Samstag, 6. August 2022

Lauterbach krank! Was kann uns jetzt noch retten?

von Mirjam Lübke...

Mein Urvertrauen in die mediale Welt ist zutiefst erschüttert. Noch heute Morgen versicherte mir Facebook vollkommen glaubwürdig, medizinische Fehlinformationen verbreitet zu haben. Das fürsorgliche soziale Netzwerk entfernte daraufhin eilends meinen Beitrag, um die Bürger vor Gesundheitsschäden zu bewahren - dafür bin ich selbstverständlich zutiefst dankbar. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, heute Abend unter vielen Verbeugungen nach japanischer Art eine demütige Rede an die Nation zu halten, in der ich mich für meine Schändlichkeit entschuldige, so wie es die Betreibergesellschaft des Shinkansen handhaben würde, wenn der Schnellzug von Tokio nach Osaka 30 Sekunden Verspätung hat. Das wäre das Mindeste gewesen, nebst einer Spende von drei Monatsgehältern an das Paul-Ehrlich-Institut, das uns seit Monaten zuverlässig in der Pandemie zur Seite steht.



Oder ich spende das Geld an Nancy Faeser, damit die stets um unsere Demokratie besorgte Innenministerin schnellstens ihr Programm zur Cybersicherheit umsetzen kann. Denn der Twitter-Account von Karl Lauterbach ist offensichtlich von rechten Querdenkerhackernazis gekapert worden. Nur so ist sein neuester Tweet zu erklären, der offenbar die Destabilisierung des deutschen Gesundheitswesens betreiben will. Die Vorgehensweise der Hacker zeigt die eiskalte Skrupellosigkeit, mit der man in diesen Kreisen agiert, um die Bürger von der segensreichen Wirkung der Impfung fernzuhalten. Sogar die großen Medienhäuser der Republik sind auf die Fälschung hereingefallen: "Lauterbach hat Corona!", titelt die BILD, ohne die Lügengeschichte zu durchschauen. Steckt vielleicht sogar der russische Geheimdienst dahinter?

Jeder Bürger mit gesundem Menschenverstand weiß, dass unser Gesundheitsminister gar kein Corona haben kann, denn er hat die klugen Maßnahmen, die Millionen Deutsche vor dem sicheren Tod bewahrt haben, selbstverständlich vorbildlich am eigenen Leib getestet. Da saß die Maske wie eine zweite Haut und ließ keinen noch so hinterlistigen Keim in Mund und Nase vordringen. Karl Lauterbach ist auch ein leuchtendes Beispiel für die Einsicht in die Notwendigkeit des Impfens: Bereits mehrfach senkte sich die Nadel in seinen Oberarm. Nach allem, was uns die öffentlich-rechtlichen Medien - denen wir in dieser Sache uneingeschränkt vertrauen können - an fachlich hervorragend recherchierten Kenntnissen vermittelt haben, ist es schlicht unmöglich, dass Karl Lauterbach sich infiziert hat. Der rechte Hackermob schreckt vor keiner noch so abscheulichen Lüge zurück!

Selbstverständlich ist es auch ein hinterhältiger Schachzug zu behaupten, er habe eine Behandlung mit Paxlovid erhalten. Jedes Kind weiß: Dieses Medikament ist besonders vulnerablen Gruppen vorbehalten, bei denen ein schwerer Verlauf zu erwarten ist, weil sie Vorerkrankungen oder bereits ein gewisses Alter überschritten haben. Unser Gesundheitsminister, der so in Sorge um unser Volk lebt, würde sich niemals eine Behandlung erschleichen, die dem gemeinen Bürger verwehrt bleibt. Dafür würde ich meine Hand ins Feuer legen, wenn ich mich nicht - wie von der Bundesregierung gefordert - an die Energiesparmaßnahmen halten würde. Auch wenn es mich drängt, ein Zeichen meiner korrekten Haltung zu setzen, werde ich selbstverständlich verzichten, wenn dies Putin einen strategischen Vorteil verwehrt.

Nein, ich bin den Faktencheckern wirklich zu Dank verpflichtet. Sie haben es mir ermöglicht, den Lauterbach-Fake sofort zu durchschauen! Was für ein lächerlicher Versuch, diesen hochdekorierten Spezialisten bloßzustellen! Wahrscheinlich wurden auch schon andere Accounts von diesen rechten Querdenkerhackernazis okkupiert, der von Annalena Baerbock zum Beispiel. Die Frau ist immerhin Expertin für Völkerrecht, wie sie uns glaubwürdig versichert hat und gehört einer Partei an, die sich zutiefst dem Pazifismus verpflichtet sieht. Es jetzt so aussehen zu lassen, als sei unsere Außenministerin nicht verhandlungsbereit und knallhart, ist vollkommen absurd. Von derartiger Fake-News lasse ich mich nicht mehr ins Bockshorn jagen.

Ab jetzt werde ich eine vorbildliche Demokratin sein - auch wenn das kalte Duschen noch schwerfällt. Gestern Morgen wollte ich zum Aufwärmen einen Indianertanz unter der Brause aufführen, zum Glück fiel mir noch rechtzeitig ein, dass dies eine verbotene kulturelle Aneignung gewesen wäre. Genau wie das "Hähnchen Bombay", das ich zum Mittagessen eingeplant hatte. Wir brauchen dringend eine Art SmartWatch für bürgerlichen Anstand: Jedesmal, wenn man im Begriff steht, etwas Falsches zu tun oder den Mundschutz im Bus abnimmt, gibt's einen Stromstoß. Das werde ich gleich Nancy Faeser vorschlagen - dafür bekomme ich dann einen Demokratie-Preis für bürgerschaftliches Engagement, ganz bestimmt!




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