Die Inhalte des Plans drohen weiterhin die Bundesregierung zum Zusammenbruch zu bringen. Wir haben den “Masterplan Migration” gelesen – und die 15 brisantesten Punkte zusammengefasst.
1. Seehofer will mit Heimatländern Abkommen vereinbaren
10 der 63 Punkte in Seehofers Masterplan drehen sich um den Umgang mit den Heimatländern der Flüchtlinge. Seehofer will mit diesen Herkunftsländern offenbar neue Abkommen verhandeln.
Das Ziel sei eine “Verbesserung der Rückübernahme”. Das Innenministerium plant eine “Unterstützung der Herkunftsländer bei der Identifikation ihrer Staatsangehörigen in Transitländern, um sie mit Ersatzreisepapieren auszustatten und wieder aufzunehmen”.
Inwieweit es in den betroffenen Ländern, zum Beispiel den Maghreb-Staaten, ein Interesse an einer Handhabe mit solchen “Ersatzreisepapieren” gibt, ist allerdings zweifelhaft. Viele Staaten sperren sich seit Jahren gegen eine umfassende Rücknahme von Flüchtlingen. Vorschlag vom Heck Ticker: Hier wäre mit Sanktionen gegen diese Länder zu antworten, Deutschland müsste seine Wirtschaftsmacht ins Spiel bringen.
2. Seehofer will Rückkehrberatung durch das Bamf
Der Innenminister will zudem, dass das Bamf in Zukunft Beratung zur freiwilligen Rückkehr und Reintegration von Flüchtlingen anbietet.
Bemerkenswert: Das Entwicklungshilfeministerium soll Rückkehrwilligen dazu bereits in Deutschland Qualifizierungsangebote anbieten.
“Diese sollen nicht aufenthaltsverlängernd wirken, sondern vielmehr einen Neustart im Herkunftsland erleichtern”, heißt es in der Vorlage.
3. In Transitländern sollen “sicherere Orte” entstehen
Schon in Nordafrika und der zentralafrikanischen Sahel-Region sollen “sichere Orte” für Flüchtlinge entstehen, die eine Weiterreise nach Europa nach Vorstellung des Innenministers überflüssig machen.
► Also: Groß angelegte, der EU vorgelagerte Flüchtlingszentren.
In Nordafrika sollen solche Orte “zur Rückführung von im Mittelmeer aufgegriffenen Flüchtlingen” entstehen, in der Sahel-Region “als Anlaufstelle für Flüchtlinge in Konfliktregionen”.
EU und UN sollen diese Auffanglager unterstützen. Rückführungen und möglicherweise ein “Resettlement” sollen bereits hier organisiert werden.
Falls eine Möglichkeit des Asyls in Deutschland besteht – auch der Masterplan greift den Zuwanderungskorridor von 180.000 bis 220.000 Schutzsuchenden im Jahr aus dem Koalitionsvertrag auf – kann der Asylantrag offenbar bereits in Zentralafrika bearbeitet werden.
4. Mundpropaganda gegen illegale Migration
Seehofer plant die “Durchführung zielgerichteter Aufklärungsarbeit zur Verdeutlichung der Chancenlosigkeit illegaler Migration” auf dem afrikanischen Kontinent.
Anmerkung des Heck Tickers: Eine der intelligenteren Punkte. Schluss mit Werbung für Migration, Schluss mit schönen Filmchen, die Menschen haben eine ehrliche Aussage über ihre Chancen verdient. Nur wie verdeutlciht man Chancenlosigkeit, wenn trotz Ablehnung keine Abschiebung erfolgt?
5. Stärkung von Frontex
Frontex soll zu einer europäischen Grenzschutzpolizei ausgebaut werden. Dafür sollen auch eigene Einsatzfahrzeuge und weiteres Material angeschafft werden. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat hierzu bereits Bereitschaft erklärt. Diesen Punkt hat man seit 3 Jahren verschlafen.
6. Seehofers Pläne für Europa
Wie auch die Kanzlerin fordert Seehofer ein gemeinsames und solidarisches europäisches Asylsystem. Besonderer Augenmerk liegt dabei aber auf den “klaren Verantwortlichkeiten und effizienten Verfahren”.
Im Masterplan ist die Rede von einer “fairen Lastenteilung zwischen allen Mitgliedstaaten im Rahmen der Vorgaben der Dublin-Verordnung”.
Das bedeute auch eine solidarische Verteilung von Schutzbedürftigen im Krisenfall, “ohne die Staaten mit Außengrenze von ihrer Verantwortung freizustellen”.
Das Innenministerium will auf die konsequente Einhaltung der Dublin-Verordnung pochen.
Sprich: Das Land der Erstregistrierung von Flüchtlingen ist für das Asylverfahren zuständig. Das soll in europäischer Zusammenarbeit geregelt werden.
Aber: Klappt das nicht, soll es “innerstaatliche Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz bei Dublin-Überstellungen” geben – insbesondere bei erneuter illegaler Rückkehr nach Deutschland.
Darunter fallen wohl die von Seehofer geforderten Grenzabweisungen von Flüchtlingen.
7. Binnengrenzkontrollen
Seehofer will die Schengen-Außengrenzen besser kontrollieren lassen – aber auch die europäischen Binnengrenzen. “Vorübergehend” und “im erforderlichen Umfang” heißt es in dem Entwurf wenig spezifisch.
Im Rahmen dieser Kontrollen sollen “wie bisher” Rückführungen stattfinden – etwa wenn kein Visum oder keine Papiere vorliegen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit für einen souveränen Staat. Aber nicht für Deutschland.
► Dann folgt der große Streitpunkt: “Künftig ist auch die Zurückweisung von Schutzsuchenden beabsichtigt, wenn diese in einem anderen EU-Mitgliedstaat bereits einen Asylantrag gestellt haben oder dort als Asylsuchende registriert sind.”
Und weiter: “Wie mit dem Grenzregime weiter zu verfahren ist, muss im Lichte der kurzfristig zu erwartenden Ergebnisse der Reformbestrebungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) entschieden werden.“
8. Mehr Schleierfahndung
Der “Masterplan” sieht zudem eine erweiterte Schleierfahndung vor – also mehr Personenkontrollen auf Verdacht in viel frequentierten Grenzregionen.
Seehofer will ein “ein flexibles polizeiliches Agieren an allen deutschen Landgrenzen, einschließlich temporärer Kontrollen des grenzüberschreitenden Verkehrs durch die Bundespolizei”.
9. Ankerzentren – auf rechtlich fraglicher Grundlage
Wie erwartet fordert der “Masterplan Asyl” des Innenministers, Ankerzentren für die Unterbringung von Asylbewerbern während der Bearbeitungszeit derer Anträge.
Die Bedingungen in diesen Zentren werden wie folgt umrissen:
► Das gesamte Asylverfahren soll während dem Aufenthalt in den Zentren durchgeführt werden. Die Asylbewerber sollen verpflichtet sein, dort zu leben. Sie sollen erst bei erfolgreichem Antrag auf Kommunen verteilt werden.
► Ein “konsequenter Vorrang von Sachleistungen vor Geldleistungen in den Zentren” soll als Regelfall gelten.
► Die maximale Dauer eines Aufenthaltes soll 18 Monate betragen; bei Familien sind es 6 Monate.
► Asylbewerber sollen in den Zentren Rückführungsangebote erhalten.
Der brisanteste Punkt: Der Betrieb der Ankerzentren soll auf der “Grundlage des geltenden Rechts” beginnen. Erst “im Lichte der dabei gesammelten Erfahrungen”, soll es Entscheidungen über “gegebenenfalls erforderliche Rechtsänderungen” geben.
Eine saubere rechtliche Prüfung der Maßnahme sieht anders aus.
10. Wer während des Asylverfahrens in die Heimat fährt, wird abgelehnt
Asylbewerber, die während der Bearbeitung ihres Antrags in die Heimat reisen, aus der sie geflohen sind, sollen in Zukunft direkt abgelehnt werden.
Zudem soll es eine “gesetzlichen Mitwirkungspflicht der Schutzberechtigten im Widerrufsverfahren” geben.
► Heißt: Wer nicht mit den Behörden arbeitet, soll schneller abgelehnt werden können.
11. Bekämpfung von “Asylmissbrauch”
Seehofer will Sachleistungen zum Regelfall für Asylbewerber machen. So soll verhindert werden, dass diese ihre “Asylleistungen missbrauchen”.
Es soll zudem der Zeitraum “der Bezugsdauer von niedrigeren Leistungen nach dem AsylbLG auf 36 Monate, statt aktuell 15 Monate” verlängert werden, “zur Verzögerung des Übergangs in die mit höheren Sätzen versehene Sozialhilfe”.
► Das heißt: Asylbewerber sollen länger mit wenig Geld bzw. Sachleistungen in Asylzentren leben – Mittellosigkeit als Abschreckung.
Guter Vorschlag, mit der SPD allerdings nicht zu machen. Doch wer nicht begreift, dass gerade die Geldleistungen DER Anreiz für Deutschland als Wunschziel sind, hat sowieso nichts begriffen.
12. Integration als Pflicht
Nur knapp eine Seite von 22 des “Masterplans” widmet Seehofer der Integration. Und hier vor allem solchen Maßnahmen, die Druck auf Asylbewerber ausüben sollen:
► Die Anwesenheitspflicht bei Integrationskursen soll verschärft werden – inklusive der Einführung schärferer Sanktionen bei Missachtung der Pflicht.
► Es soll eine “erhöhte Kontrollpflicht” geben, um sicherzustellen, dass Integrationskurse ihre Wirkung erzielen. Allgemein soll deren Qualität gesteigert werden.
► Durch eine “Effektivierung des Sanktionsregimes zum lntegrationskurssystem” soll verhindert werden, dass sich Asylbewerber ausgesprochenen Sanktionen entziehen können.
► Es soll in Zukunft jedoch auch eine soziale Begleitung der Kurse geben, um “Teilnehmenden mit Traumata und Lernschwierigkeiten eine Hilfestellung” zu bieten.
13. Seehofer will einen neuen Asylstatus schaffen
Der “Masterplan” des Innenministers sieht vor, die Rückführungen von Asylbewerbern erheblich zu erhöhen. Dabei helfen soll das Schaffen eines neuen Asylstatus.
Bisher konnte ein Antrag bestätigt oder abgelehnt werden. Wer abgelehnt wurde, muss ausreisen – außer, humanitäre Gründe erlauben beziehungsweise fordern eine Duldung des gescheiterten Asylbewerbers. Dies kann der Fall sein, wenn Leib und Leben des Menschen in seinem Heimatland bedroht sind oder wenn es Probleme bei der Feststellung der Identität gibt.
Geduldete ehemalige Asylbewerber können teils jahrelang in Deutschland bleiben. Seehofer will dies ändern und einen Status schaffen, der jenseits von humanitären Gründen operiert – und dann greift, wenn etwa “Fälle von ldentitätsverschleierung” vorliegen.
14. Straftäter sollen abgeschoben werden – nur welche?
Der “Masterplan” sieht vor, dass Straftäter ihr Recht auf Asyl verwirken und Deutschland verlassen müssen. Welche Straftaten diese Maßnahme nach sich ziehen, lässt der Plan des Innenministers aber offen.
Dort steht lediglich: “Das gesetzliche Mindeststrafmaß, das zur Ausweisung führt, wird überprüft.” Vorschlag von uns: ALLE Straftäter werden ausgewiesen, wirkt Wunder.
15. Mehr und verschärfte Abschiebehaft
Geht es nach Seehofer, soll es erheblich erleichtert werden, abgelehnte Asylbewerber in Abschiebehaft zu bringen. Zudem sollen die Plätze für Abschiebehäftlinge in Deutschland drastisch erhöht werden.
Dies soll vor allem durch drei Maßnahmen geschehen:
► Entgegen Artikel 18 der EU-Rückführungsrichtlinie soll es ermöglicht werden, Abschiebehäftlinge auch in Einrichtungen für Häftlinge anderer Art unterzubringen.
► Seehofer will die Bundesländer dazu anhalten, ausreichende Haftplätze für Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam einzurichten.
► Es soll geprüft werden, ob eigene Einrichtungen zur Abschiebehaft an Flughäfen eingerichtet werden können, “vor allem zur Erleichterung von Sammelabschiebungen.”