Sonntag, 9. Oktober 2022

Mit dem ZPS auf Kaffeefahrt...

von Mirjam Lübke...

Früher waren sie berüchtigt - die sogenannten "Kaffeefahrten". Arglose Menschen fanden eine bunte Werbekarte im Briefkasten, die für einen günstigen Preis zu einer Tagestour in die Lüneburger Heide einlud - "Hochwertiges Topfset und schmackhaftes Mittagessen inklusive" - und fanden sich stattdessen in der Pampa gleich hinter Bielefeld wieder. Ohne Essen und Topfset, dafür aber in einer aufdringlichen Verkaufsveranstaltung für Heizdecken und Vitaminpillen, die andernorts für einen Bruchteil des geforderten Preises verkauft wurden. Da saß man nun erst einmal in Geiselhaft - im Volksmund nennt man das Betrug und Nötigung, juristisch war es leider nicht immer so eindeutig. Das Kleingedruckte, Sie verstehen?



Es wundert mich nicht sonderlich, wie niedrig die Hemmschwelle für das "Zentrum für politische Schönheit" war, dieses Betrugskonzept wieder aufzugreifen. Das ZPS verkauft zwar keine Heizdecken, verdiente aber schon Geld an in Acryl eingegossener Asche aus Auschwitz. Als Briefbeschwerer. Seine Anhänger kaufen und spenden reichlich, auch wenn das ZPS mit seinen Aktionen immer nur ein paar Tage in Erscheinung tritt und danach das einfache Volk seinen Trümmerhaufen wegräumen lässt. Die Stimmung in der Fanbase schwankt zwischen wiehernder Schadenfreude untereinander und der üblichen Verächtlichmachung jedes Kritikers. Wer sich nicht in die spätpubertären Reihen eingliedern mag, ist - welche Überraschung! - ein Nazi.
 
Es wird dem ZPS gar nicht gefallen haben, dass trotz ihrer Kaffeefahrt-Aktion etwa 10.000 Menschen den Weg nach Berlin gefunden haben, um gegen die Energiepolitik der Bundesregierung zu demonstrieren. Das ZPS hatte nämlich mindestens zwei Busse gechartert, um potentielle Demonstranten in die Irre zu leiten. Man weiß bei diesem "Künstlerkollektiv" nie, welche Angaben der Wahrheit entsprechen, manchmal stellen sie auch eine Behauptung in den Raum, um zu testen, was passiert. Ist der Gegenwind auch bei den eigenen Anhängern zu groß, rudert man schnell zurück. Das war auch bei der Asche aus Auschwitz so, bis man kleinlaut zugeben musste, diese tatsächlich in Polen entwendet zu haben. Leider hielt sich der Protest des Zentralrats in Grenzen, wie so oft, wenn die Täter zu den "Guten" zählen. Immerhin wurde es eine Weile still um das ZPS.
 
Wie so oft in der Ära des Gratismuts hat es nun wieder einmal die AfD getroffen, weil man sich in diesem Fall des Applauses der "Anständigen" sicher sein kann. Da darf dann auch gern zu illegalen Mitteln gegriffen werden: Angeblich wurden die Buspassagiere statt nach Berlin nach Mainz gefahren bzw. an einer Raststätte ausgesetzt. Intellektuell befindet man sich damit bestenfalls auf Schülerstreichniveau, was juristisch davon zu halten ist, lassen die Betroffenen hoffentlich per Gerichtsentscheid klären.
 
Räumt man den "Künstlern" damit nicht zuviel Aufmerksamkeit ein? Sollte man überhaupt von solchen Aktionen berichten, ihnen "eine Plattform bieten"?Das ZPS mag nur eine kleine, lautstarke Gruppe sein, aber sie steht für einen weit verbreiteten Zeitgeist: Hillary Clinton nannte sie "Deplorables", hierzulande sind es die Ungeimpften, die Kriegskritiker und diejenigen, die sich dem Woke- und Genderwahn entziehen, welche in diese Kategorie eingeteilt werden. Egal, wie sinnvoll und berechtigt unsere Einwände sind, für das ZPS und seine Geschwister im Geiste sind wir "Pack". Und das "Pack" hat selbstverständlich auch nicht gegen diese Zuschreibung zu protestieren. Das funktioniert wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung: Wer nicht gehört wird, ruft meist lauter, was der Angerufene jedoch nicht als dringliches Anliegen interpretiert, sondern als Bestätigung der Lästigkeit des Rufers. Dessen Schicksal interessiert ihn ungefähr so sehr, wie sich der Brahmane um den unberührbaren Bettler sorgt, der gerade in den Straßen von Kalkutta verhungert. Das ist die naturgegebene Ordnung.
 
Sicherlich: Es gibt auch unter den Spaziergängern und Querdenkern Menschen, die einfach nur auf Randale aus und niemals zufrieden sind. Aber wenn sich in Deutschland etwa 80 Prozent der Bürger vor der nächsten Gasrechnung fürchten, dann ist das aufgrund der derzeitigen Energiekrise absolut gerechtfertigt. Wem dient also das ZPS, wenn es Proteste dagegen zu sabotieren versucht? Den Verursachern - also der Bundesregierung und ihrer Vorgängerin. Hurra, wie mutig, sich derart anzubiedern! Dafür gibt es bestimmt irgendwann von Präsident Steinmeier das Bundesverdienstkreuz! Da wird das Ego der "Künstler" aber mächtig gestreichelt sein - denn derlei Dienste am Mainstream nennt man heute Zivilcourage. Und das ist nun wirklich verdreht.



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