Dienstag, 29. August 2017

Linksfaschisten vor Gericht... 2 Jahre, 7 Monate, geht doch...

von Thomas Heck...

Wer gegen Polizisten Gewalt ausübt, geht in den Knast. Diese bittere Lehre muss ein Holländer nun ziehen, der meinte, deutsche Polizisten dürften mit Bierflaschen beworfen werden. Nun kann er die nächsten 2 Jahre 7 Monate über seine Taten nachdenken. Damit ging das Gericht sogar über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


Als seine Handschelle aufklickt, zieht sich Peike S. die rote Kapuze vom Kopf und winkt ins Publikum, etwas verschämt, aber stolz. Etwa 40 bis 50 Unterstützer in Saal 300 des Hamburger Amtsgerichts klatschen, auch seine Eltern und die Schwester sitzen in der ersten Reihe. S. klopft sich aufs Herz, das tut mir gut soll das heißen, nach mehr als sieben Wochen in Untersuchungshaft.

Der 21-jährige stammt aus Amsterdam, arbeitet dort als Koch in einer Volksküche und soll zum Umfeld der Hausbesetzerszene gehören, vorbestraft ist er nicht. Mit seinem dichten Bart, dem Männerdutt und den Bändern und Anhängern um die Handgelenke kann man ihn sich gut abends in der Schanze beim Cornern vorstellen.

Doch dann rufen seine Unterstützer „Fotos! Kapuze!“ und die Fotografen drängen in den Gerichtssaal, Kameras klicken und S. stülpt sich rasch seine Tarnung über. Für die Staatsanwaltschaft ist S. einer der Täter, die in den Gipfeltagen eben nicht nur Bier tranken – sondern mit Bierflaschen auf Polizisten feuerten.



Nach der Festnahme ging er im „Embryonalstellung“

Es geht um den Abend des 6. Juli, es sind die Stunden nach der „Welcome to Hell“-Demo, dem Auftakt für die Tage des Ausnahmezustands. Die Anklage wirft S. gefährliche Körperverletzung vor, er soll zwei Bierflaschen auf Polizisten geworfen haben und somit schweren Landfriedensbruch begangen haben, darauf steht ein Strafmaß zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.


Als die Beamten ihn festnehmen wollten, soll er eine „Embryonalstellung“ eingenommen, die Arme verschränkt und alle Muskeln angespannt haben – das gilt als Widerstand gegen Beamte, der Strafrahmen geht hier von einer Geldstrafe bis zu drei Jahren. Es war der erste Prozess im Zusammenhang mit den G-20-Krawallen Anfang Juli in Hamburg.

Natürlich ist dieses Verfahren auch politisch aufgeladen, der Druck auf den Richter Johann Krieten hoch. Ein angeschlagener Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gab nach dem Gipfel zu Protokoll: „Ich hoffe, dass die Gewalttäter, die wir gefasst haben, mit sehr hohen Strafen rechnen müssen.“ Auch die Staatsanwältin betonte in ihrem Plädoyer mehrmals, das Rechtsverständnis der Bürger würde schwer erschüttert werden, wenn man in einem solchen Fall zu einer Bewährungsstrafe kommen würde. Es ginge auch um generalpräventive Aspekte bei so einem Verfahren: „Strafen müssen abschrecken.“

Urteil liegt über den Forderungen der Staatsanwaltschaft

Und das tut dieses Urteil: Peike S. wird zu zwei Jahren und sieben Monate Gefängnis verurteilt. Damit liegt der Richter noch über der Forderung der Staatsanwaltschaft, die bei einem Jahr und neun Monaten lag. Es habe in der Vergangenheit viele milde Urteile für Gewalttäter gegeben, die Polizisten angegriffen hatten, so der Richter in seiner Urteilsbegründung.

Polizisten seien aber kein Freiwild für erlebnisorientierte Gewalttäter. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Das Verfahren wird wohl in die nächsten Instanzen gehen, der Haftbefehl wurde erneuert.

Ein 21-jähriger Angeklagter aus den Niederlanden verdeckt sein Gesicht vor Gericht 

Damit hält das Gericht die Schilderungen zweier Berliner Polizisten, die als Zeugen vor Gericht aussagten, weitestgehend für glaubwürdig. Peike S. äußert sich nicht zu den Vorwürfen, er sagte nur aus, er sei nach Hamburg gekommen, um in einem der Protestcamps zu kochen. 

Ein Bereitschaftspolizist schildert die Situation am Donnerstagabend: Nachdem die Demo am Hafen wegen Vermummungen und Flaschenwürfen aufgelöst wurde, laufen danach kleinere Gruppen von Protestlern durch das Schanzenviertel, immer wieder kommt es zu Scharmützeln, Flaschen und Steine fliegen.


Aus einer Gruppe heraus fliegt eine braune Bierflasche

Gegen 23.40 Uhr stehen die beiden an der Ecke Altonaer Straße/Schulterblatt, die Scheinwerfer der Wasserwerfer leuchten die Kreuzung aus. Aus einer größeren Gruppe heraus fliegt eine braune Bierflasche, sie trifft den Polizisten M. rechts am Helm, später wird er über Kopf- und Nackenschmerzen klagen.

Er wirbelt herum, eine zweite Flasche trifft ihn am Bein, diesmal kann er nach eigenen Angaben genau sehen, wer die Flasche wirft. Sein Kollege K. sagt aus, diese Person habe auch die erste Flasche gefeuert, beide beschreiben einen Mann mit einer Art Rastafrisur und schweren Stiefeln. Im Gericht trägt der Angeklagte keine Rastalocken oder Rastazöpfe, wohl aber einen Zopf.


Die Polizisten rennen auf die Gruppe zu, die Situation ist unübersichtlich, auch nach den Aussagen ist nicht ganz klar, wer wen stößt, am Ende liegt Peike S. auf dem Boden und wird abgeführt. 

Verteidigerin Verina Speckin hat Zweifel: Rastazöpfe? Hat ihr Mandat nicht, es muss also eine Verwechslung sein, bei der großen Gruppe an Menschen. Die Embryohaltung? Kann genauso eine Schutzhaltung aus Angst gewesen sein. Es sei höchst zweifelhaft, dass ihr Mandat der Werfer gewesen sei. Sie warnte angesichts der Bilder des brennenden Schanzenviertels vor einer Art Sippenhaft: „Man sollte niemanden dafür bestrafen, dass andere Menschen, die mein Mandant nicht kennt, am Tag darauf Straftaten begangen haben.“


In 126 Fällen wird wegen schweren Landfriedensbruchs ermittelt

Am Ende sah das Gericht den Fall anders. Schon am Dienstag wird in einem weiteren G-20-Prozess gegen einen Polen verhandelt.

Generell ermittelt die zur Aufarbeitung der G-20-Ausschreitungen eingesetzte Sonderkommission „Schwarzer Block“ der Polizei in mehr als 2000 Fällen wegen mutmaßlicher Straftaten insbesondere gegen linksextreme Gewalttäter.

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