Mittwoch, 28. September 2022

Nur keine Panik!

von Mirjam Lübke...

Wenn Herr oder Frau Blackout zu Besuch kommen, dann wird es bekanntlich düster in der Wohnung - da hilft es auch nichts, wenn man eine Palette Dosenpfirsiche im Haus hat. Auch wenn Dosenpfirsiche, meine Theorie erhärtet sich mit jedem dystopischen Film den ich sehe, die letzte Reserve vor dem drohenden Weltuntergang sind. Ob die Bundesbehörde für Katastrophenschutz empfiehlt, eine bestimmte Menge davon in die Speisekammer zu schaffen, habe ich noch nicht untersucht, lediglich die gesteigerte Frequenz der Werbeanzeigen für die Apokalypsen-Prävention fällt ins Auge. Man begann damit schon, bevor die Thüringer AfD ihre "Blackout"-Broschüre mit eigenen Tipps herausgab, wobei letztere vom "Spiegel" prompt als "populistische Panikmache" an den Pranger gestellt wurde. Offenbar ist staatliche Panikmache weniger schlimm - vor allem, weil man damit auch auf den Überraschungsbesuch der zehnköpfigen Familie des lange verschollen geglaubten Cousins aus Abu Dhabi vorbereitet ist. Oder den Orkan "Frieda", der die Kühe von der Weide fegt - ist er nicht grässlich, dieser Klimawandel?


Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal selbst zum Mini-Prepper werden würde. Zwar fand ich es immer schon spannend, Geschichten oder Reportagen über autonomes Wohnen zu lesen - denn mit so einem Häuschen in der Wildnis, das über selbsterzeugten Strom versorgt wird und über einen Brunnen verfügt ist - wenn es weit genug von der Zivilisation entfernt gebaut wurde, eine Überlebenschance in allen möglichen Szenarien. Außerirdische Invasoren, Zombieepidemien oder Habeck-generierter Stromausfall - hier hat man erst einmal Ruhe. Nur wenn das Refugium von anderen entdeckt wird, kann es Begehrlichkeit hervorrufen: Dann stehen plötzlich ein paar Desperados vor der Tür und begehren auf rüde Weise Einlass. Auch interessant sind daher Bunkerszenarien, wobei man den Eingang allerdings nicht so gut verriegeln sollte, dass man selbst nicht mehr hinauskommt. Im Psychothriller "The Philosophers" geht es gar um die Frage, wer aus einer Gruppe von Studenten aufgrund seiner Fähigkeiten einen der begehrten und nur begrenzt vorhandenen Plätze in einem dieser Bunker bekommen darf. Wer ist wichtiger: Der Ingenieur, der notfalls die kaputte Technik reparieren kann, der Biologe, der in der Lage ist, nach Ende der Apokalypse wieder Nahrungsmittel anzubauen oder der Künstler, der mit seiner Kreativität die Bunkerbewohner vor Depressionen bewahrt, wenn man mal länger festsitzt? Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten, wie es scheint.
 
Nun hat nicht jeder die Möglichkeit, sich einen vollausgestatteten Schutzraum unter der Erde zu bauen, schon gar nicht einen mit vollem Komfort. Mit etwas Glück sitzen wir auch nur ein paar Tage im Dunkeln - angeblich schützt uns das in einzelne "Cluster" aufgeteilte Netz vor einem Totalausfall - wobei ich dieser Zusage nicht ganz vertraue. Das mag vielleicht im Falle eines technischen Defekts funktionieren, aber nicht, wenn uns der Saft ganz ausbleibt und uns die europäischen Nachbarn nicht unter die Arme greifen, weil sie von deutschen Alleingängen die Nase voll haben. Dann nutzt es auch nichts, einfach einen Teil des Netzes "abzuwerfen". Aber wir wollen optimistisch bleiben.
 
Wenn man nur ein bescheidenes Notfallbudget hat, überlegt man natürlich, was man am dringendsten braucht, um eine Krise zu überstehen - abgesehen von Dosenpfirsichen. Licht natürlich, aber Kerzen sind in einem jüdischen Haushalt eigentlich immer vorrätig. Ohne Zigaretten wird es hart, aber noch härter ohne Kaffee. Also bin ich jetzt stolze Besitzerin eines Campingkochers und eines Wasservorrats. Bis vor einem Jahr hätte ich mir im Traum nicht vorstellen können, dass ich einmal selbst über solche Anschaffungen nachdenke. Zwei zusätzliche Wolldecken habe ich auch schon erworben. Und eine Taschenlampe mit Kurbel. Welche Überlebensausstattung mich wohl als nächstes lockt?
 
Man merkt, wie die Preise langsam anziehen - und so mancher Politiker, der die AfD ebenfalls der Panikmache bezichtigte, wird ganz schön kleinlaut. Angesichts der jüngsten Nachrichten um NordStream bin ich allerdings schon einmal froh um meine Decken: Schon gehört? Die Pipeline hat Löcher - und wie seismologische Daten verraten, sind diese dort nicht hineingerostet. Waren es die Amerikaner, die dort gerade mit einer Flottille herumkreuzten? Oder doch rachsüchtige Ukrainer? Gar die Russen selbst? Man beschuldigt sich gerade gegenseitig, fest steht nur, dass die Täter über eine Profi-Ausrüstung verfügt haben müssen.
 
Da kann man schon mal ein wenig unruhig werden. Vielleicht ist so ein Komfortbunker doch eine gute Sache, wer weiß, was sich rund um die Ukraine noch so entwickelt. Zum Glück wächst dort kein Kaffee - sonst sähe ich schwarz.


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