Samstag, 27. August 2022

"Dat hat einer das Licht an. Zugriff, Männer!"

von Mirjam Lübke...

Müssen wir uns wieder wie in Kindertagen daran gewöhnen, heimlich mit der Taschenlampe unter der Bettdecke zu lesen? Kommt die nächtliche Verdunkelung zurück, als befänden wir uns selbst im Krieg mit Russland? Und wie lange wird es uns noch erlaubt sein, ausländische Radiosender zu hören? Nach Gebrauch den Sender unbedingt wieder auf den Deutschlandfunk einstellen - man will schließlich nicht erwischt werden.


Den letzten Punkt habe ich mir natürlich nur ausgedacht - aber das hatte das "Bohemian Browser Ballett" auch getan, als es vor ein paar Jahren einen Sketch über eine Ökodiktatur herausbrachte. Da kam den Bürgern die Polizei ins Haus und fahndete nach Plastikstrohhalmen, deren Besitz ein schweres Verbrechen darstellte. Dazu schnitten sie den Bürgern sogar die Sofakissen auf. Das könnte Robert Habeck schon gefallen. Denn demnächst stehen vielleicht nicht die Zeugen Jehovas vor der Tür, sondern der Energieinspektor, welcher uns erklärt, dass unsere derzeitig installierte Heizung uns direkt ins Verbraucher-Armageddon befördern wird. Denn nachdem die Deutschen vor ein paar Jahren brav von Öl auf Gas zur Wärmeerzeugung umgestiegen sind, sind nun Wärmepumpen der letzte Schrei. Da rückt dann der dieselbetriebene Bagger im Garten an und ruiniert den Rasen, denn irgendwo müssen die Leitungen schließlich hin. Wahrscheinlich schließen die Anlagenbauer Robert Habeck jeden Abend in ihre Gebete ein – so eine Wärmepumpe kostet etwa 30.000 Euro.

Aber natürlich ist das nicht alles - auch wenn der vorauseilende Gehorsam schon wieder um sich greift: Erste Kaufhäuser stellen bereits ihre Rolltreppen ab, um Strom zu sparen. Die Kunden mögen bitte aus eigener Kraft zum oberen Stockwerk gelangen oder sich beim Aufzug anstellen. Keine schöne Aussicht für ältere oder behinderte Menschen. Was ist, wenn der Aufzug auch kaputt ist? Im Winter soll zusätzlich noch darauf geachtet werden, ob die Türen bei Geschäften zu lange offen bleiben. Das wird dann ein lustiges Jump 'n Run-Spiel, bei dem man erst einmal abpassen muss, wann der günstigste Zeitpunkt zur Durchquerung der Tür gegeben ist. So eine Schiebetür kann einem ordentlich vor die Oberarme knallen, da versteht sie keinen Spaß. Früher blieb man, wenn man durchgefroren einen solchen Konsumtempel betrat, erst einmal einen Moment unter dem Warmluftgebläse im Eingangsbereich stehen und genoss den angenehmen Luftstrom, damit ist es jetzt auch vorbei. Besonders „sozial“ sind die Regelungen jedoch für körperlich arbeitende Menschen in geschlossenen Gebäuden – ihnen stehen jetzt nur noch 16 Grad Raumtemperatur zu.
 
Der Gang ins Kaufhaus oder in öffentliche Gebäude gleicht dem Betreten einer riesigen Skinner-Box zur Energiekonditionierung. Nur sind hier keine Belohnungen für richtiges Verhalten vorgesehen, man wird nur ein bisschen weniger bestraft. Neben den finanziellen Belastungen, unter denen nun sogar klassische Grünen-Wähler ächzen - so teuer wollte man es nun auch nicht haben. Bei der Gasumlage versprach Christian Lindner, man werde die Mehrwertsteuer darauf aussetzen, aber Brüssel gab ihm einen Korb. Energie muss - im Gegensatz zu Lebensmitteln - aufgrund der CO2-Politik der EU versteuert werden. Was möglich gewesen wäre, hat die Regierung allerdings „vergessen“: Die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Energie von 19 auf 5 Prozent. Bei allen Strom- und Gaskosten wohlgemerkt. Hat das tatsächlich niemand geprüft? Oder war es aus politischen Gründen nicht gewollt, die Energiekosten für Verbraucher zu senken? Immerhin müssen wir den finnischen Gaskonzern Uniper retten, an dem der deutsche Staat rein zufällig nun mit 30 Prozent beteiligt ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Auf mysteriöse Weise hat Deutschland es auch geschafft, seine Gasspeicher plötzlich auf 75 Prozent zu füllen – da möchte man lieber nicht nachfragen, wie teuer das Gas an der Börse eingekauft wurde.
 
Man will der Bevölkerung damit eine gewisse Sicherheit vermitteln, denn die Regierung hat Angst vor dem sogenannten „Wutwinter“. Zumal nun auch die Linke auf den Protestzug aufspringen will, man nennt das „die Straße nicht den Rechten überlassen“. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow befindet sich deshalb bereits in Erklärungsnot und fleht seine Parteikollegen an, zuhause zu bleiben. Wie soll man den Bürgern erklären, dass es plötzlich gute und schlechte Proteste gibt? Schließlich ist bisher jeder Protest als Panikmache und Hetze bezeichnet worden. Aber ist die Angst der Regierung überhaupt berechtigt?
 
Es wird sicherlich viele Bürger geben, die aus Protest auf die Straße gehen und sie werden trotz gegenteiliger Behauptungen in großer Mehrheit keine Extremisten sein, sondern einfach Menschen, die durch die hohen Lebenshaltungskosten – die allgemeine Inflation kommt schließlich auch noch hinzu – in den Ruin getrieben werden. Da ist es vollkommen normal, sich zu wehren – und vor allem auch durch das Grundgesetz abgedeckt. Allerdings werden sich auch viele Bürger wieder brav an die Sparregeln halten, weil sie es müssen oder weil sie von der Ideologie der Grünen überzeugt sind. Vor letzteren graust es mir: Wer sich während des Lockdowns durch Denunziation hervorgetan hat, wird sich auch jetzt nicht zurückhalten. Wenn jemand keine Hemmungen hat, einen „illegalen Kindergeburtstag“ anzuzeigen, schickt auch seinem Nachbarn die Polizei ins Haus, weil dieser zehn Minuten geduscht hat. Oder nach zehn nicht im Dunkeln sitzen möchte.
 
Übrigens sollen die Städte auch nachts dunkel werden – das tut man sich noch nicht einmal in Kiew an – damit bricht uns wieder ein bisschen Sicherheit weg. Im Winter den Heimweg von der Arbeit oder einer Veranstaltung antreten zu müssen, wird zum Risiko. Aber um die Sicherheit vor allem der Großstädte hat sich schließlich schon seit Jahren kein Verantwortlicher mehr geschert.




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