von Thomas Heck...
Auch wenn Spiegel Online und T-Online in ersten Meldungen jubelnd verkündete, das die NPD verboten werden, ist dem nicht so, denn das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag auf ein NPD-Verbot zurückgewiesen. Die Urteilsbegründung läuft jetzt gerade, für einen juristisch ungebildeten Bürger nicht mal im Ansatz verständlich. Aber ein Parteiverbot sei kein Gesinnungsverbot.
Bislang hat der Wähler das Problem NPD gut und intelligenter gehandhabt, als das unsere Politiker jemals hätten schaffen können. Die NPD war niemals im Deutschen Bundestag, dümpelt seit Jahren bei unter 2%, Tendenz weiter sinkend. Die Mitgliederzahlen seit Jahren auf niedrigen Niveau, auch hier die Tendenz sinkend.
Wozu dann überhaupt ein Parteiverbotsverfahren? Denn die NPD kämpft gegen die Bedeutungslosigkeit - ihr mangelt es an Mitgliedern, Wählern und Geld.
Als die Bundesländer Ende 2012 entschieden, einen zweiten Antrag auf ein Verbot der Partei zu stellen, sah das noch anders aus. Die NPD war in zwei Landtagen vertreten, es gab weder Pegida noch die rechtspopulistische AfD. "Zum Zeitpunkt des Antrags war die NPD der Platzhirsch am rechten Rand, die Partei hatte praktisch keine Konkurrenz", erklärt Marc Brandstetter, der die Partei seit Jahren beobachtet und auf der Plattform "Endstation Rechts" berichtet.
Vier Jahre später hat die NPD gerade noch 5000 Mitglieder, parlamentarisch wird sie immer unwichtiger. Holte sie 2004 bei der Landtagswahl in Sachsen noch 9,2 Prozent der Stimmen, scheiterte sie acht Jahre später am Wiedereinzug. Ähnlich erging es der Partei in Mecklenburg-Vorpommern. Bei der Bundestagswahl 2013 kamen die Rechtsextremen auf 1,3 Prozent der Stimmen. Als letzter überregionaler Vertreter sitzt Udo Voigt für die NPD im Europaparlament.
Denn inhaltlich ist die NPD keineswegs harmloser geworden. Im Kern ist die Partei noch immer antidemokratisch, rassistisch und antisemitisch. Davon sind Wissenschaftler wie Steffen Kailitz überzeugt. Der Totalitarismusforscher trat im Verbotsverfahren als Gutachter auf und warnt im Interview mit dem SPIEGEL davor, die Partei abzuschreiben: "Vor allem wenn die Kameradschaften die NPD wieder verstärkt unterstützen, hat die Partei schlagartig wieder ein erhebliches Mobilisierungspotenzial."
Viele Funktionäre pflegen enge Kontakte zu Neonazis und Rechtsradikalen auch außerhalb der Partei. Unter den zwanzig Demonstranten in München mischten sich unter anderem Vertreter der Partei "Die Rechte", bekennende Neonazis und Unterstützer der verurteilten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck.
Auch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe thematisierte wiederholt das rassistische Weltbild der Rechtsextremisten mit Blick auf ihren Begriff der Volksgemeinschaft. Der Senat zitierte NPD-Schriften. Dort heißt es, "ein Afrikaner oder Asiate kann nie Deutscher werden", und "Angehörige anderer Rassen bleiben immer Fremdkörper". Richter und Berichterstatter Peter Müller merkte gar an, das Programm der NPD gehe über das der NSDAP hinaus.
Wie dem auch sei, halte ich die Ablehnung des NPD-Verbots dennoch für gerechtfertigt. Denn ein Parteiverbot einer verfassungswidrigen Partei macht nur Sinn, wenn die Partei überhinreichende Wirkungsmöglichkeiten verfügt. Die NPD schlichtweg nicht das Potenzial. Eine starke Demokratie kann auch radikale Parteien ertragen, sie erträgt ja auch die Grünen und die Linkspartei, der die NPD in Sachen Antisemitismus und Judenhass in keiner Weise nachstehen. Und auch die Linkspartei strebt eine Ende der freiheitlich-demokratischen Grundordnung an. Nach dem Bundesverfassungsgericht reicht eine rassistische Einstellung für ein Parteiverbot nicht aus.
Und schaue ich mir die aktuellen Parteienkonstellationen an, wo man an einer Kanzlerin Merkel rein rechnerisch gar nicht vorbeikommt, dann stelle ich mir die Frage, von wo Gefahr für unsere Demokratie tatsächlich ausgeht. Von einer bedeutungslosen NPD oder von einem linken Mainstream, der immer mehr versucht, die Meinungsfreiheit einzuschränken?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen