Dienstag, 23. September 2014

Ein Emir aus Katar in Berlin

von Thomas Heck

Merkels feuchte Träume aus 1001 Nacht

Wenn schon mal ein waschechter Emir aus Katar in Berlin aufschlägt, ist das etwas ganz Besonderes. Doch während der Berliner Bürger wehende, blütenweiße Gewänder erwartet, die Dischdascha, dem traditionellen weißen Stoffgewand (was deutsche Touristen nur als Djellaba von der Nilkreuzfahrt kennen), kommt Tamin Bin Hamid Bin Khalifa Al-Thani sehr unauffällig daher, durchaus sympathisch, aber ein bisschen zu unauffällig. Schwarze Hose und Schuhe, Hemd in brutal-rosa, rote Krawatte, graues Jackett. Mein erster Gedanke war: Gebrauchtwagenhändler (das Foto zeigt das Verkaufsgespräch mit dem Regierenden Bürgermeister Wowereit). Einer von jenen vielen, die man in Berlin kennt und wo man alles kaufen würde, nur eben kein Auto. Die BILD-Zeitung lässt schnell prüfen, ob man so gekleidet überhaupt zum Bundespräsidenten darf und beruhigt den aufgeregten Leser: Ja, er darf, denn der Gast entscheidet, wie er gekleidet ist.



Doch hier geht es ja nicht um Modenschauen und um die Beinkleider des Emir, sondern um knallharte Politik. Und um Menschenrechte. Die Menschenrechtssituation in Katar, das Behandeln von dortigen Arbeitern, das angebliche Halten von Sklaven, sollte durch Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck aufgeklärt, der Emir knallhart an die Wand gepresst werden. Irgendwie traut die deutsche politische Führung eben doch nicht einem Franz Beckenbauer, der bei seinen vielen Reisen in das WM-Gastgeberland Katar keine Sklaven in Ketten gesehen haben will. Da musste man doch etwas genauer nachfragen.

Merkel glaubt dem Emir. Was soll sie auch anderes tun. Katar kauft Leopard-Panzer. Katar ist ein wichtiger Handelspartner und könnte sogar russische Gaslieferungen ersetzen. Und ob der Emir die IS finanziert und unterstützt oder die Hamas im Gaza-Strefien, spielt bei diesen Fragen offensichtlich keine große Rolle mehr. Entwicklungsminister Gerd Müller, CSU, und ja, der heisst wirklich so, sprach das Thema Verbindungen von Katar und IS als erstes an. Prompt wurde der deutsche Botschafter in Doha einbestellt und die Bundesregierung ruderte zurück, sprach von Missverständnissen und dass Müller sich nur auf Zeitungsberichte bezog und nicht konkrete Vorwürfe erhob.

Es zeigt das Dilemma, in dem sich deutsche Politik befindet. Auf der einen Seite ein enorm hoher moralischer Anspruch, den man oft selbst kaum erfüllen kann. Auf der anderen Seite die wirtschaftliche Notwendigkeit, insbesondere als führende Exportnation und Importeur von Gas und Öl, auch mit Staaten zusammenarbeiten zu müssen, mit dem man eigentlich nicht zusammenarbeiten möchte. Doch sollte die Moral das entscheidende Kriterium sein, um zu entscheiden, mit wem man Handel betreibt, dann kommen wir nicht umhin, zu erkennen, dass da nicht viele Länder übrig bleiben würden. Doch das andere Extrem, die Vernachlässigung der Moral, kann auch nicht das Ziel sein. Es bleibt der Mittelweg, doch ein wenig mehr Ehrlichkeit in diesen Fragen würde ich mir schon wünschen. Dann bleibt mehr zurück, als Träume aus 1001 Nacht...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen