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Mittwoch, 6. Mai 2020

Der überfällige Abgang des Johannes Kahrs...

von Thomas Heck...

Eine der widerlichsten politischen Gestalten der Gegenwart hat sich jetzt mit dem Asozialdemokraten Johannes Kahrs  aus der Öffentlichkeit verabschiedet. Einer der im Deutschen Bundestag dermaßen menschenverachtend gegen die Abgeordneten der AfD hetzte. Jemand der unliebsamen Parteigenossen schon mal mit nächtlichen Terroranrufen begegnete. Jemand der die notwendige Distanz zu Minderjährigen vermissen ließ und Kinderficker Sebastian Edathy bis zum Schluß die Stange hielt, ihn als "feinen Kerl" benannte und im Untersuchungsausschuß plötzlich unter Amnesie litt. Jemand der unlängst in den Verdacht geriet, dass es bei seinem Ersten Staatsexamen nicht alles korrekt lief. Und insgesamt ein widerlicher und schmieriger Kerl.

Johannes Kahrs wollte unbedingt Wehrbeauftragter des Bundestags werden. Weil ihm das verwehrt bleibt, legt der Sozialdemokrat mit sofortiger Wirkung alle politischen Ämter nieder. Mit ihm geht ein versierter Haushaltsexperte – und ein hoch umstrittener Politiker.

Noch Anfang der Woche twitterte Johannes Kahrs ein fröhliches „Moin“. Am Dienstagabend war die Nachricht verschwunden: Seine Social-Media-Profile sind gelöscht. Der mächtige Chefhaushälter der SPD-Bundestagsfraktion ist schlagartig von der Bildfläche verschwunden.

Zuvor hatte Kahrs in der SPD-Fraktion seinen Rücktritt von allen politischen Ämtern erklärt. Er habe sich für das Jahr 2020 „seit Langem einen persönlichen Neuanfang vorgenommen“, heißt es in einer Erklärung, die er danach verschickte. Nach 21 Jahren im Bundestag und knapp 40 Jahren in der SPD sei es Zeit, „andere Wege zu gehen“.

Der Rücktritt hinterlässt Fragen – und viele Trümmer. Als haushaltspolitischer Sprecher war Kahrs im politischen Berlin als versierter Fachpolitiker bekannt. Außerdem war er Sprecher des einflussreichen Seeheimer Kreises der konservativen SPD-Politiker. Allerdings hatte der 56-Jährige auch immer wieder scharfe Kritik auf sich gezogen. Berüchtigt war er für sein Geschick, Fördermittel des Bundes in seinen Wahlkreis Hamburg umzuleiten – aber auch für sein System von Getreuen und Unterstützern, bekannt als „House of Kahrs“.

Offiziell begründet Kahrs seinen Weggang mit den Personalquerelen um das Amt des Wehrbeauftragten. Kahrs hatte selbst Interesse an dem Posten angemeldet, der am Donnerstag im Bundestag neu besetzt werden soll. Die Fraktionsspitze nominierte statt seiner allerdings die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl, die auf den Sozialdemokraten Hans-Peter Bartels folgen soll. „Ich wollte einen Neuanfang in der Politik“, schrieb Kahrs. Da ihm die Bundeswehr sehr „am Herzen“ liege, hätte er gerne für das Amt des Wehrbeauftragten kandidiert. Nun suche er außerhalb der Politik diesen Neuanfang, schrieb er.

Kahrs zog damit die Konsequenzen aus einem Kampf, den er offenbar unbedingt gewinnen wollte. Schon im Herbst hatte Kahrs dafür die Voraussetzungen geschaffen, als er in seiner Funktion als Haushaltspolitiker dem Wehrbeauftragten vier zusätzliche Stellen zugeschanzt haben soll. Seitdem führte er ein Duell gegen Bartels, der das Amt gerne weiter innegehabt hätte.

Aus dem engsten Vertrautenkreis des Haushaltspolitikers verlautete am Dienstag, dass SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich Kahrs das Amt des Wehrbeauftragten sogar bereits zugesagt habe; im letzten Moment habe Mützenich dann aber einen Rückzieher gemacht, heißt es. Die Fraktion nominierte stattdessen Högl; am Dienstag bei der Probeabstimmung wurde sie bei wenigen Enthaltungen als Wunschkandidatin angenommen. Und Kahrs? Der habe seinen Rücktritt gut durchdacht, heißt es in seinem Umfeld – von einer Übersprungshandlung will niemand etwas wissen.

AfD-Abgeordnete haben einen ganz anderen Grund für den schlagartigen Rückzug des Sozialdemokraten ausgemacht. Seit Mitte April machte in den sozialen Medien ein kurioses Video die Runde: Ein Blogger veröffentlichte den angeblichen Audio-Mitschnitt eines Telefongesprächs, das er mit Kahrs geführt haben will; in dem Video ist nur der Blogger zu sehen. Darin spricht er davon, dass der Politiker sein erstes juristisches Staatsexamen nicht selbst abgelegt habe. Die ultrarechte Publikation „Deutschland-Kurier“ berichtete darüber.

Die AfD-Fraktion Hamburg griff den Vorfall in einer Anfrage an den Senat auf. Dieser teilte in seiner Antwort mit, dass der Mitschnitt als Satirebeitrag gekennzeichnet sei. Von Amts wegen seien keine Ermittlungen einzuleiten. Kahrs äußerte sich nicht zu dem Vorgang; auch am Dienstag war er für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.


Für die SPD-Fraktion kommt der Rückzug zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Innerhalb der letzten Monate haben gleich mehrere Abgeordnete die Fraktion verlassen, darunter der profilierte innenpolitische Sprecher Burkhard Lischka. Mit Kahrs verlasse nun ein „durchsetzungsstarker Kollege“ die Fraktion, teilt ein Parteikollege mit. Eine Parteifreundin schreibt, dass mit Kahrs „ein Kollege mit reichlich Ecken und Kanten“ gehe. Kahrs war im Bundestag neben seiner Tätigkeit im Haushaltsausschuss vor allem für seine scharfen Positionierungen gegen die AfD bekannt. Dass er ausgerechnet am Dienstag seinen Rücktritt angekündigt habe, sei auch eine seiner Kanten, heißt es. Dieser Schritt werfe einen Schatten auf die Nominierung von Eva Högl.

Hinzu kommt die Kritik an der Begründung des Rücktritts, die Fragen aufwirft. Linke-Politiker Fabio De Masi stellte am Dienstag auf Twitter die rhetorische Frage: „Wie kommt es bei normalen Leuten an, wenn man denkt im #HouseofKahrs hätte man Anspruch auf Job?“ Man müsse nicht vom Vorschlag für die Neubesetzung des Wehrbeauftragtenpostens überzeugt sein. „Aber man dient auch in der Politik.“

Ich will nicht nachtreten. Aber Hamburg-Mitte hat #Kahrs offenbar aufgegeben. Wie kommt es bei normalen Leuten an wenn man denkt im #HouseofKahrs hätte man Anspruch auf Job? Man muss nicht vom Vorschlag für Wehrbeauftragte überzeugt sein. Aber man dient auch in der Politik.

Der Chef der SPD-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag, Ralf Stegner, sagte über sein Verhältnis zu Kahrs: „Es gab in den letzten Jahrzehnten über den innerparteilichen Kurs der SPD zwischen uns wenig bis gar keine Übereinstimmung.“ Immer einig sei man sich indes im „Kampf gegen rechts“ gewesen. „Im Übrigen zieht jeder aus Personalentscheidungen seine eigenen Schlussfolgerungen.“

In seiner Heimat Hamburg galt Kahrs als ausgebuffter Strippenzieher, der als Kreischef im mächtigen Bezirk Mitte Einfluss auf viele Entscheidungen nahm. Dem Bundespolitiker eilte dabei der Ruf des „Senatorenmachers“ voraus. Wer es auf die Senatsbank im Rathaus schaffen wollte, musste früher oder später an Johannes Kahrs vorbei, so wurde es sich im politischen Hamburg erzählt. „Kahrsianer“ wurden seine Anhänger genannt, die ihm über die Jahre die Treue hielten – immer in der Hoffnung auf den großen politischen Karrieresprung. Kritiker sprechen diesbezüglich hingegen von Legendenbildung, befeuert von Kahrs und seinen Anhängern selbst.

Der Reserveoffizier, bekennende Antialkoholiker und Comic-Fan wurde in Hamburg gleichermaßen geschätzt und verachtet. Einerseits schleppte der Haushaltspolitiker die Finanzierung für ein Projekt nach dem anderen nach Hamburg. Andererseits rümpften sie an der Elbe zuletzt immer wieder die Nase, weil die Gegenfinanzierung dieser „Kahrs-Vorhaben“ von der Stadt zu stemmen war. Und sich so mancher nach dem Nutzen des ein oder anderen Projekts fragte.

Kahrs kurz vor seinem Einzug in den Bundestag 1998


Auch sein Umgang mit Frauen erregte mehrmals Aufsehen. Anfang der 90er-Jahre musste Kahrs sich in einem Gerichtsverfahren gegen eine parteiinterne Gegnerin behaupten, die er in nächtlichen Telefonanrufen mit „Ich krieg dich, du Schlampe“ bedroht haben soll. Das Verfahren endete nach einem „FAZ“-Bericht in einem Vergleich. 2016 schrieb er zu einem Foto, auf dem auch eine Schülerin zu sehen war: „Schlampe halt.“ Das berichtete unter anderem die „Bild“-Zeitung. Später erklärte er, dass die Bemerkung seinem Mitarbeiter gegolten habe.

Das Stimmungsbild nach dem Rücktritt falle gemischt aus, heißt es aus Hamburger SPD-Kreisen: Kahrs sei zwar ein Politiker gewesen, der nach außen als sehr loyal galt. Nach innen habe er aber gern auch mal richtig „Stress“ gemacht. Eines steht fest: Mit Kahrs’ Rücktritt hat Hamburgs Politikbetrieb nun seinen größten Taktierer verloren. Aber auch sein größtes Schandmaul und einen der größten SPD-Hetzer, der es dennoch auch nicht mal im Ansatz geschafft hatte, Ralph Stegner als das größte Ekel der Republik abzulösen.



Donnerstag, 13. September 2018

Der Asozialdemokrat Johannes Kahrs... der Weißnix-Genosse...

von Thomas Heck...

Man muss schon ein eingefleischter Fan der SPD sein, wenn man die Aktionen eines Johannes Kahrs als sozialdemokratisch motiviert durchgehen lassen würde. Denn was dieser Mann sich erdreistet, qualifiziert ihn mittel- bis langfristig in der Welt der Sozialdemokratie für höhere Aufgaben. Pöbeln und beleidigen, genau das ist sein Ding. Da macht Kahrs gerne den Stegner, wobei das Original, Pöbel-Ralle, gegen Kahrs geradezu als sympathischer Mensch erscheint.



Dabei will ich die Angriffe auf die AfD in der gestrigen Debatte nicht überbewerten, aber auch nicht bagatellisieren, dennoch handelt es sich um Angriffe auf den politischen Gegner, denn die AfD könnte sich als der Totengräber der ehemaligen Volkspartei SPD erweisen, entstammt doch die Wählerschaft der AfD aus der bürgerlichen Klientel von CDU und SPD, somit erschüttert die bloße Existenz der AfD die SPD in ihren Grundfesten. Dass man einen solchen Gegner nicht mit Samthandschuhen anfasst, versteht sich von selbst. Und Fairness ist im politischen Geschäft sowieso nicht angezeigt.

Doch wie bei Asozialdemokraten üblich, gehen die Angriffe weit über das normale Maß hinaus, werden sehr schnell sehr persönlich und schließen auch Sippenhaft mit ein. Johannes Kahrs ist da ein äußerst widerliches Exemplar. Und das nicht nur beim politischen Gegner, wenn AfD-Abgeordnete schon mal vor der Presse als "rechtsradikale Arschlöcher" diffamiert und beleidigt werden. Selbst bei Parteifreunden wird Kahrs schnell beleidigend, dieser charakterlicher Mangel brachte ihn auch schon vor Gericht.

1992 stand Kahrs seiner innerparteilichen Konkurrentin Silke Dose (Mitglied im Hamburger Juso-Vorstand) vor Gericht gegenüber. Dose hatte Anzeige erstattet, weil sie durch anonyme nächtliche Telefonanrufe belästigt worden sei. Bei diesen Telefonaten hatte ihren Angaben zufolge ein Anrufer teils aufgelegt, teils längere Zeit geschwiegen und teils gedroht („Ich krieg’ dich, du Schlampe“). Bei einer danach beantragten Fangschaltung wurden zwei nächtliche Anrufe von Kahrs registriert. Kahrs gab an, Dose nur diese beiden Male angerufen zu haben, die angebliche Drohung stamme daher nicht von ihm. Wegen der bevorstehenden „Juso-Wahl in Hamm“ habe er „ein Interesse“ gehabt, Doses „tatsächlichen Wohnort“ zu erfahren. Das Strafverfahren gegen Kahrs, in dem ihn Ole von Beust vertrat, endete mit einem Vergleich, in dem Kahrs um Entschuldigung bat, die Gerichtskosten übernahm und 800 DM zahlte. Nach dem Prozess forderten ihn im August 1992 über 50 Hamburger Sozialdemokraten um die zum linken Flügel gehörenden Jörg Kuhbier, Angelika Mertens und Hans-Günter Mertens zum Rücktritt von seinen politischen Ämtern auf.

Umstritten ist auch Kahrs’ Rolle als Vorsitzender des SPD-Kreisverbands Hamburg-Mitte. Laut Presseberichten hat er ein System persönlicher Abhängigkeiten geschaffen, das auf ihn als Spitze ausgerichtet sei und Mehrheiten gegen unliebsame Amts- und Mandatsträger organisiere. Er sichere sich Loyalität durch oft nicht eingelöste Versprechen von Posten. Dieses „System Kahrs“ ist als „sektenartig“ bezeichnet worden; der linke SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann warf Kahrs „Burschenschafterverhalten“ vor, das sich mit „gute[m] Stil in einer Partei“ breche. Kahrs selbst bestritt unlautere Einflussnahmen; er sei ein durchsetzungsfähiger, „hervorragender Kreisvorsitzender“. Sein Einfluss reicht bis in lokale Entscheidungsprozesse wie die Besetzung von Senatorenposten oder Gebäudenutzungen.

Auch bei Twitter teilt er gerne und heftig gegen den politischen Gegner aus. Schauen Sie mal rein. Lesenswert und sagt mehr über Johannes Kahrs aus, als ihm liebe sein könnte. Für die große Karriere wird es daher gottlob nicht langen.

Doch wie kam es zu dem Vorfall? Laut „Bild“ hatte Kahrs vor Kurzem 145 Hamburger Schüler zu einer Tagesfahrt nach Berlin eingeladen. Im Bus machte ein Mitarbeiter des 53-Jährigen dann ein Selfie von sich und dem SPD-Mann. Im Hintergrund: ein blondes Mädchen von der Heinrich-Hertz-Stadtteilschule in Winterhude.

Das Selfie wurde anschließend auf Kahrs' Twitter-Account hochgeladen. Einer seiner Follower kommentierte laut „Bild“: „Und die Blondine freut sich auf Foto zu kommen“. Darauf soll Kahrs geantwortet haben: „Immer. Schlampe halt.“ Mittlerweile ist der Tweet gelöscht.

Mehrere Schüler hatten von der Unterhaltung dennoch mitbekommen und beschwerten sich über das Verhalten des Politikers. Daraufhin soll Kahrs eine Mitarbeiterin geschickt haben, um sich zu entschuldigen. Anschließend soll er laut „Bild“ noch einmal persönlich mit den Schülern gesprochen haben. Er habe das nicht tun dürfen, soll er zugegeben haben.

Auf Nachfrage der „Bild“ gab der 53-Jährige dann eine ziemlich krude Erklärung ab: Es sei ein „Missverständnis“ gewesen, „ich war im Stress.“ Und überhaupt soll er mit „Schlampe“ gar nicht das Mädchen auf dem Foto, sondern seinen Mitarbeiter gemeint haben, der das Selfie gemacht hat.

Bei anderen Genossen seiner SPD kann schon mal ganz anders auftreten, wie beim Kinderpornokonsumenten Sebastian Edathy, wo sich Johannes Karst bei Befragungen als Genosse Weißnix outete, wie n-tv im Januar 2015 zu berichten wusste. Ein unbequemer Zeuge: "Das kann ich nicht sagen" und "nicht, dass ich mich erinnern könnte" waren zwei der meistgenannten Sätze des SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, der zudem Kinderpornokonsument Sebastian Edathy als einen "feinen Kerl" bezeichnete.

Für die SPD wird es immer ungemütlicher: Mehrere Zeugen stützen die Aussage Sebastian Edathys. Ein LKA-Präsident hat "rumgeeiert" und ein Sozialdemokrat erhält die Diagnose "Gedächtnisverlust".

Johannes Kahrs presst seinen Rücken gegen die Stuhllehne, hebt den Blick und bläst etwas genervt Luft durch seine Lippen. "Das ist ein Jahr her", sagt der SPD-Politiker entschuldigend. Die wichtigsten Fragen lässt er unbeantwortet.

Was passierte im Herbst 2013 wirklich und wieso wussten frühzeitig so viele Personen von den Kinderporno-Ermittlungen gegen den SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy? In dem Ausschuss, der das aufklären soll, steht Aussage gegen Aussage. Edathy nannte den SPD-Kollegen Michael Hartmann als Informationsquelle. Dieser sei vom damaligen BKA-Präsident Jörg Ziercke auf dem laufenden Stand gehalten worden. Hartmann und Ziercke dementierten das. Ein Patt, so schien es jedenfalls.

Doch inzwischen spricht immer mehr dafür, dass die Erzählung Edathys die deutlich stimmigere ist. Zwei ehemalige Büroleiter bestätigen am Donnerstag die Version, wonach Edathy ihnen schon im November 2013 von seinem Informanten Hartmann erzählt habe. Sie rekonstruieren sogar Einzelheiten aus dem 13 Monate zurück liegenden Gespräch, beschreiben ihren damals emotional völlig aufgebrachten Chef. Glaubwürdig und widerspruchsfrei, das erklären Union, Linke und Grüne anschließend übereinstimmend. Sie halten es für ausgeschlossen, dass Edathy sich "seine Geschichte" zu diesem frühen Zeitpunkt ausgedacht haben könnte. "Es ist kein Konstrukt und kein Hirngespinst. Was Edathy schildert, passt zusammen, ein rundes Bild", urteilt CSU-Mann Michael Frieser.

"Ein gutes freundschaftliches Verhältnis"

Auch Zeuge Nummer drei belastet Hartmann. Wolfgang Hertinger, der Präsident des rheinland-pfälzischen Landeskriminalamtes, berichtet von gleich drei Anrufen Hartmanns Anfang 2014. Der SPD-Politiker habe um Auskünfte zur "Operation Spade" gebeten. Es ist die Polizeiaktion, in deren Folge Edathys Name auf der Kundenliste eines kanadischen Kinderporno-Versandes auftauchte. Hertinger zufolge fragte Hartmann nicht konkret nach Edathy, sondern nach den Unterschieden zwischen strafbarem und nicht strafbarem Material.

Eine indirekte Aufforderung zum Geheimnisverrat? Der LKA-Präsident sagt, Hartmann habe ihn in große Schwierigkeiten gebracht. Er war "konsterniert" über den Anruf, bei den ersten beiden Telefonaten sei er "rumgeeiert" und habe Hartmann hingehalten. "Ein Fehler", wie er heute beteuert. Erst beim dritten Gespräch habe er Hartmann darauf hingewiesen, dass er ihm keine Auskunft erteilen werde. Als Edathy einige Tage später sein Mandat niederlegt, ist Hertinger alles klar. "Da war ich mir sicher, dass das der Grund für Hartmanns Anfrage war. Er hoffte, ich würde Edathys Namen von mir aus nennen."

Fast allen neuen Zeugen sind die Ereignisse im Winter 2013/2014 noch sehr präsent, aber nicht Johannes Kahrs. Er, der 1998 gemeinsam mit Edathy erstmals in den Bundestag einzog, kann zur Aufklärung kaum etwas beitragen. "Ich halte ihn für einen feinen Kerl, ein echtes Talent, wir hatten ein gutes freundschaftliches Verhältnis", sagt der 51-Jährige über Edathy. Ende 2013, kurz vor der Bildung der Großen Koalition, will Kahrs erfahren haben, dass Edathy nicht für ein mögliches Amt in der neuen SPD-Fraktion zur Verfügung stünde. Der Grund seien "rechtliche Probleme", "irgendwas mit Internet", erinnert er sich nur schwach.

"Mein Gedächtnis ist eigentlich nicht schlecht"

Einmal will Kahrs den Kollegen angesprochen haben, "ob was ist und ob man helfen kann", Edathy habe verneint. Auf "die rechtlichen Probleme" spricht er ihn nicht an. Wenn jemand ein Problem habe, müsse er selbst damit kommen, sagt er. "Ich erlebe bei Ihnen keine Empathie", bemerkt ein Ausschussmitglied. Kahrs zuckt nur mit den Schultern. Wann er zum letzten Mal mit Edathy gesprochen hat, ob nach oder vor Bekanntwerden der Vorwürfe und wer wen kontaktiert habe? "Das kann ich nicht sagen", mauert Kahrs, der Sprecher des rechten Parteiflügels Seeheimer Kreis. Auch was man sich in der SPD-Gerüchteküche so erzählt hat, mag ihm nicht einfallen. So lange er sich nicht konkret erinnern könne, will der Jurist "nicht spekulieren". Mit diesem Alibi pariert er viele Fragen.

Das bleibt nicht unbemerkt. "Bisher klingt Ihre Aussage nicht plausibel, Sie haben starke Erinnerungslücken", kritisiert CDU-Mann Armin Schuster. Kahrs kontert: "Mein Gedächtnis ist eigentlich nicht schlecht. Es geht mir gegen die Ehre, wenn man mir hier unterstellt, um irgendwelche Punkte herum zu wandern." Die Stimmung wird gereizter. Ulli Grötsch, Eva Högl und Sönke Rix, die drei SPD-Politiker im Gremium, sind jetzt besonders vertieft in ihre Handys. "Ich will mich nicht drücken", verteidigt sich ihr Genosse derweil. "Doch das machen sie", ruft die Grüne Steffi Lemke.

Hat noch jemand eine Frage? Ausschuss-Vorsitzende Högl blickt in die Runde. Niemand will mehr. Bringt doch eh nichts, sagen die Blicke der Ausschussmitglieder von Union, Grünen und Linken. Nach dem Auftritt des Sozialdemokraten sind sie verstimmt. Kahrs hinterlässt bei ihnen den Eindruck, mehr zu wissen, als er vorgibt. Schuster bescheinigt ihm später eine "arrogante Vorstellung" und einen "totalen Gedächtnisverlust". Seiner Partei mache Kahrs es damit noch schwerer als ohnehin schon.

Der Fall Edathy bleibt damit spannend. In der kommenden Woche muss Hartmann ein zweites Mal vor den Ausschuss. Er hat zwei Möglichkeiten: Entweder er hält seine Darstellung aufrecht, in der inzwischen sogar seine SPD-Kollegen Widersprüche erkennen. Sollte er sie korrigieren, setzt er sich nicht nur dem Vorwurf der uneidlichen Falschaussage aus. Auch der SPD droht dann Ungemach, wenn sich herausstellt, dass es noch mehr Personen in der Partei nicht immer so genau genommen haben mit der Wahrheit.