauplatz eines Verkehrsversuchs war, soll die Öffnung der gesamten Fahrbahn für Fußgänger, Rad- und E-Scooter-Fahrer nun für immer gelten. Das Bezirksamt Mitte hat die Teileinziehung angeordnet. Das bedeutet, dass die Straße so umgewidmet wurde, dass dauerhaft kein Kraftfahrzeugverkehr mehr möglich ist. Provisorisch wurden 20 Stück Straßenmobiliar aufgestellt. „Holzklötzchen“, so sah es Bau-Staatssekretär Christian Gaebler (SPD).


Die zweite Neuerung: Wie im Radverkehrsplan vorgesehen, hat das Bezirksamt den parallel verlaufenden Abschnitt der Charlottenstraße zu einer Fahrradstraße erklärt. Damit Autos die Route nicht mehr im Durchgangsverkehr nutzen können, wurde sie mit gegenläufigen Einbahnstraßen geteilt. Doch nicht jeder Kraftfahrer kommt damit zurecht, die Verkehrszeichen werden oft missachtet. Polizei ist meist nicht in Sicht.

Touristen irren mit ihren Autos herum

„So geht’s nicht“, kommentierte Thomas Lengfelder. Das Gebiet rund um den Gendarmenmarkt sei ein touristischer Hotspot von Europa. „Wenn man sich ansieht, wie die Touristen mit ihren Autos herumirren …“ Selbst Botschaftsangehörige mussten zu Fuß ins Hotel, weil die Verkehrsregelung so schwer zu verstehen sei. Die Situation „schreit gerade nach dem ersten Unfall“, pflichtete Nils Busch-Petersen bei. „Was man da hingestellt hat, wird früher oder später zu Kollisionen führen. Wie kann man eine Straße, die zu 1200 Autostellplätzen führt, zu einer Fahrradstraße machen?“
„2020 dachte ich, ich sei die Einzige, die das hier komisch findet“, sagte Anja Schröder, die an der Charlottenstraße ein Weingeschäft betreibt. „Jetzt ist das anders.“ Nicht nur sie gehe gegen die Anordnung der Teileinziehung vor. „Es sind insgesamt 17 Widersprüche eingegangen“, teilte Bezirksamtssprecher Christian Zielke auf Anfrage mit. Rechtsanwalt Marcel Templin lud weitere Betroffene ein, es ihnen gleichzutun.

Senatorin Jarasch hatte im Januar angekündigt, dass in den kommenden Wochen festgelegt wird, ob es einen Gestaltungswettbewerb oder ein partizipatives Gestaltungsverfahren gibt. Einen Zeitplan gibt es allerdings noch nicht, so das Bezirksamt Mitte. Laut Senat sind für die endgültige Gestaltung 2026 und 2027 jeweils 1,5 Millionen Euro in der Investitionsplanung eingestellt. Dann sei dieser Teil der Friedrichstraße längst tot, befürchtete Busch-Petersen. „Teileinziehung, ohne zu wissen, was wird – das geht nicht“, sekundierte Marcel Templin. Es gehe nicht gegen Fußgänger und Radfahrer. Doch der Senat solle seine Zusage einhalten, dass zunächst über die Gestaltung entschieden wird. Und er müsse die Betroffenen einbeziehen, forderte der Anwalt. Darum werde es vor Gericht gehen – wenn es zu Klagen kommt.

Warten auf die „Damen vom Bezirk“

Aber vielleicht kommt es ja auch anders. „Wir halten die juristischen Zügel gestrafft, setzen aber weiterhin auf Dialog“, sagte Templin. Zwar hatten Mittes Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger und die zuständige Stadträtin Almut Neumann (beide von den Grünen) nicht zugesagt, als das Aktionsbündnis sie Anfang der vergangenen Woche zu der Podiumsdiskussion einlud. „Doch die Damen vom Bezirk werden definitiv einen Moment finden, um mit uns zu reden“, sagte Anja Schröder. „Angesichts der großen Beteiligung wird ihnen auch nichts anderes übrig bleiben.“
Während der ersten Sperrung habe es binnen fünf Monaten drei Versammlungen gegeben, konterte Grünen-Mitglied Stefan Lehmkühler. „Für 500 Meter Straße ist das völlig ausreichend“, sagte er, der selbst an der Friedrichstraße wohnt. Die Mehrheiten im Bezirk seien so, wie sie sind. „Alles, was hier passiert, ist demokratisch legitimiert.“ Auch der umstrittene ungarische Regierungschef Viktor Orbán sei demokratisch legitimiert, kommentierte Nils Busch-Petersen. „Ich darf ihn aber kritisieren.“ Bei diesem Thema sei einfach zu viel falsch gelaufen. „Wir haben der Presse entnommen, was wir zwei Tage später diskutieren sollten. Das geht nicht.“

„Wer das glaubt, der glaubt auch an den Osterhasen und den Weihnachtsmann“

Als einziger Politiker aus der Verwaltung war Christian Gaebler, Staatssekretär für Bauen und Wohnen, ins Erdinger gekommen. Schon der Verkehrsversuch sei „nicht so überzeugend“ gewesen, kritisierte der Sozialdemokrat. Es sei auch keine gute Idee gewesen, in der Mitte eine „Fahrradschnellstraße“ einzurichten. Für Fußgänger wurde es dadurch deutlich schwieriger. Nun dürften dort weiterhin Radfahrer unterwegs sein. „Doch wer glaubt, dass die Fahrräder wie gefordert Schritttempo fahren, der glaubt auch an den Osterhasen und den Weihnachtsmann“, sagte Gaebler, der sich als Ingenieur für Verkehrswesen outete.

Der Staatssekretär überraschte die Runde mit der Feststellung, dass seit der Sperrung die Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen für die Friedrichstraße zuständig sei. Es gehe um die Gestaltung öffentlichen Raums, das sei keine Angelegenheit der Mobilitätsverwaltung mehr. „Aber das versteht Frau Jarasch nicht.“ Die Bauverwaltung würde ein offenes Werkstattverfahren des Bezirks unterstützen, aber dann müsse es Gestaltungsraum geben.

Bezirk kündigt neue Möblierung der Friedrichstraße ab Ostern an

Immerhin, erste Änderungen sind in Sicht. „Die Lieferung neuer Möbel erfolgt in verschiedenen Chargen beginnend ab den Osterferien“, teilte das Bezirksamt mit. „Die Möbel ersetzen die interimsweise in der Friedrichstraße platzierten City-Deck-Möbel.“

Damit trotz des Verbots keine Autos mehr über die Friedrichstraße fahren, kündigte Bezirksamtssprecher Zielke Kontrollen des allgemeinen Ordnungsdienstes an. „Entsprechend der personellen Ressourcen wird hier der Bezirk neben der Polizei gleichsam aktiv werden und so hoffentlich zu einer Besserung der Situation beitragen“, sagte er. „Um das Einfahren aus den Querstraßen auf die Friedrichstraße zu erschweren, sollen Einengungen, zum Beispiel Fahrradbügel oder Abstellflächen für E-Scooter sowie Bodenschwellen, eingebaut werden.“ Konflikte mit Radfahrern seien von der Friedrichstraße dagegen „nicht bekannt“, so Zielke.

Gaebler ließ offen, wie er sich die Friedrichstraße künftig vorstellt. „Verkehrsberuhigung kann Einkaufsstraßen dienen“, sagte er. Eine „klassische Fußgängerzone des letzten Jahrhunderts“ sei aber nicht sinnvoll. „So, wie es jetzt aussieht, kann es nicht bleiben“, so der Grüne Stefan Lehmkühler. Darin waren sich offensichtlich alle im Raum einig.



Freitag, 17. März 2023

Die doppelte Bettina Jarasch – aber geht das rechtlich?

von Thomas Heck...

Das Bettina Jarasch als amtierende Verkehrssenatorin nun gleichzeitig Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus ist, scheint verfassungsrechtlich keinen zu interessieren... Legislative und Exekutive in einer Person. Verstoß gegen Gewaltenteilung... dit jeht nur in Berlin.


Morgens als Bürgermeisterin und Senatorin im Roten Rathaus – nachmittags Fraktionschefin der Grünen im Abgeordnetenhaus. Mal regieren, mal opponieren. Die doppelte Bettina Jarasch (54) – geht das rechtlich überhaupt?

Jarasch will ihre Amtsgeschäfte als Verkehrssenatorin noch zu Ende führen, vermutlich bis Ende April, wenn der neue schwarz-rote Senat Rot-Grün-Rot ablöst. Aber warum ließ sie sich schon am Dienstag mit 87,9 Prozent der Stimmern in eine neue Rolle wählen? „Wir wollen geschlossen in die vor uns liegende Zeit gehen und das beste für Berlin erreichen“, so Fraktionssprecher Caspar Spinnen. Nach B.Z-Informationen ist die Eile aber hausgemacht: Eigentlich hätte die turnusmäßige Vorstandswahl im Januar angestanden, wenn schon verschoben, warum nicht gleich bis Ende April?

„Das ist mindestens ungewöhnlich, politisch ungeschickt. Vielleicht rechtlich möglich, tatsächlich ein Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung“, wertet Ex-Justizsenator Michael Braun (67, CDU).  Und selbst bundesweit ein ziemlich einmaliger Vorgang. Nur im Wendejahr 1990 war Günther Krause (heute 69) gleichzeitig CDU-Fraktionschef und Staatssekretär bei DDR-Ministerpräsident Lothar dem Maizière (83).

„Mich hat schon immer gestört, wenn Abgeordnete zugleich Regierungsmitglieder sind“, sagt Verfassungsrechtler Prof. Helge Sodan (64) zu B.Z. Seine Begründung: „Denn zur Aufgabe des Parlaments gehört die Kontrolle der Regierung. Aber diese im Hinblick auf die Gewaltenteilung bedenkliche Praxis hat die Rechtsprechung meines Wissens nie beanstandet.“

Senatorin Jarasch freut sich derweil auf die neue Aufgabe: „Wir können eine sehr starke Opposition sein.“ Bei der ersten Sitzung des neuen Parlaments wird sie morgen dennoch in der ersten Reihe auf der Regierungsbank sitzen.

Doppelte Rolle, auch doppeltes Geld? Als Noch-Senatorin stehen ihr monatlich 14.703 Euro/Brutto zu. Als Fraktionschefin zur üblichen Diät (6910 Euro/brutto) eine Funktionszulage in Höhe von 1000 Euro. Aber: Beides wird miteinander verrechnet, sie bekommt von der Diät maximal die Hälfte. Und auf ihre Zulage will sie zunächst verzichten. „Ich werde nicht doppelt kassieren“, so Jarasch zur B.Z. . Na, das wollen wir ihr mal glauben...



Mittwoch, 1. März 2023

SPD + CDU in Berlin: Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben..

von Thomas Heck...

Das war knapp. Berlin und der Wähler hat nochmal Schwein gehabt. Die CDU und die SPD wollen wieder zusammen. Feuchte grüne Träume einer Bettina Jarasch vom autofreien Kuhkaff Berlin, linksgrüne Träume verstaatlichter Wohnungsbauunternehmen haben sich erstmal ausgeträumt. Es ist die Chance für die von linksgrünen Politikern gebeutelte Stadt, endlich mal wieder zur Ruhe zu kommen. Bleibt nur zu hoffen, dass die SPD-Basis dem zustimmen wird.

Das alte SPD-Schlachtross Franziska Giffey kann nochmal auf 4 Jahre festen Job hoffen, auch wenn es nur der Job der Bürgermeisterin mit einem wichtigen Senatsressort sein wird. Regierender Bürgermeister würde wohl Kai Wegner werden. Die SED-Mauermörder-Nachfolgepartei Die Linke bliebe außen vor. Gottseidank.


Berlins Noch-Regierende Franziska Giffey (44, SPD) setzt auf Schwarz-Rot!

Nach nur 13 Monaten Rot-Grün-Rot will die Berliner SPD-Spitze in eine GroKo mit Wahlsieger CDU wechseln. Co-Parteichef Raed Saleh (45) teilte die Entscheidung den beiden Bundesvorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken mit – sie wurde im Willy-Brandt-Haus befürwortet.

Aber die Partnerwahl bleibt bis zuletzt ein Pokerspiel.

►15 Uhr, Abgeordnetenhaus: Die SPD-Abgeordneten treffen sich zu ihrer Fraktionssitzung. Aus erster Quelle werden sie von den sieben SPD-Sondierern informiert. Die einhellige Meinung nach drei Gesprächsrunden: Ein Politikwechsel ist mit Grünen und Linken nicht möglich. Giffey will nach ihrem Wahldesaster aber Änderungen in den Bereichen Sicherheit, Bauen, Sauberkeit, funktionierende Behörden. Vor allem ist sie nicht bereit, Enteignungen von Wohnungsunternehmen blind umzusetzen.

Aber nicht nur die SPD buhlt um ein Bündnis mit Wahlsieger CDU.

► 14 Uhr, Euref-Campus (Schöneberg): Betont gut gelaunt trifft sich der wahrscheinlich nächste Regierende Bürgermeister Kai Wegner (50, CDU) mit Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (54, Grüne) & Co. – im Wahlkampf hatte er deren Politik noch heftig kritisiert.

Nach sieben Stunden trennt man sich. „Wir haben die ganz großen Brocken lösen können“, sagt Jarasch, meint u.a. den Weiterbau der A100. CDU-Wegner: „Es waren sehr, sehr gute Gespräche.“

Bei der Wiederholungswahl (12. Februar) hatte Rot-Grün-Rot zusammen rund 250.000 Wähler verloren – die CDU war haushoch Sieger mit zehn Prozent Vorsprung.

Schwarz-Rot würde bedeuten: Als Regierende Bürgermeisterin muss Giffey im Roten Rathaus den Chefsessel für Kai Wegner (50, CDU) räumen. Sie könnte aber seine Vize werden, als Bürgermeisterin dann auch ein gewichtiges Senatsressort übernehmen.

Am Mittwoch tritt der SPD-Landesvorstand um 16.30 Uhr zusammen, um über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der CDU am Freitag oder spätestens Montag abzustimmen. Dabei geht es auch um die Frage, ob am Ende ein linkslastiger SPD-Parteitag oder eine Befragung der eher breit aufgestellten Mitgliederschaft das schwarz-rote Regierungsprogramm absegnen würde. Die CDU entscheidet Donnerstag.


Franziska Giffey strebt eine Koalition mit der CDU an. Für die Grünen kam der Schritt der Sozialdemokraten "überraschend".

Die grüne Spitzenkandidatin bei der Wiederholungswahl, Bettina Jarasch, hatte nach eigenen Angaben keine Kenntnis von den Überlegungen der SPD zu Koalitionsverhandlungen mit der CDU, über die übereinstimmend mehrere Medien am Dienstagabend berichtet haben.

"Von den Plänen der SPD wurden auch wir aus der Presse überrascht", sagte Jarasch am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. "Montag sind wir mit der Verabredung auseinandergegangen, dass wir Mittwoch unsere rot-grün-roten Gespräche gemeinsam bewerten und abschließen", sagte Jarasch. "Nun hat sich Franziska Giffey gegen die Fortsetzung einer progressiven Politik für Berlin ausgesprochen."

Der Linken-Bundesvorsitzende Martin Schirdewan übt scharfe Kritik an möglichen Plänen für eine schwarz-rote Koalition in Berlin. «Die Ankündigung, dass die SPD sich in Berlin in eine Koalition mit der CDU begeben will, ist ein Schlag ins Gesicht aller Wählerinnen und Wähler, die eine gerechtere, ökologischere und weltoffene Stadt wollen», sagte Schirdewan am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Er appellierte an die SPD-Basis, dies nicht mitzutragen.

Schirdewan ging die CDU hart an. Diese habe den Wahlkampf mit «trumpesker Hetze» gegen Migrantinnen und Migranten und mit «billigem Autopopulismus» bestritten. Die Partei stehe gegen Maßnahmen für faire Mieten und sozialen Zusammenhalt. «Eine Wiederauflage der Groko wäre daher eine rückwärtsgewandte Betonkoalition, die der Union auch im Bund eine Blockademehrheit sichern würde», meinte der Parteichef. «Das ist gefährlich und bestimmt nicht das, was Stadt und Land in der Krise brauchen.»

Was sind die Gründe?

Franziska Giffey hat sich gegen eine neue Koalition mit Grünen und Linken in Berlin ausgesprochen.

Den Grünen sei nicht zu trauen, die Linken stecken in der Krise und nur mit der CDU sei aktuell ein realistisches Bündnis möglich. – Zu diesem Urteil ist die Sondierungskommission der Berliner SPD gekommen, der unter anderem Berlins regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey, angehört. Der interne Bericht liegt Business Insider vor. Am Dienstag war bekannt geworden, dass die Berliner SPD eine Koalition mit der CDU anstrebt.

Vor allem in Bezug auf die Berliner Grünen werden in dem internen Schreiben harte Worte gewählt. "In nahezu allen politischen Teilbereichen haben die Grünen erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Verabredungsfähigkeit aufkommen lassen", heißt es darin unter anderem. Demnach hätten die Grünen auch den aktuellen Koalitionsvertrag der Parteien relativiert. Unter anderem bei den Themen Wohnungsbau, Schulneubau und -sanierung und Lehrkräftebildung wurde in den Gesprächen demnach "die Verbindlichkeit der Absprachen in Abrede gestellt". Die Sondierungskommission kommt deshalb zu dem Schluss, dass die Eigeninteressen der Grünen überwiegen würden.

Berliner SPD will einen Neuanfang

Kaum weniger zuversichtlich fällt das Urteil der Kommission zu den Berliner Linken aus. Auch wenn kein Zweifel an der "Verabredungsfähigkeit der politischen Führung der Linkspartei" bestehe, glaubt man bei der SPD, dass die Partei vor einer Zerreißprobe stehe. "Zentrale Protagonist:innen arbeiten derzeit aktiv an einer Spaltung der Partei", heißt es in dem Schreiben. Für eine mögliche Koalition sei das einfach zu unsicher.

Auch in Hinblick auf das schlechte Wahlergebnis (18,4 Prozent für die SPD) bei der vergangenen Berlin-Wahl kommt die Kommission zu dem Schluss, dass es für die Berliner SPD in einer erneuten Koalition mit Grünen und Linken schwer werde, "einen echten Neuanfang zu vermitteln". "Die hohe Anzahl ungelöster koalitionsinterner Konflikte im Verlauf der vergangenen sechs Jahren legen nahe, dass eine Verbesserung der Bilanz in für die SPD Berlin wesentlichen Themenfeldern, etwa beim Bau bezahlbarer Wohnungen oder der Verbesserung von Sicherheit und Sauberkeit im derzeitigen Bündnis kaum glaubhaft darstellbar ist", heißt es in dem Bericht.

Allein mit der CDU sei aus diesen Gründen eine realistisch umsetzbare Koalition möglich, heißt es in dem Bericht. "Im Ergebnis konnten mit der CDU in allen Bereichen große Schnittmengen festgestellt werden", lautet das Urteil der Kommission.

Hierauf konnten sich CDU und SPD einigen:
  • Der Neubau soll gemeinsam und mit ambitionierten Zielsetzungen vorangetrieben werden. 
  • Das Neubauziel von durchschnittlich bis zu 20.000 neuen Wohnungen pro Jahr soll erhalten bleiben. Dabei sollen alle Akteure einbezogen werden: Landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und private Akteure. 
  • Bau- und Verkehrsplanung sollen stärker miteinander verzahnt sein. Vereinbarte Neubauprojekte sollen von allen Beteiligten Akteuren unterstützt und zur Realisierung gebracht werden.
  • Auf Landes- und Bundesebene soll für eine Verschärfung der Mietpreisbremse und weiterer Maßnahmen zum Schutz von Mieterinnen und Mietern und zur Mietpreisregulierung eingetreten werden.
  • In der Liegenschaftspolitik soll weiter gelten: keine Privatisierungen, keine Verkäufe.
  • Dem Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ soll im Fall eines entsprechenden Votums der Expertenkommission durch die Entwicklung eines Vergesellschaftungsrahmengesetzes und dem weiteren Ankauf von Wohnungsbeständen für die kommunale Hand Rechnung getragen werden.
Verwaltung:
  • Gemeinsam mit den Bezirken soll die Verwaltungsreform ohne Verzögerungen und mit klarem Zielbild vorangetrieben werden. 
  • Zuständigkeiten zwischen Land und Bezirken sollen klarer gefasst und eine Verfassungsänderung angestrebt werden. 
  • Alle Verfahren sollen im Laufe der Legislatur bis 2026 abgeschlossen werden.
  • Im Mittelpunkt der Verwaltungsreform soll die Dienstleistung gegenüber Berlinern stehen. Dafür sollen die Digitalisierung und Vereinfachung von Verfahren gezielt vorangebracht werden.
Innere Sicherheit:
  • CDU und SPD wollen die Haltung etablieren, unmissverständlich und unterstützend hinter der Arbeit von Polizei und Rettungskräften in Berlin zu stehen.
  • Mehr Personal, bessere Ausstattung und Modernisierung der Infrastruktur der Dienststellen und Wachen von Polizei und Rettungskräften zählen demnach zu den prioritären Projekten.
  • Sicherheit und Sauberkeit sollen stärker zusammen gedacht werden. Dafür sollen insbesondere auch in den Bezirken die personellen Voraussetzungen geschaffen werden.
  • Die Ergebnisse des Gipfels gegen Jugendgewalt, speziell auch im Bereich der Präventionsarbeit, sollen umgesetzt werden.
Verkehr:
  • Die Umsetzung der Verkehrswende habe Priorität. 
  • Dabei soll stärker als bislang der Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen der Verkehrsteilnehmer gesucht werden.
  • Der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs in Berlin und die Zusammenarbeit mit dem Bund und dem Land Brandenburg habe einen hohen Stellenwert. 
  • Dazu gehören demnach S- und U-Bahnlinien ebenso wie die Tram.
  • Preisgünstige Angebote für den ÖPNV in Berlin sollen erhalten bleiben. Es gebe ein klares Bekenntnis für die Fortführung des 29-Euro-Tickets.
  • In der Friedrichstraße soll gemeinsam mit Anwohnenden und Gewerbetreibenden an Lösungen für eine Stadtraumgestaltung gearbeitet werden, die einer modernen europäischen Metropole gerecht wird.
Klimaschutz:
  • Berlin soll früher als 2045 klimaneutral werden. 
  • Dazu soll die Innovationskraft des Wirtschaftsstandorts Berlin genutzt und bestehende Programme zum Ausbau erneuerbarer Energien und zur Energieeffizienz weiter verstärkt werden.
  • Zur Umsetzung zusätzlicher Maßnahmen für die klimaneutrale Stadt soll ein Sondervermögen eingerichtet werden.
Bildung:
  • Berlin soll deutlich mehr Lehrkräfte ausbilden als bisher, um den wachsenden Schülerzahlen gerecht zu werden.
  • Die Schulbauoffensive soll weiter vorangetrieben werden.
  • Die Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule soll erhalten bleiben.
Vielfalt:
  • Der Kampf gegen Rassismus und Queerfeindlichkeit müsse weiter verstärkt werden. 
  • Die vielfältige und weltoffene Stadt Berlin sei zu fördern.
  • Berlin soll die Stadt der Frauen bleiben und will seine moderne Gleichstellungspolitik fortsetzen.
  • Das Landesantidiskriminierungsgesetz soll erhalten bleiben und weiter umgesetzt werden.
  • Die Erhöhung der Zahl von Einbürgerungen, die Errichtung eines Landeseinbürgerungszentrums und die Beschleunigung der Verfahren seien wichtige Anliegen.
  • Das Neutralitätsgesetz soll gerichtsfest angepasst werden.
  • Zur Einführung des Wahlalters 16 sollen verfassungsändernde Mehrheiten im Parlament ausgelotet werden.
Wirtschaft:
  • Die Wirtschaftspolitik der vergangenen Monate und die Umsetzung des Neustart-Programms sollen fortgesetzt werden.
  • Die Stärkung der öffentlichen Daseinsvorsorge über landeseigene Unternehmen soll fortgesetzt werden. 
  • Dazu gehöre auch der Erwerb der Fernwärme und von Anteilen an der GASAG.
Arbeit und Soziales:
  • Landesmindestlohn und Vergabemindestlohn sollen erhalten bleiben und dynamisch erhöht werden.
  • Perspektivisch sollen die Töchterfirmen von Charité und Vivantes zu den Mutterkonzernen zurückgeholt werden. Das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ soll gelten.
  • Die Bekämpfung der Kinderarmut bleibe ein wichtiges Ziel.
  • Die Arbeit zur Vermeidung von Obdachlosigkeit und die Unterstützung von Menschen bei der Vermeidung von Wohnungslosigkeit sollen fortgeführt werden.
  • Berlin müsse weiter die Unterbringung von Geflüchteten gewährleisten. Dafür seien weitere Flächen für die Errichtung modularer Unterkünfte für Geflüchtete zu erschließen und der Bau dieser Unterkünfte in allen Bezirken zügig voranzubringen.


Dienstag, 21. Februar 2023

Dieser Kai Wegener dachte doch tatsächlich, SPD oder Grüne würden mit ihm koalieren...

von Thomas Heck...

In Berlin werden noch die letzten Stimmreste ausgezählt. In Lichtenberg, wo plötzlich noch eine Wahlurne mit Briefwahlstimmen auftauchte, hat die CDU ebenfalls obsiegt, was am Gesamtergebnis letztlich wohl nicht viel ändern wird. Und egal, wie freundlich man sich in Sondierungsgesprächen gibt, denn Politiker sind Lügner und bleiben Lügner, es wird wohl beim "Weiter so" mit Rot-Grün-Rot in Berlin bleiben. "Weiter so" mit einem linksextremistischen Koalitionspartner, der nach wie vor seine Befehle aus dem Kreml bekommt, wie man dieser Tage gut erkennen konnte.

Und die schämen die sich nicht einmal? Nein. Schaut man genau hin, kann man schon das schlechte Gewissen einer Franziska Giffey erkennen, deren Panzer des Selbstbewusstseins schon sichtlich Risse bekommen hat. Doch die Machtgier überwiegt.












Rote und Grüne wollen trotz Wahlschlappe in Berlin weiterregieren, weil Politik nun einmal so gehe. Richtig ist: So geht Politik kaputt. Ein weiteres Mosaikstück in der Politikverdrossenheit. Es hätte aber noch schlimmer kommen können: Das Bundesverfassungsgericht könnte noch korrigierend eingreifen. Wird es vermutlich aber nicht, weil das Wahlziel für Berlin seitens der Ampel quasi erreicht wurde.


Es gibt Polit-Sprüche, die sind schon im Regelfall arg an der Grenze. »Mehrheit ist Mehrheit« ist so ein Spruch. »Das ist halt Machtpolitik« ein anderer oder: »So geht Demokratie eben«.

Das Resignative, die Willfährigkeit, das Desinteresse an den Folgen machen schon im Normalfall traurig. Im rot-grün-roten Berliner Einzelfall dieser Tage sind sie schlicht, Entschuldigung, zum Erbrechen. Ausgerechnet diejenigen, die sonst mit der ganz großen Moralhupe tuten, berufen sich jetzt achselzuckend auf profipolitische Usancen. Doch das ist nur eine Masche: Politik kann so sein, sicher. Aber nur, wenn man sie auch so will. Anstand ist machbar, Herr Nachbar.

SPD, Grüne und Linke wollen in Berlin also weiterregieren. Tatsächlich haben sie eine – geschrumpfte – Mehrheit. Das reicht ihnen, alles andere scheint bedeutungslos. Dass die CDU ihr Ergebnis um 50 Prozent verbessert hat. Dass sie zehn Punkte vor dem Zweiten liegt und einer SPD nahezu alle Wahlkreise abgenommen hat, die ihr historisch miesestes Ergebnis kassierte.

Zwei Drittel sagten in einer Forsa-Nachwahlumfrage für RTL, dass die CDU den Auftrag zur Regierungsbildung hat. Alles egal. Es gibt eine linke Mehrheit, und darum verhandelt man nur zum Schein mit dem Wahlsieger. Von dem Zeug, mit dem SPD und Grüne sich an ihre Sessel kleben , kann die »Letzte Generation« nur träumen.

»Mehrheit ist Mehrheit«, das sollte die CDU mal in Ostdeutschland sagen und mit der AfD regieren. Inhaltlich wäre das vermutlich kein unüberwindbares Problem, weil die AfD noch ihr allerletztes Braunhemdchen herschenken würde, dürfte sie nur mitmachen. Aber etwas Bestimmtes hält die CDU davon ab: Es ist der Anstand und es ist die Angst vor der öffentlichen Dresche, wenn sie diesen Anstand vermissen lässt.

Mehrheit ist mehr als Mathe. Aber wenn das nur rechts der Mitte gilt, ist das linke Doppelmoral vom Dreistesten. Deshalb finde ich es verstörend, wie bei manchen Kollegen der Stolz, auch das bisschen Polit-Algebra zu beherrschen, größer ist als das Pflichtbewusstsein, die Sicht der normalen Leute aufzunehmen.

Mit Händen zu greifen waren vor und nach der Wahl der Frust und der Protest gegen einen (Stadt-)Staat, der nicht funktioniert. Der sich in linksgrünem Ideologiekrimskrams verzettelt, derweil Verwaltung und Verkehr kollabieren, die Schulen verrotten, Wohnungen und Sicherheit zum Luxus für Besserverdienende werden. Nur 24 Prozent der Berliner Wahlberechtigten waren zufrieden mit der Arbeit jener Regierung, die weitermachen will, weil zwei Parteien zu bräsig sind, Alternativen zu eröffnen.

So geht Politik? Ich sage: So geht sie kaputt.

Vollends grotesk wird es, wenn die versammelte Linke die vielen Stimmen für die CDU kurzerhand umrubeln möchte: Es seien ja »nur Proteststimmen« gewesen. Aber gegen wen denn, bitte schön, wenn nicht gegen eine dilettierende Landesregierung und eine SPD, die nach 22 Jahren an der Spitze abgewirtschaftet hat? Massig Stimmen gegen die Regierung sollen das Weitermachen ebendieser Regierung legitimieren – wie blöd will man den Leuten kommen?

Stattdessen könnte man der CDU dankbar sein. Sie hat geleistet, was fortwährend von ihr gefordert wird: Die Partei hat die Protestwähler der Mitte an sich gebunden, sonst hätten sie bei der AfD festgemacht und diese weit in die Zweistelligkeit erhoben. Das gelang der Berliner CDU, weil sie nicht so hip sein will, wie die Hipster sie gern hätten – freilich ohne sie je zu wählen oder mit ihr koalieren zu wollen.

Nach der Wahl nun haben die Schwarzen ihre Schuldigkeit getan. Und wie selbstverständlich wird die Linkspartei vorgezogen, obwohl sie, der AfD gleich, in großen Teilen lieber heute als morgen Wladimir Putin die Stiefel lecken möchte. So geht Demokratie eben? Das ist frivol unterkomplex in Zeiten, da die Demokratie auch in Europa unter Druck ist.

Es sei nicht das erste Mal in der Geschichte, dass der Zweitplatzierte die Regierung anführt, wird zur Relativierung dieses Schurkenstücks angeführt. Das stimmt zwar, doch ab einem gewissen Vorsprung beschleicht wohl jedermann das Gefühl: Jetzt wird es obszön. Liegt dieser Punkt bei fünf, sieben, zehn oder zwanzig Prozentpunkten Vorsprung? Das muss jeder selbst wissen, aber jeder hat ein Gefühl dafür. Und das heißt: Es gibt diese Grenze, und der Moment auf dieser Grenze ist der des Anstands.

Demokratie lebt von der Einhaltung auch jener Regeln, die man nirgendwo einklagen kann. Anstand ist so eine Regel.

Ist das naiv und realitätsfern? Nein, das ist es nicht. Moral und Anstand prägen sehr wohl die Politik und den Alltag aller Politiker. Bei nahezu jedem Fehlverhalten sind sie der wichtigste Maßstab, das zentrale Scharnier zwischen Verhaltensbeurteilung, Glaubwürdigkeitszumessung und gegebenenfalls Rücktritt. Zudem imprägniert derzeit eine besonders hohe Dosis Moral die großen Sachfragen. Ministerin Baerbock hat die deutsche Außenpolitik damit aufgeladen, die Klimaaktivisten ihre radikale Kompromisslosigkeit.

Kurzum: Das achselzuckende Weiter-so von SPD und Grünen ist eine entlarvende Frechheit, blind selbst für die gravierendsten Folgen. Doch die Bundesvorsitzenden drücken sich um einen beherzten Eingriff. Und in Berlin sind die beiden Parteien dermaßen runtergerockt, dass sie sich nicht einmal mehr schämen.





Montag, 13. Februar 2023

Berlin hat Rot-Rot-Grün abgewählt, aber...

von Thomas Heck...

Berlin hat gewählt und dem regierende Senat von SPD, Linkspartei und Grünen ziemlich klar gezeigt, was es von der aktuellen Politik hält. Auch wenn die Wahlbeteiligung bei nur 63% lag. Der Berliner hat dennoch den Kanal voll von einer Verkehrspolitik, die eine Großstadt in Posemuckel umwandeln will und faktisch das Auto vertreiben will. Egal wie es angetrieben wird. Strafverschärfend kommt hinzu, dass gegen Klimaterroristen nicht beizeiten vorgegangen wurde und Autofahrer wie ich die Stadtautobahn schon meiden, was sicher auch nicht im Sinne der Umwelt ist. Das Chaos um die Sperre der Friedrichstrasse zeigte exemplarisch, wo es krankt. Der schwarze Fleck in der grünen Mitte ist genau der Wahlkreis, in dem die Friedrichstrasse liegt. Was halten die wohl von den willkürlichen Sperrungen einer Bettina Jarasch?


Das Wahldebakel von 2021 ist auch ein Ausdruck einer maroden Verwaltung, die den Anschluß an die Moderne verpasst hat, denn hier klappt wenig bis nichts. Berlin hält auch wenig von der Wohnungspolitik des Senats, bei dem durch Enteignungsbestrebungen nahezu alle Wohnungsbaugesellschaften faktisch den Neubau eingestellt haben und das Problem sogar noch verschärft haben. Diese Wahl war vermutlich die letzte Chance, Berlin vor dem rot-stasirot-grünen Sumpf zu retten. Schade, dass bei dieser Wahl nicht gleich die Frage nach der "Klimaneutralität" gestellt wurden, dann hätte man das leidige Thema gleich abhaken können.


Nun sind die Tücken einer parlamentarischen Demokratie, dass mit der Wahl der Drops noch lange nicht gelutscht ist, denn jetzt gilt es, in Sondierungsgesprächen parlamentarische Mehrheiten zu finden, damit sich ein neuer Senat konstituieren kann. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer begraben. Theoretisch  könnte der amtierenden Senat so weitermachen wie bisher, denn das linke Dreierbündnis hat eine stabile Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Das darf man sich nicht wundern, wenn eine Bettina Jarasch gestern dümmlich grinsend von Interview zu Interview schwebte, hat sie doch feuchte Träume, dass die Grünen zweitstärkste Kraft hinter der CDU werden könnte und daraus den vermeintlichen Anspruch abzuleiten, künftig den Bürgermeister im Senat stellen zu können. Und alle drei wollen weitermachen, so konnte man gestern eigentlich zwischen die Zeilen lesen. Machtinteressen schlagen Demokratie. Sollte es so kommen, bliebe immer noch ein großartiges Gefühl, als Franziska Giffey fassungslos und den Tränen nahe in die Kameras starrte. Das wird mir keiner mehr nehmen können. Das laute Lachen, als Franziska Giffey von einem Führungsanspruch der SPD sprach, angesichts von Null geholten Wahlkreisen, hätte man bis ins in die SPD-Parteizentrale hören können.

Aber am Ende interessiert auch niemanden mehr, dass die Spitzenkandidaten von SPD, Franziska Giffey, und den Grünen, Bettina Jarasch, aber auch Klaus Lederer von den Linksfaschisten, nicht mal das eigene Direktmandat holen konnten. Es bleibt also abzuwarten, wer mit wem will. Mein Wunsch wäre ein CDU-geführter Senat mit einem Juniorpartner SPD, wo sich die Giffey gerne verziehen kann und die Grünen mal wieder Zeit bekommen, in der Opposition in Ruhe über die eigentlich Sinnlosigkeit ihrer Existenz nachzudenken. Nachdenken sollte auch die FDP, die in Berlin ebenfalls abgestraft wurde und unter 5% blieb. Die Ampel wirkt auch hier.

Lustig auch die Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien, die in der Tagesschau in einem seltsamen Framing seinen Ausdruck findet.




 

Donnerstag, 9. Februar 2023

Der Bettina-Jarasch-Boulevard...

Die Flaniermeile des Bettina-Jarasch-Boulevard, früher bekannt als Friedrichstrasse, Blick nach Süden, 9.2.2023. 11.20 Uhr. Das tobende Leben. So wird eine Stadt aussehen, die von den Grünfaschisten regiert wird... Eine Szene wie dem Omega-Mann...








Die öffentlich-rechtlichen Sender scheinen vor der Wahl in einer Parallelwelt zu leben. Vor anderthalb Wochen, Kai Wegner führte bereits deutlich in den Umfragen, veröffentlichte der RBB ein Erklärvideo zur Wiederholungswahl. Darin behauptete die Moderatorin, die CDU sei „in Berlin schwer vermittelbar“. Eine überraschende wie absurde Erkenntnis, wenn die Union mit mehreren Prozentpunkten vorne liegt. Ist das noch Realitätsverweigerung oder schon Propaganda beim linksgrünen RBB?

Offenbar zimmert sich auch das ZDF eine Parallelwelt. Man habe „große Zustimmung“ zur Sperrung der Friedrichstraße für Autos festgestellt, behauptet der Sender. Und präsentiert sogleich eine junge Frau, die von der grünen Verkehrspolitik schwärmt. Dass sie eine Grünen-Politikerin ist, erwähnt das Zweite nicht.


 

Dienstag, 31. Januar 2023

Jarasch kündigt an: In sieben Jahren dürfen in Berlin nur noch E-Autos fahren

von Thomas Heck...

Bettina Jarasch von den Grünen will den Berliner Autofahrern endgültig an den Kragen. In 7 Jahren sollen nur noch E-Autos fahren dürfen. 1,5 Mio. zugelassene Fahrzeuge müsste also bis 2030 durch E-Autos ersetzt werden. D.h. ab sofort müssten jeden Monat um die 18.000 E-Autos neu angemeldet werden. Angesichts der maroden Berliner Verwaltung ein kaum zu stemmendes Ziel. Hinzu kommt der Ausbau der notwendigen Ladestation-Infrastruktur, vom Strom ganz schweigen. Und auch diese E-Autos werden Parkplatze benötigt. Diese in Berlin ohnehin schon knappe Ressource, um die der rotgrünlinks-versiffte Senat den Bürger jetzt ständig beraubt. Über eines kann sich der Bürger jedoch sicher sein: Für Jaraschs gepanzerte Limousine wird immer Sprit, Ladestation, Parkplatz und ein Platz auf der Strasse sein. Wetten?


Und weiter geht’s mit dem Kamikaze-Wahlkampf der bündnis-grünen Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch. Nachdem sie ohne Absprache mit den anderen Senats-Koalitionären in einem Akt der Selbstermächtigung erneut Teile der Friedrichstraße für den Autoverkehr sperren ließ, soll es jetzt Autofahrern generell an den Karren gehen.

In sieben Jahren ist Schluss mit Benzinern, dann dürfen in Berlin nur noch Stromer fahren. Das kündigte Bettina Jarasch (Bündnis 90/Die Grünen) gegenüber dem RBB an. Man solle das den Autofahrern gleich verklickern, damit sie sich beim Autokauf für die richtige Sache entscheiden.

Um das durchzudrücken, müsste Bettina Jarasch nach den Abgeordnetenhauswahlen allerdings Verkehrssenatorin bleiben oder noch besser: Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden. Das dürfte aber gar nicht so leicht sein. In der aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Civey vom 26. Januar kommt die CDU auf 23 Prozent, die SPD und die Grünen folgen mit jeweils 19 Prozent. Wenn CDU, SPD und FDP sich einig werden, sind die Grünen raus aus dem rot-grün-roten Senat.

In Berlin gibt es mehr als anderthalb Millionen Kraftfahrzeuge

Noch schwerer dürfte wiegen: Aktuell gab es laut Statista im Jahr 2022 nicht mal 17.000 E-Autos in Berlin. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) wiederum bezifferte den Bestand mit knapp 43.000. Woher diese Differenz kommt, ist unklar. Laut Statistikamt gab es im Januar 2021 in Berlin insgesamt übrigens 1,5 Millionen Fahrzeuge.

Allerdings gibt es bei den Stromern einen Trend nach oben: Von allen im Monat Dezember 2022 in Berlin neu zugelassenen Pkw waren 4418 elektrisch. Entsprechend seien erstmals mehr als die Hälfte der Neuanmeldungen in einem Monat E-Autos (52 Prozent) gewesen, so die Wirtschaftsagentur Berlin Partner.

Damit in sieben Jahren in Berlin wirklich nur noch E-Autos fahren können, müsste Jarasch beim Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur kräftig Gas geben. Vor wenigen Tagen erst hatte die Berliner Zeitung berichtet, dass gerade einmal 58 der versprochenen 1000 Ladesäulen-Punkte an Straßenlaternen installiert seien. Es gibt also noch viel zu tun beim Rauswurf der Benziner aus Berlin.


Erfolgsgarant und Sympathieträger Bettina Jarasch...



Freitag, 27. Januar 2023

So viel Steuergeld für Fotografen. Jarasch putzt sich raus...

von Thomas Heck...

Wenn Linke und Grüne in der Regierung sind, unterliegen auch diese der Versuchung von den süßen Früchten der Macht zu kosten. Annalena Baerbock tut dies mit einer Vollzeitkraft, die die Außenministerin für 7.500 Euronen pro Monat grob und mit mehr oder weniger Erfolg in Schuß hält, um von den permanenten verbalen Entgleisungen abzulenken. Robert Habeck hält sich für 400.000 Euro 4 Jahre lang einen Haus- und Hof-Fotografen. Und auch das alte grüne Schlachtross Bettina Jarasch investiert viel fremdes Geld, nämlich das des Steuerzahlers, um sich die gröbsten Falten aus dem Gesicht zu bügeln. Was wird nicht alles für die eigene Selbstdarstellung getan. Und wieder einmal beweist sich die alte Wahrheit, dass man Kuhmist nicht polieren kann.

Grünen-Chefin Bettina Jarasch, Klaus Lederer (Die Linke) und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD, v.l.n.r.)


Viel Geld für die Selbstdarstellung. Um auf Fotos möglichst gut auszusehen, hat Umweltsenatorin Bettina Jarasch (54, Grüne) über 70 000 Euro für externe Fotografen und Kameraleute ausgegeben – bezahlt aus Steuergeldern.

Der FDP-Abgeordnete Tobias Bauschke (36) hatte sich in einer Anfrage erkundigt, was die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (44, SPD), Bettina Jarasch und Kultursenator Klaus Lederer (48, Linke) für PR-Zwecke ausgeben.

Der Preis der schönen Scheins: „Bei der Erstellung von Portraitfotos und im Rahmen der Erstellung von Informationsfilmen sind im Jahr 2022 Kosten für Visagist*innen in Höhe von 1.256,80 Euro entstanden“, antwortete die Jarasch-Behörde. BILD liegt die Anfrage vor.

Es müssen viele Jarasch-Fotos gewesen sein – oder besonders aufwändige Einsätze: Ein professionelles Make-up kostet in Berlin ab etwa 80 Euro, es können aber auch bis zu 250 Euro sein.

Schön rausgeputzt, hat nichts genutzt... Bettina Jarasch


Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (44, SPD) nahm vergangenes Jahr keine externen Dienstleister für Make-up und Styling auf Steuerzahler-Kosten in Anspruch.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Giffey


Auch Lederer rechnete nichts ab.

Damit Giffey und Jarasch aber ins beste Licht gerückt werden, fielen Kosten für Fotografen und Kameraleute an. Die Senatskanzlei von Giffey zahlte für „externe Dienstleistungen im Bild- und Videobereich“ vergangenes Jahr 34.629,53 Euro, die Jarasch-Behörde das Doppelte – 70.615,57 Euro!

Begründung der Senatskanzlei: Die Stelle des Fotografen beim Landesarchiv sei bis zum September unbesetzt gewesen. Deshalb habe es einen externen Fotografen gebraucht.

Die Kulturverwaltung zahlte laut Anfrage für einen Fototermin im Juli 2022 „1.229,14 Euro“. Finanziert werden alle Ausgaben jeweils aus den Budgets für Öffentlichkeitsarbeit, in der Senatskanzlei z.B. im Titel 53102 (Berlin-Information) verbucht. Die Fotos und Videos erscheinen u.a. bei Social Media (u.a. Twitter). Das Budget der Senatskanzlei für Fotos, Videos und Social-Media-Werbung lag 2022 bei insgesamt 67.000 Euro.

Kultursenator Klaus Lederer (Linke)


Auffällig: Die Jarasch-Behörde gab für bezahlte Werbung in den sozialen Medien über 70.000 Euro aus, Kulturverwaltung und Senatskanzlei hingegen keinen einzigen Cent.

Was alle drei Politiker gemeinsam haben – viele Mitarbeiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in ihren Behörden. Giffey hat 31 Mitarbeiter für PR-Arbeit, Jarasch 16, Lederer vier. In der Senatskanzlei sind die Mitarbeiter allerdings auch für das Portal berlin.de, Hoffest und Tag der Deutschen Einheit zuständig


Dem Pöbel empfiehlt sie übrigens Katzenwäsche...







Freitag, 20. Januar 2023

"Eine Weltmetropole werden wir nicht mit Einfamilienhäusern erweitern"

In Zukunft muss in Berlin anders gebaut werden, findet die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch. Ihrer Konkurrentin Giffey wirft sie vor, ein Versprechen zu brechen.

Berliner Umweltsenatorin und Spitzenkandidatin für die Wiederholungswahl: die Grüne Bettina Jarasch 


"Eine Weltmetropole werden wir nicht mit Einfamilienhäusern erweitern"

Am 26. September 2021 war Bettina Jarasch schon einmal fast am Ziel: In den ersten Hochrechnungen nach der Berliner Landtagswahl, die gleichzeitig mit der Bundestagswahl stattfand, lagen die Grünen vorn. Die Spitzenkandidatin wurde von ihrer Basis bereits als künftige Regierende Bürgermeisterin gefeiert. Am Ende reichte es dann aber doch nur für Platz zwei. Seit gut einem Jahr ist sie nun Berliner Verkehrssenatorin in einer rot-grün-roten Koalition. Weil die Wahl wiederholt werden muss, könnte Jarasch ihr Ziel am 12. Februar nun doch noch erreichen.

ZEIT ONLINE: Frau Jarasch, Sie machen jetzt innerhalb kurzer Zeit schon zum zweiten Mal Wahlkampf und müssen erneut gegen Ihre Koalitionspartner ins Gefecht ziehen. Fügt man sich dabei nicht gegenseitig große Wunden zu?

Bettina Jarasch: Anders als Franziska Giffey habe ich von Anfang klargemacht, dass ich die rot-grün-rote Koalition fortführen möchte – wenngleich natürlich unter unserer Führung. Aber ich habe ihr auch gesagt, dass wir mit diesem Konkurrenzkampf gut umgehen müssen und uns gegenseitige persönliche Verletzungen ersparen sollten. Trotzdem gebe ich zu: Wir befinden uns bis zum 12. Februar in einer Art gelebter Schizophrenie. Im Senat müssen wir weiter durchregieren und uns einigen, im Wahlkampf sind wir Konkurrentinnen.

ZEIT ONLINE: Sie haben also mit Ihrer Herausforderin ein schwesterliches Bündnis vereinbart, sich zu schonen?

Jarasch: Nein, aber wir haben unter vier Augen geredet. Und ich habe mir vorgenommen, hart in der Sache zu streiten, aber menschlich anständig zu bleiben.

ZEIT ONLINE: Das Jahr begann turbulent. Nach Silvester wurde deutschlandweit über die Ausschreitungen in Neukölln diskutiert, in der vergangenen Woche demonstrierten Zehntausende Klimaaktivisten gegen die Räumung des Dörfchens Lützerath im Rheinischen Kohlerevier und gegen den von Ihrer Partei vereinbarten früheren Kohleausstieg. Welche Debatte fanden Sie nerviger?

Jarasch: Auf jeden Fall die über die Silvesternacht. Die ist nach dem Vorschlag der Berliner CDU, die Vornamen der Täter öffentlich zu machen, in seltsame Abgründe abgedriftet. Eine Debatte über Menschen und ihre Migrationshintergründe hilft doch nicht, das Problem der Jugendgewalt in den Griff zu bekommen und Berlin sicherer zu machen. Sie führt nur zu einer Spaltung der Stadt. Bei Berliner Grundschülern ist ein Migrationshintergrund schon heute Normalität. Daran sollte sich auch die CDU langsam mal gewöhnen.

ZEIT ONLINE: Der Widerstand gegen die Räumung von Lützerath hat Sie also erfreut?

Jarasch: Sie haben mich ja nur gefragt, was mich mehr genervt hat. Aber ja, ich kann den Frust der Klimaaktivisten verstehen. Es bleibt schwer verständlich, warum wir heutzutage für Kohle noch Häuser abbaggern. Anders als andere Grüne halte ich den Beschluss nicht für einen Erfolg, sondern für einen hart errungenen Kompromiss. Und das sollte man auch laut sagen. Mich stellt dieser Kompromiss nicht zufrieden, und auch feiern kann ich ihn nicht. Wir haben schon in der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder oft den Fehler gemacht, verhandelte Kompromisse als Erfolge auszugeben. Auch damals haben die Leute zu Recht gesagt: aber ihr wolltet doch mehr. Diesen Fehler dürfen wir nicht wiederholen. Der vorgezogene Kohleausstieg in NRW gegen die Preisgabe von Lützerath war ein Kompromiss. Wir sollten das nicht als einen Erfolg verkaufen.

ZEIT ONLINE: Haben Sie Angst, dass die Kritik, die Luisa Neubauer, Teile der Grünen Jugend und andere Klimaaktivisten an der Politik der Grünen geübt haben, Sie bei der Wahl nun Stimmen kostet?

Jarasch: Nein. Was wäre denn für das Klima gewonnen, wenn man die Grünen in Berlin für Lützerath abstrafen würde? Ich sehe nicht, dass es dazu in nennenswertem Umfang kommt. Wenn ich mit den Klimaaktivisten diskutiere, sage ich, dass ich ihr Engagement, ihre Wut und ihre Energie als Rückenwind in Berlin brauche. Ohne sie werden wir es nicht schaffen, zurück auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Aber ich fordere sie auch heraus, mit mir gemeinsam Unterstützung für konkrete Maßnahmen und Mehrheiten zu organisieren. Denn nur von der Politik zu verlangen, dass sie sagen soll, wie es geht, ist zu einfach. Am Ende brauchen wir für alles, was wir tun, Mehrheiten.

ZEIT ONLINE: Was würden Sie als Regierende Bürgermeisterin von Berlin anders machen als Franziska Giffey?

Jarasch: Meine Priorität ist ganz klar der Klimaschutz. Eine wirkliche Energie- und Verkehrswende kann man nur aus dem Roten Rathaus organisieren und die Stadt dabei mitnehmen. Die Zahl der Autos in Berlin muss deutlich sinken. Natürlich wird es in Berlin am Ende noch Autos geben, aber sie werden weniger Platz einnehmen und sie müssen emissionsfrei betrieben werden. Alle Parteien reden mittlerweile über Klimaschutz, aber die dafür notwendigen Veränderungen scheuen sie. Kai Wegner, der CDU-Spitzenkandidat, bezeichnet sich ja mittlerweile sogar als "Schutzpatron der Autos".

ZEIT ONLINE: Mit Ihrer Forderung, die Parkplätze in Berlin innerhalb der nächsten zehn Jahre zu halbieren, haben Sie sich viel Kritik eingefangen.

Jarasch: Mag sein, aber das fordere ich ja nicht aus Spaß. Wir brauchen in dieser hochverdichteten Stadt mehr Platz für sichere Radwege und Fußwege. Und es müssen dringend mehr Böden entsiegelt werden. Wir wollen mehr Grün, mehr öffentlichen Raum mit hoher Aufenthaltsqualität – und mehr Orte, an denen die Luft auch in Hitzesommern noch angenehm kühl ist, an denen man sich ausruhen und wo der Regen versickern kann. Und ich bin sicher, dass das Ziele sind, hinter denen sich viele Menschen versammeln können.

ZEIT ONLINE: Aber die meisten Berliner werden nicht jubeln, wenn Sie ihnen sagen, sie sollen ihre Autos am S-Bahn-Ring stehen lassen.

Jarasch: Mein langfristiges Ziel ist Verkehrssicherheit in Berlin und eine grüne Stadt mit sauberer Luft innerhalb und außerhalb des Rings. Und dazu gehört nun einmal, dass mehr Menschen ihr eigenes Auto stehen lassen. Im Zentrum haben wir schon jetzt ein sehr dichtes ÖPNV-Netz. Deshalb liegt mein Fokus bei der Verkehrswende auf dem Stadtrand und darüber hinaus. Zwischen Brandenburg und Berlin pendeln täglich mehr als 300.000 Menschen, und ich möchte, dass sie das nicht mehr mit dem Auto, sondern mit der Bahn tun. Das 9-Euro-Ticket hat uns dabei im vergangenen Jahr glücklicherweise einen enormen Schub gegeben.

ZEIT ONLINE: Mit dem in Berlin eingeführten 29-Euro-Ticket werben im Wahlkampf nun allerdings nicht Sie, sondern Franziska Giffey. Warum?

Jarasch: Weil wir ein dauerhaftes, besseres Angebot machen wollen: All jene, die sich ein 49-Euro-Ticket nicht leisten können, sollen für 29 Euro in ganz Deutschland unterwegs sein können. Wir wollen daher das von der Bundesregierung angekündigte Deutschlandticket in Berlin übernehmen und es für Studierende, Berufstätige und Menschen mit niedrigen Einkommen noch günstiger machen. So entlasten wir einerseits die Berlinerinnen und schaffen andererseits ein Ticket, das wir uns als Land auch dauerhaft leisten können.

ZEIT ONLINE: Berlin hat im Rest des Landes seit Langem den Ruf, unregierbar und eine "Chaosstadt" zu sein, wie Markus Söder sagte. Man denke nur an das Flughafendesaster, die überforderten Bürgerämter, an die verunglückte Landtagswahl und zuletzt die Silvesterkrawalle. Warum kriegt die Regierung die Stadt einfach nicht in den Griff?

Jarasch: Berlin zu bashen, ist ja nun ein beliebtes Spiel. Gerade im vergangenen Jahr haben wir aber doch zum Beispiel bei der Aufnahme der vielen ukrainischen Flüchtlinge bewiesen, dass wir sehr wohl komplexe Lagen managen können. Abgesehen davon gibt es aber natürlich auch ein paar Berlin-spezifische Gründe, warum die Lage hier anders ist als in anderen Großstädten: Das Grundproblem ist, dass seit der Verfassungsreform in den Neunzigerjahren viele Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten zwischen Senat und den Bezirksämtern nicht geklärt sind. Leider lässt sich dieses Problem nicht durch einen Gipfel oder einen schnellen Maßnahmenkatalog lösen, dafür braucht es eine umfangreiche und konsequente Verwaltungsreform.

ZEIT ONLINE: Franziska Giffey hat ja gerade einen ersten Vorschlag für eine Verwaltungsreform angekündigt. Ist da alles drin, was Ihnen wichtig ist?

Jarasch: Dazu kann ich nichts sagen, da wir die Vorschläge noch nicht kennen. Allein das wird dem Ernst der Lage aber nicht gerecht: Statt jetzt hektisch mit unabgestimmten Vorschlägen Wahlkampf zu machen, verlange ich klare Eckpunkte für die neue Aufteilung der Zuständigkeiten und einen verlässlichen Zeitplan.
"Ich nehme den Volksentscheid ernst"

ZEIT ONLINE: Frau Giffey hat auch angekündigt, über das Thema Enteignungen nicht mehr reden zu wollen. Ist das eine Absage an die Weiterführung der Koalition mit Grünen und Linken?

Jarasch: Es ist zuallererst der Bruch mit einem Versprechen, das sie der Stadt gegeben hat. Fast 60 Prozent hier haben für den Volksentscheid gestimmt. Deshalb müssen wir zumindest prüfen, ob und wie er umgesetzt werden kann. Die Möglichkeit für eine Vergesellschaftung ist zwar im Grundgesetz Artikel 15 verankert, aber in der Bundesrepublik noch nie praktiziert worden. Deswegen haben wir eine Expertenkommission eingesetzt, die uns einen Weg aufzeigen soll. Wenn sie dem jetzt eine Absage erteilt, obwohl die Kommission noch nicht mal ihre Ergebnisse vorgelegt hat, frage ich mich schon, ob das Versprechen je ernst gemeint war.

ZEIT ONLINE: Und wie stehen Sie persönlich dazu?

Jarasch: Ich nehme den Volksentscheid ernst. Es gibt für mich aber notwendige Bedingungen für den Fall einer Umsetzung: Das Gesetz muss verfassungskonform sein, denn es wird auf jeden Fall beklagt werden. Dazu gehört auch eine angemessene Höhe der Entschädigung für die Eigentümer. Wir haben mit dem Mietendeckel schon einmal juristisches Neuland betreten. Das hat damals viele Hoffnungen bei den Mietern geweckt, ist aber vor Gericht wieder gekippt worden. So etwas darf sich nicht wiederholen.

ZEIT ONLINE: Aber auch wenn man 300.000 Wohnungen vergesellschaftet, wäre erst mal kein neuer Wohnraum da. Doch Neubauten sehen die Grünen ebenfalls skeptisch …

Jarasch: Wir wollen bauen, aber wir wollen anders bauen. Urban, verdichtet, auf versiegelten Flächen und gern auch höher, damit wir mehr Grünflächen erhalten können. Wir wollen Klimaschutz und Wohnungsneubau zusammenbringen.

ZEIT ONLINE: Sie sind also der Meinung, der Bedarf an neuen Wohnungen ließe sich durch Nachverdichtung decken?

Jarasch: Zunächst haben wir in Berlin Baugenehmigungen für 60.000 Wohnungen, die noch gar nicht gebaut sind. Durch Nachverdichtung können wir 80.000 weitere Wohnungen bauen. Wir erschließen auch neue Wohngebiete. Nur wollen wir dort dann so verdichtet bauen, dass auch Grünflächen erhalten bleiben.

ZEIT ONLINE: Neue Einfamilienhaussiedlungen wird es in Berlin also nicht mehr geben?

Jarasch: Eine Weltmetropole, die auf begrenztem Raum wächst, werden wir nicht mit Einfamilienhäusern erweitern. Aber ich möchte, dass auch dort Mehrfamilienhäuser mit Grünflächen entstehen, damit Kinder spielen und ältere Menschen im Schatten sitzen können.

ZEIT ONLINE: Warum wollen Sie, anders als Franziska Giffey, die bisherige Koalition fortsetzen?

Jarasch: Angesichts der Spaltungen, die es in dieser Stadt gibt, ist eine progressive Koalition die richtige. Die Silvesterdebatte hat ja gezeigt, dass man, wenn man Berlin regieren will, mit der realen Vielfalt der Menschen in der Stadt umgehen können muss.

ZEIT ONLINE: Ihnen wird allerdings auch nachgesagt, Sie könnten ganz gut mit der CDU.

Jarasch: Mit Kai Wegner verstehe ich mich, wie es im besten Sinne unter Demokraten sein sollte. Er steht aber einer Partei vor, die nicht bereit ist, die Veränderungen anzugehen, die wir hier brauchen. Deshalb haben wir unsere Präferenz geäußert, dabei bleibt es.

ZEIT ONLINE: Was mögen Sie an Franziska Giffey?

Jarasch: Dass sie, wenn es sein muss, echte Kompromisse schließen kann. Bis vor Kurzem hätte ich übrigens gesagt, dass sie das beim Thema Vergesellschaftung ja auch gezeigt hat.

ZEIT ONLINE: Könnten Sie sich vorstellen, dass sie sich Ihnen als Senatorin unterordnet?

Jarasch: Das ist eine Frage, die nur sie persönlich und die SPD beantworten kann. Ich würde es mir wünschen. Wir leben ja nicht in einer Monarchie. Die SPD hat kein Geburtsrecht, immer die Regierung anzuführen.