von Thomas Heck...
Die rot-rot-grünen Chaos-Tage gehen munter weiter (offizielles Motto: „Gutes Regieren“), ob nebenbei noch Sachpolitik gemacht wird, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Fest steht jedenfalls: Nach zähen 38 Tagen des sogenannten Regierens stellen sich gewisse Ermüdungserscheinungen ein („SPD, Linke und Grüne werfen sich gegenseitig Wortbruch vor“, schreibt z.B. die „Morgenpost“).
Und das war die Erklärung des Regierenden Bürgermeisters zur Causa Holm: Michael Müller gab bekannt, dass er sich „nach reiflicher Überlegung und intensiven Gesprächen mit den Koalitionspartnern entschlossen habe, die zuständige Senatorin zu bitten, dem Senat eine Vorlage zur Entlassung des Staatssekretärs Dr. Andrej Holm vorzulegen“ (die Grünen wollen das übrigens auch).
Preisfrage: Ist das jetzt ein Machtwort? Der Regierende hat sich kraftvoll „entschlossen, zu bitten“ - na dann. Die Linke gab sich jedenfalls düpiert (war aber vorab informiert), nannte Holm eine „großartige Besetzung“, sprach ihm das Vertrauen aus und erklärte: „Die öffentliche Äußerung von Michael Müller ist nicht mit uns abgesprochen und liegt außerhalb des vereinbarten Verfahrens.“
Alles in allem also eine verfahrene Situation, wie sich auch am Sonntag zeigte: Nach einer Krisensitzung teilte die Linke mit, dass sie nichts mitteilen will. Klar ist nur die Stoßrichtung der Kommunikation, hier vorgetragen von der Bundesvorsitzenden Katja Kipping: „Die Aussagen von Müller sind Ausdruck dafür, dass die SPD zerstritten ist. Ich empfehle der SPD, erst ihre eigenen Probleme zu lösen.“ Damit spielte sie an auf die Senats- (und damit Müller-)kritische Rede von SPD-Fraktionschef Saleh zur Sicherheitspolitik (kommen wir gleich drauf zurück).
Das ändert aber nichts daran, dass es bei den Linken rumort: Die Erwartung im eigenen Lager, nicht auf die „Bitte“ des Regierenden einzugehen, ist hoch - nie wieder sollte so wie unter Wowereit demütig mitregiert werden. Und nun? Linken-Bürgermeister Klaus Lederer sagt: „Wir müssen uns nochmal verständigen, wie wir miteinander umgehen wollen“ (Interview in der Abendschau) - als wäre das nicht bereits in extenso geschehen (oder ist auch diese Koalition wieder eine Selbsterfahrungsgruppe?). Im Übrigen schließt er „überhaupt nichts aus.“ Und Fraktionschef Udo Wolf raunt: „Die Lage ist sehr ernst, ich kann keine Prognose abgeben, wie das ausgeht.“ Checkpoint-Vermutung: Irgendwie wird erstmal weiter gewürgt (z.B. durch Rücktritt Holms und Einstellung als Berater).
Dazu drei Fragen: 1) Kann in dieser Stadt eigentlich nur Andrej Holm „soziale Mieterpolitik“? 2) Wenn ja, wozu braucht’s dann überhaupt eine Senatorin? 3) Kann es sein, dass die Linke einen verwaltungs- und politikunerfahrenen Wissenschaftler leichtfertig verheizt hat (oder kam das für sie alles wirklich überraschend)? Ach ja, ein Wort noch zur Legende, Immobilienspekulanten hätten Holm mit Hilfe einer „Kampagne“ der „verflochtenen Hauptstadtpresse“ gestürzt (jedenfalls was uns betrifft): Bullshit.
Und damit zu Saleh: Müller-Versteherin Regine Zylka klassifiziert heute in der „Berliner Zeitung“ die Parlamentsrede von SPD-Fraktionschef Saleh zur Sicherheitspolitik (siehe oben) als „rechtspopulistisch“ - dazu der Kommentar von Ernst Jandl: „Manche meinen / lechts und rinks / kann man nicht velwechsern / werch ein Illtum.“
Und wofür steht nun Rot-Rot-Grün? Interview mit der Wirtschaftssenatorin im „VBKI-Spiegel“ - Sebastian Thomas fragt: „Wir vermissen im Koalitionsvertrag eine übergreifende Idee, die den vielen Einzelmaßnahmen eine Zusammenhang verleiht - ist da nicht eine Chance verpasst worden?“ Ramona Pop antwortet: „Der Koalitionsvertrag hat eine klare Linie: Berlin gemeinsam mit den Berlinerinnen und Berlinern so zu gestalten, dass die Stadt sich wirtschaftlich, ökologisch, sozial und kulturell weiterentwickelt.“ Was auffällt: Keiner dieser Bereiche wird im Senat von der SPD verantwortet.
Merke: Eher wird BER noch dieses Jahr eröffnet, als dass die Koalition aus Kommunisten, Grünen und Sozis funktioniert. Es gilt unter Linken immer noch die Steigerung: Freund, Feind, Parteifreund. Zum Schaden der Stadt.
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