von Mirjam Lübke...
Mit dem Islam ist es fast so wie mit der Kernkraft - an der deutschen Grenze findet eine mystische Transformation von "böse" zu "gut" statt. Abgesehen von den ganz Verzückten wie Claudia Roth und Kathrin Göring-Eckardt sind sogar viele Linke bereit, das Unrecht zu erkennen, welches Frauen im Iran oder Afghanistan angetan wird, dort, wo die Scharia Gesetz ist. Die Demonstrationen anlässlich des Todes von Mahsa Amini finden hier durchaus Solidarität. Die junge Frau starb an den Folgen der Verletzungen, welche die iranischen Sittenwächter ihr zufügten, weil sie ihr Kopftuch nicht "richtig" trug. In diesen Leuten - es gibt auch weibliche Wächter - steckt genug Hass auf die "unislamische" Lebensweise, um Frauen wegen einiger sichtbarer Haare krankenhausreif zu prügeln. Diese Sittenwächter scheinen mental mit unseren Corona-Jüngern verwandt zu sein, denn egal wo auf der Welt - es braucht schon eine gute Portion Verbissenheit, Fanatismus und sadistische Wesenszüge, um so eine Aufgabe mit Engagement zu erfüllen.
Nun machen in den Medien Bilder die Runde, auf denen Frauen zu sehen sind, die sich aus Protest die Haare abschneiden. Mir tut das schon deshalb weh, weil ich schon immer ein wenig neidisch auf kräftiges "südländisches" Haar geschaut habe. Allein schon die Tatsache, dass es sich die "Rebellinnen" öffentlich die Mähne abschneiden, zeigt, welches Opfer sie bringen. Man sagt, wenn eine Frau sich die Haare kurz schneidet, dann emanzipiert sie sich von etwas. Nach Auffassung der Scharia trägt sie die Schuld daran, belästigt zu werden, wenn sie ihr Haar nicht bedeckt. Mir kommt das immer so vor, als entschuldige sich ein Räuber damit, dass die Bank schließlich kein Geld in ihren Räumen aufbewahren müsse. Eine typische Täter-Opfer-Umkehr.
Nun mag sich manche Europäerin denken: "Wie schlimm das im Iran und in Afghanistan für die Frauen ist! Zum Glück haben wir solche Verhältnisse bei uns nicht!" - aber ist das wirklich so? Ist nur der "weit-weit-weg-Islam" eine Bedrohung und in Deutschland ist alles fein? Gewiss, abgesehen von dem Versuch, in Wuppertal eine "Scharia-Polizei" zu etablieren, patrouillieren hier keine Sittenwächter. Allerdings haben sich überall in unserem Land längst Parallelgesellschaften etabliert, in denen die Menschen freimütig zugeben, wie wichtig ihnen die Scharia und wie unbedeutend das Grundgesetz für sie ist. Grünen-Co-Chef Omid Nouripur träumt gar davon, Teile des islamischen Gesetzes in Deutschland zu etablieren. Wahrscheinlich würde auch er sich entsetzt von den Ereignissen im Iran distanzieren - so als würde der Islam dort einfach falsch interpretiert. So wie Stalin und Pol Pot den Sozialismus falsch verstanden haben - in Deutschland liefe das gewiss menschlicher ab, weil hier alle nur gute Absichten haben. Das hat man von Khomeini auch lange geglaubt.
Aber Scharia ist eben nicht nur der Verzicht auf Schweinefleisch und Alkohol oder die Verpflichtung zur Einhaltung gewisser Gebetszeiten oder einer Kleiderordnung. Wenn dies so wäre, müsste man nicht auf ihre Einführung in Deutschland drängen, denn das alles wird bereits durch die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit ermöglicht. Wo die Scharia staatliches Gesetz ist, endet aber oft die Religionsfreiheit der anderen oder wird stark eingeschränkt. Und dabei reden wir noch nicht vom Strafrecht, das eben alle mit archaischen Sanktionen belegt, die auch nur auf negativer Religionsfreiheit bestehen. Zum Beispiel Frauen, die keine Kopfbedeckung tragen wollen. Oder Männer, die Männer lieben. Das hat Omid Nouripur uns nämlich dezent verschwiegen. Was man im Iran abscheulich findet, wird in Deutschland doch gewiss aufgeklärter praktiziert, oder?
Der fatale Fehlschluss folgt auf den Fuß, wie wir im Falle Afghanistans sehen. Der linke Retterkomplex schlägt zu, man will möglichst viele Afghanen in Deutschland unterbringen, weil man selbstverständlich davon ausgeht, diese vor den Restriktionen der Taliban fliehen wollten. Das mag bei einigen der Migranten auch der Fall sein, aber wenn diese dann öffentlich über ihre Erfahrungen in der Theokratie berichten, mag man nicht zuhören. In Deutschland wollen wir schließlich tolerant sein und gehen wie selbstverständlich davon aus, dass auch alle anderen Afghanen den "bösen" Islam daheim gelassen haben und sich in Europa ein Loch in den Bauch freuen, weil sie nun in Freiheit leben dürfen (von anderen Annehmlichkeiten einmal ganz abgesehen). In Deutschland wird lediglich "guter" Islam praktiziert, der auf dem Weg hierher durch den fünffachen Filter der Aufklärung gelaufen ist. Und selbst diejenigen Aspekte, die sogar dem buntesten Multikulturalisten unheimlich sein müssten, dürfen nicht angesprochen werden. Jedenfalls hat noch niemand eine Quotenregelung für Imame gefordert, was man der katholischen Kirche und ihren Pfarrern nicht so einfach durchgehen lässt. Gibt es in muslimischen Gemeinden eigentlich Gleichstellungsbeauftragte?
Im Gegenteil: Wer jetzt aufgrund der Proteste im Iran ein Kopftuchverbot fordert, ist ein Rassist, behauptet die linke Twitterblase. Ein Nazi sogar, obwohl diese doch gewiss nicht islamophob waren - ganz im Gegenteil. Obwohl ich noch nicht einmal für ein komplettes Kopftuchverbot bin, stört es mich, dass die Debatte darüber wie üblich mit Tabus moralischer Natur ausgebremst wird. Die Ereignisse im Iran zeigen nur zu deutlich, wie es um die Freiwilligkeit des Kopftuchtragens in der islamischen Welt bestellt ist: Düster. Da muss es zumindest erlaubt sein, die Frage nach dem sozialen Druck innerhalb der Parallelgesellschaften zu stellen: Wie steht's bei uns mit der Freiwilligkeit? Oder was will mir eine Frau sagen, die darauf beharrt, als Staatsanwältin oder Lehrerin im Amt ihr Kopftuch zu tragen? Stehen bei ihr deutsches Recht und neutraler Lehrauftrag etwa nicht im Vordergrund ihrer Tätigkeit?
Ob man die demographische Entwicklung in Deutschland nun als gezielte "Umvolkung" betrachtet oder aber als "Nebenerscheinung" der Migration: Drücken gilt nicht. Man muss fragen dürfen, ob etwas noch unter die Religionsfreiheit fällt oder zur Beschränkung der Freiheit der restlichen Bevölkerung geworden ist. So lange Muslime nicht die Freiheit haben, zu Ex-Muslimen zu werden oder Grundrechte im Namen der Religion für Frauen nicht gewährt werden, ist Misstrauen berechtigt. Vor 1979 hat man im Westen auch nicht glauben können, zu welchen gesellschaftlichen Änderungen die Revolution im Iran führen könnte - und das so schnell. Vom modernen Minirock hin zum Tschador war es nur ein kleiner Schritt.
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