von Thomas Heck...
Wenn ein "Nachrichtensender" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der ein Framing-Handbuch in Auftrag gegeben hat, eine eigene politische Agenda hat und diese aktiv verbreitet, kommt leichter in die Versuchung, den Kontext von Nachrichten in der Verbreitung beeinflussen zu wollen. So fällt bei ARD und ZDF auf, dass als Narrativ gilt, dass der Brexit schlecht für die EU und für Großbritannien ist und den Menschen schadet. Und so ist die Häme in den Redaktionen spürbar, dass der Brexit eben nicht so unproblematisch über die Bühne geht.
Dass der Brexit auch Deutschland schaden wird, ist unbestritten. So sind die Vorboten bereits seit der Brexit-Entscheidung spürbar. Sachsens Exporte zum Beispiel sind im vorigen Jahr insgesamt leicht geschrumpft. Nach dem Rekord vom Jahr 2017 ging der Gesamtwert der Ausfuhren im vergangenen Jahr um zwei Prozent zurück. Diese eher kleine Prozentzahl verdeckt aber, dass Sachsens Exporte in die USA gleich um 14 Prozent eingebrochen sind – und sie sind der zweitwichtigste Kunde. Auf Platz 3 der sächsischen Abnehmer steht das Vereinigte Königreich, und die Exporte dorthin sind um zehn Prozent zurückgegangen.
Doch das reicht den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenmachern nicht aus und so wird bei den Berichten getrickst, hier etwas nachgeholfen, dort etwas verschwiegen, der Rest erlogen, bis der Kontext der Meldung der gewünschten politischen Agenda entspricht. Leider hat das mit Nachrichten nicht mehr viel zu tun, wie Michael Mross von MMnews berichtet:
Ein ARD-Tagesthemen-Beitrag über angeblich wegziehende Finanzunternehmer wegen Brexit wurde relotiusmäßig verdreht. Auch die Zahlen wurden zurechtgebogen, um die Sache dramatischer aussehen zu lassen.
Das Themenspektrum für deutsche Qualitätsjournalisten ist begrenzt: Wenn sie sich nicht gerade am Klimawandel abarbeiten oder gegen rechts kämpfen, dann sind Trump und der Brexit ihre Themen. So auch in den ARD-Tagesthemen am 26. Februar 2019. „Der Finanzsektor und der EU-Ausstieg: Wo der Brexit längst passiert“, hieß der Beitrag von ARD-Korrespondentin Annette Dittert. Kernbotschaft: 7.000 Banker von insgesamt 183.540 würden die City verlassen und in das verbleibende EU-Gebiet, vorwiegend nach Frankfurt, umziehen.
7.000 hört sich nach viel an, ist es aber nicht. Denn die ARD gab eine viel zu geringe Zahl von Beschäftigten im Londoner Banken- und Finanzsektor an. Es sind nicht 183.540 - wie in den Tagesthemen vorgerechnet wird, sondern über 500.000 - manche Berichte sprechen gar 700.000 Angestellten im Londoner Finanzsektor. Und es ist ein gewaltiger Unterschied, ob 7.000 von 183.540 umziehen oder von 700.000.
Natürlich brauchte Dittert einen Zeugen, am besten einen, der deutsch spricht und nach Deutschland zieht. Der Zeuge fand sich in Jürgen Feil, der sein Geschäft nach Frankfurt verlegt, was viel Geld und Kraft gekostet habe und selbst bei einer Absage des Brexit nicht rückgängig zu machen sei. Soweit der ARD-Beitrag.
Ein paar Klicks bei Google reichen, um zu merken, dass dieser Teil der Geschichte relotientenmäßig verdreht worden ist. Dieser Jürgen Feil ist kein Finanzunternehmer, der seine Firma nach Frankfurt umziehen lässt, wie uns ARD-Dittert suggeriert, sondern Feil ist Mitarbeiter des Weltkonzerns Deutsche Bank, von dem er bereits im letzten Jahr nach Frankfurt versetzt wurde, als man noch gar nicht wissen konnte, ob es Brexit-Begleitgesetze geben wird oder nicht und ob Teile des DB-Clearing-Geschäfts weiter von London betrieben werden können oder vielleicht besser von Frankfurt.
Der Name "Deutsche Bank" kommt aber in dem ARD-Beitrag nur in einer kurzen Einblendung vor und war leicht zu übersehen - wohl mit Absicht.
Die ARD verbreitet reine Propaganda.
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