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Donnerstag, 20. November 2025

Zitate Putins zur NATO

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Diesen Beitrag vom 21.01.2023 veröffentliche ich aus gegebenem Anlass nochmals hier.
Es ist nach wie vor beeindruckend. Man hätte nur zuhören müssen.

Die russische Propaganda hat viele Gründe für den Überfall auf die Ukraine genannt.
Die Gefahr durch den Beitritt zur NATO, also die quasi Selbstverteidigung. Die so genannte Entnazifizierung. Die angebliche Unterdrückung russischer Bürger in der Ukraine.

Diese Argumente werden seit dem Überfall eher im Ausland, vor allem in Europa, reproduziert. In Russland selber sind sie gar nicht so präsent. Dort geht es längst um den Kampf gegen den Westen, der Russland angeblich zerstören will.

Es ist wichtig, die russische Welt zu verstehen. Die Dreieinigkeit der russischen Völker: (Groß-) Russland, Weißrussland (Belarus) und Kleinrussland (Ukraine). Der absolutistisch herrschende Führer, egal in welcher Staatsform. Der Fatalismus der russischen Bevölkerung. Das Verständnis der Demokratie als „Chaos“ und Schwäche.

Der Zerfall der Sowjetunion hat die russische Seele tief verletzt. Nicht, weil der Kommunismus gescheitert ist. Sondern weil die Vasallenstaaten, die fast ausschließlich mit Waffengewalt „befreit“ wurden, sehr schnell von Russland abgefallen sind. Das widerspricht der Mentalität und der Vorstellung der Einigkeit aller slawischen Völker unter der Herrschaft Russlands zutiefst.

Putin hat dies ausgenutzt. Nachdem er seine Macht gefestigt hatte, hat er Stück für Stück diesen nationalistischen Gedanken wieder aufgebaut. Beispielsweise das Narrativ der Russen in der Ukraine.
Parallel wurde 2001 die rechte, nationalistische und etatistische Partei Einiges Russland (Jedinaja Rossija, Единая Россия) gegründet. Der Putin nicht einmal angehört, er ist parteilos.
Durch einen Zusammenschluss mit anderen Parteien hat die Jedinaja Rossija seit 2003 eine mindestens Zweidrittelmehrheit im Parlament.

Und genau davor haben Experten bereits vor zehn Jahren gewarnt. Es wurde von der Wirtschaft, von der Politik und letztendlich in der Öffentlichkeit ignoriert. Man hat Russland lieber als „Freund“ gesehen, bei dem man preiswert fossile Brennstoffe kaufen kann.

Sagt man, dass es Russland ausschließlich darum geht, sich die Ukraine einzuverleiben, wird man häufig mit eben diesen Propaganda-Argumenten angefeindet.
Also wer könnte es besser veranschaulichen, als Putin selber?

Ich habe einige Zitate Putins zur Ukraine herausgesucht, übersetzt und in die chronologische Reihenfolge gebracht.

Mai 2002

„Die Ukraine ist ein unabhängiger, souveräner Staat, der seinen eigenen Weg zu Frieden und Sicherheit sucht. Eine solche Konversation wäre völlig angemessen und vollkommen möglich. Ich sehe da sicherlich nichts Heikles, nichts was einen Schatten auf die Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine werfen könnte.“

Nach der Beschließung des NATO-Russland-Rates in Rom

25.04.2005

„Vor allem sollten wir anerkennen, dass der Zusammenbruch der Sowjetunion eine große geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts war. Und für die russische Nation wurde es zu einem echten Drama. Zehnmillionen unserer Mitbürger und Landsleute fanden sich außerhalb des russischen Territoriums wieder. Zudem hat der Zerfall Russland selber infiziert.“

Jährliche Ansprache vor der Versammlung der russischen Föderation.

13. 07.2006

„Man muss unsere Interessen respektieren, da fast 17 Millionen ethnische Russen in der Ukraine leben und die Hälfte aller ukrainischen Familien Verbindungen zur russischen Föderation haben.“

Interview, ZDF

19.12.2007

„Von den 45 Millionen ukrainischen Einwohnern sind 17 Millionen ethnische Russen, und das ist nur das, was in den offiziellen Statistiken steht. Fast 100 Prozent der Bevölkerung betrachten Russisch als ihre Muttersprache... gut, vielleicht 80 Prozent.“

Interview Time Magazine

Anm.: Laut Census 2001 betrachteten 29,3% der Bevölkerung in der Ukraine Russisch als ihre Muttersprache

02.04.2008

„Aber in der Ukraine sind ein Drittel ethnische Russen. Von den 45 Millionen Menschen, laut offiziellem Census, sind 17 Millionen Ethnische Russen. Es gibt Gegenden, wo nur Russen leben, beispielsweise die Krim. 90 Prozent sind Russen. Allgemein kann man sagen, die Ukraine ist ein sehr komplizierter Staat. Die Ukraine, so wie sie derzeit existiert, wurde während der Sowjetzeit geschaffen, es erhielt Territorien von Polen – nach dem zweiten Weltkrieg von der Tschechoslowakei, von Rumänien – und bisher sind nicht alle Probleme in der Grenzregion zu Rumänien im Schwarzen Meer gelöst. Dann bekam es große Gebiete von Russland im Osten und Süden des Landes.
Es ist ein kompliziertes Staatsgebilde. Wenn wir dazu noch NATO-Probleme zufügen, andere Probleme, kann es das Land an den Rand seiner Existenz bringen.
Komplizierte innenpolitische Probleme finden dort statt. Wir müssen sehr sehr vorsichtig handeln. Wir haben kein Recht auf einen Einspruch, und vermutlich sollten wir nicht so tun als hätten wir es.
Aber ich möchte, dass alle von uns, wenn wir über solche Fragen beratschlagen, realisieren, dass wir unsere eigenen Interessen dort haben. Nun, 17 Millionen Russen leben aktuell in der Ukraine. Wer will behaupten, wir hätten dort keine eigenen Interessen? Südlich, im Süden der Ukraine, sind ausschließlich Russen.“

Rede beim NATO-Gipfel in Bukarest

Anm.: Es wurden einfach die 17 Prozent ethnisch russischer Einwohner mit 17 Millionen vertauscht. Tatsächlich lebten zu dem Zeitpunkt 8,3 Millionen ethnischer Russen in der Ukraine, ca. 17,3 Prozent. Der Anteil der ethnischen Russen auf der Krim war nicht 90 oder 100 Prozent, sondern 59 Prozent.

02.04.2008

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George W. Bush und Wladimir Putin, Bukarest 2008
„Verstehst du, George, die Ukraine ist nicht einmal ein Staat. Was ist die Ukraine? Teile davon sind Osteuropa, aber der größere Teil ist ein Geschenk von uns.“

Im Gespräch mit dem Präsidenten der USA George W. Bush während des NATO-Gipfels in Bukarest

Anm.: Dieses Gespräch wurde von einem Whistleblower an die unabhängige russische Wirtschaftszeitung Kommersant weitergegeben. Journalisten wurden entlassen, ein bekannter Journalist 2010 in seiner Moskauer Wohnung überfallen und zusammengeschlagen. Die Online-Seite der Zeitung ist nicht mehr erreichbar.
Laut der Quelle hat Putin weiter gesagt, dass wenn die Ukraine weiter Verbindungen zur NATO suche, sie aufhören würde zu existieren.

29.08.2008

„Die Krim ist kein umstrittenes Territorium. Dort gab es keinen ethnischen Konflikt, anders als der Konflikt zwischen Südossetien und Georgien. Russland hat lange die Grenzen der modernen Ukraine anerkannt.“

Interview mit der ARD in Sotchi

24.05.2009

[Anton Denikin schrieb in seinem Tagebuch] „er hatte eine Diskussion über Groß- und Kleinrussland, die Ukraine. Er sagte, es sollte niemandem erlaubt sein sich in unsere Beziehungen einzumischen; es war immer nur Russlands Angelegenheit.“

Anlässlich einer Kranzniederlegung an Anton Denikins Grabmal in Moskau

18.03.2014: Annexion der Krim.

29.08.2014

„Es sind Historiker anwesend, und Menschen mit ihrer eigenen Sicht auf die Geschichte unseres Landes mögen mit mir streiten, aber ich denke dass das russische und das ukrainische Volk praktisch ein Volk sind, egal was andere sagen.“

Rede vor dem Seliger National Youth Forum

02.09.2014

„Das ist nicht die Frage. Aber wenn ich wollte, könnte ich Kiew in zwei Wochen einnehmen.“

In einem Telefonat mit dem Präsidenten der EU-Kommission José Manuel Barroso auf die Frage, ob russische Truppen die Grenze zur Ostukraine überschritten hätten.

18.03.2015

„Wir in Russland haben Russen und Ukrainer immer als ein Volk angesehen. Das glaube ich immer noch.“

Rede anlässlich eines Konzertes in Moskau zur einjährigen Annexion der Krim

16.06.2015

„Es befinden sich keine russischen Truppen in der Ukraine.“

Vice News

Anm.: Die Krim hat er außer Acht gelassen, da es als russisches Territorium angesehen werden soll. Dort wurden 2014 russische Einheiten ohne Hoheitszeichen eingesetzt, die als „grüne Männchen“ bezeichnet wurden.
Zu diesem Zeitpunkt war bereits nachgewiesen, dass russische Truppen seit 2014 auch im Donbass operierten.

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Der Oberst des russischen Geheimdienstes GRU Igor Girkin, Deckname Strelkov, überschritt spätestens im April 2014 die Grenze zum Donbass mit 52 Mann. Er fand jedoch nur höchstens 200 Unterstützer, weshalb er ungeplant offen als Anführer auftrat. Einem Monat vor Putins Äußerung haben russische Panzer an einer Parade in Donezk teilgenommen.

07.03.2018

„Ukrainische Soldaten werden im Donbass getötet. Das ist schrecklich. Wenn ich darüber nachdenke, hinterlässt das einen starken Eindruck auf mich. Weil ich sie als welche von uns sehe.“

Twitter

18.10.2018

„Die Krim ist unser Land. Selbst wenn sich jemand entscheidet mit mir darüber zu streiten, würde die Auseinandersetzung schnell enden.“

Internationaler Diskussionsklub „Waldai“

04.11.2021

„Es ist natürlich hier, in Sewastopol, auf der Krim, dass man einen eindringlichen Eindruck dieses vitalen, untrennbaren Band bekommt. Krim und Sewastopol gehören jetzt zu Russland und werden es für immer. Denn das war der Wille des souveränen, freien und kompromisslosen Willens unseres gesamten Volkes.“

Rede zum Tag der Einheit des Volkes

08.02.2022

„Warum ist der potentielle Beitritt der Ukraine zur NATO gefährlich? Das Problem existiert. Beispielsweise glauben europäische Staaten, inklusive Frankreich, dass die Krim Teil der Ukraine ist. Aber wir glauben, es ist Teil der Russischen Föderation. Und was passiert, wenn Versuche unternommen werden, das militärisch zu ändern? Behalten Sie im Gedächtnis, dass die Ukrainische Doktrin Russland zum Feind erklärt und die Möglichkeit festhält, die Krim zurückzuerobern. Auch mit militärischen Mitteln.
Stellen Sie sich vor, was passieren könnte, wenn die Ukraine Mitglied der NATO wäre, Artikel 5 ist nicht abgeschafft. Im Gegenteil, Mr. Biden, der Präsident der Vereinigten Staaten, hat gesagt, der Artikel 5 sei eine heilige Pflicht und wird geehrt werden. Das ist belastet durch eine militärische Konfrontation zwischen Russland und der NATO.
Fragen Sie ihre Leser, Ihre Zuschauer und die Nutzer der Online Plattformen »Wollt Ihr, dass Frankreich gegen Russland kämpft?« Denn genau das wird passieren.“

Pressekonferenz mit dem französischen Staatspräsidenten Emanuel Macron

Anm.: Nicht europäische Staaten „glauben“, dass die Krim zur Ukraine gehört, sondern das Völkerrecht und die Vereinten Nationen.
So lange auf dem international anerkannten Staatsgebiet der Ukraine ein Bürgerkrieg herrscht oder Teile besetzt sind, ist ausgeschlossen, dass sie der NATO hätte beiträten können. Zudem müssten alle Mitglieder einer Aufnahme zustimmen. Es gab aber nicht einmal konkrete Vorgespräche oder einen Antrag der Ukraine.
Das skizzierte Szenario ist also unmöglich.

08.02.2022

„Ist Ihnen klar, dass wenn die Ukraine der NATO beitritt und sich entscheidet die Krim militärisch zurückzuerobern, die europäischen Staaten automatisch in einen militärischen Konflikt mit Russland gezogen würden?
Natürlich sind das Potential der NATO und das Russlands nicht zu vergleichen. Wir verstehen das. Aber wir verstehen auch, dass Russland eine der weltführenden Nuklearmächte ist. Und es ist vielen dieser Länder in der Anzahl der modernen, nuklearen Waffen überlegen. Aber es wird keine Gewinner geben und Sie werden sich gegen Ihren Willen in einen Konflikt gezogen sehen. Sie werden den Artikel 5 des Vertrages von Rom innerhalb eines Herzschlages erfüllen.
Natürlich will der Präsident diese Entwicklung nicht. Und ich will sie auch nicht. Deshalb ist er hier und hat mich sechs Stunden lang mit seinen Fragen, Garantien und Lösungen belästigt.
Ich glaube, er hat eine hochmütige Aufgabe, und ich bin dankbar für seine Bemühungen. Für unseren Teil werden wir unser Bestes tun, für alle zufriedenstellende Kompromisse zu finden.“

Pressekonferenz mit dem französischen Staatspräsidenten Emanuel Macron

Zum Zeitpunkt dieser Pressekonferenz standen die russischen Truppen seit mehreren Wochen an der ukrainischen Grenze bereit.
Nur 16 Tage später begann der Überfall.


Erschienen auf steady.page

Samstag, 4. Oktober 2025

„Liebe NATO, ihr habt die Pest an Bord“: Erdogan schickt seine Marine gegen Trumps Friedensplan in Richtung Gaza

von Hans S. Mundi

Thunbergs Gaza-Flotte beim Auslaufen in Barcelona Ende August: Einen Monat später wird die abstoßende Aktion nun doch noch zum erhofften Politikum – wegen Erdogan



Eher Beiläufig in den deutschen GEZ-Doofmedien am Abend:“US-Präsident Donald Trump setzte der im Gazastreifen regierenden Hamas eine Frist für die Zustimmung zu seinem Friedensplan… der türkische Ministerpräsident Erdogan begrüßte diesen und verkündete die Unterstützung der Friedensflotte…“ Fernseher aus, danke… das reicht schon wieder. Richtig hätte es für die zwangszahlenden Zuschauer im vermerkelten, vermurksten Land zur Erhellung der Schlafschafe eigentlich heißen müssen: „Muslimbruder Erdogan will als größter, langjähriger Unterstützer der islamofaschistischen Hamas und mutmaßlicher (?) Mit-Planer des Überfalls auf Israel vom 7. Oktober mit allen Mitteln eine Selbstaufgabe der schlagkräftigen Terroristenorganisation verhindern und am Fernziel der vollständigen Vernichtung Israels und aller Juden festhalten und sich nunmehr direkt in die den politischen Kampfs um die Zukunft des Nahen Ostens einmischen.”

Diese Kurzzusammenfassung ist keine Mutmaßung, sondern zwingende Logik – handelt es sich doch bei der erneut von Antisemiten aus aller Welt organisierten „Friedensflotte“ um nichts anderes als ein schwimmendes Trojanisches Pferd, welches vorsätzlich in die staatliche Sicherheitszone Israels eindringen soll, angeblich, um “dringend benötigte Lebensmittel und Medikamente zur notleidenden palästinensischen Bevölkerung zu bringen“ – was für ein billiger propagandistischer Quatsch! Denn wäre daran auch nur ein Wort wahr, dann würden diese Hamas-Unterstützer und Judenhasser das Angebot der israelischen Regierung sofort annehmen, die fragwürdige Fracht unweit der Sperrzone an Land sicher entladen, von wo aus eine sichere Zustellung an die Bewohner des Gazastreifens durch die israelischen Sicherheitskräfte oder alternativ auch unabhängige internationale Organisationen bereits garantiert wurde.

Der türkische Islamofaschist steigt mit an Bord

Aber eben genau darum geht es überhaupt nicht: In Wahrheit soll Israel ja vor aller Welt einmal mehr als gemeiner, fieser Okkupant vorgeführt werden, der mit Gewalt daran gehindert werden müsse, “Menschen verhungern” zu lassen – was wiederum blanker Unsinn ist, denn die einzige Schuld an humanitären Krisen in Gaza trägt allein die Hamas, die alle Lebensmittellieferungen beschlagnahmt und zu Wucherpreisen auf dem Schwarzmarkt verhökert, die Hilfsgüterverteilungen durch internationale Helfer verhindert und diese von Israel aus nicht ins Land lässt, weil sie das Geschäftsmodell verderben (und wo dies doch geschah, schossen ihre Schergen den Anstehenden in den Rücken, mit zwei erwünschten Effekten: einmal, um daran wiederum Israel die Schuld zu geben, was von vertrottelten westlichen Medien in ihrem Anti-Israel-Bias auch prompt geglaubt und verbreitet wurde, und zum anderen, um die eigene Bevölkerung abzuschrecken, Lebensmittel anderswo als an den eigenen Ausgabestellen zu kaufen).

Es geht letztlich immer um ein und dasselbe: Man will Israels Existenzrecht und seiner staatlichen Legitimität an den Kragen und seine Hoheitsrechte vor aller Welt in etabliertes Unrecht umdeuten. Folgerichtig steigt der Islamofaschist Erdogan nun auch noch mit ins Boot, um eine drohende echte Befriedung für Staat und Bevölkerung Israels – inklusive der Entmachtung der abartigen Verbrecherbande Hamas – tunlichst zu verhindern. Bisher lief es nämlich für die Israelfeinde hervorragend: Die Empörung über das unfassbar bestialische Massaker an 1.200 (!) unschuldigen, überwiegend jüdischen Menschen am 7. Oktober 2023 durch den Überfall auf ein eigentlich freiheitlich-westliches Pop(kultur)-Festival schlug binnen weniger Tage in Israel-Hass um, sobald sich das angegriffene Land sich wehren begonnen hatte.


Sonntag, 17. August 2025

Putin-Trump-Gipfel: Bizarre Reaktionen der Globalisten

von Uwe Froschauer

Auf Augenhöhe: Putin bei seiner Ankunft in Alaska



Gestern, am Tag des Treffens von Anchorage, sagte Donald Trump auf dem Hinflug nach Alaska zu Journalisten im Flugzeug: “Ich will einen Waffenstillstand”. Damit schraubte er die Erwartungen ein ganzes Stück höher als einige Tage zuvor. Anfang der Woche hatte Trump noch mit seiner Äußerung, es werde sicherlich noch keinen Deal geben, wenn er seinen russischen Amtskollegen Putin treffe, eher tiefgestapelt. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt beschrieb im Vorfeld die Begegnung als Gelegenheit für den Präsidenten, ein klareres Verständnis darüber zu gewinnen, wie ein Ende des Kriegs in der Ukraine erreicht werden könnte. Sie erklärte, der US-Präsident wolle dort vor allem eines: zuhören. Das klingt sehr weise, denn Regel Nummer 1 bei einer guten Kommunikation lautet: Aktiv Zuhören! Und Regel Nummer 2: Fragen stellen, statt Behauptungen aufstellen – denn Behauptungen muss man eventuell beweisen, wenn man sein Gesicht nicht verlieren möchte.

Der Empfang war geschickt inszeniert. Roter Teppich auf der Joint Base Elmendorf-Richardson, den Putin sicheren Schrittes entlang schreitet. Er begrüßt den applaudierenden Trump mit „Herr Nachbar“ aufgrund der geographischen Nähe von Alaska zu Russland. Zur allgemeinen Erheiterung und Machtdemonstration ganz nebenbei flog ein B-2-Tarnkappenbomber, begleitet von vier F-22 Kampfflugzeugen, in beeindruckender Formation über die Köpfe der zwei politischen Machthaber der USA und Russland hinweg. Hat was von Soldatenromantik.

Langer Weg der bilateralen Beziehungen

Zwei Stunden und 45 Minuten lang sprechen beide Staatsoberhäupter miteinander – über die Inhalte wird auch in der anschließenden Pressekonferenz nicht viel publik gemacht. Wie es sich gehört – wenn auch politisch unüblich –, hat der Gast Wladimir Putin zuerst das Wort. Der russische Präsident verrät, er habe Trump auf dem Rollfeld zuvor als Nachbarn begrüßt, und gibt wieder einmal eine kurze Erklärung über die geographische und historische Situation. In seinem historischen Rückblick auf die lange Beziehung zwischen den USA und Russland erinnerte Putin daran, dass Alaska einst Teil Russlands war und betonte, dass beide Länder Nachbarn seien. Er wies auf vergangene gemeinsame militärische Unternehmungen hin und unterstrich, dass die bilateralen Beziehungen durch diesen Gipfel einen langen Weg zurückgelegt hätten – von einer historischen Tiefstphase hin zu einem notwendigen Dialog.

Putin erklärte, dass eine langfristige Lösung für die Ukraine den Abbau der grundsätzlichen Ursachen des Konflikts erfordere, darunter auch Russlands – absolut berechtigte (Anmerkung des Verfassers) – Sicherheitsbedenken. Das müsse in einem ausgewogenen europäischen Sicherheitsrahmen beachtet werden. Er kam auch auf das Potenzial für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Bereichen wie Handel, Energie, Technologie und in der Arktis zu sprechen. Diese Zusammenarbeit könnte zur Wiederherstellung pragmatischer Beziehungen beitragen. Und genau das haben die europäischen Politmarionetten des US-amerikanischen Deep State wie Ursula von der Leyen, Friedrich Merz, Keir Starmer, Emmanuel Macron und Donald Tusk verpasst. Sie sägen den Ast, auf dem Europa sitzt, kontinuierlich ab, und setzen in ihrer dummen Verblendung auf Sanktionen und bescheuerte Aufrüstung anstatt auf Entspannung und Kooperation. Wie blöd muss man eigentlich sein? Saublöd!

“Next Time in Moscow”

Die Begegnung diene als erster persönlicher Kontakt seit Jahren und markiere für Putin eine symbolische Wiederaufnahme diplomatischer Kanäle.

Das war mit der Biden-Regierung und den verbohrten europäischen Staatenlenkern ja nicht zu machen. Zum Thema Ukraine bleibt Putin dagegen vage:

“Wir hoffen, dass die von uns erzielte Verständigung den Weg für einen Frieden in der Ukraine ebnet.“ Worin diese Vereinbarung genau besteht, sagt später auch Trump nicht. Das Wort Waffenstillstand nimmt keiner der beiden Präsidenten in den Mund. Trump deutet nur indirekt an, dass man bei einem sehr wichtigen Thema noch nicht zusammengekommen sei, und dass er den ukrainischen Präsidenten, die NATO und ein paar Europäer über das Ergebnis der Gespräche informieren wolle. Trump und Putin hoffen auf ein weiteres Gespräch. Putin wechselt sogar mit folgenden Worten ins Englische „Next time in Moscow“, worauf Trump schmunzelnd reagierte und eine mögliche Durchführung in Aussicht stellte.

Trump deutet später im US-Fernsehsender “Fox News” an: “Ich glaube, wir sind ziemlich nah an einem Deal.” Es sei nun am ukrainischen Präsidenten Selenskyj, ob er darauf eingehen wolle. Angaben, wie dieser Deal aussehen könnte, mach der US-Präsident abermals nicht. Eine konkrete Zusage für ein Gespräch mit Selenskyj sowie Aussagen über klare Konsequenzen für Wladimir Putin beziehungsweise Russland, mit denen Trump aufgrund seines Unmuts über stockende Verhandlungen bereits seit Frühjahr 2025 gedroht hatte, gab es nicht. Gut so, zumal Trump weiß, wer der wahre Aggressor ist, der zum Ausbruch des Ukraine-Konflikts geführt hat. Berichtet man die Vorgeschichte, kommt man zu dem Schluss: Russland ist es nicht.

Reaktionen auf das Treffen im Vorfeld

Vor dem Gipfel betonten europäische Staats- und Regierungschefs, vor allem aus Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Polen, dass Verhandlungen über den Ukraine-Krieg nur in direkter Beteiligung der Ukraine geführt werden dürften; dass der “Weg zum Frieden” nicht ohne Kiew entschieden werden könne; dass Verhandlungen zudem nur “im Rahmen eines Waffenstillstands oder einer Verringerung der Feindseligkeiten“ stattfinden könnten, wie es in einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Polens, Finnlands und der Präsidentin der Europäischen Kommission von der Leyen hieß. Scheinheiligkeit pur: Wer hat denn während der Regierungszeit von Joe Biden ständig Öl ins Feuer gegossen und war zu Verhandlungen nicht bereit? Der „Wertewesten“! Wer hat die Minsker Abkommen über Waffenstillstand nicht eingehalten? Die Ukraine!

Ziel des Treffens mit Trump müsse ein Gipfel sein, an dem auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teilnehme, erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz. “Dort muss ein Waffenstillstand vereinbart werden.” Die Ukraine brauche zudem “starke Sicherheitsgarantien”, betonte der Kanzler. Und: “Territoriale Fragen können nur mit dem Einverständnis der Ukrainer entschieden werden.“ Immer diese Einseitigkeit: Sicherheitsgarantien braucht nicht nur die Ukraine, sondern auch Russland; dass die territorialen Wunschvorstellungen der Ukraine nicht eingehalten werden können, sollten Sie wissen, Herr Merz! Fünf Wochen nach Kriegsausbruch hätte es die Ukraine in Istanbul noch im Griff gehabt, einen günstigen Vertrag auszuhandeln, den die Biden-Regierung und ihre Vasallen verhindert haben. Diese scheinheiligen Protagonisten haben es auf dem Rücken vieler Toter vermasselt, und weniger Russland, das ebenso wie die Ukraine zur Unterschrift bereit war!

Wer beging hier Wortbruch?

Die estnische Außenbeauftragte der EU, Kaja Kallas, rief zu “transatlantischer Geschlossenheit” auf, und mahnte Unterstützung für die Ukraine, weitere Sanktionen gegen Russland sowie finanzielle und militärische Hilfe an. Kallas ist bekannt für ihre „Politik der militärischen Stärke“ wie folgende Zitate aus der Vergangenheit belegen: „Verteidigung ist keine Provokation. Widerstand provoziert Russland nicht – Schwäche schon“, sagte sie, und: „Wenn wir der Ukraine wirklich helfen, müssen wir uns keine Gedanken darüber machen, wer als Nächstes dran ist. Doch wenn die Ukraine fällt, werden wir dasselbe … erleben – vor allem, wenn wir nicht massiv in Verteidigung investieren.“ Diese Aussagen halte ich aus historischer Sicht für einen ausgemachten Blödsinn. Nicht Russland ist im Zweiten Weltkrieg zuerst nach Deutschland vorgerückt – sondern Hitler nach Russland. Russland hat in diesem Krieg mit Blut, mit 27 Millionen Toten gezahlt. Demnach sollte Deutschland Russland mindestens ebenso viel Anerkennung zukommen lassen wie Israel.

Nicht Russland ist gen Westen gerückt, sondern die NATO gen Osten – und hat damit ihr Versprechen „Not an inch eastwards“ gebrochen. Nicht Russland hat die Minsker Abkommen gebrochen, sondern die Ukraine mit den Angriffen auf die Ostukraine mit mehr als 14.000 Toten auf ostukrainischer Seite seit dem Euromaidan 2014 bis zur russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022. Nicht Russland war fünf Wochen nach Beginn der Invasion zu einem Friedensabkommen nicht bereit, sondern der Westen („der Westen ist nicht bereit, dass der Krieg endet.“). Ihr westlichen Kriegstreiber solltet endlich damit aufhören, eure Verfehlungen den Russen in die Schuhe zu schieben. Das ist armselig und würdelos!

Die üblichen “Experten”

Da betonten der “Experte” Carlo Masala und der EU-Abgeordnete Sergey Lagodinsky, dass eine faire und nachhaltige Lösung nur mit Beteiligung “demokratischer Kräfte” – also auch Europas – möglich sei. Erstens: Von welchen demokratischen Kräften reden die beiden Herren eigentlich? Die EU entwickelt sich immer mehr zu einer Autokratie, wie beispielsweise ihre Wahleimischungen, der “Digital Services Act” oder die Bemühungen um einen digitalen Identitätsnachweis zeigen; sie hat in dieser Form meines Erachtens keine Existenzberechtigung mehr. Und die Ukraine ist ein faschistisch unterwanderter, korrupter Staat. Zweitens würde ich an Trumps Stelle auch ungern Bellizisten wie die europäischen Kriegstreiber am Besprechungs- oder Verhandlungstisch haben. Das war ein Gipfeltreffen, und im Gipfel sind die Europäer aufgrund eigenen Versagens nicht mehr vertreten. Sie spielen mittlerweile in der zweiten Liga – und das nicht nur wirtschaftlich und militärisch.

Der ehemalige deutsche Botschafter in Russland, Rüdiger von Fritsch, glaubt nicht an einen Friedensprozess. Wladimir Putin spiele stattdessen auf Zeit, und eine Gebietsabtretung der Ukraine an Russland sei eine „fatale Aufgabe“ der bestehenden Regeln des Völkerrechts. Dass derartige Optionen bereits im Vorfeld bekannt gegeben werden, zeige die „ungeheuer schlechte Qualität der gegenwärtigen amerikanischen Diplomatie“, meinte von Fritsch. Aber die “Diplomatie” von Joe Biden (die nämlich gerade keine solche war), war besser, Herr von Fritsch?!? Zwei Monate vor Kriegsausbruch, im Dezember 2021, hatte Wladimir Putin dem US-Präsidenten Biden zwei Vertragsentwürfe vorgelegt, die insbesondere die Neutralität der Ukraine sichern sollte. Der „diplomatische“ Mister Biden meinte nur, darüber rede er gar nicht mit Putin. Er ließ den russischen Präsidenten, der über das größte Atomwaffenarsenal der Welt verfügt, wie einen dummen Schuljungen im Regen stehen. Unter Diplomatie verstehe ich etwas anderes.

Im Geschichtsunterricht geschlafen

Keiner der westlichen Kriegstreiber hatte es für nötig empfunden, einmal zum Telefonhörer zu greifen, und Putin anzurufen. Stattdessen wurden immer mehr Waffen in die Ukraine auf Kosten der Steuerzahler gepumpt. Und vor dem publik werden dieser enormen, von Anfang an auf der Hand liegenden Fehlentscheidungen haben die europäischen Staatenlenker jetzt berechtigte Angst. Sinnlos getötete Menschen und absolut verschwendete Gelder sind die Bilanz dieser Politik Unfähiger! Es wäre schön, wenn man sie einfach auswechseln könnte. Aber was kommt danach bei diesem „Politikermaterial“?Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, forderte vor dem Gipfel in Alaska auf X: “Die Souveränität der Ukraine muss gewahrt und die europäische Sicherheit verteidigt werden“ (…) „Putin ist der Aggressor. Er kann diesen Krieg sofort beenden.” Frau Haßelmann, Sie sind ungefähr so alt wie ich. Da sollte es Ihnen doch langsam klar sein, dass derjenige, der den ersten Schritt macht, nicht zwingend der Aggressor sein muss – sondern der, der zu diesem Schritt zwingt. Machiavelli lässt grüßen. Und wer ist der Aggressor im Ukrainekonflikt? Nein, falsch, nicht Russland! Wer dann, werden Sie fragen? Richtig: Die NATO. Beziehungsweise die USA, die Russland kaum eine Wahl ließen. Öffnen Sie sich für Realpolitik!!!

Der EU-Außenpolitiker Michael Gahler (CDU) sah unabhängig vom Ausgang des Gipfels bereits einen “Punktsieg für Putin”. Dieser werde von Trump „auf die Weltbühne zurückgeholt„, meinte der außenpolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament dem Sender “Phoenix“: “Der Aggressor Putin bekommt nette Bilder für die russische und internationale Öffentlichkeit, ohne auch nur ein Jota von seinen maximalistischen und imperialistischen Forderungen abzugehen.” Herr Gahler, es wird auch Zeit, dass Putin auf die Weltbühne zurückgeholt wird! Putin wollte nie da stehen, wo er jetzt steht. Da haben Politiker mit genau Ihrer Einstellung, die anscheinend im Geschichtsunterricht geschlafen haben, ihn hingetrieben! Politiker wie Barack Obama, der allein im Jahr 2016 gegen sieben Länder Krieg führte und mit Vorschusslorbeeren ausgezeichneter Friedensnobelpreisträger ist, gehören weg von der Weltbühne! Denn imperialistische Anwandlungen hatten in der jüngeren Geschichte hauptsächlich die USA, insbesondere unter Führung der Democrats. Sie sollten sich mal mit Geschichte befassen, anstatt so einen Stuss zu verzapfen! Da kommt nun endlich ein verhaltener Friedensprozess in Gang – und Sie kommen mit Personalien daher?

Reaktionen nach dem Gipfel in Alaska

Der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow teilte mit: “Ein wirklich sehr positives Gespräch, und das haben beide Präsidenten gesagt.” Das sehe ich ebenso. Allein, dass das Treffen zustande kam, ist als Erfolg zu werten, den der Kriegspräsident Joe Biden nicht hinbekam. Es war eventuell ein erster Schritt zu einem Frieden in der Ukraine. Es kam zu keinem Eklat wie mit dem gelernten Komödianten Selenskyj im Weißen Haus. Okay, Wladimir Putin hat in intellektueller und staatsmännischer Hinsicht auch eine andere Kragenweite wie Wolodymyr Selenskyj oder die meisten europäischen Machthaber.

Noch haben Trump und Putin nicht über den Kopf der Ukrainer hinweg über deren Schicksal entschieden. Genau das werden sie aber tun, wenn die Ukraine nicht endlich kompromissbereit ist einlenkt – und die Maximalpositionen, zu der sie die EU-Kriegstreiber anstacheln, zur Verhandlung stellt. Ohne Gebietsabtretungen kann und wird das nicht funktionieren. Selenskyj sollte sich schon jetzt über eine dafür notwendige Verfassungsänderung Gedanken machen. Die Rückforderung der Krim, in der sich 90 Prozent der Bewohner zu Russland bekennen, sind wohl Anwandlungen eines Traumtänzers. Und warum will Selenskyj die Gebiete in der Ostukraine zurück, die er und Poroschenko seit 2014 bekriegt haben? Um den Ostukrainern erneut die finanzielle, materielle und humanitäre Unterstützung zu streichen, die ihnen von Russland zwangsläufig und ersatzweise gewährt wurde und wird? Auch ein Großteil der deutschen Bevölkerung meint, ohne Gebietsabtretungen geht es nicht, wie folgende Umfrage zeigt:

Aufs falsche Pferd gesetzt

Die Ukraine hat auf das falsche Pferd gesetzt, und sich von den USA unter Obama und Biden in einen nicht gewinnbaren Krieg ziehen lassen. Schuld an dem Leid der Ukrainer haben zu einem Teil die Ukrainer selbst, zu einem großen Teil der „Wertewesten“ und zu einem Teil Russland, das seine militärischen Aktivitäten von Anfang an auf die Ostukraine beschränken hätte sollen. Wolfgang Ischinger, der frühere Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, die mittlerweile zu einer Kriegs- und Empörungskonferenz verkommen ist, schreibt auf X: “Kein Waffenstillstand, kein Frieden. Kein wirklicher Fortschritt – ganz klar 1:0 für Putin.” Und Trumps früherer Sicherheitsberater John Bolton sagte im Fernsehsender CNN: “Trump hat nicht verloren, aber Putin hat klar gewonnen.” Was sollen solche nur noch schwachsinnigen Statements offenkundig geistig Unterentwickelter mit ihren Denkmustern von Gewinnern und Verlierern? Ich hoffe, der Frieden gewinnt! Ob Gewinnen oder Verlieren: Beides sollte man mit Anstand hinbekommen.

Die Verlierer standen von Anfang an fest: Die Ukraine und Europa. Gewinner sind China, militärisch gesehen Putin und letztlich die USA, die unter anderem Deutschland Waffen liefert, die von Deutschland bezahlt werden, um dann an die Ukraine weitergeleitet zu werden. Die Amis lachen sich Zu Recht halb tot über so viel deutsche Dummheit – und der deutsche Michel macht mit. Mit Sprüchen wie jenen der Herren Ischinger und Bolton soll vermutlich die Eitelkeit Trumps angestachelt werden – mit dem Ziel einer härteren Gangart gegenüber Putin. Aber ich hoffe und denke, Trump – selbst ein Meister der Manipulation – durchschaut dieses Spiel. “Bild” kritisierte das Gipfeltreffen als einen Event ohne substanziellen Fortschritt: Kein Waffenstillstand, keine Verhandlungen, eine Pressekonferenz ohne Fragerunde; es seien lediglich abgelesene Statements abgegeben worden, und Putin habe seine altbekannte Haltung beibehalten. Nun: Putin hat diesen Krieg militärisch gewonnen, was bei nüchterner Betrachtung von Anfang an klar war. Damit das Blutvergießen in der Ukraine aufhört, wird die Ukraine zu relativ einseitigen Zugeständnissen bereit sein müssen. Jede weitere Verzögerung bedeutet weitere Tote und verschlechtert die Verhandlungsposition der Ukraine. So herum wird ein Schuh draus.

Starmers exklusive Wahrnehmung

Keir Starmer, Premierminister Großbritanniens, ließ verlauten: “Die Bemühungen von Präsident Trump haben uns näher als je zuvor an ein Ende von Russlands illegalem Krieg in der Ukraine gebracht.“ Und er ergänzte:„Der nächste Schritt muss ein weiteres Gespräch unter Einbeziehung von Präsident Selenskyj sein.“ Es dürfe keine Einschränkungen für die Streitkräfte der Ukraine geben. “Russland darf kein Vetorecht über den NATO- oder EU-Weg der Ukraine haben.“ Nein, Mr. Starmer, ganz im Gegenteil: Russland darf nicht nur, sondern muss ein Vetorecht über den NATO-Beitritt der Ukraine haben. Oder würden Sie es gerne sehen, Herr Starmer, wenn Irland auf Großbritannien gerichtete Raketen aufstellt? Die Ukraine wäre auf unbestimmte Zeit ein Pulverfass. Mal darüber nachdenken, Herr Starmer, und nicht nur substanzlose Parolen herausgeben!

Auch der EU-Beitritt ist unter militärischen Aspekten kritisch zu sehen. In seinem Buch „Wahrheitssuche im Ukraine-Krieg“ schreibt Thomas Mayer, der gelegentlich ebenfalls auf Ansage! zu lesen ist, zu diesem Thema: „Die EU ist ein Militärbündnis. Das wissen die wenigsten, doch das ist seit dem Lissaboner Vertrag von 2009 der Fall. Nach Artikel 42 Absatz 7 des Lissabon-Vertrages müssen Mitgliedstaaten angegriffenen EU-Ländern ‚alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung‘ leisten. Damit geht die Verpflichtung zu einer umfassenden Kriegsbeteiligung in der EU sogar noch weiter als in der NATO. In der NATO verlangt ein ‚Bündnisfall‘ nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrages von Mitgliedstaaten lediglich, Maßnahmen zu ergreifen, ‚die sie für erforderlich‘ erachten. ‚Erforderlich erachten‘ ist eine weiche Formulierung, die den einzelnen Staaten alles offenlässt.”

Die EU als Mittäter

Mayer weiter: “Da ist der Lissabon-Vertrag deutlicher. Alle EU-Staaten wären nach einem EU-Beitritt der Ukraine also verpflichtet, Soldaten in die Ukraine zu entsenden. Denn sie müssten alle ‚in ihrer Macht stehende Unterstützung‘ leisten. Dazu gehört natürlich auch das eigene Militär. Damit würden Deutschland und alle anderen EU-Staaten in einen offenen Krieg mit der Atommacht Russland eintreten. In einem nicht erklärten Krieg gegen Russland sind die EU-Staaten natürlich schon jetzt, in dem sie das ukrainische Militär vollständig finanzieren, ausrüsten, ausbilden, mit Satellitendaten versorgen, insgeheim Einsätze mitorganisieren und Kriegsziele definieren. Die EU ist Mittäter, lässt aber die Ukrainer kämpfen und sterben. Das ginge nach einem EU-Beitritt der Ukraine nicht mehr, dann müssten die Friedhöfe auch in Deutschland erweitert werden.“

Und noch etwas Herr Starmer: Haben Sie sich schon einmal mit der Frage auseinandergesetzt, wie viele illegale Kriege die USA seit 1945 mit wie vielen daraus resultierenden Todesopfern geführt haben? Wenn ja, wissen Sie, dass Russland ein Waisenknabe im Vergleich zu den USA in dieser Hinsicht ist. Der Europäische Rat hat eine gemeinsame Erklärung (mitbeteiligt unter anderem Friedrich Merz, Emmanuel Macron, Donald Tusk, Giorgia Meloni, António Costa, Alexander Stubb): „Wir würdigen die diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges… aber die Ukraine muss fester Bestandteil aller weiteren Gespräche sein.“ Und: „Die Ukraine muss absolute Sicherheitsgarantien erhalten… Russland darf kein Vetorecht haben über den künftigen Kurs der Ukraine – weder zur EU noch zur NATO.“ Und weiter: „Internationale Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verändert werden.“

Ein Waffenstillstand war gar nicht realistisch

Es ist dasselbe in Grün wie das Statement von Keir Starmer. Zusätzlich noch der Punkt mit der gewaltsamen Veränderung internationaler Grenzen. Da hat der Europäische Rat prinzipiell schon recht. Nur, dann sollte er auch das Selbstbestimmungsrecht der ukrainischen Regionen insbesondere Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson anerkennen, was das Kiew-Regime nicht zuließ, und die Regionen angriff und von der ukrainischen Versorgung abschnitt. Keine Lebensmittel, keine Rentenzahlungen und so weiter. Komisch, dass darüber die Gutmenschen-Mainstreampresse nicht berichtet.

Ja, es stimmt: Der Alaska-Gipfel am 15. August brachte keinen Waffenstillstand – den ich allerdings auch nicht erwartet habe. Dieser wäre ohne Beteiligung der Ukraine auch gar nicht fixierbar gewesen. Aber die Russen sind auch spätestens seit dem Bruch der Minsker Abkommen, das vom Westen zur Aufrüstung der Ukraine genutzt wurde, vorsichtiger geworden. Das Treffen war insofern eher eine symbolische Inszenierung denn ein echter Durchbruch; dennoch ist dieses Ereignis ein erster echter Schritt nach langer Funkstille zwischen dem Westen und Russland – und ein wichtiger Etappenschritt, um auf diplomatischem Weg zu einer (einzig tragfähigen) Friedenslösung zu gelangen. Trump oder Putin als Verlierer oder Gewinner dieses Treffens hinzustellen, ist für mich ein Zeichen von Kleingeist – denn wenn es zu einem Frieden kommt, hat immer der Mensch gewonnen. Es ist gut, dass Putin durch das Treffen eventuell einen Weg zurück auf die politische Weltbühne gefunden hat.

Trump wurde seiner Vermittlerrolle gerecht

Wer das als kritikwürdiger Tabubruch ansieht und es stattdessen lieber gesehen hätte, dass Putin “verhaftet und vor Gericht gestellt” wird, wie es linke EU-Politiker forderten, dem ist in seiner Verbohrtheit nicht mehr zu helfen. So funktioniert Politik nicht, so funktioniert Diplomatie nicht und so funktioniert Konfliktbewältigung nicht. Man muss miteinander sprechen – und wer diesen Grundsatz negiert, sollte erst einmal an sich selbst arbeiten, bevor er andere verurteilt. Trump wurde seiner Vermittlerrolle durchaus gerecht und hat mit diesem Treffen etwas geschafft, was die Demokraten vor ihm nicht zuwege brachten – und auch nicht wollten. Nicht zum ersten Mal übrigens: Am 30. Juni 2019, während seiner ersten Präsidentschaft, hatte er sich mit dem nordkoreanischen „Präsidenten für Staatsangelegenheiten“ Kim Jong-un in der Demilitarisierten Zone (DMZ) zwischen Nord- und Südkorea getroffem, was zuvor ebenfalls kein US-Präsident zustande gebracht hatte. Er überschritt symbolisch die Grenze auf dem 38. Breitengrad und betrat in diesem historischen Moment nordkoreanisches Territorium – begleitet von Kim Jong-un. Trump ist ein Macher; auch wenn er nicht immer das macht, was von ihm erwartet wird.

Dass die Ukraine am Gipfel von Anchorage nicht direkt beteiligt war, geht in meinen Augen vollkommen in Ordnung – zumal Präsident Wolodymyr Selenskyj nach wie vor Forderungen stellt, die nicht erfüllt werden, und den Friedensprozess unnötig aufhalten würden. Dies hatte er gerade kurz vor dem Event am Mittwoch bei seinem Besuch bei Friedrich Merz nochmals unterstrichen. Mir scheint , dass der ukrainische Präsident ein Ende des Krieges fürchtet – weil es ihm dann selbst an den Kragen gehen könnte. Der europäische „Wertewesten“ trägt eine erhebliche Mitschuld an der misslichen Situation der Ukraine. Er sollte seinen nicht eben berufenen Mund daher nicht zu voll nehmen. Abrüstung sollte die Devise sein – und nicht Aufrüstung. Die so eingesparten Billionen können dann endlich wieder den europäischen Bürgern zugutekommen, die sie mit ihren Steuern aufbringen müssen – und die Welt wäre wieder in Ordnung, jedenfalls mehr als derzeit. Doch wollt Ihr europäischen Staatsoberhäupter das überhaupt? Fall nicht, dann solltet ihr schnellstens Eure Posten räumen.


Samstag, 5. Oktober 2024

Wer hat den Ukraine-Krieg verursacht?

von John J. Mearsheimer...

Publizist John J. Mearsheimer



Die Frage, wer für den Krieg in der Ukraine verantwortlich ist, ist seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 ein sehr umstrittenes Thema. Die Antwort auf diese Frage ist von enormer Bedeutung, denn der Krieg war aus verschiedenen Gründen eine Katastrophe, von denen die wichtigste darin besteht, dass die Ukraine praktisch zerstört wurde. Sie hat einen beträchtlichen Teil ihres Territoriums verloren und wird wahrscheinlich noch mehr verlieren, ihre Wirtschaft liegt in Trümmern, eine riesige Zahl von Ukrainern wurde als Binnenflüchtlinge vertrieben oder ist aus dem Land geflohen, und das Land hat Hunderttausende von Opfern zu beklagen. Natürlich hat auch Russland einen hohen Blutzoll gezahlt. Auf strategischer Ebene sind die Beziehungen zwischen Russland und Europa, ganz zu schweigen von Russland und der Ukraine, auf unabsehbare Zeit vergiftet, was bedeutet, dass die Gefahr eines größeren Krieges in Europa auch dann noch bestehen wird, wenn der Krieg in der Ukraine zu einem eingefrorenen Konflikt wird. Wer die Verantwortung für diese Katastrophe trägt, ist eine Frage, die nicht so schnell verschwinden wird, sondern eher noch an Bedeutung gewinnen dürfte, je mehr Menschen das Ausmaß der Katastrophe bewusst wird.

Die gängige Meinung im Westen ist, dass Wladimir Putin für den Krieg in der Ukraine verantwortlich sei. Die Invasion zielte darauf ab, die gesamte Ukraine zu erobern und sie zu einem Teil eines größeren Russlands zu machen, so die Argumentation. Sobald dieses Ziel erreicht sei, würden die Russen ein Imperium in Osteuropa errichten, ähnlich wie es die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg getan habe. Daher stelle Putin letztlich eine Bedrohung für den Westen dar, der man mit aller Macht begegnen müsse. Kurz gesagt, Putin ist demnach ein Imperialist mit einem Masterplan, der sich nahtlos in die reiche russische Tradition einfügt.

Wiederaufgeflammte Debatte

Das alternative Argument, mit dem ich mich identifiziere und das im Westen eindeutig in der Minderheit ist, lautet, dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten diesen Krieg provoziert haben. Damit soll natürlich nicht geleugnet werden, dass Russland in die Ukraine einmarschiert ist und den Krieg begonnen hat. Die Hauptursache des Konflikts ist jedoch der NATO-Beschluss, die Ukraine in das Bündnis aufzunehmen, was praktisch alle russischen Führer als existenzielle Bedrohung ansehen, die beseitigt werden muss. Die NATO-Erweiterung ist jedoch Teil einer umfassenderen Strategie, die darauf abzielt, die Ukraine zu einem westlichen Bollwerk an Russlands Grenze zu machen. Ein Beitritt Kiews zur Europäischen Union (EU) und die Förderung einer farbigen Revolution in der Ukraine – die Umwandlung des Landes in eine pro-westliche liberale Demokratie – sind die beiden anderen Säulen dieser Politik. Die russische Führung fürchtet alle drei Bereiche, aber am meisten fürchtet sie die NATO-Erweiterung. Um dieser Bedrohung zu begegnen, hat Russland am 24. Februar 2022 einen Präventivkrieg begonnen.

Die Debatte darüber, wer den Ukraine-Krieg verursacht hat, ist kürzlich wieder aufgeflammt, als zwei prominente westliche Politiker – der ehemalige US-Präsident Donald Trump und der prominente britische Abgeordnete Nigel Farage – das Argument vorbrachten, dass die NATO-Erweiterung die treibende Kraft hinter dem Konflikt sei. Es überrascht nicht, dass ihre Äußerungen von den Verfechtern der konventionellen Meinung mit einem heftigen Gegenangriff beantwortet wurden. Es ist auch erwähnenswert, dass der scheidende NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg im vergangenen Jahr zweimal sagte, dass “Präsident Putin diesen Krieg begonnen hat, weil er die Tür zur NATO schließen und der Ukraine das Recht verweigern wollte, ihren eigenen Weg zu wählen”. Kaum jemand im Westen hat dieses bemerkenswerte Eingeständnis des NATO-Chefs in Frage gestellt, und er hat es auch nicht zurückgezogen. Mein Ziel ist es, einen Überblick über die wichtigsten Punkte zu geben, die die Ansicht stützen, dass Putin nicht in die Ukraine einmarschiert ist, weil er ein Imperialist ist, der die Ukraine zu einem Teil eines größeren Russlands machen will – sondern vor allem wegen der NATO-Erweiterung und der Bemühungen des Westens, die Ukraine zu einer westlichen Hochburg an der Grenze Russlands zu machen.

Sieben Gründe, warum das verbreitete westliche Narrativ falsch ist

Lassen Sie mich mit den sieben wichtigsten Gründen für die Ablehnung der herkömmlichen Meinung beginnen.

Erstens: Es gibt schlicht und ergreifend keine Beweise aus der Zeit vor dem 24. Februar 2022, dass Putin die Ukraine “erobern” oder Russland eingliedern wollte. Vertreter der gängigen Meinung können keine Schriftstücke oder Aussagen von Putin nennen, die darauf hindeuten, dass er die Ukraine erobern wollte. Wenn man sie zu diesem Punkt befragt, liefern die Verfechter der konventionellen Meinung Hinweise, die wenig oder gar nichts mit Putins Motiven für die Invasion der Ukraine zu tun haben. Einige betonen zum Beispiel, dass er sagte, die Ukraine sei ein “künstlicher Staat” oder kein “echter Staat”. Solche undurchsichtigen Äußerungen sagen jedoch nichts über die Gründe für seinen Kriegseintritt aus. Dasselbe gilt für Putins Aussage, er betrachte Russen und Ukrainer als “ein Volk” mit einer gemeinsamen Geschichte.

Andere weisen darauf hin, dass er den Zusammenbruch der Sowjetunion als “die größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts” bezeichnete. Aber Putin sagte auch: “Wer die Sowjetunion nicht vermisst, hat kein Herz. Wer sie zurückhaben will, hat kein Hirn.” Andere wiederum verweisen auf eine Rede, in der er erklärte: “Die moderne Ukraine wurde vollständig von Russland geschaffen, genauer gesagt, vom bolschewistischen, kommunistischen Russland.” Aber das ist kaum ein Beweis dafür, dass er an der Eroberung der Ukraine interessiert war. Außerdem sagte er in derselben Rede: “Natürlich können wir die Ereignisse der Vergangenheit nicht ändern, aber wir müssen sie zumindest offen und ehrlich zugeben.”

Keine Beweise für irgendwelche “Eroberungspläne”

Um zu beweisen, dass Putin die gesamte Ukraine erobern und Russland einverleiben wollte, muss man nachweisen, dass er a) dieses Ziel für erstrebenswert hielt, 2) es für machbar hielt und 3) die Absicht hatte, dieses Ziel zu verfolgen. Es existieren in sämtlichen öffentlichen Aufzeichnungen keine Beweise dafür, dass Putin je erwog, geschweige denn beabsichtigte, die Ukraine als unabhängigen Staat zu terminieren und sie zu einem Teil “Großrusslands” zu machen, als er am 24. Februar 2022 seine Truppen in die Ukraine schickte. Tatsächlich gibt es hingegen erhebliche Beweise dafür, dass Putin die Ukraine als unabhängiges Land anerkannte. In einem bekannten Artikel vom 12. Juli 2021 über die russisch-ukrainischen Beziehungen, der von Befürwortern der konventionellen Meinung oft als Beweis für seine imperialen Ambitionen angeführt wird, sagt er dem ukrainischen Volk: “Ihr wollt einen eigenen Staat gründen: Ihr seid willkommen!” Zur Frage, wie Russland die Ukraine behandeln sollte, schreibt er darin: “Es gibt nur eine Antwort: mit Respekt.” Er schließt seinen langen Artikel mit den folgenden Worten: “Und wie die Ukraine aussehen wird – das müssen ihre Bürger entscheiden.” Diese Aussagen stehen im direkten Widerspruch zu der Behauptung, Putin wolle die Ukraine in ein größeres Russland eingliedern.

In demselben Artikel vom 12. Juli 2021 und erneut in einer wichtigen Rede am 21. Februar 2022 betonte Putin, dass Russland “die neue geopolitische Realität, die nach der Auflösung der UdSSR entstanden ist”, akzeptiere. Diesen Punkt wiederholte er ein drittes Mal am 24. Februar 2022, als er ankündigte, Russland werde in die Ukraine einmarschieren. Insbesondere erklärte er: “Wir haben nicht vor, ukrainisches Territorium zu besetzen”, und machte deutlich, dass er die ukrainische Souveränität respektiere, allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt: “Russland kann sich nicht sicher fühlen, sich nicht entwickeln und nicht existieren, wenn es sich einer ständigen Bedrohung durch das Territorium der heutigen Ukraine ausgesetzt sieht.” Das heißt: Putin war nicht daran interessiert, die Ukraine zu einem Teil Russlands zu machen, sondern er wollte sicherstellen, dass sie nicht zu einem “Sprungbrett” für westliche Aggressionen gegen Russland wird.

Unzureichende militärische Kapazitäten Russlands für Invasion

Zweitens: Es gibt keinerlei Hinweise dafür, dass Putin eine Marionettenregierung für die Ukraine vorbereitete, dass er in Kiew prorussische Führungspersönlichkeiten aufbaute oder irgendwelche politischen Maßnahmen verfolgte, die eine Besetzung des gesamten Landes und dessen letztendliche Eingliederung in Russland ermöglichen würden. Diese Fakten widersprechen der Behauptung, Putin sei daran interessiert gewesen, die Ukraine von der Landkarte zu tilgen.

Drittens: Putin hatte nicht annähernd genug Truppen, um die Ukraine zu erobern. Beginnen wir mit den Gesamtzahlen; ich schätze seit langem, dass die Russen mit höchstens 190.000 Soldaten in die Ukraine einmarschiert sind. General Oleksandr Syrskyi, der derzeitige Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, sagte kürzlich in einem Interview mit “The Guardian”, dass die russische Invasionstruppe nur 100.000 Mann stark war. “The Guardian” hatte diese Zahl bereits vor Beginn des Krieges genannt. Es ist unmöglich, dass eine Truppe von 100.000 oder auch 190.000 Mann die gesamte Ukraine erobern, besetzen und in ein Großrussland eingliedern könnte. Bedenken Sie, dass die Wehrmacht beim deutschen Überfall auf die westliche Hälfte Polens im September 1939 etwa 1,5 Millionen Mann zählte. Die Ukraine ist geografisch mehr als dreimal so groß wie die westliche Hälfte Polens im Jahr 1939, und in der Ukraine leben im Jahr 2022 fast doppelt so viele Menschen wie in Polen zum Zeitpunkt des deutschen Überfalls. Wenn wir die Schätzung von General Syrskyi akzeptieren, dass 100.000 russische Truppen im Jahr 2022 in die Ukraine einmarschierten, bedeutet dies, dass Russland über eine Invasionsstreitmacht verfügte, die ein Fünfzehntel der Größe der deutschen Streitkräfte umfasste, die 1939 in Polen einmarschierten. Und diese kleine russische Armee marschierte in ein Land ein, das sowohl territorial als auch von der Bevölkerungszahl her viel größer war als Polen.

Fragen zur Quantität und Qualität

Abgesehen von den Zahlen stellt sich die Frage nach der Qualität der russischen Armee. Zunächst einmal war diese eine militärische Streitkraft, die in erster Linie dazu bestimmt war, Russland vor einer Invasion zu schützen. Es handelte sich nicht um eine Armee, die für eine Großoffensive zur Eroberung der gesamten Ukraine, geschweige denn zur Bedrohung des übrigen Europas, gerüstet war. Außerdem ließ die Stärke der Kampftruppen zu wünschen übrig, da die Russen nicht mit einem Krieg rechneten, als sich die Krise im Frühjahr 2021 zuzuspitzen begann. Daher hatten sie kaum mehr Gelegenheit, eine qualifizierte Invasionstruppe auszubilden. Sowohl qualitativ als auch quantitativ war die russische Invasionstruppe nicht annähernd mit der deutschen Wehrmacht der späten 1930er und frühen 1940er Jahre vergleichbar.

Man könnte argumentieren, dass die russische Führung dachte, das ukrainische Militär sei so klein und so unterlegen, dass ihre Armee die ukrainischen Streitkräfte leicht besiegen und das ganze Land erobern könnte. Tatsächlich wussten Putin und seine Leutnants sehr wohl, dass die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten das ukrainische Militär seit Ausbruch der Krise am 22. Februar 2014 bewaffnet und ausgebildet hatten. Die große Befürchtung Moskaus war, dass die Ukraine de facto Mitglied der NATO werden würde. Außerdem beobachteten die russischen Führer, wie die ukrainische Armee, die größer war als ihre Invasionstruppen, zwischen 2014 und 2022 im Donbass erfolgreich kämpfte. Ihnen war sicherlich klar, dass das ukrainische Militär kein Papiertiger war, der schnell und entschlossen besiegt werden konnte, zumal es über eine starke Rückendeckung durch den Westen verfügte. Schließlich waren die Russen im Laufe des Jahres 2022 gezwungen, ihre Armee aus der Oblast Charkiw und aus dem westlichen Teil der Oblast Cherson abzuziehen. Damit gab Moskau Gebiete auf, die seine Armee in den ersten Tagen des Krieges erobert hatte.

Frühe diplomatische Vorstöße Russlands

Es steht außer Frage, dass der Druck der ukrainischen Armee eine Rolle dabei spielte, den russischen Rückzug zu erzwingen. Vor allem aber erkannten Putin und seine Generäle, dass sie nicht über genügend Kräfte verfügten, um das gesamte Gebiet, das ihre Armee in Charkiw und Cherson erobert hatte, zu halten. Also zogen sie sich zurück und schufen besser kontrollierbare Verteidigungspositionen. Dies ist kaum ein Verhalten, das man von einer Armee erwarten würde, die aufgebaut und ausgebildet wurde, um die gesamte Ukraine zu erobern und zu besetzen. Tatsächlich war sie für diesen Zweck nicht konzipiert und konnte daher diese Herkulesaufgabe nicht bewältigen.

Viertens: In den Monaten vor Kriegsbeginn versuchte Putin, eine diplomatische Lösung für die sich anbahnende Krise zu finden. Am 17. Dezember 2021 sandte Putin ein Schreiben an Präsident Joe Biden und NATO-Chef Stoltenberg, in dem er eine Lösung der Krise auf der Grundlage einer schriftlichen Garantie vorschlug, dass a) die Ukraine der NATO nicht beitreten würde, b) keine Angriffswaffen in der Nähe der russischen Grenzen stationiert würden und c) die seit 1997 nach Osteuropa verlegten NATO-Truppen und -Ausrüstung nach Westeuropa zurückverlegt würden. Was auch immer man von der Machbarkeit einer Einigung auf der Grundlage von Putins Eröffnungsforderungen halten mag, über die die Vereinigten Staaten keine Verhandlungen führen wollten: Es zeigt, dass er versuchte, einen Krieg zu vermeiden.

Gesten des guten Willens

Fünftens: Unmittelbar nach Beginn des Krieges hat Russland der Ukraine die Hand gereicht, um Verhandlungen zur Beendigung des Krieges und zur Ausarbeitung eines modus vivendi zwischen den beiden Ländern aufzunehmen. Die Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau begannen in Weißrussland nur vier Tage nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Diese weißrussische Schiene wurde schließlich durch eine israelische und eine Istanbuler Schiene ersetzt. Alle verfügbaren Beweise deuten darauf hin, dass Russland ernsthaft verhandelte und nicht an der Übernahme ukrainischen Territoriums interessiert war, – mit Ausnahme der Krim, die es 2014 annektiert hatte, und möglicherweise des Donbass. Die Verhandlungen endeten, als die Ukrainer auf Drängen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten die Verhandlungen abbrachen, die zum Zeitpunkt ihrer Beendigung durchaus gute Fortschritte gemacht hatten. Darüber hinaus berichtet Putin, dass er, als die Verhandlungen anliefen und Fortschritte machten, gebeten wurde, als Geste des guten Willens die russischen Truppen aus dem Gebiet um Kiew abzuziehen, was er am 29. März 2022 auch tat. Keine westliche Regierung und kein ehemaliger Politiker hat diese Behauptung Putins seither angefochten, die in direktem Widerspruch zu seiner Behauptung steht, er wolle die gesamte Ukraine erobern.

Sechstens: Abgesehen von der Ukraine gibt es nicht den geringsten Hinweis darauf, dass Putin die Eroberung anderer osteuropäischer Länder ins Auge gefasst hat. Außerdem ist die russische Armee nicht einmal groß genug, um die gesamte Ukraine zu überrennen – ganz zu schweigen von dem Versuch, die baltischen Staaten, Polen und Rumänien zu erobern. Außerdem sind alle diese Länder NATO-Mitglieder, was mit ziemlicher Sicherheit einen Krieg mit den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten bedeuten würde.

Frühe fragwürdige NATO-Erweiterungspläne

Siebtens: Seit er im Jahr 2000 die Macht übernahm, behauptete bis zur Zuspitzung der Ukraine-Krise im Februar 2014 kaum jemand im Westen, Putin hege imperiale Ambitionen. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde er plötzlich zum imperialen Aggressor. Warum? Weil die westlichen Staats- und Regierungschefs einen Grund brauchten, ihm die Schuld für die Krise zu geben. Der wohl beste Beweis dafür, dass Putin in den ersten vierzehn Jahren seiner Amtszeit nicht als ernsthafte Bedrohung angesehen wurde, ist die Tatsache, dass er auf dem NATO-Gipfel im April 2008 in Bukarest ein geladener Gast war, auf dem das Bündnis bekannt gab, dass die Ukraine und Georgien schließlich Mitglieder werden würden. Putin war natürlich erzürnt über diese Entscheidung und machte seinem Unmut Luft. Sein Widerstand gegen diese Ankündigung hatte jedoch kaum Auswirkungen auf Washington, da das russische Militär als zu schwach eingeschätzt wurde, um eine weitere NATO-Erweiterung zu verhindern – so wie es auch bei den Erweiterungswellen von 1999 und 2004 zu schwach gewesen war, um sie aufzuhalten. Der Westen glaubte, er könne Russland die NATO-Erweiterung noch einmal aufzwingen.

Außerdem war die NATO-Erweiterung vor dem 22. Februar 2014 nicht darauf ausgerichtet, Russland einzudämmen. Angesichts des traurigen Zustands der russischen Militärmacht war Moskau nicht in der Lage, die Ukraine zu erobern, geschweige denn eine revanchistische Politik in Osteuropa zu verfolgen. Der ehemalige US-Botschafter in Moskau, Michael McFaul, der ein entschiedener Verfechter der Ukraine und scharfer Kritiker Putins ist, stellt bezeichnenderweise fest, dass die Einnahme der Krim durch Russland im Jahr 2014 vor Ausbruch der Krise nicht geplant war; es war eine impulsive Reaktion auf den Putsch, der den prorussischen Führer der Ukraine gestürzt hatte. Kurz gesagt: die NATO-Erweiterung war nicht dazu gedacht, eine russische Bedrohung einzudämmen – weil der Westen selbst nicht glaubte, dass es eine solche gab.

Aggressiver Impuls “der Russen” nicht identifizierbar

Erst als im Februar 2014 die Ukraine-Krise ausbrach, begannen die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten plötzlich, Putin als gefährlichen Führer mit imperialen Ambitionen und Russland als ernsthafte militärische Bedrohung zu beschreiben, die die NATO eindämmen müsse. Dieser abrupte Wechsel der Rhetorik sollte einem wesentlichen Zweck dienen: dem Westen die Möglichkeit zu geben, Putin für die Krise verantwortlich zu machen und den Westen von der Verantwortung freizusprechen. Es überrascht nicht, dass diese Darstellung Putins nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 deutlich an Zugkraft gewann. Eine Abweichung von der gängigen Meinung ist erwähnenswert. Einige argumentieren, dass die Entscheidung Moskaus, in die Ukraine einzumarschieren, wenig mit Putin selbst zu tun hat und stattdessen Teil einer expansionistischen Tradition ist, die lange vor Putin bestand und tief in der russischen Gesellschaft verwurzelt ist. Dieser Hang zur Aggression, der angeblich von inneren Kräften und nicht von Russlands äußerem Bedrohungsumfeld angetrieben wird, hat im Laufe der Zeit praktisch alle russischen Führer dazu gebracht, sich ihren Nachbarn gegenüber gewalttätig zu verhalten. Es lässt sich nicht leugnen, dass Putin in dieser Geschichte das Sagen hat oder dass er Russland in den Krieg geführt hat, aber es heißt, dass er wenig Einfluss hat. Fast jeder andere russische Führer hätte genauso gehandelt.

Es gibt zwei Probleme mit diesem Argument. Erstens ist es nicht widerlegbar, da der langjährige Charakterzug in der russischen Gesellschaft, der diesen aggressiven Impuls hervorrufe, nie identifiziert wurde. Es heißt, die Russen seien schon immer aggressiv gewesen – egal, wer an der Macht ist – und würden es auch immer sein. Es ist fast so, als ob es in ihrer DNA läge. Die gleiche Behauptung wurde einst über die Deutschen aufgestellt, die im zwanzigsten Jahrhundert oft als angeborene Aggressoren dargestellt wurden. Derartige Argumente werden in der akademischen Welt aus gutem Grund nicht ernst genommen.

Außerdem bezeichnete zwischen 1991 und 2014, als die Ukraine-Krise ausbrach, kaum jemand in den Vereinigten Staaten oder Westeuropa Russland als von Natur aus aggressiv. Außerhalb Polens und der baltischen Staaten wurde die Angst vor russischer Aggression in diesen 24 Jahren nicht häufig geäußert, was man erwarten würde, wenn die Russen zu Aggressionen veranlagt wären. Es scheint klar, dass das plötzliche Auftauchen dieser Argumentation eine bequeme Ausrede war, um Russland die Schuld für den Ukrainekrieg zu geben.

Aufschlussreiche Originalzitate

Lassen Sie mich nun sozusagen einen anderen Gang einlegen und drei Hauptgründe darlegen, die dafür sprechen, dass die NATO-Erweiterung die Hauptursache für den Ukraine-Krieg war.

Erstens sagten russische Führer aller Art vor Kriegsbeginn wiederholt, dass sie die NATO-Erweiterung in die Ukraine als eine existenzielle Bedrohung betrachten, die beseitigt werden muss. Putin hat diese Argumentation bereits vor dem 24. Februar 2022 mehrfach öffentlich dargelegt. In einer Rede vor der Führungsebene des Verteidigungsministeriums am 21. Dezember 2021 erklärte er: “Was sie in der Ukraine tun oder versuchen oder planen, findet nicht Tausende von Kilometern entfernt von unserer Landesgrenze statt. Es geschieht direkt vor unserer Haustür. Sie müssen verstehen, dass wir uns einfach nirgendwo mehr hin zurückziehen können. Glauben sie wirklich, dass wir diese Bedrohungen nicht wahrnehmen? Oder glauben sie, dass wir tatenlos zusehen werden, wie Bedrohungen für Russland entstehen?” Zwei Monate später, auf einer Pressekonferenz am 22. Februar 2022, nur wenige Tage vor Kriegsbeginn, sagte Putin: „Wir sind kategorisch gegen einen NATO-Beitritt der Ukraine, weil dies eine Bedrohung für uns darstellt, und wir haben Argumente, die dies unterstützen. Ich habe in diesem Saal wiederholt darüber gesprochen.“ Dann machte er deutlich, dass er begreift, dass die Ukraine ein De-facto-Mitglied der NATO werden soll. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten, sagte er, “pumpen die derzeitigen Kiewer Machthaber weiterhin mit modernen Waffentypen voll”. Er fuhr fort, dass Moskau, wenn dies nicht gestoppt werde, “mit einem bis an die Zähne bewaffneten ‘Antirussland’ dastehen würde. Das ist völlig inakzeptabel.”

Auch andere führende russische Politiker – darunter der Verteidigungsminister, der Außenminister, der stellvertretende Außenminister und der russische Botschafter in Washington – betonten die zentrale Bedeutung der NATO-Erweiterung als Auslöser der Ukraine-Krise. Außenminister Sergej Lawrow brachte es auf einer Pressekonferenz am 14. Januar 2022 auf den Punkt: “Der Schlüssel zu allem ist die Garantie, dass die NATO nicht nach Osten expandieren wird.” Man hört oft das Argument, die russischen Befürchtungen seien unbegründet, weil es keine Chance gebe, dass die Ukraine dem Bündnis in absehbarer Zukunft beitreten werde – wenn überhaupt. Tatsächlich wird behauptet, die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten hätten der Aufnahme der Ukraine in die NATO vor dem Krieg wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Aber selbst wenn die Ukraine dem Bündnis beitreten würde, wäre dies keine existenzielle Bedrohung für Russland, da die NATO ein Verteidigungsbündnis ist. Daher kann die NATO-Erweiterung weder eine Ursache der ursprünglichen Krise gewesen sein, die im Februar 2014 ausbrach, noch des Krieges, der im Februar 2022 begann.

Selenskyjs Kurswechsel 2021

Diese Argumentation ist falsch. Tatsächlich bestand die westliche Reaktion auf die Ereignisse von 2014 darin, die bestehende Strategie zu verdoppeln und die Ukraine noch näher an die NATO heranzuführen. Das Bündnis begann 2014 mit der Ausbildung des ukrainischen Militärs und bildete in den folgenden acht Jahren durchschnittlich 10.000 Soldaten pro Jahr aus. Im Dezember 2017 beschloss die Trump-Regierung, Kiew mit „Verteidigungswaffen“ zu versorgen. Andere NATO-Länder zogen bald nach und lieferten noch mehr Waffen an die Ukraine. Darüber hinaus begannen die ukrainische Armee, Marine und Luftwaffe, an gemeinsamen Militärübungen mit NATO-Streitkräften teilzunehmen. Die Bemühungen des Westens, das ukrainische Militär zu bewaffnen und auszubilden, erklären zu einem großen Teil, warum es im ersten Kriegsjahr so gut gegen die russische Armee abschnitt. Eine Schlagzeile im “Wall Street Journal” vom April 2022 lautete: “Das Geheimnis des militärischen Erfolgs der Ukraine: Jahrelange NATO-Ausbildung.”

Abgesehen von den laufenden Bemühungen des Bündnisses, das ukrainische Militär zu einer schlagkräftigeren Kampftruppe zu machen, die an der Seite der NATO-Truppen operieren kann, gab es im Westen im Laufe des Jahres 2021 eine neue Begeisterung für die Aufnahme der Ukraine in die NATO. Gleichzeitig vollzog Präsident Selensky, der nie viel Enthusiasmus für eine Aufnahme der Ukraine in das Bündnis gezeigt hatte und im März 2019 auf der Grundlage einer Plattform gewählt wurde, die zur Zusammenarbeit mit Russland bei der Beilegung der anhaltenden Krise aufrief, Anfang 2021 einen Kurswechsel – und befürwortete nicht nur die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, sondern vertrat auch eine harte Linie gegenüber Moskau.

Präsident Biden, der im Januar 2021 ins Weiße Haus einzog, hatte sich seit langem für die Aufnahme der Ukraine in die NATO eingesetzt und war ein “Super-Falke” gegenüber Russland.

Ukrainischer NATO-Kurs bis 2021 stand außer Frage

Es überrascht nicht, dass die NATO am 14. Juni 2021 auf ihrem jährlichen Gipfel in Brüssel ein Kommuniqué herausgab, in dem es hieß: “Wir bekräftigen den auf dem Gipfel von Bukarest 2008 gefassten Beschluss, dass die Ukraine Mitglied des Bündnisses wird.” Am 1. September 2021 besuchte Selensky das Weiße Haus, wo Biden klarstellte, dass die Vereinigten Staaten “fest entschlossen” seien, “die euro-atlantischen Bestrebungen der Ukraine zu unterstützen”. Am 10. November 2021 unterzeichneten Außenminister Antony Blinken und sein ukrainischer Amtskollege Dmytro Kuleba ein wichtiges Dokument – die Charta der strategischen Partnerschaft zwischen den USA und der Ukraine. Das Ziel beider Parteien, so heißt es darin, ist es, “das Engagement für die Durchführung tiefgreifender und umfassender Reformen in der Ukraine zu unterstreichen, die für eine vollständige Integration in die europäischen und euro-atlantischen Institutionen erforderlich sind.” Es bekräftigt auch ausdrücklich das Engagement der USA “…für die Bukarester Gipfelerklärung von 2008”.

Es scheint kaum Zweifel daran zu geben, dass die Ukraine auf dem besten Weg war, bis Ende 2021 Mitglied der NATO zu werden. Dennoch argumentieren einige Befürworter dieser Politik, dass sich Moskau keine Sorgen über dieses Ergebnis hätte machen müssen, denn “die NATO ist ein Verteidigungsbündnis und stellt keine Bedrohung für Russland dar”. Aber das ist eben nicht die Meinung Putins und anderer russischer Politiker über die NATO, und es kommt darauf an, was sie denken. Kurz gesagt, es steht außer Frage, dass Moskau den Beitritt der Ukraine zur NATO als eine existenzielle Bedrohung ansah, die nicht hingenommen werden durfte.

Die Mahnungen William Burns’ und anderer

Zweitens erkannte eine beträchtliche Anzahl einflussreicher und hoch angesehener Persönlichkeiten im Westen vor dem Krieg, dass die Expansion der NATO – insbesondere in die Ukraine – von der russischen Führung als tödliche Bedrohung angesehen werden und schließlich zur Katastrophe führen würde. William Burns, der heute die CIA leitet, aber zum Zeitpunkt des NATO-Gipfels in Bukarest im April 2008 US-Botschafter in Moskau war, verfasste ein Memo an die damalige Außenministerin Condoleezza Rice, in dem er die russischen Überlegungen zur Aufnahme der Ukraine in die Allianz prägnant beschreibt. “Der Beitritt der Ukraine zur NATO”, so schrieb er, “ist für die russische Elite (nicht nur für Putin) die klarste aller roten Linien. In den mehr als zweieinhalb Jahren, in denen ich Gespräche mit den wichtigsten russischen Akteuren geführt habe, von Scharfmachern in den dunklen Nischen des Kremls bis hin zu Putins schärfsten liberalen Kritikern, habe ich noch niemanden gefunden, der die Aufnahme der Ukraine in die NATO als etwas anderes betrachtet als eine direkte Herausforderung für die russischen Interessen.” Die NATO, so sagte er weiter, “würde als ein strategischer Fehdehandschuh angesehen werden. Das heutige Russland wird darauf reagieren. Die russisch-ukrainischen Beziehungen würden auf Eis gelegt … Das würde einen fruchtbaren Boden für russische Einmischungen auf der Krim und in der Ostukraine schaffen.”

Burns war 2008 nicht der einzige westliche Entscheidungsträger, der erkannte, dass die Aufnahme der Ukraine in die NATO mit Gefahren verbunden war. Auf dem Bukarester Gipfel sprachen sich sowohl die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch der französische Präsident Nicolas Sarkozy gegen eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine aus, weil sie wussten, dass dies Russland alarmieren und verärgern würde. Merkel erklärte kürzlich ihre Ablehnung: “Ich war mir sehr sicher, … dass Putin das nicht einfach zulassen wird. Aus seiner Sicht wäre das eine Kriegserklärung.” Um noch einen Schritt weiter zu gehen: Zahlreiche amerikanische Politiker und Strategen sprachen sich in den 1990er Jahren gegen die Entscheidung von Präsident Clinton aus, die NATO zu erweitern, als diese Entscheidung noch zur Debatte stand. Diesen Gegnern war von Anfang an klar, dass die russische Führung darin eine Bedrohung ihrer lebenswichtigen Interessen sehen würde und dass diese Politik letztlich in eine Katastrophe münden würde. Die Liste der Gegner umfasst prominente Persönlichkeiten des Establishments wie George Kennan, sowohl Präsident Clintons Verteidigungsminister William Perry als auch seinen Vorsitzenden des Vereinigten Generalstabs, General John Shalikashvili, Paul Nitze, Robert Gates, Robert McNamara, Richard Pipes und Jack Matlock, um nur einige zu nennen.

Nachvollziehbare Position Putins

Die Logik von Putins Position sollte für Amerikaner, die seit langem der Monroe-Doktrin verpflichtet sind, eigentlich vollkommen verständlich sein. Letztere besagt, dass keine entfernte Großmacht ein Bündnis mit einem Land in der westlichen Hemisphäre eingehen und ihre militärischen Streitkräfte dort stationieren darf. Die Vereinigten Staaten würden einen solchen Schritt als existenzielle Bedrohung auffassen und alles tun, um diese Gefahr zu beseitigen. Dies geschah natürlich auch während der Kubakrise 1962, als Präsident Kennedy den Sowjets klarmachte, dass ihre Atomraketen aus Kuba abgezogen werden müssten. Putin ist zutiefst von derselben Logik beeinflusst. Schließlich wollen Großmächte nicht, dass sich entfernte Großmächte in ihrem Hinterhof ansiedeln.

Drittens: Die zentrale Bedeutung der tiefen Angst Russlands vor einem NATO-Beitritt der Ukraine wird durch zwei Entwicklungen seit Kriegsbeginn verdeutlicht. Während der Istanbuler Verhandlungen, die unmittelbar nach Beginn der Invasion stattfanden, machten die Russen deutlich, dass die Ukraine eine „dauerhafte Neutralität“ akzeptieren müsse und der NATO nicht beitreten könne. Die Ukrainer akzeptierten die Forderung Russlands ohne ernsthaften Widerstand – sicherlich, weil sie wussten, dass es sonst unmöglich wäre, den Krieg zu beenden. In jüngerer Zeit, am 14. Juni 2024, stellte Putin zwei Forderungen, die die Ukraine erfüllen müsse, bevor er einem Waffenstillstand und der Aufnahme von Verhandlungen zur Beendigung des Krieges zustimmen würde. Eine dieser Forderungen war, dass Kiew “offiziell” erklären müsse, “dass es seine Pläne, der NATO beizutreten, aufgibt”. Das alles ist nicht überraschend – denn Russland hat die Ukraine in der NATO immer als existenzielle Bedrohung gesehen, die um jeden Preis verhindert werden muss. Diese Logik ist die treibende Kraft hinter dem Ukraine-Krieg. Sowohl aus der Verhandlungsposition Russlands in Istanbul sowie aus Putins Äußerungen zur Beendigung des Krieges in seiner Ansprache vom 14. Juni 2024 wird letztlich klar ersichtlich, dass er nicht daran interessiert ist, die gesamte Ukraine zu erobern und sie zu einem Teil eines größeren Russlands zu machen.


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