von Thomas Heck...
Als Berliner habe ich gestern natürlich am Volksentscheid "Berlin 2030 klimaneutral" teilgenommen. Das Ergebnis hat mich überrascht, dachte ich doch, wenn ein Volksentscheid dieser Art irgendwo eine Chance haben würde, dann in Berlin. Doch im Nachklang erkennt man, dass FFF und Extinction Rebellion eben keine Mehrheit haben, sie repräsentieren nicht unsere Jugend und für demokratische Mehrheiten reicht es nicht.
Der Volksentscheid „Berlin 2030 klimaneutral“ ist gescheitert. Statt der geforderten 25 Prozent an Ja-Stimmen waren es nicht einmal 20 Prozent. Es ist vor allem die Niederlage Luisa Neubauers.
Die Welt titelte jüngst: Luisa Neubauer fordere den Rücktritt von Volker Wissing. Der Bundesverkehrsminister ist zum Vorsitzenden der FDP in Rheinland-Pfalz gewählt worden. Mehrfach. Zum Generalsekretär der Bundespartei. Auf die Landesliste seiner Partei. Kurzum: Wissings Amt als Verkehrsminister ruht auf mehrfacher demokratischer Legitimation.
Und Luisa Neubauer? Sie ist nie zu etwas gewählt worden: nicht als Direktkandidatin, nicht über eine Parteiliste, nicht als Parteivorsitzende und erst recht nicht in einer Direktwahl. Luisa Neubauer ist ein reines Medienphänomen. Es sind die Redaktionen der Talkshows, die sie bekannt gemacht haben. Es sind Journalisten, die meinen, es sei eine große Nachricht, wenn Neubauer einen Politiker zum Rücktritt auffordert.
Und warum? Weil Neubauer Geographie studiert? Seit acht Jahren. Weil sie den Abschluss eines Bachelors hat? Früher nannte man das Grundstudium. Neun Semester hat sie dafür gebraucht. Die guten Studenten schaffen das in vier Semestern, die durchschnittlichen in sechs. Weil Neubauer Teil eines Clans ist, dessen Reichtum auf Tabaksucht beruht? Die Antwort ist: Der einzige Grund für Neubauers Medienpräsenz ist, dass sie das Gleiche sagt, was über 90 Prozent der rot-grünen Journalisten in ARD, ZDF und geneigten Zeitungen denken.
Neubauer hat sich stark für die Initiative „Berlin 2030 klimaneutral“ engagiert. So wie sie versucht hat, einen Teil von Greta Thunbergs Ruhm abzubekommen, so hat sie versucht, sich im Erfolg dieser Initiative zu sonnen. Die wollte „Klimaziele“ ad hoc erreichen, wollte in letzter Konsequenz eine Deindustrialisierung und eine Demobilisierung der Bundeshauptstadt. Ein wichtiges Instrument dabei wäre ein willkürlich besetzter Rat gewesen, der demokratisch gewählte Abgeordnete hätte aushebeln können. Es wäre das Gremium gewesen wie gemacht für Neubauer.
Die Berliner haben anders entschieden. Sie haben mit Nein gestimmt. Vor allem aber sind sie gar nicht erst zur Wahl gegangen. 420.000 Berliner haben mit Ja gestimmt. Über 600.000 wären notwendig gewesen. 420.000 Wähler in einer Stadt, die von Journalisten geprägt ist, von „Kulturschaffenden“ und von Leuten, die nichts anderes können als Politik. Und doch findet diese Initiative keine Mehrheit in der Hauptstadt – woanders wäre sie noch krachender gescheitert.
Neubauer stand in der ersten Reihe, um auf die Siegesfotos zu kommen. Neubauer hat für die Briefwahl pro Volksentscheid geworben. Zusammen mit Kurt Krömer. Einer typischen ARD-Karriere: Mal pöbelt er gegen politisch Unliebsame, dann flieht er überfordert aus seiner Show, dann wiederum spricht er über seine psychische Erkrankung oder wirbt eben mit Neubauer für den Volksentscheid – dabei materiell immer bestens durch Zwangsgebühren abgesichert.
Alles wurde aufgefahren. Auch dank des Geldes einer amerikanischen Stiftung. Einen Tag vor der Abstimmung gab es ein Konzert vorm Brandenburger Tor. Mit Sven Regener, Igor Levit und Annett Louisan. 35.000 Zuschauer wurden erwartet – 1.200 waren da. Es hatte geregnet. „Klimaaktivisten“ kämpfen vielleicht entschlossen gegen den Klimawandel – aber nicht bei schlechtem Wetter. Und sie sind nicht so viele, wie ARD, ZDF und Neubauer gerne glauben machen. Was sie zum Schulstreik hochjazzen, ist für die Mehrheit der Schüler halt doch bloß nur Event und Blaumachen.
Jüngsten Gerüchten zufolge soll sich „Die letzte Generation“ überlegen, ob sie eine Partei gründen will. Luisa Neubauer wäre die geborene Galionsfigur. Doch die Pleite von Berlin sollte ihr und den Klima-Extremisten eine Warnung sein. ARD, ZDF und Co mögen fest entschlossen sein, Luisa Neubauer als eine politische Führerin zu inszenieren – doch sie sollten möglichst jeden Test in der Realität vermeiden. Den bestehen weder Neubauer noch die Letzte Generation und auch nicht die ganze Klimablase in den Medien. Das hat „Berlin 2030 klimaneutral“ eindrucksvoll gezeigt.
Das beleidigte Auftreten Luisa Neubauers nach der Wahl lässt erahnen, wessen Geistes Kind sie ist. Aber eben doch nur ein Kind...