Dienstag, 16. August 2022

Karl macht uns bunt...

von Mirjam Lübke...

Die Buntheit der Nation nimmt ganz neue Formen an: In der sogenannten "Corona-Warn-App" sollen Ungeimpfte zukünftig farblich gekennzeichnet werden. Immerhin: Ein Abzeichen an der Kleidung und eine Pestklapper bleiben uns bislang noch erspart. Die Idee für diese neuerliche Schikane kommt aus China, das international für seinen "Respekt" vor der Menschenwürde bekannt ist. Schon Robert Habeck schwärmte vor ein paar Monaten im Philosophie-Diskurs von der Effektivität, mit welcher dort Probleme gelöst werden - wozu erst den Bundestag fragen, wenn man etwas von oben einfach anordnen kann? Für "Macher" wie Lauterbach und Habeck ist es unverständlich, warum ihre grandiosen Ideen nicht einfach unverzüglich umgesetzt werden. Da reißt der Geduldsfaden. Freunde von Star Wars wissen: Eben diese Ungeduld legte den Grundstein des galaktischen Imperiums, denn irgendein enorm wichtiger Tagesordnungspunkt findet sich immer, der Menschen in Versuchung führt, Sympathien für autoritäre Maßnahmen zu entwickeln. Notfalls muss propagandistisch nachgeholfen werden.


Eigentlich sollte sich die Idee, Menschen für irgendeine Eigenschaft zu kennzeichnen, aus ethischen Gründen spätestens seit 1945 erledigt haben. Schon im frühen 19. Jahrhundert gehörten die Kleiderordnungen der Vergangenheit an, welche Bürger als Angehörige eines bestimmten Standes kenntlich machten. Das Wort "einfältig" stammt aus dieser Zeit, denn Frauen aus "niederen" Ständen durften tatsächlich nur eine Falte im Rock tragen. Das würde uns heute absurd vorkommen, aber die Lust am Kennzeichnen ist in Wahrheit geblieben. Dahinter steckt die Angst, jemand könnte "unentdeckt davonkommen". Auch wenn dieser Vergleich - wie alle historischen Vergleiche - extrem hinkt: Selbsternannte Rassentheoretiker nahmen es den Juden enorm übel, dass sie eben nicht einheitlich wie aus dem "Stürmer" aussahen. Mittlerweile nehmen es die noch immer vorhandenen Befürworter der Impfpflicht den Ungeimpften ebenso übel, nicht von Krankheit und Siechtum gezeichnet zu sein.

Die Apokalypse ist ausgefallen - eine Kennzeichnung per App stellt die "natürliche Ordnung" wieder her. Es geht mir hier nicht um eine Relativierung der Judenverfolgung, sondern um den hinter der Kennzeichnung stehenden Gedanken: Der Gekennzeichnete ist öffentlich stigmatisiert. So viel zum Gleichheitsgedanken - mit dem "richtigen" Anreiz wird er schneller gekippt, als man "Diskriminierung" sagen kann. Der Impfstatus wird zur Eintrittskarte in die Gesellschaft, da kann der Ungeimpfte vor Gesundheit strotzen, er hat sich dem System verweigert.
 
Mich erinnerte das spontan an den Filmklassiker "Logan's Run" mit Michael York: Im 23. Jahrhundert haben die letzten Menschen ein komfortables Leben in einer Stadt unter geschlossenen Kuppeln. Der Haken daran ist, dass sie einen leuchtenden Kristall in der Handfläche tragen müssen, der ihren Lebenszyklus angibt. Dieser Kristall beginnt im Alter von dreißig Jahren zu blinken, daraufhin heißt es, zu einer kollektiven Selbstmordzeremonie anzutreten. Diese wird vor jubelndem Publikum als "Erneuerung" zelebriert. Die sogenannten "Sandmänner" jagen diejenigen, welche dem Versprechen nicht trauen und zu fliehen versuchen. Sandmann Logan findet das so lange vollkommen in Ordnung, bis das System ihn künstlich altern lässt, um eine Gruppe aufzuspüren, welche den "Läufern" zur Flucht verhilft. Jetzt jagt ihn sogar sein bester Freund ohne Gnade.
 
Manchmal könnte man meinen, die Verantwortlichen in der Politik - aber auch so mancher übereifrige Bürger - nutzten diese zur Warnung gedachten Dystopien als Anleitung. Warum gerade China für Deutschland dabei häufig zum Vorbild genommen wird, kann ich nur vermuten - vielleicht ist es die vererbte Mao-Romantik der Alt-68-er, welche das Reich der Mitte für Linke und Grüne zur "guten Diktatur" macht. Dort geht ohne App gar nichts mehr, die Lockdown-Politik ist so rigide, dass Menschen auch in ihren Wohnungen eingesperrt werden oder keinen Zugang zu Geschäften des täglichen Bedarfs haben. Kontrolle überall, das hätte man sich vom Personal des Labors erhofft, aus dem das Virus - wahrscheinlich - ausgebüxt ist. Es ist, als wolle China das mit seinen harten Maßnahmen vergessen machen.

Auch Ex-Kanzlerin Angela Merkel hatte Vertreter der "Zero-Covid"-Strategie in ihrem Beraterstab - inzwischen wissen wir aber, dass eine solche Strategie weder realistisch noch notwendig ist. Welche Hoffnungen hatten wir auch diesbezüglich auf einen Regierungswechsel gesetzt, weil wir dachten, es könnte nicht noch schlimmer kommen. Leider lagen wir damit falsch, ganz im Gegensatz zu den Szenarien, die vor zwei Jahren noch undenkbar schienen. Ein Journalist nannte Covid sarkastisch "unser Nationalvirus" - schade, dass ich nicht auf diese Bezeichnung gekommen bin!




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