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Mittwoch, 15. März 2023

Es ist ein Prozess…

von Rocco Burggraf...

Acht Wochen hat es gedauert, bis ich vorgestern nun im Beisein meiner staunenden Eltern in einem fulminanten, vier Stunden währenden Schlussakt zwei 49-Euro-Tickets für den deutschlandweiten öffentlich-rechtlichen Personennahverkehr geordert hatte. Online, das Ganze. Dem vorausgegangen waren Anschaffung und Einrichten eines seniorengerechten Notebooks samt Drucker, Fertigung maßgeschneiderter Handlungsanweisungen auf DIN A4 (Schriftgröße 14), Einrichten von Accounts, Mailadressen, Bankvollmachten, Online-Zugängen, einfachen, Super- und Wiederherstellungspins, Seal-Nummern, beantworteten Verifizierungsalgorithmen, Herunterladen von TAN-Generatoren, eingerichteten Lastschriftverfahren, Kündigungen bestehender Abonnements, Durchforsten von Postbank-Foren mit leidgeprüften Kundenselbsthilfegruppen, Beantworten von Bestätigungsmails sämtlicher Beteiligter und diverser Zugangsdaten mit den vorgeschriebenen Sonderzeichen, Geburtstagen, Handynummern und der schwierigen Entscheidung zwischen allgemeinen oder doch personalisierten Werbebotschaften.


Das angekündigte Handyticket kann derzeit noch nicht beantragt werden. Nun werden also Chipkarten erwartet. Und eine monatliche Ersparnis von 50 Euro; allerdings um en Preis (m)einer nun vermutlich deutlich verkürzten Lebenserwartung. Das Ansinnen, meinen Erzeugern die Vorzüge der Digitalisierung nahezubringen, muss ich wohl als gescheitert betrachten. Kommt vor. Ich hoffe, die E-Postkutsche kommt mit den Beförderungsgutscheinen wenigstens den Berg hoch. Warm genug dafür ist es ja. Den biometrischen Lichtbildausweis dürfen sie halt dann nicht vergessen! Schließlich gilt es zu verhindern, dass sich eine polizeiliche Sondereinheit auf der Wache mit der Wiederherstellung der öffentlichen Beförderungsordnung befassen muss.

Alltagsbeherrschende Projekte

Bereits vor drei Monaten hatte ich mit dem "Projekt Führerscheintausch” begonnen, dass nun wahrscheinlich im April abgeschlossen sein wird. Solche Projekte beherrschen jetzt meinen Alltag. Täglich informiere ich unzählige Behörden über mein Tun und Lassen, und darüber, was sie von mir, meinen Angehörigen und meinen Auftraggebern an finanziellen Zuwendungen zu erwarten haben. Zwischendurch betreibe ich noch ordinär Familiäres, schreibe mir den Frust über den Absturz meines mir nach langer Wartezeit zugesprochenen Heimatlandes von der Seele und versuche meinem Beruf nachzugehen. Ich gehöre dabei keineswegs zu den Langsamen. Ganz im Gegenteil. Ich weiß nach jahrelanger Beschäftigung mit der Materie, was zu tun ist. Wo man anruft. An welchen Strippen man ziehen muss. Mit wem man gut zusammenarbeitetet und mit wem besser nicht. Von der Beauftragung eines größeren Bauprojektes bei mir bis zur Schlüsselübergabe an die sogenannten „Bauherren“ (eine noch weitgehend unentdeckte Begriffsaltlast) veranschlage ich derzeit drei Jahre. Nicht wenige listige Kollegen offerieren bei der Auftragsvergabe nur zwei - und erklären dann den entgeisterten Auftraggebern hinterher, warum es vier oder fünf gedauert hat.

Den wenigsten dürfte es entgangen sein, dass das Unterfangen, in Deutschland ein Haus zu bauen, inzwischen zu einem ähnlichen technischen, logistischen und vor allem bürokratischen Affenzirkus wie die oben beschriebenen Digitalisierungsbestrebungen geworden ist. Nur eben proportional größer. Eine der unzähligen, von mir gern angeführten Grotesken ist, dass luftdichte Gebäudehüllen gefordert werden, nur um anschließend mit einem ausgetüftelten Lüftungskonzept und teuren Spezialbauteilen dafür zu sorgen, dass man drinnen doch noch Luft kriegt und die Ecken hinterm Schrank nicht schwarz werden. Deutsche Wände und Decken sind doppelt so dick wie im europäischen Durchschnitt und mindestens dreimal so teuer - und schon werden neue Ummantelungen vom vor Ideen sprühenden Kinderbuchautoren gefordert. Neue Heizungen sowieso. Was im Großen so prima funktioniert, kann ja im kleinen Häuschen des gemeinen Werktätigen nicht falsch sein! Man verbietet also schon mal Heizungssysteme und hofft darauf, dass irgendwer schon neue herstellt und einbaut.

Irrationales Wünschdirwas

Ein Muster vielleicht? Nun ja. Erst würgt man den Wohnungsbau mit irrsinnigen Vorschriften und Teuerungen ab, dann lädt man Millionen neue Bewohner zum Kommen ein. Erst verkündet man in aller Welt, wir hätten Platz - und dann stapelt man Container, schmeißt Mieter aus ihren angestammten Behausungen und schlägt leninistische Enteignungen vor. Erst verbietet und demontiert man modernste Kraftwerke, und dann hofft man auf Speicher, Wetter und Himmel. Zuerst beschließt man das Verbot von Millionen Fahrzeugen und hofft dann inständig auf die plötzliche Entstehung einer funktionierenden Ladeinfrastruktur und einen flächendeckend funktionierenden öffentlichen Verkehr. Erst verbietet man Opposition und Kritik, wo immer es geht - und hofft dann darauf, dass die Demokratie auch ohne Widerrede klarkommt. Die Welt als utopistisches, von jeglicher Rationalität befreites Wünschdirwas.

Aber zurück zum Bauen. Da will man den normativen Dschungel jetzt mit einem Verzweiflungsakt durchschlagen. Die Machete für den regulatorischen Wildwuchs heißt „Gebäudetyp E“ und bedeutet nichts anderes als eine umfassende Befreiung vom inzwischen völlig irrsinnigen Vorschriftenballast. Früher gründete man im Fall des Nicht-mehr-weiter-Wissens einen Arbeitskreis. Jetzt heißt das dynamisch und bedeutungsschwanger „Taskforce“. Eine solche „Taskforce Gebäudetyp E“ kümmert sich derzeit darum, die gemeinte Genehmigungsrevolution in eine kleidsame, dem deutschen Behördenwesen angepasste Vorschrift zurückzuverwandeln. Deutscher geht’s einfach nicht. Zur Gesichtswahrung wird nicht etwa die absurde Baugesetzgebung endlich ans reale Leben angepasst - sondern man erfindet eine Vorschrift zur Befreiung von Vorschriften.

Überfordertes bräsiges Technokratiemonster

Ein Schema auch das: Aussetzung von Strafen... Duldung von Nichtaufenthaltsberechtigten… Einschränkung von Grundrechten und EU-Verträgen. Unzählige Potemkinsche Kulissen, mit denen überall das krasse Versagen des Systems überdeckt werden soll. Die Deutschen haben sich zwar den im Verhältnis zur Bevölkerung mit weltgrößten und teuersten Verwaltungsapparat gegönnt; der kann aber keine einzige der ihm gestellten Aufgaben noch halbwegs befriedigend bearbeiten, geschweige denn aufkommende Krisen bewältigen. Mit jeder neuen Herausforderung zeigt sich das bräsige Technokratiemonster verlässlich überfordert und muss durch neue, aus dem Boden gestampfte Sondereinheiten ersetzt werden. Denen freilich regelmäßig auch nichts weiter einfällt, als dem Steuerzahler noch tiefer in die Taschen zu greifen. Notfalls an bestehenden Gesetzen vorbei.

Anleihekaufprogramme. Rettungsfonds. Sondervermögen. Transferleistungen. So heißen die Werkzeuge, mit denen Hochstapler eine funktionierende Marktwirtschaft herbeisimulieren. Das wiederholt sich bei immer neuen Bankenzusammenbrüchen, die mit Rettungsfonds aus Steuergeldern beantwortet werden. Das ist so im "Pandemie”-Fall, wenn plötzlich nicht legitimierte Expertenräte, Medien und Ministerpräsidentenkonferenzen die Geschicke des Landes bestimmen und mit Nothilfeprogrammen den Zusammenbruch der Wirtschaft verhindern müssen. Das ist so im Kriegsfall, bei dem plötzlich bemerkt wird, dass wir eine Parlamentsarmee mit lauter Holzsoldaten in den Kasernen sitzen haben, die weder über Gerät, Munition noch Kompetenzen verfügt und für die nun abermals Sonderpakete im dreistelligen Milliardenbereich geschnürt werden müssen. Die Zahlenden sind immer dieselben.

Das Ende in Scherben

Die vielen Auguren aus Ökonomie, Rechtsstaat, Militär trauen sich regelmäßig erst am Ende ihrer Karrieren, auf das Kartenhaus hinzuweisen, auf das ein Schneeballsystem zurollt. Hier ist von oben bis unten jeder sich selbst der Nächste, und die Sintflut ist vermutlich… dann eben da. Die ablegenden Archen kann man derzeit kaum noch zählen.

Mit den vorhandenen Strukturen, Kontrollmechanismen und innerhalb geltender Gesetze - darunter dem Grundlegendsten von allen - geht offensichtlich nichts mehr. Deutlicher als mit den permanenten halsbrecherischen Rettungsaktionen zu Lasten der Bürger kann sich ein politisches System gar nicht mehr als dysfunktional delegitimieren. Dass das auch fürderhin so weitergehen wird, bis am Ende alles in Scherben fällt, kann man nicht zuletzt am Bildungssystem erkennen, bei dem wir sukzessive im internationalen Vergleich abschmieren und seit nunmehr 30 Jahren von "Reformen” schwafeln. Die gelernte Elternbeirätin Saskia Esken hat daher jetzt eine revolutionäre Idee: Sie fordert im Rahmen des Bildungsgipfels ein (Überraschung!) „100 Milliarden schweres Sondervermögen“. Es ist übrigens der einzige Vorschlag, von dem in Bezug auf Bildung etwas zu lesen ist. „Es ist ein Prozess!“ betont dazu die Bildungsministerin Stark-Watzinger. Wer mag da jetzt noch widersprechen?



Dienstag, 27. Juli 2021

How it start's, how it end's...

"Wie wir feststellen mussten, befinden Sie sich weiterhin im Besitz einer augenscheinlich unbeschädigten Satellitenschüssel. Überdies erscheinen ⅓ des 1. Stocks begehbar und bieten somit Platz für Rundfunkempfangsgeräte."

Bild

Freitag, 11. Juni 2021

Grüne Dominanz in Sachen Annalena auf Wikipedia...

von Thomas Heck...

Die Kanzlerschaft der Grünen Annalena Baerbock ist vielleicht noch nicht abgesagt, ist aber zumindest für dieses Wahljahr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verschoben. Es war vielleicht eine "Präzisierung" zu viel, wie die Korrektur von Fehlern so eloquent tituliert werden, die dem Wähler unangenehm aufstieß. 




Nun müsste die Demontage der Kanzlerkandidatin Baerbock nun ja auch auf Wikipedia ihren Niederschlag finden, doch das Gegenteil ist der Fall. Weil willfährige grüne Helferlein eine Dominanz im «edit war» erzeugen, was eine ganze Menge über Annalena Baerbocks Eintrag über Wikipedia aussagt und die Deutungshoheit über die Geschehnisse der letzten Woche für sich beanspruchen soll. 

Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ist wegen skurriler Aussagen zur Energiespeicherung und frisierten Angaben in ihrem Lebenslauf in die Kritik geraten. Warum konnte man darüber lange nichts bei Wikipedia lesen?

Lange war das Bild makellos, jetzt ist die grüne Kanzlerkandidatin in die Kritik geraten: Annalena Baerbock bei einem Fotoshooting, 20. Mai 2021.



Wer sich auf Wikipedia über die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock informieren will, begegnet einer kompetenten, engagierten und sympathischen Person. Bereits als Kind, so erfährt man etwa, hat sie «an Menschenketten gegen das Wettrüsten und an Anti-Atomkraft-Demos teilgenommen». Nebenbei hatte sie Zeit, in der Leistungssportart «Doppel-Mini-Tramp» dreimal Bronze zu holen. Dazu gibt es zahlreiche Informationen zu Baerbocks politischem Werdegang und ihren politischen Forderungen, etwa nach einer «sozial-ökologischen Marktwirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen».

Baerbock glänzt, Laschet «sorgt für Empörung» 

Nur eine Passage passt nicht ganz ins positive Gesamtbild: Sie stammt vom 22. Mai und erwähnt, dass Baerbock der Bundestagsverwaltung Nebeneinkünfte von rund 25 000 Euro zu spät meldete. Doch dieses «blöde Versäumnis» (Baerbock) ändert nichts daran, dass die millionenfach besuchte Online-Enzyklopädie ein fast makelloses Bild der grünen Politikerin zeichnet. Dies ist umso auffälliger, als bei anderen Politikern oft jede umstrittene Aussage und jedes potenziell fragwürdige Gebaren thematisiert wird. 

CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet zum Beispiel muss sich auf Wikipedia vorhalten lassen, er habe ein Honorar für ein Sachbuch zu spät versteuert und als Lehrbeauftragter Prüfungen abenteuerlich benotet. Dazu erfährt man, dass er mit seiner Behauptung, Rumänen und Bulgaren seien für einen Corona-Ausbruch bei Tönnies verantwortlich, «für Empörung» sorgte. Schliesslich gibt es auch inhaltliche Kritik: «Aktivistin» Luisa Neubauer, so weiss Wikipedia, findet Laschets Klimapläne 
«unzureichend».

Annalena Baerbocks Wikipedia-Profilbild (9. Juni 2021)



Im Gegensatz zu Laschet und vielen anderen Spitzenpolitikern gibt es bei Baerbock nicht einmal die sonst üblichen Wikipedia-Rubriken «Kritik» oder «Positionen, Kontroversen und Rezeption». So erfuhr man bis zum 9. Juni nicht, dass sie wegen falscher und irreführender Aussagen zu ihrem Lebenslauf seit Wochen für Diskussionen sorgt. Oder dass sie in einer ARD-Sendung mehrmals sagte, in Batterien stecke «Kobold». Oder dass sie behauptete, «das Netz» fungiere für erneuerbare Energien «als Speicher». 

Eine Oligarchie entscheidet, was richtig ist

Diese Unterschiede zwischen Baerbock und Laschet sind keineswegs zufällig. Denn Wikipedia-Artikel zu umstrittenen Themen und Personen sind das Ergebnis langwieriger Debatten, Streitereien, Änderungen und Löschaktionen, von denen die meisten Wikipedia-Nutzer weder wissen noch etwas mitbekommen. Fachleute sprechen von «edit wars» (Redigierkriegen), die sich Wikipedia-Autoren und Administratoren im Hintergrund liefern. Dokumentiert sind diese «Kriege» auf Diskussionsseiten, wo auch unterschiedliche Versionen und gelöschte Beiträge zu finden sind.

Gemäss einer Wikipedia-Statistik gehörten im vergangenen Monat so unterschiedliche Themen wie «Covid-19-Pandemie», «Israel-Gaza-Konflikt» und «geschlechtergerechte Sprache» zu den umstrittensten Wikipedia-Artikeln im deutschsprachigen Raum. Der Eintrag «Annalena Baerbock» hat es bei den am häufigsten geänderten Artikeln im Mai auf Platz 17 geschafft, noch vor «Bundestagswahl 2021». 

Obwohl bei Wikipedia theoretisch jeder mitschreiben kann, ist dieses System anfällig für ideologisch motivierte Willkür und Doppelstandards, sobald es politisch wird (allerdings kann selbst ein harmloses Thema wie «Sylt» einen «edit war» auslösen).

Der Wikipedia-Co-Gründer Larry Sanger drückte es in einem Interview so aus: «Es gibt heute eine allgemeine Tendenz zur Ideologisierung. Das betrifft die öffentliche Meinung, den Journalismus – und Wikipedia.» Hier versuche eine rechthaberische Oligarchie von sogenannten Experten, den Leuten vorzuschreiben, «was wichtig und richtig» sei.

Unter Baerbockologen

Was Sanger damit meint, lässt sich anhand des Baerbock-Eintrags gut nachvollziehen. Die Diskussionen über das, was auf Wikipedia über die Grüne zu lesen sein soll, umfassen ganze 37 Druckseiten (Stand 9. Juni). Dabei zeigt sich, dass sich einzelne Nutzer durchaus eine ausgewogenere, kritischere Darstellung wünschen. «Was soll das?», so fragte sich jemand bereits Anfang Februar, «bei rechten Politikern steht jeder kleine Fehler drin, und bei Annalena Baerbock darf nicht mal ein Absatz zur Kritik stehen?»

Wie selbstherrlich manche Wikipedia-User zu Werke gehen, zeigt ein Vorfall vom 19. Mai. Damals fügte ein Benutzer um 16.43 Uhr die Information ein, wonach Baerbock ihre Nebeneinkünfte von mehreren zehntausend Euro viel zu spät gemeldet habe. Nur wenige Minuten später, um 16.55 Uhr, entfernte ein anderer Nutzer diese Neuerung wieder. Begründung: «Wikipedia ist kein Newsticker.» Am 22. Mai wurde die Information dann doch wieder eingefügt.

Batterien mit Kobold, Netz als Speicher: «nicht relevant»

Dies im Gegensatz zum «Kobold»-Lapsus, den Wikipedia-Benutzer mit allen möglichen Begründungen von «ihrer» Enzyklopädie fernhalten. «Kurios, aber belanglos und deshalb irrelevant», so lautet ein Verdikt auf der Diskussionsseite. Ein anderer Nutzer mutmasst, Baerbock habe das Wort möglicherweise auf Englisch im Ohr gehabt, weil «das a in cobalt wird wie ein langes offenes o gesprochen (etwa so: kouborlt)».

Mit ähnlichen Argumenten werden auch Baerbocks abenteuerliche Behauptungen wegdiskutiert, wonach erneuerbare Energien «im Netz» gespeichert würden. Das Originalzitat lautete so: «An Tagen wie diesen, wo es grau ist, da haben wir natürlich viel weniger erneuerbare Energien. Deswegen haben wir Speicher. Deswegen fungiert das Netz als Speicher. Und das ist alles ausgerechnet.» Diese Formulierung, so schreibt ein Wikipedia-Nutzer, sei zweifellos etwas unglücklich, aber: «Ich verstehe das so, dass nicht der heutige Zustand, sondern ein zukünftig möglicher mit Speicherung im Netz gemeint ist.» 

Gab es einst Kremologen, um sowjetische Propaganda zu interpretieren, scheint es auf Wikipedia Baerbockologen zu geben – die im Zweifelsfall zugunsten ihres Studienobjektes urteilen. Prinzip Filibuster in Wikipedia-Debatten

Derartige Nachsicht kann Annalena Baerbock ausserhalb der Wikipedia-Welt nicht einmal mehr von zugewandten Kreisen erwarten. So schrieb die linke «TAZ» kürzlich, das Hin und Her um Baerbocks Lebenslauf sei «hochgradig unprofessionell». Tatsächlich kamen in den letzten Tagen und Wochen immer mehr Ungenauigkeiten und Falschangaben ans Licht. Unter anderem mussten die Grünen präzisieren, dass ihre Kandidatin ein Politologiestudium in Hamburg nicht abgeschlossen hat und dass sie nicht Mitglied des Flüchtlingshilfswerks UNHCR ist. 

Die Kindheit «auf dem Bauernhof» entpuppte sich kürzlich als Kindheit in einem sanierten ehemaligen Bauernhaus. Dazu gab es zahlreiche mediale Diskussionen über die Frage, ob es nicht ein wenig anmassend war, dass sich Baerbock offensiv als «Völkerrechtlerin» und «aus dem Völkerrecht» kommende Politikerin inszeniert hat. Zumal sie zwar ein Studium in London abgeschlossen, aber ein Promotionsvorhaben abgebrochen hat. 

Diese Diskussionen blieben im Wikipedia-Universum natürlich nicht unbemerkt. Allein seit dem 10. Mai, als die Lebenslauf-Diskussion von einem Plagiatsjäger lanciert wurde, vermerkt die Wikipedia-Seite 259 Änderungen, die oft nur kurze Zeit online waren, weil sie andere Nutzer wieder entfernten (bei Laschet waren es im selben Zeitraum nur 38). Obwohl Baerbocks Lebenslauf auch bei Wikipedia in einigen Punkten modifiziert worden ist, las man in ihrem Artikel fast einen Monat lang nichts über die damit verbundenen öffentlichen Kontroversen.

Erst am 9. Juni fügt ein Nutzer folgenden Satz ein: «Im Zuge ihrer Kanzlerkandidatur und diesbezüglicher journalistischer Recherchen sah sich Baerbock zu mehreren Korrekturen bei der Online-Präsentation ihres Lebenslaufs veranlasst.» Dadurch sei sie «bei zahlreichen Medien» in die Kritik geraten. Ob und wie lange dieser Satz stehen bleiben wird, ist offen. Denn jene Nutzer, die Baerbock gerne in Schutz nehmen, haben bis heute die Deutungshoheit. 

Kein «Kritik»-Kapitel bei Wikipedia

Das zeigt die Diskussion über die Frage, ob Annalena Baerbock wie andere Politiker einen separaten «Kritik»-Abschnitt erhalten soll. Obwohl es seit August 2019 entsprechende Vorschläge gibt, haben die Fürsprecher der grünen Politikerin bisher fast alles verhindert. Dies unter anderem mit dem Argument, darüber müsse erst ein «Konsens» gefunden werden. Gleichzeitig versuchen sie, einen solchen Konsens mit langwierigen, sophistischen Debatten zu verhindern.

Dieses Verhaltensmuster erinnert wohl nicht zufällig an das Filibuster-Prinzip – eine aus den USA bekannte Taktik, die darauf abzielt, den politischen Gegner im Parlament mit endlosen Redebeiträgen am Reden zu hindern und zu zermürben. Oder, wie es ein in die Minderheit versetzter Wikipedia-Autor in Zusammenhang mit Baerbocks nicht gemeldeten Parteibeiträgen einmal ausdrückte: «Es geht breit durch die Presse, nur hier wartet man, bis keiner mehr davon redet.» 

Anmerkung der Redaktion

Kurz nachdem dieser Artikel publiziert wurde, entbrannte auf Wikipedia eine Diskussion darüber, ob die Kritik der NZZ gerechtfertigt sei. «Es ist schon langsam peinlich, dass die breit besprochene Kritik an Baerbock sich nicht in einer Rubrik im Artikel wiederfindet», schreibt ein Benutzer. Ein anderer Autor sieht es so: «Ich denke, wir sollten uns nicht von Medien wie der NZZ unter Druck setzen lassen, wenn sie nun darüber berichtet, wie der Artikel bearbeitet wird.» Ein weiterer findet, dass Berichte über die nachgemeldeten Nebeneinkünfte von Baerbock ein «Rascheln im Blätterwald» seien, die in einer Enzyklopädie nichts zu suchen hätten. Um 12:40 Uhr wurde der Wikipedia-Artikel dann für drei Tage vollständig gesperrt. Bis zum 13. Juni können ihn jetzt nur noch Administratoren bearbeiten.





Dienstag, 8. Januar 2019

Wenn sich das hetzende grüne Weichei heulend von Twitter verabschiedet...

von Thomas Heck...

Es gibt schon Tage, wo es einen konservativen Autor wie mich vor Schadenfreude umtreibt. Tage wie diese motivieren mich für die Arbeit, die einen dann und wann endlos erscheint. Erst die Steilvorlage der Grünen Cem Özdemir und Katharina Schulz, die es zum Jahreswechsel geritten hatte, nochmal so richtig Kohlendioxid und Feinstaub in die Luft zu blasen und mit dem Jet über den großen Teich nach Amerika zu fliegen. Garniert mit dem Datenskandal, der offenbarte, dass unsere Experten der Digitalisierung in Sachen Datensicherheit weniger wissen, als meine kleinen Enkelkinder, die schon wissen, dass ein Passwort nicht nur aus 123 bestehen sollte. Denn der Skandal offenbart kein Versagen des Cyber-Abwehrzentrums der Bundeswehr, auch nicht vom Bundesamt für Informationstechnik, es offenbart eine erschreckende Unkenntnis des Basiswissens im Umgang mit dem Internet.

Nun Robert Habeck, der über Twitter und Facebook gerne mal verbal gegen den politischen Gegner die Blutgrätsche fährt oder gegen ein ganzes Bundesland hetzerisch austeilt, dabei eine ganze Bevölkerung unter Generalverdacht stellt und dann selbst die bittere Medizin der Hetze kosten darf. Plötzlich geläutert, will Volker Habeck ab sofort Twitter und Facebook entsagen, erscheint dabei wie ein Pennäler, der beim Onanieren vor Pornobildern auf dem Heimcomputer erwischt wurde und schafft es dennoch auf Platz Eins der Heute-Nachrichten. Eine Heulsuse, der einmal dieses Land regieren will. Lächerlich.


So schreibt das Handellsblatt: Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck hat angekündigt, seine Accounts bei Twitter und Facebook löschen zu wollen. Hintergrund ist ein missglückter Aufruf zur Unterstützung seiner Partei bei der Landtagswahl in Thüringen. In einem am Sonntag von den Thüringer Grünen veröffentlichten Internetvideo hatte er gesagt: „Wir versuchen, alles zu machen, damit Thüringen ein offenes, freies, liberales, demokratisches Land wird, ein ökologisches Land.“

Das ostdeutsche Bundesland soll frei und demokratisch werden? Der aus Thüringen stammende Bundestagsgeschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, antwortete mit Ironie: „In welchem Gefängnis habe ich die letzten Jahre gelebt?“, fragte er ebenfalls auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. SPD-Vizechef Ralf Stegner schrieb dort: „Ein bisschen überheblich ist dieser Wahlkampfstil schon.“ Andere wiesen auf die Koalition hin, die derzeit in Thüringen regiert: gebildet von Linkspartei, SPD – und Grünen.

Am Sonntag reagierten die Grünen dann rasch. Der Aufruf verschwand, und stattdessen hieß es: „Wir haben Robert Habecks Aufruf vom Netz genommen, weil viele ihn falsch verstanden haben: Nein, wir reden THÜ nicht schlecht. Auch Robert tut's nicht. Wie blöd wären wir denn – nach gut 4 Jahren R2G?! Thüringen soll einfach noch grüner & ökologischer werden.“ Mit R2G ist Rot-Rot-Grün gemeint.

Nun zieht Habeck Konsequenzen: „Einen Fehler kann man machen, den gleichen ein zweites Mal nicht. Das muss Konsequenzen haben. Und meine ist, dass ich meinen Account lösche“, schreibt Habeck in einem Blog-Eintrag auf seiner Homepage und meint damit seinen Twitter-Account.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Habeck auf Twitter vergaloppiert. Vor der Landtagswahl im Oktober in Bayern hatte er gefordert, die CSU-Alleinherrschaft zu beenden, damit man sagen könne: „Endlich gibt es wieder Demokratie in Bayern“. Nach Kritik daran hatte er eingeräumt, „lasch formuliert“ zu haben: „Die Kritik daran nehm ich an. Das war im Wahlkampffieber einer zu viel. Sorry dafür!“

Nach dem jüngsten Kommunikations-Reinfall auf Twitter gibt sich Habeck selbstkritisch: „Nach einer schlaflosen Nacht komme ich zu dem Ergebnis, dass Twitter auf mich abfärbt. Twitter ist, wie kein anderes digitales Medium so aggressiv und in keinem anderen Medium gibt es so viel Hass, Böswilligkeit und Hetze. Offenbar triggert Twitter in mir etwas an: aggressiver, lauter, polemischer und zugespitzter zu sein – und das alles in einer Schnelligkeit, die es schwer macht, dem Nachdenken Raum zu lassen. Offenbar bin ich nicht immun dagegen.“

Dabei sei sein politisches Ding genau das Gegenteil: „Die Interessen der anderen Seite sehen und ernst nehmen, nicht überheblich oder besserwisserisch zu agieren. Das ist jetzt zweimal von mir konterkariert worden.“

Die Löschung seines Facebook-Accounts begründet Habeck mit dem jüngsten Hackerangriff auf Hunderte Politiker, Journalisten und Künstler: „Da der Datenklau, der die persönlichsten Gespräche zwischen mir und meiner Familie jetzt auf alle Rechner der deutschen Tageszeitungen und jede Menge rechter Medien gebracht hat, maßgeblich über Facebook erfolgte, lösche ich meinen bei Facebook auch.“

Es könne sein, dass die Löschung seiner Social-Media-Accounts ein politischer Fehler sei, weil sich der Grünen-Chef so der Reichweite und direkten Kommunikation mit zahlreichen Menschen beraube. „Aber ich weiß, dass es ein größerer Fehler wäre, diesen Schritt nicht zu gehen“, schreibt Habeck.