von Thomas Heck...
Merkels Neujahrsansprache hat keine neuen Erkenntnisse gebracht. Jeder Satz ein Tritt in den Unterleib der geschunden Untergebenen, die schon lange an der Grenze der finanziellen Leistungsfähigkeit stehen und immer weitere Verpflichtungen im Namen ihrer Herrin übernehmen sollen. Die Worte "wir müssen mehr" kommen ihr so leicht über die Lippen, dass sich keiner mehr fragt, wie das alles finanziert werden soll.
Klimawandel, Migration, Terrorismus: Angesichts solcher Herausforderungen hat Kanzlerin Merkel zum Jahreswechsel zu mehr Zusammenhalt international und im eigenen Land aufgerufen. Angela Merkel hält in ihrer 14. Neujahrsansprache eine optische Überraschung bereit: einen Blick auf die Erde von ganz oben - Bilder aufgenommen aus der Internationalen Raumstation ISS vom deutschen Astronauten Alexander Gerst.
"Es sind Bilder, die uns immer wieder eine neue Sicht auf unseren Planeten geben. Auf Naturgewalten wie Hurrikans - mit denen wir Menschen leben müssen, auf unsere mitteleuropäischen Landschaften, die in diesem ungewöhnlich trockenen Sommer aus dem All ganz braun statt grün aussahen, und immer wieder sind es auch Bilder von der überwältigenden Schönheit unserer Erde."
Für Überzeugung stärker einstehen
Unsere Lebensgrundlagen seien verletzlich, sagt die Bundeskanzlerin. Der Klimawandel gehöre deshalb für sie zu den Schicksalsfragen. Nur über Grenzen hinweg könnten sie gelöst werden. Merkel appelliert, dabei immer auch die Interessen anderer mit zu bedenken. Doch solche Gewissheiten, sagt sie, seien unter Druck geraten.
"In einer solchen Situation müssen wir für unsere Überzeugung wieder stärker einstehen, argumentieren, kämpfen. Und wir müssen im eigenen Interesse mehr Verantwortung übernehmen."
Auch in Deutschland habe sich das politische Klima verändert. Die Bundesregierung ringe zwar um die besten Lösungen in der Sache, "immer häufiger aber auch um den Stil unseres Miteinanders, um unsere Werte: Offenheit, Toleranz und Respekt. Diese Werte haben unser Land stark gemacht, für sie müssen wir uns gemeinsam einsetzen, auch wenn es unbequem und anstrengend ist."
Merkel wünscht am Ende der Ansprache Mut für diesen Einsatz. Am Anfang blickt sie zurück auf ein ernüchterndes Jahr. Überaus schwierig sei es gewesen und unbefriedigend für sie und für andere.
"Ich weiß, viele von Ihnen haben sehr mit der Bundesregierung gehadert. Erst haben wir lange gebraucht, um überhaupt ein Regierung zu bilden, und als wir sie hatten, da gab es Streit und viel Beschäftigung mit uns selbst. Es ist mein Verständnis als Bundeskanzlerin, dass unsere Demokratie von der mehrheitlich getragenen Übereinkunft lebt, dass ihre Staatsdiener alles in ihrer Macht stehende für den inneren Frieden und den Zusammenhalt unseres Landes tun. Dass sie sich immer wieder prüfen, was sie auch ganz persönlich dazu beitragen können. Das habe ich getan."
Auch deshalb habe sie einen Neuanfang eingeleitet. Das Ende der ihrer politischen Karriere datiert die Kanzlerin auf das Ende der Legislaturperiode. Geht der Plan auf, war diese 14. Neujahrsansprache noch nicht die letzte der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das steht zu befürchten. Das Grauen ist noch lange nicht vorbei.