Donnerstag, 24. November 2022

Gerechtigkeit im Schneckentempo...

von Mirjam Lübke...

Die Mühlen der Gerechtigkeit mahlen langsam, sagt man im Allgemeinen - und gerade, was den Lockdown von 2020 betrifft, kann man das in Deutschland besonders gut beobachten. Jetzt endlich hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Corona-Maßnahmen in Bayern vollkommen überzogen waren. Bereits im letzten Jahr entschied das Landesverfassungsgericht in Thüringen, dass viele Bußgelder zu unrecht erhoben worden wurden. Wer zu unrecht Bußgeld bezahlen musste, hat nun immerhin eine Möglichkeit, sich etwas davon zurückzuholen - im Falle von Gastronomen, welche gegen die Regeln verstießen, können das immerhin fünfstellige Summen sein. Wenn der Betrieb die Straforgie damals allerdings nicht überlebt hat, ist das nur ein schwacher Trost.


Jedoch: Gegen die Schikanen, welche sich manche Landesregierung ausdachte, hätten wir die juristische Unterstützung damals dringend gebrauchen können. Denn die Zeit gibt uns niemand zurück. Selbst wenn man den Verantwortlichen zugesteht, 2020 noch nicht den gleichen Informationsstand wie heute gehabt zu haben, verstießen einige Regelungen nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern auch den gesunden Menschenverstand: Das Virus schlug zum Beispiel offensichtlich nur bei sitzenden Menschen zu. Beim Eisesssen im Stehen bestand keinerlei Gefahr, erst, wenn man sich dazu auf eine Bank setzte, fiel es den Schleckenden an. Auch wenn die Bank fernab jeglicher Menschenmenge stand.
 
Während diese Regeln noch in die Kategorie "Man kann auch alles übertreiben!" fielen, gab es andere, die weitreichende und nicht wieder gut zu machende Konsequenzen für das Zusammenleben von Familien hatten. Was man den Gerichten nicht anlasten kann, ist der Eifer, mit dem die Leiter von Pflegeheimen daran machten, ihre Schützlinge von der Außenwelt abzuschotten. Überall auf der Welt wurde das Pflegepersonal kreativ, um die Besuche von Familienangehörigen trotz der Hygienemaßnahmen zu ermöglichen. Auch wenn manche dieser Lösungen im Nachhinein betrachtet albern anmuten - etwa die Aufstellung einer Plexiglaswand - hat man sich wenigstens Gedanken gemacht. In Deutschland ließ man alte Menschen vereinsamen - selbst, wenn sie im Sterben lagen. So etwas kann kein verspätetes Urteil wiedergutmachen, es hätte bereits damals Richter gebraucht, welche dem Irrsinn entgegentreten.

Das hätte auch den vielen Denunzianten, welche nicht besseres zu tun hatten, als ihre Mitmenschen an die Behörden zu verraten, den Nährboden entzogen. Und das ist die eigentliche Gefahr: Bei diesen Leuten wird wahrscheinlich nie Einsicht einkehren, wie niederträchtig sie sich verhalten haben. In Verbindung mit einer Justiz, die nicht wagt, der Regierung zu widersprechen oder es erst tut, wenn sich alles von allein erledigt hat, ergibt das eine gefährliche totalitäre Mischung. Denn egal, welche Zwangslage in Zukunft auf uns zukommt, sie werden wieder so handeln. "Nie wieder!" hat kläglich versagt, vielmehr ist es wie bei Ernst Jandl ein "Nie wieder, jedenfalls nicht gleich!"



 

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