Mittwoch, 27. Februar 2019

Knüllig-Dingeldey folgt Guise-Rübe... findet Möller-Hasenbeck gar nicht lustig...

von Thomas Heck...


Karneval ist, wenn man trotzdem lacht. Ich persönlich konnte dem Karneval ja noch nie etwas abgewinnen, obwohl ich mich selbst als humorvollen Menschen bezeichnen würde. Doch je politisch korrekter der Karneval wird, desto mehr wird einem das Lachen im Halse steckenbleiben. Diese Erfahrung musste Comedian Bernd Stelter dieser Tage machen, als er sich über den sperrigen Namen Annegret  Kramp-Karrenbauer lustig machte. Und dass jetzt endgültig Schluß mit lustig ist, mache ich daran fest, das dieses "Ereignis" tatsächlich unter dem Stichwort Sexismus den Weg in die Medien fand, wie hier beim Tagesspiegel: 



In Loriots Spielfilm „Ödipussi“ von 1988 gibt es eine Szene, die wie eine kleine Prophezeiung wirkt. Bei der Sitzung zur Namensfindung eines Vereins, der den Gedanken Frau und Umwelt in den Karnevalsgedanken einzubeziehen versucht, resümiert Protagonist Heinz Meier: „Wir sind uns wohl darüber einig, dass wir mit den Begriffen Frau, Umwelt und Karneval drei ganz heiße Eisen angefasst haben!“. 



Mit fiktiven Charakteren wie Müller-Lüdenscheidt veralberte Loriot gerne Doppelnamen. Vielleicht wollte Bernd Stelter einfach nur seine Sympathie für den Humoristen ausdrücken, als er bei einem Karnevalsauftritt in Köln, über den sperrigen Namen der CDU-Vorsitzenden herzog: „Hätte nicht ein Standesbeamter Frau Kramp-Karrenbauer warnen müssen?“

Das Publikum johlte. Nur eine einzelne Frau begann gellend zu pfeifen. Stelter reagierte: „Gehen Sie doch bitte raus ein Kölsch trinken." Stattdessen sprang Gabriele Möller-Hasenbeck (Steuerberaterin) auf die Bühne und blaffte den Komiker an. „Männernamen sind immer toll. Und Frauennamen sind immer scheiße. Und Doppelnamen sind doppelt scheiße?“, fragte sie. 

Der verdutzte Stelter stammelte: „Wir machen hier ganz einfach Karneval. Und was ich mache, sind Witze.“ Möller-Hasenbeck wurde rausgeschmissen. Der Festkomitee-Chef Christoph Kuckelkorn beschwerte sich später: „Es ist nicht fair, mit dem eigenen Unmut allen anderen die Freude an der Veranstaltung zu nehmen.“ Stelter selbst analysierte: „Möglicherweise hat sie einfach keinen Humor.“ Ganz anders sahen das die Nutzer in sozialen Netzwerken. Zahlreiche Kommentare thematisierten den Sexismus im Karneval. Der WDR überlegt nun gar, die Szene für die geplante Ausstrahlung der Sitzung herauszuschneiden.



Denn was die Herren bei ihrem „Humor“ geflissentlich verschwiegen: Als Annegret Kramp-Karrenbauer 1984 den Bergbau-Ingenieur Helmut Karrenbauer heiratete, war die Annahme eines Doppelnamens die einzige Möglichkeit für eine Frau, ihren Nachnamen gegen den Willen des Mannes zu behalten. Erst Anfang der 90er-Jahre wurde gesetzlich durchgesetzt, dass der Geburtsname eines Menschen Ausdruck der Individualität und Identität ist. Seitdem können verheiratete Frauen ihn auch ohne Zusatz führen.



Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain hatte schon im 19. Jahrhundert verkündet, dass deutsche Witze zum Lachen nicht geeignet seien. Vielleicht weil sie eher einfach gestrickt sind und oft einfach plump sexistisch. Heute spricht man gerne ironisch-distanziert über die Ära der Blondinenwitze. Mit der Pointe, dass Frauen naive, dumme Sexobjekte seien, kann Mario Barth aber noch immer ganze Fußballstadien füllen: „Sie: Ich geh' zum Fitness. Bauch, Beine, Po. Darauf er: „Wieso? Davon hast du genug. Mach' doch lieber Brüste.“ 

Bei einer Prunksitzung vor zwei Jahren hatte die „Altneihauser Feierwehrkapell'n" Brigitte Macron, die Gattin des französischen Präsidenten, im Fernsehen als „gut eingefahr'nen Schlitten“, „gut abgehang'ne Dame“ und „schärfste alte Hütte“ bezeichnen dürfen.


Es gab mal Zeiten, da war der Karneval im Rheinland eine Gelegenheit für Herrschaftskritik. Die Jecken rechneten mit den Machthabenden unter dem Deckmantel des Humors ab. Heute kann man den Eindruck gewinnen, dass diese Bühne der patriachalen Selbstvergewisserung dient. Denn Männer wollen noch immer bestimmen, was witzig ist und was nicht. Dass nun jemand den Karnevalisten den Spiegel vorhält, in dem sich die hässliche Fratze eines überkommenen Geschlechterbildes zeigt, darüber kann bei den alten Jecken offenbar niemand lachen. 


Am kommenden Donnerstag ist Weiberfastnacht. Es ist an diesem Tag Brauch, dass Frauen den Männern die Krawatte als Symbol der Macht abschneiden. Gut, dass die Alltagssexisten nun auch abseits dieses Tages zu spüren bekommen, dass für sie mehr auf dem Spiel steht als nur ihre Krawatte.

So, genug geheult, meine Damen. Humor ist, wenn Frau trotzdem lacht. Dennoch geht es beim Karneval der Gegenwart selbigem offensichtlich an den Kragen, denn wenn ich mich nicht mal mehr übers Weibsvolk amüsieren darf, wozu dann die ganze Veranstaltung? Tröstlich ist dabei nur, dass es des Karnevals dabei gar nicht braucht. Die Realität reicht vollkommen. Da spare ich mir die Festreden und bleibe einfach zu Hause und laufe nicht in Gefahr, Spaßbremen wie Frau Möller-Hasenbeck zu begegnen. Und ich lese:



Humor ist zum Beispiel auch eine Pressemitteilung des Landgerichts Hannover aus dem Jahre 2016, die sich wie eine Büttenrede liest. Darauf ein Helau... es besteht also noch Hoffnung:

Mit einem Festakt im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Hildesheim ist am 31. Oktober 2014 die neue Präsidentin des Landgerichts Dr. Britta Knüllig-Dingeldey offiziell in ihr Amt eingeführt worden. Sie ist bereits seit dem 01. August 2014 im Amt.


Zugleich wurde ihr Amtsvorgänger Dr. Ralph Guise-Rübe, mittlerweile Präsident des Landgerichts Hannover, verabschiedet.


Mehr als 150 Gäste aus Politik, Justiz, Kirche, Wirtschaft und allgemeiner Öffentlichkeit waren der Einladung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Celle Dr. Götz von Olenhusen gefolgt.

Die Festrede hielt die Niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz, die in ihrem Dank an Dr. Guise-Rübe ausführte: „Sie haben die Geschicke des Landgerichts Hildesheim mit hohem Engagement, Entscheidungssicherheit, Umsicht und Geschick geleitet. Eine konstruktive, loyale Zusammenarbeit und eine intensive Kommunikation waren Ihnen stets wichtige Anliegen. Dabei waren Sie nicht nur auf die Justiz fokussiert. Sie haben durch eine Vielzahl hochinteressanter Veranstaltungen Ihr Gericht für die Bürgerinnen und Bürger geöffnet und justizpolitische Fragen auf die Tagesordnung gesetzt.“

Anschließend beglückwünschte Niewisch-Lennartz Frau Dr. Knüllig-Dingeldey zu ihrem neuen Amt: „Sie sind durch Ihre hohe Arbeitsmoral ein Vorbild für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ein Ansporn für eigene gute Leistungen. Gleichzeitig vermitteln Sie durch Ihr vorgelebtes Beispiel Werte, die in der heutigen Zeit immer wichtiger werden. Auch zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie stehen als Frau in Führungsposition für eine moderne Justiz.“

Daneben beglückwünschten der Präsident des Oberlandesgerichts Celle Dr. Peter Götz von Olenhusen, der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Hildesheim Thomas Pfleiderer, Richterin am Landgericht Annegret Bietendüwel für den Richterrat, Justizamtsinspektor Müller für den Personalrat und Rechtsanwalt Erhard Hallmann für den Hildesheimer Anwaltsverein Frau Dr. Knüllig-Dingeldey zu ihrem neuen Amt und bedankten sich bei Dr. Guise-Rübe für seine Verdienste in den zurückliegenden fünf Jahren in Hildesheim.




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