von Thomas Heck
Dieser Tage rückten unsere Streitkräfte wieder einmal in das Interesse der Öffentlichkeit und der Journalisten, nicht weil sie in Afghanistan und anderswo in einem Krieg kämpfen, den hier noch gar keiner so richtig mitbekommen hat und wo die Mehrheit immer noch denkt, sie bohren dort Brunnen. Nein es ging um vermeintlich Mängel in der Ausrüstung und um die überraschende Frage, warum alte Hubschrauber und Flugzeuge häufiger nicht fliegen können als neuwertige Maschinen.
Dieser Tage rückten unsere Streitkräfte wieder einmal in das Interesse der Öffentlichkeit und der Journalisten, nicht weil sie in Afghanistan und anderswo in einem Krieg kämpfen, den hier noch gar keiner so richtig mitbekommen hat und wo die Mehrheit immer noch denkt, sie bohren dort Brunnen. Nein es ging um vermeintlich Mängel in der Ausrüstung und um die überraschende Frage, warum alte Hubschrauber und Flugzeuge häufiger nicht fliegen können als neuwertige Maschinen.
Zunächst muss man wissen, dass das ja kein neues Problem ist, von dem die Journaille plötzlich Kenntnis erlangt hat. Damit hatte ich bereits als aktiver Soldat zu kämpfen. Bis zur Wende war die Welt innerhalb der Bundeswehr noch verhältnismäßig in Ordnung. Die Einsatzbereitschaft der Panzer war auf einem hohen Stand. Bei Übungen wurden defekte Panzer mitgeschleppt und im Felde instandgesetzt. Defekte Triebwerke wurden innerhalb von Stunden ausgewechselt, teilweise mit dem Hubschrauber geliefert. Auf die Waschbürste wartete man Jahre. Bei der NVA wird es ähnlich gewesen sein. Merkwürdige Grundsätze der Budgetierung führten zu kuriosen Vorfällen, wenn z.B. im Dezember sämtliche Panzer den ganzen Tag mit laufenden Motoren vor den Hallen standen, um den Sprit zu verbrauchen, den man im laufenden hätte verbrauchen müssen, nur, um im Folgejahr die gleiche Spritmenge zugewiesen zu bekommen.
Nach der Wende wechselte ich in die Logistik und war Kompaniechef in einem Transportbataillon. Der Zustand meiner 60 Lkw war derart desolat, dass im Schnitt nur 10-15 einsatzbereit waren. Mit viel Arbeit, Umorganisation und Veränderungen von Verantwortungen konnten in Spitzenzeiten bis zu 40 Lkw's lauffähig gemacht werden. Doch wenn es an Ersatzteilen mangelt, die Instandsetzung eines Bataillons für 300 Fahrzeuge zu bewerkstelligen ist und die zu instandsetzenden Fahrzeuge älter ist, als das Durchschnittsalter der Soldaten, dann stößt man an Grenzen.
Hinzu kommen Misswirtschaft durch Unkenntnis betriebswirtschaftlicher Grundsätze. Da wurden defekte Lkw's mit einem geschätzten Restwert von 6.000 DM mit Sattelschleppern quer durch Deutschland verlegt, deren Betriebsstunden vermutlich 300 DM gekostet hat.
Heute zeigt sich nun, dass man die Nutzungsdauer von militärischen Gerät nicht endlos verlängern kann und wenn, dann muss man Geld in die Hand nehmen und das nicht zu knapp. Der amerikanische B52-Bomber wurde 1952 in den USA eingeführt und wird vermutlich bis in das Jahr 2040 in Nutzung sein, eine Nutzungszeit von 88 Jahren. Das geht nur mit viel Geld und einem hohen logistischen Aufwand. Und mit dem politischen und militärischen Willen es zu durchzuführen.
Wenn nagelneue Eurofighter am Boden sind, hat das nichts mit dem Flugzeug zu tun, dann ist das eine Frage von Ersatzteilen, Personalansatz in der Logistik und in der Summe Geld. Wer das nicht bereitstellt, darf sich nicht wundern.
Eine gut funktionierende Armee kostet Geld. Zunächst muss daher die Frage geklärt werden, ob man eine Armee benötigt. Dass es in dieser weichgespülten Gesellschaft in dieser Frage keinen Konsens gibt, verwundert angesichts der weltpolitischen Lage. Eine Gefährdung durch Russland, dem islamischen Terror und vieler weiterer Unwägbarkeiten kann nur zu der Lagebeurteilung führen, dass unsere Demokratie in ihrem Bestand in höchstem Maße gefährdet ist. Ob sich der Einzelne bedroht fühlt oder nicht, ist dabei nebensächlich. Auf keinen Fall darf die Frage der Sicherheit unserer Bürger grünen Träumern, linken Putin-Anhängern und sonstigen friedensbewegten Gutmenschen überlassen werden. Dann sollen diese Leute gefälligst politischen Mehrheiten schaffen. Bis dahin bleibt die Bundeswehr und ich glaube, die Mehrheit der Deutschen ist darüber froh.
Trotz der Grundsatzentscheidung, Streitkräfte zu besitzen, hat sich Deutschland als eine der führenden Wirtschaftsnationen militärisch entblößt. Unter dem vermeintlichen Eindruck des Ende des kalten Krieges wurde die Bundeswehr kaputtgespart und den Preis dafür zahlt in erster Linie der Soldat, der das durch hohes Engagement ausgleichen muss. Für mich immer noch ein Wunder, dass unsere Soldaten sich das gefallen lassen und der Gesellschaft das Wertvollste zur Verfügung stellt, was ein Mensch geben kann: sein Leben.
Kommen wir zur Verantwortung für diese Misere. Es beginnt in der militärischen Führung durch den Generalinspekteur, der aus meiner Sicht heute mehr die Interessen der Bundesregierung vertritt, als die der Soldaten. Er muss mit dem Budget, welches die Bundesregierung ihm zur Verfügung steht, arbeiten. Ich habe noch keinen Generalinspekteur erlebt, der zurückgetreten ist oder gesagt hat, dass die Aufträge der Bundeswehr mit dem Budget nicht zu managen ist.
Und da fängt das Problem an. Sinnvoll wäre es, das Budget an den Aufgaben zu orientieren. Die Bundesregierung definiert die militärischen Aufgaben, der Generalinspekteur sagt, wieviel Geld er dafür benötigt. Heute ist es umgekehrt. Die Bundesregierung bestimmt die Höhe des Budgets und legt Aufgaben fest. Der Generalinspekteur kann nur noch festlegen, wo gespart wird.
Wo kann er denn sparen? Am Personal? Die Truppenstärken sind seit Ende des kalten Krieges massiv heruntergefahren worden, die Wehrpflicht, eine der kostengünstigsten Formen der Personal- und Nachwuchsgewinnung, einfach geopfert. Während früher nahezu 50% der Offiziere und Unteroffiziere aus den Wehrpflichtigen gewonnen werden konnten, müssen heute lächerliche Werbespots mit sehr auffälliger Frauenquote gesendet werden. Am Nachwuchs mangelt es dennoch. Selbst schuld sage ich, wer die Wehrpflicht abschafft, darf sich nicht wundern. Verteidigung ist Aufgabe des gesamtes Volkes, fragen sie mal die Israelis, die haben das verstanden und schaffen es, mit einem Budget von 14 Mrd US-Dollar gegenüber 33 Mrd € bei der Bundeswehr, eine der schlagkräftigen Armeen der Welt zu betreiben. Guttenberg und seine CSU gehören bis heute bestraft für die sinnlose und umumkehrbare Abschaffung der Wehrpflicht. Ein Hohn, dass der Mann zurücktreten musste, weil er bei seiner Doktorarbeit beschissen haben soll. Er hätte zurücktreten müssen, weil er das ganze Volk verraten hat. Wir haben heute nicht einmal hinreichend Soldaten, um wirkungsvoll bei Hochwasser im eigenen Land helfen zu können. Bei der Oder-Flut an der Oder waren im Sommer 1997 etwa 30.000 Soldaten im Einsatz. Diese Stärke wäre heute nicht mehr realisierbar. Eine Schande. Weiteres Sparpotential im Personalbereich sind kaum mehr vorhanden.
Also spart man am Material, an Ersatzteilen, an Neubeschaffungen. Die Bundeswehr verfügt über 350 Kampfpanzer (es waren mal über 3.000), ca. 350 Schützenpanzer (auch hier waren es mal 2.136), 148 Panzerhaubitzen, die auf 81 reduziert werden (es waren mal mehr als 700). Reduziert, weil der Frieden ausgebrochen war? Nein, um Kosten zu sparen. Am militärischen Bedarf vorbei wird gespart und eine Reaktion auf wechselnde sicherheitspolitische Lagen ist nicht zu erkennen, nicht mal im Ansatz.
Hinzu kommen weichgespülte Politiker und Generäle ohne Rückgrat. Erinnern Sie sich an das Ostergefecht April 2010 bei dem 3 Soldaten in bei Kunduz in Afghanistan fielen? Stundenlange Feuergefechte ohne Artillerie- oder Luftunterstützung. Weil nichts da war, wo sind denn die Eurofighter und Tornados in Afghanistan? Es gibt sie nicht. Weil der Bundestag über die Dislozierung von Waffen entscheidet. Wo gibt es denn sowas? Warum entscheidet nicht der Oberbefehlshaber vor Ort? Wie kann es sein, dass es Generäle unsere Soldaten in Gefechte schicken, ohne für Kampfunterstützung sorgen zu können? Weil Politiker keine Eurofighter in Afghanistan wollen? Dann sollen sie unsere Jungs abziehen. Ich bestelle mir doch auch keinen Klempner, der mir den Geschirrspüler repariert und befehle ihm, er solle die Arbeiten mit einem Phasenprüfer und Lötzinn durchführen. Vor einiger Zeit geisterte die Mär vom überhitzten G36 durch die Medien. Als Schießlehrer kann ich Ihnen sagen, jede Waffe überhitzt, wenn sie ununterbrochen benutzt wird. Im April 2010 wurden das Gefecht über 10 Stunden ohne Luft- oder Artillerieunterstützung geführt. Amerikanische Piloten evakuierten unter Lebensgefahr die eingeschlossenen Kameraden der Bundeswehr. Nicht einmal dazu, war die Bundeswehr in der Lage.
In diesem Staate ist etwas faul.