von Mirjam Lübke...
Die Bundesregierung wird schon bescheidener mit ihren Versprechungen. Nachdem über den Satz "Deutschland ist ein reiches Land!" die meisten Bürger nur noch müde lächeln können, sagt man uns zumindest noch die Erfüllung unserer Grundbedürfnisse zu. Basierend auf allerlei gebrochenen Versprechen in der Vergangenheit ("Es wird niemandem schlechter gehen!", "Es wird keinen Lockdown geben!" oder "Im März werden alle Corona-Maßnahmen beendet!") begegnen wir neuen Zusicherungen nur noch mit Misstrauen. Klingen sie so verzweifelt wie die Christian Lindners, beginnt man automatisch, zwischen den Zeilen zu lesen.
Was hat er nun tatsächlich versprochen? Niemand wird frieren. Da kann man nur hoffen, dass dies für die eigene Wohnung gilt und nicht nur für den Aufenthalt in einer Wärmehalle, wo man sich mit anderen um ein Öfchen drängen darf. Warm wird es da wohl eher im Gedränge und etwas Mief wird gratis mitgeliefert. Wir leben zwar in den Zwanzigerjahren, aber niemand hat wohl damit gerechnet, dass die Zustände der Weimarer Republik so exakt kopiert werden würden. Natürlich male ich gerade wieder ein wenig schwarz, aber tatsächlich haben einige Städte bereits Wärmehallen für jene eingerichtet, die sich im Winter die Heizung nicht mehr leisten können - das ist wirklich eine Bankrotterklärung und zutiefst entwürdigend.
Suppenküche und Massenunterkunft, das mag angehen, wenn man einmal im Notfall für zwei oder drei Tage evakuiert werden muss. Bisweilen kommt das am Niederrhein vor, weil hin und wieder alte Fliegerbomben gefunden werden, auch mitten in der Stadt. Mit Jugendherbergsromantik - wie es sich Lindner und Habeck wohl vorstellen - hat das nichts zu tun. Auf der Straße zu schlafen ist schlimmer - aber als Dauerzustand einfach nur grässlich, weil man jegliche Privatsphäre aufgeben muss. Das Wort "Geheimnis" steht nicht umsonst mit dem "Heim" in Verbindung, als es durch Luther in die deutsche Sprache aufgenommen wurde: Daheim gibt es eine Privatsphäre. Man kann Dinge tun und lassen, die man unter Fremden nicht tun und lassen kann. Über alles sprechen, ohne auf neugierige Ohren achten zu müssen, die Füße auf den Tisch legen, sich einrichten wie man will und Bücher auf dem Toilettenkasten stapeln. Sein Leben leben.
Weltverbesserer mögen über derlei profane Bedürfnisse die Nase rümpfen oder sich gar empören. Aktuell ist es die Ukraine, für die wir uns aufopfern sollen, aber es gibt immer einen Ort auf dem Planeten, an dem es den Menschen schlecht geht. Früher gab es Spendenaufrufe, um dort Verbesserungen zu schaffen, jetzt ordnet der Staat Verzicht an. Die meisten Menschen helfen gern, wenn andere in Not sind, es gab auch viel Spendenbereitschaft für die Ukraine - aber selbst die Grünen sollten verstehen, dass es wenig Sinn macht, uns dafür allesamt verarmen zu lassen. Mir sind zudem auch schon einige Weltverbesserer begegnet, die sich ihres bescheidenen Lebens rühmten - dann allerdings stellte sich heraus, dass sie im Grunde nur mit wenig Geld auskamen, weil sie von ihrer Gefolgschaft ordentlich durchgefüttert wurden. Manchen war noch nicht einmal bewusst, wie sehr sie sich selbst und andere beschummelten. Auch Sozialismus lässt sich besser ertragen, wenn man zur Führungsmannschaft gehört.
Die angebotenen Entlastungspakete sind angesichts der auf uns zukommenden Kosten ein Witz - man könnte tatsächlich ebenso gut Strickzeug an die Bevölkerung verteilen, damit sie sich für den Winter Schals und Socken fertigen kann. Aber selbst das bescheidenste Paket muss finanziert werden - und wie das angesichts eines zugrundegerichteten Mittelstands noch möglich sein soll, ist ein Rätsel, das auch die FDP nicht lösen kann. Auch ihr scheint ihre traditionelle Wählerschaft mittlerweile egal zu sein - denn selbst verzweifelte Aufrufe von Handwerks- und Industrieverbänden werden gnadenlos ignoriert. Wollen wir hoffen, dass deren Vertreter sich auch bei der nächsten Wahl noch daran erinnern. Auch das ist in Deutschland nicht mehr selbstverständlich.
Lindner sagte bekanntlich, es sei besser, gar nicht zu regieren als dies schlecht zu tun. Aber vielleicht ist Kanzler Scholz nicht der Einzige in dieser Regierung, der unter Erinnerungslücken leidet. Jedenfalls konnte ich nur noch bitter lachen, als ich in den Nachrichten von den Plänen hörte, die Ukraine vor dem wirtschaftlichen Niedergang zu bewahren. Der Nichtschwimmer springt ins Wasser, um einen anderen zu retten.
Aber halt: Was ist eigentlich mit dem stets um unsere Gesundheit besorgten Karl Lauterbach? Müsste er nicht angesichts der hinter jeden Ecke lauernden Corona-Gefahr Schweißausbrüche bekommen, wenn er nur an vor Kälte aneinander gedrängte Bürger denkt? Oder freut er sich darauf, wie viel man im Gesundheitswesen einsparen kann, wenn in den Krankenhäusern der Strom ausfällt? Angesichts des Irrsinns, der innerhalb der Bundesregierung an der Tagesordnung ist, würde mich nichts mehr wundern.
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