von Mirjam Lübke...
Mein Filmgeschmack ist nicht sonderlich anspruchsvoll, ich liebe Futuristisches ebenso wie den klassischen Kostümfilm. "Stolz und Vorurteil und Zombies" fand ich herrlich schräg, weil die Macher die Sprache von Jane Austen beibehalten haben - nur spielte der Film eben in schaurigen Zeiten, wovon sich die Charaktere aber weder die Ballabende noch den Nachmittagstee verderben ließen. Ich habe auch nichts gegen "antirassistische" Filme, wenn sie so gut unterhalten wie "Get Out", dem es nicht an selbstironischen Momenten fehlte. Gebt mir Technik oder opulente Kostüme, dazu ein Geheimnis, das es zu lüften gilt, und ich bin zufrieden.
Es stört mich ebenfalls nicht, wenn ein Film "eine Botschaft" hat. Allerdings fangen damit meist die Probleme an, mit denen man eine Geschichte erzählerisch krachend vor die Wand fahren kann. Dann nämlich, wenn diese Botschaft die gesamte Handlung überschattet und dem Zuschauer so sensibel wie Maschinengewehrfeuer permanent eingehämmert wird. Gerade in Deutschland muss ich den Film oder die Serie dazu noch nicht einmal gesehen haben, denn gewöhnlich wird mir in den in den einschlägigen Medien schon vorab erklärt, was mir das Werk sagen will, damit ich nur nicht in Versuchung komme, eine andere Botschaft darin zu sehen als die vorherbestimmte. Da wird nichts dem Zufall überlassen.
Gerade wenn es um die sogenannte "Diversität" geht, müssen sich die Macher geradezu unablässig für ihre Toleranz selbst auf die Schulter klopfen. Man bekommt erst gar nicht die Gelegenheit, den für die Rolle ausgewählten Schauspieler selbst anzuschauen und danach zu entscheiden, ob er sympathisch ist oder Talent hat. Das Talent ergibt sich nicht aus seinem Können, sondern weil er zum Diversitätskatalog der Filmemacher passt. Es ist ebenfalls völlig nebensächlich, ob derjenige seine Rolle glaubwürdig verkörpert oder erst recht in Klischees abrutscht. In England etwa gab es schon schwarze Nachrichtensprecher, als darüber in Deutschland noch gar nicht nachgedacht wurde. Aber es wurde auch kein Getue darum gemacht. Die Sprecher waren gutbürgerlich gekleidet wie ihre weißen Kollegen auch. In Deutschland hätte man wahrscheinlich einen Bob-Marley-Verschnitt hinter das Sprecherpult gesetzt und dann "Rassismus" geschrien, sobald die Zuschauer verwundert angerufen hätten.
Es gibt nun einmal eine gewisse Erwartungshaltung an eine Rolle, und das hat nichts mit Rassismus, Trans- oder Frauenfeindlichkeit zu tun. Wie oben im Tweet beschrieben, gibt es im Herr-der-Ringe-Universum nun einmal keinen weiblichen Sauron. Meine Kenntnisse der Tolkien-Literatur fallen recht bescheiden aus, aber vielleicht mochte sich der Schriftsteller weibliche Wesen nicht als böse Zauberer vorstellen. Auch wenn Bücher meist nicht exakt werkgetreu verfilmt werden können, so sollte man doch ein wenig Respekt vor der Fantasie des Autors haben. Ob es Jane Austen gefallen würde, dass die Bennett-Töchter nun auch Zombies und nicht nur nach Ehemännern jagen, vermag ich allerdings nicht zu beschwören.
Die Filmindustrie ist sicherlich kein Franchise-Unternehmen wie McDonald's oder Subway. Wenn jemand dort einsteigt, profitiert er zwar vom bekannten Namen, ist aber auch fest an die Produktauswahl des Mutterkonzerns gebunden. Aus der Burgerschmiede kann der Pächter nicht einfach eine Hähnchenbraterei machen, das gibt Ärger. Allerdings profitiert jemand, der einen bekannten Stoff verfilmt, auch von dessen Ruhm. Sein Risiko, das Publikum zu langweilen, minimiert sich, wenn er auf Bewährtes zurückgreift, anstatt eine eigene Geschichte zu entwickeln.
Wenn aus Sauron Saura wird, Beethoven plötzlich schwarz ist oder Marylin Monroe von einer Transfrau gespielt wird, dann fällt das nun einmal auf. Wenn ich mich auf ein Steak gefreut habe, kann man mich in diesem Moment mit der köstlichsten Torte nicht locken, mein Magen erwartet Fleisch. Das könnte ich eventuell noch verschmerzen, allerdings hätte ich gewiss keine Lust, mir einen Vortrag über Veganismus anzuhören. Ebenso ergeht es mir, wenn ich mir einen Film mit realitätsferner Besetzung anschaue und mir von vornherein gesagt wird, dass ich das einfach zu akzeptieren hätte. Übrigens ändert man auch die Geschichte der Menschheit nicht, wenn Anne Boleyn plötzlich von Zoe Zaldana gespielt wird. Und das hat nichts mit Frau Zaldanas Talent zu tun.
Man kann einfach nicht mit einem Charakter mitleiden, wenn die Rolle nicht stimmig besetzt ist und einem dazu noch ständig der pädagogische Zeigefinger vor der Nase herumwedelt. Egal ob Liebes- oder Actionfilm, beim Zuschauen darf es einem nicht egal sein, was mit dem Helden geschieht. Wenn ich aber weiß, dass es bei der Besetzung hauptsächlich darum ging, einen "diversen" Film zu machen, dann stellt sich dieses Gefühl nicht ein. Was geschieht zudem, wenn ein Schwarzer oder eine Transfrau Lust hat, das Hassobjekt der Handlung zu sein? Darf er das in einem woken Film?
Wenn ich mir einen Film oder eine Serie ansehe, möchte ich unterhalten und nicht erzogen werden. Alles andere geht meist furchtbar in die Hose, vor allem, wenn das Endergebnis dann auch noch erzwungen lustig daherkommt. Das deutsche Fernsehen hat sich z. B. an "jüdischen Komödien" versucht, ohne den Hauch eines Verständnisses für jüdischen Humor, der teilweise zu sarkastisch ist, um noch politisch korrekt zu sein. Didi Hallervorden, der versucht, Jiddisch zu sprechen, wirkt hingegen wirklich gruselig und verkörpert nur ein Klischee.
Warum werden nicht einfach gute Geschichten erzählt? Und dem Publikum selbst überlassen, was es davon hält? Vielleicht suchen diese Filmemacher einfach nur einen bequemen Weg, um sich keine Kritik anhören zu müssen. Die Dialoge sind hölzern, die Kostüme furchtbar und die Handlung zieht sich zäh wie Gummi? Jetzt bloß nichts sagen, es ist ein diverser Film, du Banause! Klappe halten und gucken!
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