von Thomas Heck...
Wenn eine großes deutsches Nachrichtenmagazin über Gefahren für Schwule bei Urlaubsreisen berichtet, kann man gespannt sein. Wenn es dann dieses Nachrichtenmagazin schafft, die Problematik mit Schwule im Islam zu verschweigen, wo Schwule gehängt oder von Dächern geworfen werden, beginnt man bereits zu zweifeln. Wenn es dann auch noch die USA in Untertitel der Schlagzeile schafft, dann weiß man, dass man nur auf den Seiten des SPIEGEL's gelandet sein kann. Verschwiegen wird auch, dass es selbst in Europa für Schwule zunehmend schwieriger geworden ist, sich frei von Anfeindungen überall zu bewegen. Eine Grundstimmung des Verschweigens, der Verschleierung hat sich breit gemacht. Und keiner hat den Mumm, die Ursachen zu benennen und zu fragen, woher der Hass kommt, der seinen Ursprung im hohen Maße in der islamisch geprägten Herkunftsländern vieler illegaler Migranten hat.
Schwule auf Reisen "Wir reisen nicht in Länder, die gefährlich für uns sind"
Wo fühlt sich die LGBT-Community im Urlaub am wohlsten? Wo ist es rein rechtlich problematisch? Mit den USA ist ein klassisches Reiseziel für Schwule mittlerweile umstritten.
Karl Krause und Daan Colijn wandern in ihrem Urlaub gerne in den Bergen, mögen Partys oder auch mal einen Strandausflug - so wie viele andere Paare auch. Aber für die beiden kommen einige beliebte Touristenziele nicht infrage - ihre Beziehung würde dort nicht akzeptiert, ein Kuss-Selfie könnte schon gefährlich werden. Die bärtigen Männer sind seit fünf Jahren ein Paar. Sie leben in Amsterdam - Krause ist Deutscher, Colijn Niederländer - und betreiben gemeinsam den Reiseblog "Couple of Men".
Homosexualität ist laut der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) in 72 Ländern immer noch illegal und wird teilweise hart bestraft. In Iran droht gleichgeschlechtlichen Paaren die Todesstrafe, in Kenia, Oman und Malaysia mehrere Jahre Gefängnis.
Der Spartacus Gay Travel Index rankt Länder nach ihrer LGBT-Freundlichkeit. "Wir sehen das nicht als Empfehlung, aber er kann eine Entscheidungshilfe sein", sagt Dirk Baumgartl von der blu Mediengruppe, die ihn herausgibt. Das beliebteste Reiseziel sei Spanien - ein Land, das als offen für LGBT-Paare gilt.
Gay-Apps als Sicherheitsrisiko
Manchen homosexuellen Reisenden sei nicht bewusst, wie es für LGBT in bestimmten Ländern aussehe. "Die sehen dann die schönen Strände in Dubai und finden einen günstigen Flug", sagt Baumgartl.
Auch Krause und Colijn waren schon in dem Emirat - sich allerdings durchaus bewusst, dass Homosexualität dort verboten ist. Sie hätten etwa darauf verzichtet, Hand in Hand durch die Stadt zu laufen oder Gay Apps zu nutzen. "Dann ist der Urlaub aber gleich auch deutlich unentspannter", sagt Krause.
Apps wie Grindr werden in Ägypten sogar von den Behörden eingesetzt, um Fake-Verabredungen zu initiieren und die Nutzer dann zu verhaften - obwohl Homosexualität offiziell nicht strafbar ist. "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch ausländische Touristen Opfer dieses Vorgehens werden könnten", schreibt das Auswärtige Amt auf seiner Homepage.
Krause und Colijn haben inzwischen bei der Auswahl ihrer Reiseziele ein klares Prinzip: "Wir reisen in keine Länder, die gefährlich für uns sind." Absolut tabu seien für sie Destinationen, in denen Homosexualität als illegal angesehen werde. Nach Dubai würde er mittlerweile nicht mehr reisen, sagt Krause: "Ich unterstütze diese Länder nicht, wenn einheimische LGBT-Menschen bedroht, ermordet und eingesperrt werden." Auf eine Reise nach Russland verzichtet er deshalb, obwohl er schon seit seiner Kindheit von einer Reise dorthin träumt.
Natur und Gay-Pride
Bei ihren Reisen gibt es für das Paar außerdem zwei Kriterien: "Wir sind beide sehr abenteuerlustig und lieben die Natur. Im Urlaub suchen wir einen Ausgleich zu unseren Jobs am Computer." Oft verbinden sie das mit dem Besuch eines LGBT-Events. Bei einem Ausflug zur Gay Pride nach Tallinn mit einem Freund erlebte Krause im vergangenen Jahr eine unangenehme Überraschung.
Bei der Einreise wurden sie darauf hingewiesen, sich außerhalb markierter Stadtteile nicht zu offen homosexuell zu verhalten. Später erfuhren sie, dass die letzte Pride-Veranstaltung vor zehn Jahren abgebrochen wurde, weil Teilnehmer mit Steinen beworfen wurden. Die Feindseligkeit gehe besonders von dem russischen Bevölkerungsanteil aus. "Wir hatten nicht damit gerechnet, dass das in einem Land in Europa ein Problem ist", sagt Krause. Insgesamt sei es dennoch eine "wunderschöne Parade" gewesen, allerdings mit einem Zwischenfall: Frauen mit Bibeln in den Händen hätten die Feiernden beschimpft.
Besonders begeistert waren sie dagegen von ihren Touren nach Kanada und Island - auch weil Homosexualität hier ihren Erfahrungen nach gar keine Hürde darstellt. Innerhalb der Niederlande sind sie ebenfalls gern unterwegs. Außerdem seien sie "verliebt in Japan". Ein Land, das im Spartacus-Index Abzüge für feindselige Einheimische bekommt. Krause kann das aus seiner Erfahrung nicht bestätigen: "Das Schlimmste war, dass eine Gruppe Jugendlicher hinter unserem Rücken gekichert hat, als wir Hand in Hand vorbeigelaufen sind."
Kontroverse um die USA
Traditionell beliebt bei schwulen Reisenden sind die USA, laut Baumgartl immer noch das Nummer-eins-Überseeziel. Fort Lauderdale beispielsweise bewirbt sich selbst als Floridas "Lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und Familien-Hauptstadt". Krause sieht die Destination jedoch momentan kritisch: "Seitdem die Trump-Regierung versucht, sämtliche Gleichstellungsbemühungen rückgängig zu machen, ist eine Reise in die USA für mich schwieriger zu vertreten."
Auch andere Länder machen Rückschritte: Die Bermudas haben die Ehe für alle zurückgenommen - gleichgeschlechtliche Paare können nicht mehr an Bord von Kreuzfahrtschiffen heiraten, die unter der Flagge des britischen Überseegebiets fahren. Indonesien plant eine Strafrechtsreform, die homosexuelle Handlungen unter Strafe stellen soll. Und dann gibt es Länder, in denen sich rechtlich nichts - oder kaum etwas - ändert, die Situation sich aber dennoch verschlechtert.
Dazu gehört Brasilien, ein Lieblingsreiseland von Baumgartl: "Ich war letztes Jahr da, und es macht sich in der Community ein gewisser Pessimismus breit." Rios Bürgermeister, der evangelikale Ex-Pfarrer Marcelo Crivella, hält Homosexualität für eine heilbare Krankheit. Hinzu kommen die schwierige wirtschaftliche Situation und die steigende Kriminalität - insbesondere gegenüber Transgender.
Besser sehe es hingegen im Nachbarland Argentinien aus, das sich seit vielen Jahren aktiv um LGBT-Reisende bemühe. Andere Trendziele auf dem amerikanischen Kontinent seien Costa Rica und Kolumbien.
Generell gebe es auch viele Fortschritte: "Vieles wird normaler", sagt Krause. Immer mehr Länder ermöglichen es Schwulen und Lesben zu heiraten. LGBT-Reisen hätten sich in den "letzten Jahren von einem Nischenprodukt in ein international anerkanntes Reisesegment" entwickelt, sagt Rika Jean-François, CSR-Beauftragte der ITB Berlin, laut einer Pressemitteilung. Seit 2012 hat mit Dertour ein großer Veranstalter einen speziellen Katalog für Homosexuelle im Programm, Kreuzfahrten für schwule Männer haben Konjunktur.
So sein, wie man ist
Vor zwei Jahren nahm Krause zum ersten Mal an einer Gay-Kreuzfahrt teil - und erinnert sich besonders an einen Moment: Mit seinem Partner und neuen Bekanntschaften saß er bei Sonnenuntergang an Deck: "Da fiel uns auf, wie toll es ist, einfach so zu sein, wie man ist. Keiner dreht sich hier um, weil man etwas Falsches angezogen oder jemanden geküsst hat. Aus diesem Grund sind spezielle Reiseangebote sinnvoll."
Eines ist Krause besonders wichtig: Nur weil ein Land die rechtliche Situation für LGBT verbessert, bedeute das nicht automatisch, dass es als Reiseziel komplett gay-freundlich sei: "In Amsterdam haben wir jährlich mehrere Angriffe auf homosexuelle Paare, in Berlin hat mir jemand vor die Füße gespuckt." Ein Freund sei einmal in einer "gayfriendly" Bar in Vancouver homophob von einer Frau beleidigt worden, weil er einen Mann küsste, ein anderer habe in einem Hotel in Genua kein Doppelbett gemeinsam mit seinem Mann bekommen.
Wohl auch deshalb seien Kraus und Colijn stets besonders vorsichtig, ließen die Hand des anderen beinahe automatisch los, wenn im Dunkeln eine schwer einzuschätzende Gruppe auf sie zukäme: "Man wird als Schwuler sehr sensibel für seine Umwelt.
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