von Thomas Heck...
Deutschland ist, wenn ehemalige Politiker wie die Bundespräsidenten a.D. einen sogenannten Ehrensold von 214.000 Euro erhalten und so schlaue Sätze wie "Für die Freiheit kann man auch mal frieren" oder jüngst "Eine Wohlstandslücke kann man auch überleben" und sich so über den darbenden Pöbel lustig machen, der die Ampelpolitik ausbaden muss. Derselbe Präsident, der für eine 2. Amtszeit nicht fit genug war, sich aber eine teures Büro mit 9 Zimmern auf fast 200 Quadratmetern einrichten ließ, mit Personalkosten für den Steuerzahler von jährlich 385.000 Euro, sein eigener Arbeitsraum für 35.000 Euro. Sogar ein Präsidenten-Scheißhaus ließ Gauck sich einrichten. 52.000 Euro für präsidiales Kacken eines Ex-Präsidenten. Ob er sich solche Weisheiten ausdenkt, wenn er auf dem Lokus sitzt, wird sich abschließend nicht klären lassen.
Joachim Gauck hat ein feines Gespür dafür, wo die inneren Widersprüche der deutschen Gesellschaft liegen. Dass der Altbundespräsident es noch immer versteht, mit wenigen Worten den Finger in die Wunde zu legen und notwendige Debatten anzustoßen, bewies er im März dieses Jahres bei seinem Auftritt in der ARD-Sendung "Maischberger". Damals forderte Gauck seine Landsleute im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine dazu auf, für die Freiheit auch mal zu frieren, was zu lebhaften Diskussionen über die hierzulande zu erwartenden Wohlstandsverluste und deren Verteilung führte.
Am Mittwochabend war der 82-Jährige zu Gast in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" und wiederholte seine Auffassung, dass es zu ertragen sein werde, wenn "bei uns die Temperaturen heruntergedimmt" würden. Eine Wohlstandslücke könne man auch überleben, so der Bundespräsident a. D. - ein Mann, der sich aufgrund seines "Ehrensoldes" nun weiß Gott keine Sorgen machen muss...
Zudem attestierte Gauck Teilen der deutschen Öffentlichkeit ein verklärtes Verhältnis zu Russland und zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. "In Bezug auf Russland dürfen wir von einer ganzen Periode des Wunschdenkens sprechen", urteilte der parteilose Politiker mit Blick auf die jüngere Vergangenheit.
Gauck sieht in Habeck Vorbild für neue Politikergeneration
Lob hatte er für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und dessen Art der Politikvermittlung übrig. Der Grünen-Politiker werde mit seiner reflektierten Art, die Menschen anzusprechen, "für eine ganze Reihe junger Frauen und Männer, die in die Politik gehen, ein Leitmodell werden". Es sei klar ersichtlich, dass genau dieser Typus zukünftig stärker gebraucht werde.
"Ein eher trockener und ruhiger Hanseat, der hat halt vielleicht auch gar nicht die Neigung, in dieser Weise sich darzustellen", sagte Gauck weiter, ohne den damit gemeinten Olaf Scholz beim Namen zu nennen, in dem er eine Art kommunikatives Gegenmodell zu Habeck erkannte. Er könne angesichts der zögerlichen Hilfe für die Ukraine den kritischen Blick vieler Leute auf Scholz durchaus verstehen, traue ihm allerdings zu, sich in die Richtung zu entwickeln, die er, Gauck, für richtig halte.
Diese Einschätzung verband der Ex-Bundespräsident mit einem Appell, das angegriffene Land im Osten Europas schneller und intensiver mit Waffen zu unterstützen. "Da muss noch etwas geschehen, und ich hoffe und warte, dass es geschieht", erklärte der Mann, der von 2012 bis 2017 das höchste politische Amt der Bundesrepublik innehatte.
Gleichzeitig konstatierte Gauck ein aus seiner Sicht positives Umdenken bei der Mehrheit der deutschen Gesellschaft und eine Zustimmung zur Zeitenwende-Rede des Kanzlers. "Das Deutschland, das sich über lange Jahre so tugendhaft fühlte, wenn es Militär im Prinzip ablehnte", sei plötzlich bereit zu akzeptieren, "dass wir uns verteidigen müssen."
Ex-Bundespräsident kritisiert Merkel für Nord Stream 2
Auch Scholz' Vorgängerin nahm Gauck bei seinen Ausführungen in den Blick, besonders in Hinsicht auf ihr Verhältnis zu Putin. Angela Merkel sei bewusst gewesen, dass Putin lüge. "Das war ihr völlig klar. Sie wusste, das gehört zum System", war sich der Altbundespräsident sicher. "Ich denke, dass sie als Regierungschefin mehr die Dinge im Auge haben musste, die trotzdem gehen, und von daher ihre grundsätzlichen Bedenken fortwährend gezähmt hat", verteidigte Gauck die ehemalige Bundeskanzlerin.
Allerdings habe auch diese Vorgehensweise eine Grenze. "Irgendwann muss man erkennen, dass Nord Stream 2 vielleicht doch kein rein privatwirtschaftliches Unternehmen ist", erklärte Gauck vor dem Hintergrund einer entsprechenden Äußerung Merkels zur umstrittenen Ostsee-Pipeline für russisches Gas. "Das fand ich schon eher kritikwürdig", lautete das Urteil des ehemaligen Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen.
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