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Samstag, 5. Dezember 2020

Geisel mit Benzin überschüttet. Verfahren eingestellt...

von Thomas Heck...

Gut zwei Jahre nach einem "Vorfall" am Kölner Hauptbahnhof, bei dem ein 15jähriges Mädchen bei einer Geiselnahme schwere Verbrennungen erlitten hatte, ein Vorfall, den ich und die meisten Deutschen nach damaligen Achselzucken mittlerweile vergessen hatten, wurde das Verfahren seitens der Staatsanwaltschaft wegen andauernde Verhandlungsunfähigkeit eingestellt. Ein Vorfall, der schon damals weitestgehend totgeschwiegen wurde. Wir hatten hier und hier und hier und hier berichtet. Heute dient dieses Beispiel eher für die verkorkste, weil politisch korrekte Berichterstattung, denn für eine juristische Aufbereitung einer schrecklichen Tat.


Gut zwei Jahre nach einer Geiselnahme am Kölner Hauptbahnhof hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen weiter andauernder Verhandlungsunfähigkeit des Geiselnehmers vorläufig eingestellt. „Der Haftbefehl wurde aufgehoben“, sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Ulrich Bremer, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ laut Vorabmeldung vom Freitag. Das zuständige Gericht habe den aus Syrien stammenden Mohamed R. gestützt auf ein neues neurologisches Gutachten als weiter nicht verhandlungsfähig eingestuft.

Der damals 55 Jahre alte R. hatte am Kölner Hauptbahnhof eine Frau als Geisel genommen und mit Benzin übergossen. Als er mit einem Feuerzeug in der Hand drohte, die Geisel anzuzünden, stoppten ihn Polizisten mit sechs Schüssen. R. überlebte schwer verletzt, er befindet sich in einem Pflegeheim. Die Geisel, eine Apothekerin, erlitt leichte Verletzungen. Eine Jugendliche hatte zuvor schwere Brandverletzungen bei einem mutmaßlich von dem Mann verübten Brandanschlag in einem Schnellrestaurant erlitten.



Dienstag, 18. Juli 2017

Aus Ahmed Abdelnabi wird Fritze Müller...

von Thomas Heck...

In Deutschland gibt es viele anerkannte Gründe, seinen Nachnamen ändern zu lassen. Zum Beispiel ein Umlaut oder ein „ß“ im Namen kann ausreichen, oder wenn dieser schlicht zu lang ist. Laut Gesetz genügt es, wenn der Namensträger, durch orthografische Probleme “im Ausland nicht nur unwesentlich behindert ist“. Auch nach der Scheidung kann Mann oder Frau den Nachnamen wieder in seinen Geburtsnamen ändern, um auch die letzte Erinnerung an die verkorkste Ehe zu tilgen und, vermutlich der Hauptgrund, dem oder der Ex nochmals einen einzuschenken. Nun will auch der illegale Migrant den letzten Makel seiner Herkunft verschleiern.


Ist die Namensänderung also ein Klacks? Nein! Wer als Zuwanderer oder als Kind von Migranten in Deutschland lebt, hat nicht automatisch das Anrecht auf einen deutschen Namen. Obwohl ein ausländisch klingender Name für Familien mit Diskriminierung und Benachteiligung im Alltag einhergehen kann, scheitern viele von ihnen mit ihren Anträgen auf Änderung des Namens vor den Verwaltungsgerichten. Der CDU-Politiker Ruprecht Polenz hält das für einen Fehler. Für den sind Juden aber auch allesamt Brunnenvegifter, doch das ist eine andere Baustelle. 

„Der Wunsch einen deutschen Namen anzunehmen, ist ein sehr massiver Beleg dafür, dass man sich als Deutscher fühlt und als Deutscher gesehen werden möchte. Im Sinne der Integration ist das ja durchaus wünschenswert. Es macht einfach keinen Sinn, das zu verbieten“, sagt er. 

„Ignorante Rechtsprechung“ 

Auf seiner Facebook-Seite hatte der langjährige Bundestagsabgeordnete (1994 bis 2013) seinen Unmut über die „ignorante Rechtsprechung“ in Deutschland bekundet. In den USA beispielsweise wimmle es von anglisierten deutschen Namen, mahnt Polenz: „Von Smith bis Steinway, von Miller bis Schwartz.“ Sogar einen Trump gibt es. 

„Im Alltag sehen wir leider oft, dass eine Einbürgerung oder ein deutscher Pass nicht ausreichen, um als Deutscher angesehen zu werden“, begründet er seine Haltung. Das zeige sich beispielsweise bei Bewerbungen. Es könne vorkommen, dass Menschen wegen ihres Namens Nachteile haben und am Ende womöglich deswegen einen Job nicht bekommen. Die Möglichkeit eines Namenswechsels würde solch einer Diskriminierung vorbeugen, glaubt Polenz. 

Kinder werden in Schublade gesteckt 

Der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofs in Nordrhein-Westfalen, Michael Bertrams, sieht das ähnlich. Er forderte schon im vergangenen Jahr, dass Verwaltungen und Gerichte eine Namensänderung zulassen müssten, „wenn fremd klingende Namen eine Integration in das wirtschaftliche und soziale Leben hierzulande erschweren.“ 

Er verwies dabei auf einen Fall, in dem das Verwaltungsgericht Braunschweig einer deutsch-türkischen Familie verboten hatte, den Nachnamen zu ändern. Die Eltern hatten darüber geklagt, dass ihre Kinder schon im Kindergarten in die Schublade „bildungsferner Migranten“ gesteckt und auf Türkisch angeredet würden – eine Sprache, von der sie kein Wort verstanden. 

Ist eine Gesetzesänderung nötig? 

Das Gericht beharrte jedoch auf dem Grundsatz der „Namenskontinuität“, wie Bertrams im „Kölner Stadt-Anzeiger“ erläuterte. Demnach bestehe „ein öffentliches Interesse an der Beibehaltung des überkommenen Namens, um soziale Orientierung und sicherheitspolitische Identifizierung zu ermöglichen.“ 

Ruprecht Polenz sieht die Politik hier in der Pflicht. „Im internationalen Vergleich wird deutlich, dass andere Länder das anders handhaben. Dort wird mit dem Thema sensibler umgegangen. Ich würde mir wünschen, dass der Gesetzgeber auch hierzulande im Gesetz deutlich macht, dass es diese Möglichkeit gibt“, so der CDU-Politiker.




Fritze Müller aus Hamburg, St.Pauli...

Selbst wenn die Probleme mit dem Namen behoben sind, bleibt noch das Problem der Sprachkenntnisse, ggf. werden die Anforderungen gesenkt, wie das Interview von Spiegel Online mit dem Integrationsexperten Caner Aver belegt:

SPIEGEL ONLINE: Jeder fünfte Student an deutschen Hochschulen hat einen Migrationshintergrund. Allerdings bricht fast die Hälfte ihr Bachelorstudium wieder ab. Warum tun sich viele an den Unis so schwer?

Aver: Jugendliche aus Einwandererfamilien sind häufig doppelt benachteiligt. Manche haben durch ihren Migrationshintergrund Sprachschwierigkeiten, häufig kommen sie auch noch aus bildungsfernen und prekären Verhältnissen. Nur 30 Prozent der türkischstämmigen Abiturienten haben Eltern mit einem hohen Bildungsniveau. Ihnen fehlen die Vorbilder. Manche schaffen mit Mühe und Not das Abitur, das Studium überfordert sie.

SPIEGEL ONLINE: Bieten die Universitäten nicht zahlreiche Tutorien oder Beratungsstunden an?

Aver: Es mangelt an Projekten, die bewusst und strukturell auf die Sprach- und Schreibschwierigkeiten zielen, etwa wenn es darum geht, eine gute Hausarbeit zu verfassen. Es gibt durchaus auch Herkunftsdeutsche, die sich mehr Unterstützung in diesem Bereich wünschen. Angebote, die Studieninteressierte auf die Universität vorbereiten, müssten bereits in der Oberstufe ansetzen. Wer aus einer Arbeiterfamilie kommt, hat nicht die Chance, einfach mal zu Hause jemanden zu fragen. Hinzu kommt, dass viele Studierende mit Migrationshintergrund nebenbei jobben müssen.

SPIEGEL ONLINE: Der Bafög-Höchstsatz liegt immerhin bei 735 Euro. Reicht das nicht?

Aver: Das Problem ist, dass die Lebenswege oftmals nicht geradlinig verlaufen. Wer sein Studium aber nicht in der Regelzeit schafft, kann schnell Schwierigkeiten mit der Finanzierung bekommen, wenn ihn die Familie nicht unterstützen kann. Damit beschäftigt sich unter anderem auch unsere aktuelle Studie zur Bildungsbeteiligung von Migranten, die das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium gefördert hat.

SPIEGEL ONLINE: Wie lautet ihre Empfehlung an dieser Stelle?

Aver: Eine flexiblere Handhabung der Bafög-Laufzeiten und die kostenlose Bereitstellung von Lehrmaterial würde die finanzielle Situation der Studierenden sicherlich erleichtern.

SPIEGEL ONLINE: Sie selbst haben einen türkischen Hintergrund. Hatten sie mit ähnlichen Schwierigkeiten an der Universität zu kämpfen?

Aver: An der Hochschule bin ich gut zurechtgekommen. Bei mir war eher die Schulzeit eine Herausforderung.

SPIEGEL ONLINE: Inwiefern?

Aver: Meine Lehrer wollten mir nur eine Hauptschulempfehlung geben. Meine Eltern haben dann radebrechend durchgesetzt, dass ich auf die Realschule durfte. Das war ihnen sehr wichtig. Das ist übrigens typisch für viele Einwandererfamilien. Vor allem die Mütter wünschen sich einen Bildungsaufstieg durch ein Studium für ihre Kinder. Meine Eltern sind 1970 als Textilarbeiter nach Deutschland gekommen. Ich weiß noch genau, wie mein Vater immer zu mir gesagt hat: "Wenn du im Job später als Herr Aver angesprochen werden willst, dann musst du es an die Hochschule schaffen." Die Türken waren in der Fabrik ja immer nur der Mehmet oder Ali. Leider bin ich in der Realschule dann erst mal sitzengeblieben.

SPIEGEL ONLINE: Wie ist Ihnen am Ende trotzdem noch der Sprung an die Universität gelungen?

Aver: Meine Eltern haben mich zur Deutsch-Nachhilfe geschickt, das hat am Ende den Unterschied gemacht. Arbeiten wie sie in der Fabrik wollte ich nie. Ich war der Erste, in der Familie, der es an die Uni geschafft hat. Heute studieren auch mein Neffe und meine Nichte aus der dritten Generation.