Horror-Unfall
Antrag abgelehnt!
Todesfahrer (21) von Treptow muss nicht in U-Haft
Der Horror-Crash in Berlin-Treptow – es besteht der Verdacht auf ein illegales Autorennen. Noch in der Nacht zum Mittwoch starben zwei junge Männer an den Unfallfolgen. Ein weiterer schwebt in Lebensgefahr.
Von Jörg Bergmann und Katharina Metag
Auch der Fahrer (21) überlebte schwer verletzt – und steht nun im Fokus von Polizei und Staatsanwaltschaft. Wie die Behörden mitteilten, sollte Haftbefehl gegen ihn erlassen werden. Doch der Haftrichter lehnte den Antrag auf Haftbefehl wegen Zweifeln am dringenden Tatverdacht und wegen fehlender Haftgründe ab, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch über ihren Twitter-Account mit.
„Wir prüfen, ob wir dagegen Beschwerde einlegen“, hieß es weiter. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 21-Jährigen fahrlässige Tötung und ein verbotenes Autorennen vor.
Der junge Mann verletzte sich bei dem Crash ebenfalls, musste in einem Krankenhaus behandelt werden. Dort nahmen ihn die Ermittler fest!
► Am Vormittag hatte es Verwirrung um den Gesundheitszustand eines Insassen gegeben, der lebensgefährlich verletzt im Unfallkrankenhaus Berlin liegt. Nach B.Z.-Informationen hat der Mann Brandverletzungen dritten Grades, liegt im künstlichen Koma. Entgegen einer gemeinsamen Meldung von Polizei und Staatsanwaltschaft vom Mittag erlag der junge Mann seinen Verletzungen nicht. Die Ärzte kämpfen weiter um sein Leben.
Wie die Polizei auf B.Z.-Anfrage angab, saßen in dem Audi RS 5 (450 PS) vier Männer zwischen 19 und 21 Jahren. Alle sind Mitglieder einer libanesischstämmigen Großfamilie.
▶︎ Die Familie soll in der Nacht die Klinik belagert haben, um den Angehörigen zu besuchen. Vor dem Haus des mutmaßlichen Unfallfahrers steht die Polizei.
Der Horror-Crash
Alle vier Opfer saßen in einem Wagen, der vermutlich wegen überhöhter Geschwindigkeit gegen 22.40 Uhr am Dienstagabend von einer geraden Straße im Stadtteil Treptow abgekommen war. Die Straße ist eine 30er-Zone.
Der Fahrer des Audi verlor die Kontrolle über seinen Wagen, fällte zwei Straßenbäume und schleuderte gegen einen Bauschutt-Container. Das Fahrzeug verunglückte mit einer solchen Wucht, dass es in zwei Teile zerrissen wurde und in Flammen aufging. Trümmerteile flogen 100 Meter weit durch die Luft.
Einer der Insassen verstarb noch am Unfallort, ein zweiter wurde zunächst wiederbelebt und starb später im Krankenhaus.
Anwohner und Passanten versuchten nach Zeugenangaben, die brennenden Menschen zu löschen. Ein Fußgänger, der den Unfall beobachtet hatte, erlitt einen Schock und musste ebenfalls behandelt werden.
„Das war ein solches Verstörungsbild, das können Sie sich nicht vorstellen“, sagte Dennis Passlack von der Berliner Feuerwehr. Das Autowrack, ein Toter im Wagen. „Drei Verletzte lagen auf dem Gehweg.“ Nach mehreren Notrufen sei er mit seinen Kollegen zur Unglücksstelle nahe dem Treptower Park ausgerückt. Rund 80 Kräfte seien im Einsatz gewesen.
„Am Unfallort funktionieren wir, der psychisch belastende Einsatz wird hinterher besprochen“, fasste Passlack nüchtern zusammen, was selbst für gestandene Kräfte nicht alltäglich gewesen sei.
Die Polizeiarbeiten dauerten bis zum Mittwochmorgen an. Bis dahin war die Unfallstelle gesperrt.
Immer wieder illegale Autorennen auf Berlins Straßen
Autorennen auf den Straßen der Hauptstadt sind keine Seltenheit. Von Oktober 2017 bis Oktober 2020 wurden nach damaligen Angaben des Berliner Strafermittlers Andreas Winkelmann 1500 Strafverfahren – auch gegen Unbekannt – eingeleitet. 300 Raser seien rechtskräftig verurteilt worden.
Winkelmann leitet die Spezialabteilung für Verbotene Kraftfahrzeugrennen bei der Berliner Amtsanwaltschaft. Nach seinen Erfahrungen sind es meist junge Männer zwischen 20 und 35 Jahren, die hochmotorisierte Wagen mieteten und nicht daran denken würden, bei einem „Stechen“ erwischt zu werden oder andere zu gefährden. Viele Rennen auf meist kurzen Strecken würden nachts oder am Wochenende ausgetragen.
Winkelmann hatte wiederholt für einen Auto-Stufenführerschein plädiert. „Warum darf der Fahranfänger zunächst nicht nur einen 75-PS-Wagen fahren und erst fünf Jahre später ein höher motorisiertes Fahrzeug?“
► Im Oktober 2017 wurden illegale Autorennen von einer Ordnungswidrigkeit zur Straftat hochgestuft. Seitdem kann schon die Teilnahme an solchen Rennen mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden. Zuvor gab es nur Geldbußen.
Der neue Paragraf 315d im Strafgesetzbuch sieht zudem bis zu zehn Jahre Gefängnis vor, wenn durch ein „verbotenes Kraftfahrzeugrennen“ der Tod eines anderen Menschen verursacht wird.