Montag, 29. Oktober 2018

An allem ist der Jude schuld... oder Trump...

von Thomas Heck...

Wer nach den schlimmen Angriff auf eine Synagoge in Pittsburgh und den Mord an 11 Juden, allesamt schon lebensälter, dem schlimmsten antisemitischen Angriff in den USA seit Gedenken den US-Präsidenten Donald Trump zur Verantwortung ziehen will, schon mit der Wahl des Titels impliziert, ein derartiger Angriff sei in den Intention Trumps, kann nur Teil der deutschen Journaille sein. 

Denn noch nie in der amerikanischen Geschichte hatten die Juden und Israel einen derart starken Fürsprecher wie in Trump. Er hat die Botschaft der USA in Israel gegen den massiven Widerstand der Linken nach Jerusalem verlegt, stoppte, wieder gegen massiven Widerstand der Linken, Zahlungen an die palästinensische Terror-Autonomiebehörde, sein Schwiegersohn ist Jude. Trump die Unterstützung von Antisemiten zu unterstellen, ist genauso lächerlich und politisch motiviert wie die Unterstellung, Trump sei ein Rassist. Aber von der WELT war anderes auch nicht zu erwarten. Egal, wer Attentate verübt. Kommen sie von einem Trump-Sympathisanten, ist Trump schuld. Kommen Sie von einem Trump-Gegner, ist ebenso Trump schuld Journalisten, die so argumentieren, sind nicht weit davon entfernt, den ermordeten Juden in Pittsburgh eine Mitverantwortung anzudichten.

Und so erscheinen in der WELT Artikel über Trump wie der von Clemens Wergin, die so voller Hass auf den politischen Gegner triefen, dass man meinen könnte, der Autor sei höchstpersönlich beim Stürm im Volontariat gewesen.



US-Präsident Donald Trumps Saat des Hasses geht auf

Amerika erlebt eine furchtbare Woche: Erst werden Paketbomben an Trump-Kritiker versandt, dann kommt es in Pittsburgh zu einem Massaker in einer Synagoge. Der US-Präsident kann nicht so tun, als hätte das nichts mit seinen hasserfüllten Parolen zu tun.

Der Schabbatgottesdienst am Samstagmorgen in der „Lebensbaum“-Synagoge in Pittsburgh sollte eigentlich mit der Beschneidungszeremonie ein gerade neu geborenes Leben feiern. Doch dann wurde der Gottesraum zu einer Halle des Todes, als ein offenbar rechtsextremer Eindringling das Feuer eröffnete und zahllose Gemeindemitglieder tötete. „Alle diese Juden müssen sterben“, soll der Täter geschrien haben.

Eine furchtbare amerikanische Woche, die am Montag mit politischem Hass begonnen hatte, als die Briefbomben begannen aufzutauchen, die ein Trump-Fan an prominente Demokraten und Trump-Kritiker schickte, ging am Samstag mit einem Massaker in einem jüdischen Gotteshaus zuende.

Es gehört an solchen traurigen Tagen zur ersten Journalistenpflicht, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich zu wappnen gegen wohlfeile interpretatorische Schnellschüsse.


Ja, der Paketbombenverschicker war ein glühender Trump-Verehrer, aber er war gleichzeitig auch eine labile und wahnhafte Person, der vielen als Verrückter galt. 

Und auch über den geistigen Gesundheitszustand des Pittsburgher Attentäters ist bisher wenig bekannt, nur sein Social-Media-Account legt Zeugnis davon ab, dass es sich um einen radikalen Judenhasser aus dem rechtsextremen Milieu handelte. 

Und ja, es ist auch richtig, dass sich allzu lineare Schuldzuschreibungen an Politiker in solchen Momenten verbieten und dass auch ein Donald Trump nicht direkt verantwortlich dafür ist, wenn irgendein politischer Wirrkopf zur Waffe greift.

Trumps erste Reaktion auf Pittsburgh ist purer Hohn

Doch gleichzeitig gehört es auch zur Chronistenpflicht, die vielen Belege ernst zu nehmen, die darauf hinweisen, dass hier ganz offensichtlich die Saat des Hasses aufgeht, die Donald Trump in den vergangenen Jahren gesät hat. Es ist jedenfalls der pure Hohn, wenn Trump in einer ersten Reaktion auf den Anschlag sagt, es sei „eine schreckliche, schreckliche Sache, was da mit dem Hass in unserem Land passiert und ehrlich gesagt auch in der ganzen Welt“ und fordert, es müsse etwas getan werden. Ganz so, als sei er in den vergangenen Jahren nicht selbst der maßgebliche Produzent dieses Hasses gewesen.

Trump ist der Pyromane, der sich als Feuerwehrman geriert. Schließlich war er es, der Ressentiments gegen einzelne Bevölkerungsgruppen und gruppenbezogenen Hass von den Fieberrändern des rechten Diskurses auf die große politische Bühne gehoben und salonfähig gemacht hat.

Richtig, das bezog sich vor allem auf Hispanics und Muslime, judenfeindliche Motive hat Trump im Wahlkampf 2016 meist nur in kodierter Form benutzt. Aber Extremismusexperten in den USA haben festgestellt, dass Trump mit seinem Zwinkern in Richtung rechten Rand einen allgemeinen Mobilisierungseffekt in rechtsextremen und verschwörungstheoretischen Milieus ausgelöst hat, wie kein moderner Präsident vor ihm. 

Und auch im Amt hat Trump immer wieder diese Klientel bedient, etwa als er sich nach der Neonazi-Demo in Charlottesville, wo ein Rechtsextremer eine Gegendemonstrantin tötete, zunächst eine Position der Äquidistanz wahrte und sich tagelang weigerte, die Neonazis explizit zu verurteilen.

Antisemitische Angriffe steigen laut Studien an

Auch nun kurz vor den Zwischenwahlen konstatieren Forscher erneut wie schon 2016 einen dramatischen Anstieg von antisemitischen Angriffen in den sozialen Medien, die von rechtsextremen Trump-Fans ausgehen.


Eine neue Studie der Columbia University über Twitter und Instagram und eine Studie der Anti Defamation League über die sozialen Medien kommen zu dem Ergebnis, dass rechtsextreme Angriffe auf Juden und vor allem auch jüdische Trumpkritiker in den vergangenen Monaten wieder stark angestiegen sind. Das kristallisiert sich besonders an der Person von George Soros, dem Investor und linken jüdischen Philantrophen, der zu einem Lieblingspunchingball der populistischen Rechten weltweit geworden ist. Ein Motiv, dass Trump selbst immer wieder gerne bedient. 

Und auch seine ständigen Angriffe auf die vaterlandslosen „Globalisten“ haben einen antisemitisch grundierten Unterton. Daran ändert auch Trumps jüdischer Schwiegersohn und seine proisraelische Politik wenig. Tatsächlich mag man sich gar nicht vorstellen, wie viel weiter Trump bei diesem Thema gehen würde, wenn er keine jüdischen Enkelkinder hätte.

Trump elektrisiert den rechtsextremen Rand

Es kann jedenfalls kein Zweifel daran bestehen, dass Trump das gesellschaftliche Klima verändert hat und dass er gruppenbezogenen Hass auf eine Art und Weise enttabuisiert hat, die den rechtsextremen Rand elektrisiert. Und selbst wenn der Attentäter von Pittsburgh Trump in den sozialen Medien kritisierte, weil der nicht weit genug gegangen sei bei der Umarmung des rechten Randes und angeblich jüdisch kontrolliert werde, so ändert das doch wenig daran, dass diese Leute sich von Trump ermächtigt sehen, selbst wenn er ihnen nicht weit genug geht.

Es ist jedenfalls kein Wunder, dass die Zahl der Hassverbrechen gegen Juden und Muslime in den vergangenen Jahren steil angestiegen ist. Juden gehören übrigens auch in den USA zu den Minderheiten, die gemessen an ihrem Anteil an der Bevölkerung besonders häufig Opfer gruppenbezogenen Hasses werden. Zwischen 2016 und 2017 ist die Zahl der antisemitischen Übergriffe in den USA um 57 Prozent gestiegen.

Auch die Statistiken über terroristische Angriffe sprechen eine deutliche Sprache. Laut einer Analyse von „Quartz“, das die Global Terrorism Database ausgewertet hat, gab es in den Jahren 2016 und 2017 einen starken Anstieg von terroristischen Anschlägen in den USA, 2017 ging die größte Zahl, nämlich 37 von insgesamt 65, auf rechtsextreme Ideologien zurück. Und dennoch geht Trump sehr viel entschlossener gegen angeblich gefährliche Armutsflüchtlinge aus Südamerika vor als gegen rechtsextreme Terroristen im eigenen Land.

Angesichts der deutlichen Zahlen lässt sich schwer argumentieren, dass es sich bei Paketbomben gegen Demokraten in dieser Woche oder nun bei dem Samstagsmassaker in der Synagoge in Pittsburgh und vielen anderen Hassverbrechen immer nur um durchgeknallte Einzeltäter handelt, die so gar nichts zu tun haben sollen mit der gesellschaftlichen Atmosphäre des Hasses, die Trump in den vergangenen Jahren verbreitet hat. Statt die Schuld dafür bei anderen und bei den Medien zu suchen sollte der US-Präsident also besser mal in den Spiegel schauen.

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