Sonntag, 19. August 2018

"Das Gewissen der Menschheit" ist tot... Kofi Annan

von Thomas Heck...

Gestern verstarb der langjährige UN-Generalsekretär Kofi Annan. Grund für die Tagesschau, alle register zu ziehen und den Mann als "das Gewissen der Menschheit" zu bezeichnen. Ich finde die Überhöhung von Menschen nach ihrem Tod per se schon bedenklich, denn ich konnte mich bezüglich Kofi Annans als UN-Generalsekretär an vieles erinnern, doch ganz sicher nicht als das Gewissen der Menschheit. Da hat die Tagesschau wohl etwas zu dick aufgetragen. Zeit für einen ehrlicheren Nachruf.


Am 13. Dezember 1996 wurde Annan vom UN-Sicherheitsrat auf Druck der USA und gegen den Widerstand vieler Länder zum UN-Generalsekretär gewählt, womit er Nachfolger von Boutros Boutros-Ghali aus Ägypten wurde. Er trat sein Amt am 1. Januar 1997 als erster Generalsekretär, der direkt aus den Reihen der UN-Mitarbeiter gewählt wurde und als erster schwarzafrikanischer UN-Generalsekretär an. Am 29. Juni 2001 wurde er von der UN-Generalversammlung für eine zweite fünfjährige Amtsperiode bestätigt, die am 31. Dezember 2006 endete. Die Wiederwahl Annans wird als erstaunlich betrachtet, da hierdurch eine dritte afrikanische Amtszeit in Folge entstand. Eigentlich hätte dem Ritus zufolge ein Asiate den Posten übernehmen müssen, aber die asiatischen Länder widersprachen seiner Wiederwahl nicht. Als Grund dafür wird seine Beliebtheit angenommen. Seine Nachfolge trat der bisherige südkoreanische Außenminister Ban Ki-moon am 1. Januar 2007 an.

Während seiner Amtszeit als Generalsekretär gab es mehrere Beratungen im Sicherheitsrat zur Lage der Situation im Irak, als wichtiger Punkt wurde über den Stand der Erlangung von Massenvernichtungswaffen durch den Irak debattiert. Kofi Annan sagte 2004, dass seiner Meinung nach die Invasion des Iraks illegal gewesen sei.

Im September 2003 setzte Annan ein 16-köpfiges Gremium zur Erarbeitung von Vorschlägen für eine Reform der Vereinten Nationen ein, die so genannte „Hochrangige Gruppe für Bedrohungen, Herausforderungen und Wandel“. Darauf aufbauend stellte er am 21. März 2005 sein überraschend weitgehendes 63-seitiges Reform-Dokument In größerer Freiheit: Auf dem Weg zu Entwicklung, Sicherheit und Menschenrechte für alle vor.

Am 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz sprach Kofi Annan in einer Sondersitzung der UN-Generalversammlung deutliche Worte: Er erinnerte daran, dass die UNO gegründet worden sei als Antwort auf „das Böse des Nationalsozialismus“. Und er prägte – in Abwandlung eines Edmund Burke zugeschriebenen Zitates – den Satz: „Alles, was das Böse braucht, um zu triumphieren, ist das Schweigen der Mehrheit.“

Zuletzt setzte Annan sich für eine globale CO2-Steuer ein und drängte die Weltgemeinschaft auf eine Lösung der Darfur-Krise. Aber das Gewissen der Menschheit. Ich empfehle dazu eigentlich nur, sich einmal den Film Hotel Ruanda anzuschauen, wo die Rolle der UN während des Völkermordes an den Tutsis in Ruanda beschrieben wird. Die Süddeutsche Zeitung beschrieb das damals so:

„Blauhelm-General Dallaire ruft aus Ruanda Kofi Annan an. Doch Annan verbietet ihm, Partei zu ergreifen. Das UN-Mandat verpflichte ihn zu strikter Neutralität. In einer Kirche werden internationale Militärbeobachter gezwungen, bei einem Massaker zuzusehen. Dallaire beschreibt es so: "Zunächst trieben die Gendarmen die Tutsi ins Kircheninnere, dann sammelten sie die Ausweise der Erwachsenen ein und verbrannten sie, dann riefen sie die zahlreichen zivilen, mit Macheten bewaffneten Milizionäre heran und übergaben die Opfer ihren Mördern. Methodisch und mit viel Prahlerei und Gelächter gingen die Milizionäre von Bank zu Bank und hieben und hackten mit ihren Macheten auf die Menschen ein. Einige starben sofort, andere, die bereits schreckliche Wunden davongetragen hatten, bettelten um ihr Leben oder um das ihrer Kinder. Niemand wurde verschont. Kinder flehten um ihr Leben, aber erlitten dasselbe Schicksal wie ihre Eltern."

Das Gewissen der Menschheit? Beim Tod des nächsten UN-Generalsekretärs einfach mal ein wenig besser recherchieren und nicht so dick aufzutragen. Was werden sie nach Merkels Tod über die sagen? "Mutter der Nation"?

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