Montag, 12. Februar 2018

Lieber Ayatollahs als die AfD

von Thomas Heck...

Dieser Tage ist es wichtig, sich politisch klar zu positionieren. Das tut auch die Hotelgruppe Maritim, die nach dem AfD-Parteitag von Köln letztes Jahr künftigen AfD-Veranstaltungen grundsätzlich eine Absage erteilt hatte. Weiterhin hatte sie gegen den AfD-Politiker Björn Höcke ein Hausverbot erlassen. Grund waren seine Äußerungen bezüglich des Holocaust-Mahnmahls in Berlin. Denn: Maritim hatte sich in einer offiziellen Stellungnahme schon gegen alle ausgesprochen, die andere wegen ihrer Herkunft, Rasse oder Religion diskriminieren oder den Holocaust oder verharmlost haben.



Offenbar gelten diese Grenzen jedoch nicht für Islamisten oder für Mullahs, die Ehebrecherinnen steinigen und Schwule hängen. So lädt die iranische Botschaft in Berlin am 12. Februar anlässlich des Jahrestags der »­Islamischen Revolution« zu einer Feier ins Maritim-Hotel. Dabei haben ­Repräsentanten der »Islamischen Republik« vielfach den Holocaust geleugnet oder relativiert, Angehörige der ­religiösen Minderheit der Bahai werden verfolgt, es existieren grausame Strafen wie Steinigungen und zahlreiche andere Formen von Menschenrechtsverletzungen. Bleibt zu hoffen, dass keine schwulen Pagen von den Mullahs aus den oberen Stockwerken geworfen werden. Hoch genug wäre das Hotel ja. Dennoch bleibt der Skandal, dass ein Land im Maritim Party macht, welches Israel mit atomarer Vernichtung droht und aktuell für die Eskalation in Syrien verantwortlich ist.


Exiliraner und -iranerinnen protestieren gegen die geplante Propagandaveranstaltung. Innerhalb weniger Tage haben über 560 Menschen eine vom »Network of Iranian Leftist Activists in Berlin« initiierte Online-Petition für die Absage unterschrieben. Eine der Unterzeichnerinnen ist Pervaneh D., Mitglied der Arbeiterkommunistischen Partei Irans. »Es ist eine Frechheit, dass in dem Berliner Hotel gefeiert werden soll«, sagte sie der Jungle World. »Die Regierung ist korrupt, Frauen haben keine Rechte und erst vor zwei Wochen wurden einem Mann die Hände abgehackt, weil er ein paar Schafe geklaut hatte. Wir akzeptieren dieses ­Regime nicht als Regierung.«

Im Maritim-Hotel möchte man sich zu der Forderung, die Veranstaltung abzusagen, nicht äußern. Eine Mitarbeiterin der Veranstaltungsabteilung sagte der Jungle World lediglich, man habe Sicherheitspersonal angefordert, um auf mögliche Proteste vorbereitet zu sein. Weitere Fragen zu beantworten, verweigerte die Hotelangestellte. »­Sicher haben Sie Verständnis, dass wir uns nicht öffentlich zu Buchungen unserer Kunden äußern«, hieß es später schriftlich.


Bereits früher war die iranische Botschaft im Maritim-Hotel zu Gast. 2010 führte die Ankündigung einer Protestdemonstration allerdings zu einer Verlegung der Feier zum Jahrestag der »Islamischen Revolution« in eigene Räume. »Im Hinblick auf die aktuellen Aufstände der iranischen Bevölkerung ist die Veranstaltung in diesem Jahr für das Regime besonders wichtig«, sagte Kazem Moussavi der Jungle World. Er ist Sprecher der oppositionellen Green Party of Iran und engagiert sich im Berliner Bündnis gegen den Al-Quds-Tag. »Im Iran wird gerade auf den Straßen gegen Unterdrückung und für universelle Rechte gekämpft. Wenn man dem Regime hier solche Feiern zugesteht, kann es sich ermutigt fühlen, die Freiheitsbewegung noch brutaler niederzuschlagen«, so Moussavi.

Die Botschaft hat vermutlich zahlreiche Unternehmen und Politiker zu der Veranstaltung eingeladen, eine Gästeliste ist allerdings nicht bekannt. Die Mitglieder des Protestbündnisses werten die Teilnahme als Unterstützung des Regimes. In den vergangenen ­Wochen gab es im Iran heftige Proteste gegen die Regierung, vor allem wegen der schlechten Wirtschaftslage. Sie richteten sich aber auch gegen das klerikale Herrschaftssystem als solches. Tausende Menschen wurden festgenommen, mindestens zwölf starben im Gefängnis. Auch bei der Niederschlagung von Demonstrationen hatte es zahlreiche Tote gegeben. In der vergangenen Woche wurden 29 Frauen festgenommen, die gegen den Kopftuchzwang im Land protestiert und ihr Kopftuch in der Öffentlichkeit abgenommen hatten. ­Pervaneh D. will ihren Protest in Berlin jetzt ebenfalls auf die Straße bringen: »Wenn das Hotel nicht reagiert, werden wir direkt davor demonstrieren«, kündigte sie an.

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