Freitag, 2. Dezember 2022

Ablasshandel reloaded...

von Mirjam Lübke...

Schon Katharina Schulze von den bayerischen Grünen hatte es verstanden, den Grundgedanken des mittelalterlichen Ablasshandels in die Gegenwart zu holen: "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt." Als die stets gutgelaunte Politikerin vor ein paar Jahren unverblümt Fotos ihrer Kalifornienreise ins Internet stellte - inklusive eines Eisbechers mit Plastiklöffel - stieß das vielen sauer auf. Nicht, weil man ihr den Urlaub nicht gönnte, sondern weil es stets die Grünen sind und waren, die dem Normalbürger selbigen vermiesen wollen. Wegen der CO2-Bilanz. Ganz verwundert über den Aufruhr ließ Frau Schulze die Deutschen wissen, sie habe doch deshalb an Greenpeace gespendet. Na, dann war ja alles gut. Die Umweltengel spurteten sicherlich unverzüglich los, um jedes von ihr verursachte CO2-Molekül mit dem Klimastaubsauger einzufangen.


Natürlich ist nichts gegen Spenden zu sagen, freiwillige Gaben, die das Leben an irgendeinem Ort für die Menschen besser oder ihnen wenigstens eine kleine Freude zu machen. So wie Frank Zander, der Weihnachtsessen für Obdachlose organisiert, ohne großes Tamtam, einfach, weil es ihm ein Bedürfnis ist, etwas zu unternehmen. Auch wenn der "Normalbürger" etwas spendet, steht dahinter in der Regel guter Wille. Vielleicht auch ein wenig schlechtes Gewissen angesichts des Elends in der Welt, aber gewiss würde sich niemand anmaßen, sich damit von eigenen Verfehlungen freizukaufen. Doch das ist es nicht allein.

Die neue Elite - und damit meine ich nicht nur diejenige mit dickem Geldbeutel - stellt fleißig moralisch wohlklingende Regeln auf - für andere. Man selbst glaubt, man dürfe sich auch schon einmal eine Ausnahme davon gönnen, so als habe man sich das durch beständiges Trommeln für die Ideologie redlich verdient. Wenn etwa Ursula von der Leyen im Rahmen der EU-Politik Ungarn der Korruption bezichtigt, dann hat das etwas Tragikomisches: Wir erinnern uns alle an ihre Berater-Deals mit der Agentur McKinsey, in welcher ihr lieber Sohn eine wichtige Stellung innehatte. Korruption ist offenbar nur von Interesse, wenn sie der derzeit auf der Abschussliste stehende Regierungschef betreibt - und das ist im Moment Victor Orban, der schon in anderen Belangen eine volle Dosis der deutschen Doppelmoral abbekam. Auch beim Verweis auf die Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn musste ich herzlich lachen und stellte mir Herrn Harbarth und Frau Merkel beim gemeinsamen Kartoffelsuppen-Dinner vor.
 
Alena Buyx, prominente Vertreterin des deutschen Ethikrates, hält es klassisch und spendet derzeit für die Menschenrechte, wenn ihre Familie ein Fußballspiel in Katar sehen will. Da wird "ganz bewusst" ausgewählt, was einfach besser klingt als zu sagen, man sei in der Einhaltung der eigenen Regeln inkonsequent. Buyx musste nun im Namen des Ethikrates einräumen, man habe die Folgen des Lockdown für Kinder und Jugendliche falsch eingeschätzt, etwa die durch die Maßnahmen verursachten Depressionen und psychosomatischen Erkrankungen. Aber sieht es nicht eher so aus, dass man auch dabei einfach den bequemen Weg gegangen ist? Der Ethikrat wurde von der kritischen Stimme in der Diskussion zu einer Abnick-Institution für alles, was aus dem Gesundheitsministerium kam. Man hätte Wetten darüber abschließen können, wie schnell Positionen gekippt wurden, wenn sie Spahns oder Lauterbachs Willen nicht entsprachen.
 
Es wird gegenwärtig viel über die Spaltung der Gesellschaft geklagt, am lautesten von jenen, welche diese Spaltung durch ständiges Diffamieren Andersdenkender fleißig betrieben haben. Die nächste Spaltung findet längst statt: In das Fußvolk, welches die aufgestellten Regeln strikt zu befolgen hat und jene, die sich davon freikaufen oder glauben, darüber zu stehen. Wir haben also mittlerweile nicht nur migrantische Parallelgesellschaften in den Großstädten - die allerdings keinen Hehl daraus machen, sich nicht um die Regeln zu scheren - sondern auch die Parallelgesellschaft der Moralweltmeister, die sich wie auf der "Farm der Tiere" benehmen. Kaum schaut man einmal eine Sekunde zur Seite, steht schon eine neue Regel auf der Scheunenwand.




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