Donnerstag, 22. September 2022

Schamanismus mit Habeck!

von Mirjam Lübke...

Ist das noch Politik oder schon Schamanismus? "Oh, ihr Götter, zürnet uns Deutschen nicht und schenkt uns einen milden Winter! Das Volk droht mit Ungehorsam euren Priestern gegenüber - gewährt uns die Gnade warmer Winde, um das Unheil von unseren Landen fernzuhalten!" Unsere Vorfahren auf diesem Planeten waren Ähnliches gewöhnt: Klima und Wetter bestimmten über Wohl und Wehe der Bevölkerung. Obwohl die Mönche des Mittelalters sich weder mit einer Gaskrise herumschlagen mussten noch teuflische Dieselkutschen fuhren, sind in ihren Klosterbüchern Starkwetterereignisse festgehalten, welche die gesamte grüne Jugend in Angst und Schrecken versetzt hätten. Man wollte schließlich abschätzen können, welchen Ernteertrag die eigenen Ländereien abwerfen würden. Bei den indigenen Völkern Mittelamerikas sah es noch schlimmer aus: Dürren ließen die Zivilisationen an den Rand des Aussterbens geraten. Sogar ihre Kinder opferten sie in Ritualen, als die Verzweiflung zu groß wurde. Auch den Mayas, Inkas und Azteken kann man keine Schuld am Klimawandel zuschieben. Sie konnten, wie jetzt Robert Habeck, nur auf ein klimatisches Wunder hoffen. Das allerdings ausblieb.



Deshalb ließ sich die Menschheit auch allerhand einfallen, um sich aus der Abhängigkeit von Wind und Wetter zu befreien, auch wenn Naturgewalten an manchen Stellen des Planeten uns immer wieder zeigen, wie begrenzt unsere Möglichkeiten sind. Mit dem Satz "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein!" konnte ich mich nie anfreunden, allerdings bin ich stolz auf mein Land, wenn es besondere wissenschaftliche Leistungen erbringt. Technik und Raumfahrt waren mein Einstieg in einen friedlichen Patriotismus - aber die Grünen schaffen es, dass es bald nicht mehr viel gibt, auf das man in dieser Hinsicht stolz sein kann.
 
Man muss ein bisschen gerecht bleiben: Dieser Niedergang begann schon unter der Regentschaft Angela Merkels. Bis heute ist mir schleierhaft, wie eine promovierte Physikerin so wenig Offenheit für Wissenschaft und Forschung aufbringen konnte. Da war ihr der Machterhalt wohl wichtiger - und der bedeutete, dem grünen Zeitgeist immer dicht auf den Fersen zu bleiben. Keiner von jenen Politikern der CDU, die sich heute für Laufzeitverlängerungen der KKW aussprechen, hatte damals den Mut, sich gegen die Ambitionen der Kanzlerin zu stellen. Aber nicht nur die Kernkraft musste Federn lassen, auch sonst läuft nicht mehr viel in der deutschen Forschung. Zumindest nicht so, dass es von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird - hier und da bekommt der interessierte Leser einmal ein Häppchen vorgesetzt, das es eigentlich verdient hätte, groß herausgebracht zu werden. Ob Roboterarm für die Raumfahrt oder optischer Sensor: Der Erfindergeist ist da, er interessiert nur keinen der Verantwortlichen.

Das wirkt sich natürlich auch in der Energiekrise aus. Seit Jahrzehnten ist jegliche Forschung an der Weiterentwicklung von Kernkraft tabu - da muss man nur das Zauberwort "Tschernobyl" erwähnen und die Bürger reagieren mit Entsetzen, obwohl dieser Reaktortyp in Deutschland nie zum Einsatz kam. Doch selbst, wenn man dieses negative, emotional belastete Argument akzeptiert und sich auf die "Erneuerbaren" konzentrieren will, die bekanntlich nicht grundlastfähig arbeiten: Auch diese Technologien wurden faktisch nicht entscheidend weiterentwickelt. Deutschland müsste sich seit Jahren auf den Bau von leistungsfähigen Stromspeichern konzentrieren. Aber außer für Privathaushalte sieht es hier eher mau aus - die derzeit existierenden Lösungen sind nicht sehr leistungsfähig, nehmen aber viel Platz weg. "Aber wir exportieren doch sogar Strom!", rufen die Freunde der Windkraft. Ja, aber nur, wenn eine frische Brise weht.
 
Um noch einmal zum Schamanismus zurückzukommen: Zwar vermochte Miraculix, der gallische Druide, aus Misteln einen leistungsfähigen Zaubertrank herzustellen, aber ansonsten ist die Mistel eher als Halbparasit unterwegs. Ein paar Nährstoffe produziert sie selbst, den Rest entzieht sie dem Baum, auf dem sie sich häuslich niedergelassen hat. Die deutsche Stromversorgung funktioniert seit der Energiewende genauso: Zwar produzieren wir auch selbst, aber ansonsten hängen wir am europäischen Netz wie die Mistel am Baum. Da man sich unter einem Strommast noch nicht einmal an Weihnachten küssen kann - wie unter einem Mistelzweig - missfällt das unseren Nachbarn zunehmend. Schweden und Frankreich zeigen sich besonders erbost - denn ihre Kernenergie wandelt sich bekanntlich an der Grenze auf magische Weise in Ökostrom um. Man fühlt sich hinters Licht geführt - das ist sogar noch dreister als ein Dieselgenerator bei der FFF-Demo, damit Luisa Neubauer zu ihrer besorgten Gefolgschaft sprechen kann.
 
Die Hoffnung auf einen milden Winter wird Habeck nichts nützen, wenn er nicht durch Kompromissbereitschaft die erzürnten Geister der europäischen Nachbarn besänftigen kann. Da helfen auch keine Räucherstäbchen aus der grünen Teestube - sondern nur eine weniger verlogene Energiepolitik. Denn die deutschen Kernkraftwerke sind gewiss ebenso sicher wie die schwedischen und französischen - und könnten sogar moderner sein, wenn Deutschland endlich einmal wieder zu einem High-Tech-Standort werden würde.


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