Dienstag, 31. Dezember 2024

Energiewende: Von China lernen

von Hans-Günter Appel 

Preiswerte Energie im Überfluss im Reich der Mitte



China hat für seinen wirtschaftlichen Aufstieg an die Weltspitze viel von Europa und den USA gelernt. Wir sollten nun von China lernen, wie wir den wirtschaftlichen Niedergang umkehren können. Energie ist der Schlüssel. Der wirtschaftliche Aufstieg von China geht immer weiter. Deutschland und Europa treiben dagegen in die Rezension. Betriebe werden geschlossen oder wandern in andere Länder ab. Viele zehntausende Arbeitsplätze gehen verloren. Gründe sind viele nicht erforderliche staatliche Vorschriften und hohe Energiepreise. Beide beruhen auf einseitigen politischen und ideologischen Vorstellungen. Sie verhindern eine Marktwirtschaft mit Wettbewerb und günstigen Preisen.

Die grünen Ideologen in fast allen Parteien wollen Deutschland ohne fossile Brennstoffe weitgehend mit Strom aus Wind und Sonne versorgen. Das kann nicht gelingen. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Dieser Strom ist wetterabhängig und daher unzuverlässig! Er kann nicht auf den Verbrauch geregelt werden, und er kann daher kein Stromnetz mit einer stabilen Frequenz aufbauen und halten! Um das immer wieder klar herauszustellen, wird dieser Strom an dieser Stelle weiterhin als Fakepower (“Fake” für “Täuschung”) bezeichnet. Ein stabiles Stromnetz gibt es nur mit regelbarem Strom aus Kraftwerken, wo die erzeugte Strommenge exakt dem Abruf an Strom durch die Verbraucher entspricht.

Nach dieser Definition sollen auch die Energiequellen zur Stromversorgung in China und in Deutschland bewertet werden:

 
Der Energiemix in China im Vergleich zu Deutschland 
(US-EIA-Daten 2022) 



China hat demzufolge ein Netz mit 86 Prozent regelbarem Strom (Fossil, Hydro, Nuklear). Die knapp 14 Prozent Fakepower (Wind und Solar) können die Wasserkraftwerke stützen; gibt es viel Fakepower, werden die Wasserkraftwerke einfach gedrosselt. Dies ist allerdings ausschließlich in der Kombination von Fakepower und Wasserkraft aus Talsperren und Pumpspeicher-Seen sinnhaltig möglich, da nur in dieser Kombination keine Leerlauf- oder Teillast- Betriebskosten oder Wartungskosten entstehen. Die Stauseen bleiben gefüllt für Trockenperioden, die Versorgungssicherheit aus den Wasserkraftwerken wird dadurch besser. Jede in dieser Kombination erzeugte Kilowatt-Stunde Strom kann als vollwertige Arbeitseinheit angesehen werden, wenn man von dem relativ geringen Nachteil der fehlenden Regelstromleistung absieht. Weil diese fehlt, ist aber trotzdem die Bezeichnung als Fakepower gerechtfertigt. Spitzfindig könnte man auch noch den fehlenden Deckungsbeitrag aus dem reduzierten Nutzungsgrad geltend machen, allerdings erreichen Wasserkraftwerke durchaus ein biblisches Lebensalter, so dass kalkulatorische Abschreibung nicht mehr anfällt.

Deutschland hat dagegen 26 Prozent Fakepower im Netz mit Leistungsschwankungen zwischen 0 Prozent bei Dunkelflaute und über 100 Prozent bei Starkwind und Sonnenschein – und weist eine absolut unbedeutende Wasserkraft-Leistung auf. Strom aus überschüssigen Fakepower-Leistungen muss daher also immer wieder kostenpflichtig entsorgt werden – gegebenenfalls sogar über negative Börsenpreise, als Verwertungsanreiz bei den Beziehern. Mit jeder weiteren Fakepower-Anlage muss mehr Strom und öfter entsorgt werden. In diesem Jahr gab es über mehr als 500 Stunden Überschussstrom mit Entsorgungskosten in Milliardenhöhe. Umgekehrt müssen bei Dunkelflaute Kraftwerke die wegfallende Stromversorgung übernehmen. Nach Abschalten der Kernkraftwerke und der ersten Kohlenkraftwerke fehlt Kapazität in Deutschland; der fehlende Strom wird aus den Nachbarländern teuer importiert. Importspitzen liegen bei 30 Prozent des Bedarfs und Kosten bei bis zu einem Euro pro Kilowattstunde. Ein Wahnsinn.

China setzt vor allem auf Kohle

Als fossilen Brennstoff zur Stromerzeugung nutzt China fast ausschließlich Kohle, die im Land gefördert wird. Jede größere Stadt hat inzwischen ein Kohlekraftwerk. Der Ausbau geht weiter. Jede Woche gingen in Spitzenzeiten bis zu zwei neue Kraftwerke ans Netz. Über 400 weitere Kohlekraftwerke sind noch im Bau oder geplant. Die Strecken zu den Verbrauchern sind kurz. Es geht wenig Leitungsenergie verloren. Die Abwärme kann zum Heizen genutzt werden.

Deutschland hingegen will alle Kohlekraftwerke in den nächsten 10 Jahren stilllegen. Abgeschaltete Kraftwerke werden von der Ampelregierung möglichst schnell unbrauchbar gemacht. Ein Beispiel ist das Kraftwerk Moorburg bei Hamburg: Dieses war das modernste und sauberste Kohlekraftwerk in Deutschland mit einem Wirkungsgrad von 46 Prozent (zum Vergleich: der mittlere Wirkungsgrad europäischer Kraftwerke liegt bei 40 Prozent; Moorburg hat aus der gleichen Kohlenmenge also 15 Prozent mehr Strom erzeugt, als dies durchschnittliche Kraftwerke anderer Länder vermocht hätten). Nach wenigen Betriebsjahren wurde es abgeschaltet – und sofort durch Sprengung der Schornsteine unbrauchbar gemacht. Das ist grüne Energiepolitik. Auch die mit heimischer Braunkohle laufenden Kraftwerke sollen abgeschaltet werden. Dann gibt es gar keinen Strom mehr aus deutschen Energieträgern.

Kernenergie

Chinas Ziel war die Versorgung mit Kernenergie. Es sind über 50 Reaktoren in Betrieb; geplant sind 250, wie mir ein Kollege für Elektrotechnik bei einem Besuch der Universität in Xian bereits vor 15 Jahren berichtet. Dieser Plan wird weiterhin verfolgt, wenn auch verzögert, nachdem die Baukosten für Kernkraftwerke stark angestiegen sind. Der Bau von Kohlekraftwerken ist da wesentlich preiswerter. Die Forschung und Entwicklung zur Nutzung der Kernenergie wurde ausgeweitet. China ist auf dem besten Weg, bald weltweit die günstigsten Kernkraftwerke der neuesten Generation liefern zu können.

Deutschland hat hingegen seine die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet und sofort wesentliche Teile demontiert, um ein Wiedereinschalten zu verhindern. Nach Einschätzung Manfred Haferburgs, des ehemaligen Betriebsleiters der ehemaligen acht DDR-Kernkraftwerksblöcke in Lubmin, müssten zum Wiederanfahren dieser Kraftwerke Milliarden aufgewendet werden. Haferburg nennt das Abschalten und sofortige Zerstören der Kraftwerke “Sabotage an Deutschland”. Auch eine Förderung der Kernenergie-Forschung ist in Deutschland bisher nicht geplant; die technischen Herausforderungen und “Kinderkrankheiten” dieser Technologie – Überwindung des Endlagerproblems durch rückstandsfreie Nutzung der Brennelemente, immer weiter verbesserte Sicherheit – werden anderswo gelöst, Deutschland ist an der Weiterentwicklung nicht mehr beteiligt (und die hiesige Politik nimmt diese auch nicht zur Kenntnis, sondern schürt weiter irrationale Ängste mit denselben Argumenten wie vor 50 Jahren). Unser Land wird zu gegebener Zeit dann wohl die nächste Kraftwerks-Generation aus China importieren müssen – wenn sich Deutschland den Kauf von Kraftwerken noch leisten kann und der Bedarf daran überhaupt noch besteht, sofern bis dahin nicht alle Industrie abgewandert ist. Auch wir private Verbraucher beziehen wegen der schon seit bald zwei Dekaden sprunghaft ansteigenden Strompreise immer weniger Strom – Wärmepumpen- und Batterie-Auto-Verbrauch einmal außen vorgelassen.

Chinas Energiepolitik

Das vom NAEB herausgegebene Buch „Energie – Schlüssel zum Wohlstand“ wurde ohne mein Wissen nach Internet-Angaben in China übersetzt. Es mag durchaus sein, das es maßgeblich die chinesische Energiepolitik beeinflusst hat; die Entscheidungswege in China sind undurchsichtig. Nach Präsident Xi Jinping baut China Fakepower-Anlagen weiter aus, der Bau wurde in den letzten Jahren jedoch stark verringert. Eine echte “Energiewende” ohne fossile Brennstoffe soll dort wenn, dann erst erfolgen, wenn Fakepower, Kernenergie und Wasserkraft das Land vollständig versorgen können. Dieses Ziel wird China in diesem Jahrhundert absehbar nicht erreichen. Als noch immer ausgewiesenes Entwicklungsland braucht es zudem seine CO2-Emissionen nicht einzuschränken. Damit gibt es in China auch keine CO2-Zertifikate, die in Europa und den USA die Energie massiv verteuern.

In China kostet die Kilowattstunde Strom 8 bis 9 Cent. In Deutschland ist sie drei- bis viermal so teurer. Rechnet man die vielen Subventionen aus Steuergeldern und die Kosten für CO2-Zertifikate hinzu, liegen die Strompreise hierzulande sogar bei deutlich über 50 Cent pro Kilowattstunde. Bei diesen hohen Energiekosten (und die verdeckten Subventionen sind da noch nicht einmal berücksichtigt) kann kein Betrieb in Deutschland mit China konkurrieren. Die deutsche “Energiewende” ist grandios gescheitert. Es wird daher höchste Zeit, China in der Energiepolitik zu folgen. Das heißt: Schluss mit der grünen Transformation im Energiesektor! Kein weiteres Abschalten von Kohlekraftwerken! Ausbau der Braunkohleverstromung – mit dem einzigen verfügbaren heimischen Energieträger als Brennstoff! Fracking nach Öl und Gas in Deutschland erlauben! Subventionen einstellen! Nur so kann der wirtschaftliche Niedergang in Deutschland gestoppt und ein Aufstieg eingeleitet werden. Werden die kommenden Wahlen eine Wende bringen? Es sieht schlecht aus. Denn fast alle Parteien wollen mit ihrer “Energiewende” das Weltklima retten – und zerstören damit jede wirtschaftliche Energieversorgung.

Zum Tod Jimmy Carters: Der erste Gutmensc

von Daniel Matissek

Jimmy Carter und sein Geschöpf, Ruhollah Khomeini



In den US-Präsidenten der Geschichte rangiert Jimmy Carter regelmäßig auf den hinteren Plätzen. Er gilt als gescheiteter und vor allem außenpolitisch schwacher Präsident, der einem weiteren One-Term-Präsidenten nachfolgte – dem nach Nixons Rücktritt 1974 ins Amt gekommenen Republikaner Gerald Ford. Dass Carter überhaupt gegen Ford obsiegen konnte, lag maßgeblich an dem Generalpardon, das er gleich zu Amtsantritt seinem durch Watergate erledigten Vorgänger erteilte, womit er Nixon von jeder Strafverfolgung befreite. Die über den beispiellosen Vertrauensverlust in die Politik empörte Nation verzieh Ford dies nicht; Carter profitierte. Doch keine vier Jahre später waren Carters Ansehen wie auch seine Chance auf Wiederwahl gleichermaßen im Keller, woran insbesondere das von ihm zu verantwortende nationale Trauma der gefloppten Geiselbefreiung im Zuge der Teheraner Botschaftsbesetzung maßgeblichen Anteil hatte. Wenn auch inzwischen als gesichert gilt, dass die folgende Reagan-Administration geheime Absprachen mit dem Mullah-Regime traf, um die Freilassung der Geiseln zu verzögern und diese medienwirksam gleich nach Reagans Amtsantritt seiner Regierung zu vollziehen (tatsächlich endete das 444-tägige Martyrium der 52 US-Diplomaten wenige Minuten nach Reagans Vereidigung), so war es zuvor Carters Verzagtheit und Zaudern zu verdanken, dass der militärische Befreiungsversuch vom 24./25. April 1980 zum Debakel geriet.

Dem noch vorgelagert war es allerdings überhaupt nur Carter zu verdanken gewesen, dass die Mullahs ihr bis heute herrschendes Terrorregime errichten konnten. Denn es war seine Regierung, die dem Schah die Unterstützung entzog und – in einer frühen Form von moralisierendem Menschenrechtsinterventionismus – die Blaupause lieferte für dasselbe mörderische Missverständnis, dem auch sein Amtsnachfolger und Parteifreund Barack Obama dreißig Jahre später im Zusammenhang mit dem sogenannten “Arabischen Frühling” erlag: Dass nämlich die sogenannten “Freiheitskämpfer” schlimmere Barbaren sind als die, gegen die sie ankämpften, und dass die Absetzung eines Schlächters nur den Weg für andere Schlächter an der Macht ebnete.

Indirekter Urheber des Mullah-Regimes

Der Schweizer Publizist und Rechtsanwalt Emrah Erken schreibt auf Facebook: “Der Urvater der Mullah Regime Appeaser, ist verstorben. Jimmy Carter destabilisierte den Iran und trug zum Sturz des Schahs bei, was zur Islamischen Revolution und zum Verlust eines der wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten führte.” Zutreffend verweist er auf einen Bericht der britischen BBC von 2016, der die umfangreichen Kontakte der Carter-Regierung mit Ayatollah Ruhollah Khomeini vor 1979 aufdeckte. Demzufolge unternahm Khomeini große Anstrengungen, um die USA davon zu überzeugen, seinen Plan, den Iran zu regieren, nicht zu gefährden: „Es ist ratsam, dass Sie der Armee empfehlen, Schapur Bachtiar nicht zu folgen”, sagte Khomeini laut BBC in einer Nachricht. Bachtiar war der letzte Premierminister unter Schah Reza Pahlevi.

Carter lag mit seinem realpolitisch aberwitzigen Untergrabungskurs gegen Schah Reza ganz auf Linie der schon damals fürchterlich realitätsblinden europäischen Linken, die in Khomeini allen ernstes einen sanftmütigen, philosophischen und zutiefst demütigen spirituellen Freiheitsführer, eine Art persischen Ghandi sehen wollten und ganz verzückt waren über die vermeintliche sozialistische Revolutionskraft vor allem der Jugendlichen und Studenten im Iran, die sie an die schon damals nostalgisierten 1968er-Studentenunruhen in Europa erinnerten. Tatsächlich wurde die iranische Jugend des Landes von Khomeini ausgenutzt und als Vehikel zum Umsturz missbraucht. Die grausame Quittung folgte auf dem Fuß, als die Universitäten jahrelang unter den Mullahs geschlossen wurden, eine islamfaschistische Diktatur errichtet wurde, gegen die der Schah-Iran geradezu paradiesisch anmutete, und als große Teile der Intelligenzja und Intellektuellen ins Exil flüchteten, sofern sie nicht im Ersten Golfkrieg an der Front verheizt wurden. Dies war Carters Werk, der sich von Khomeini ebenso blenden ließ wie die deutschen und französischen Journalisten, die in der Maschine saßen, welche den Ayatollah von Paris nach Teheran brachte, wo fünf Millionen seine Machtergreifung bejubeln.

Auf Du und Du mit Terroristen

Mit derselben Naivität, mit der heutige regierende Gutmenschen ihre Doppelstandards und ihren politischen Selbstbetrug rechtfertigen, ließ sich Carter damals einlullen: “Sie werden sehen, dass wir den Amerikanern gegenüber nicht besonders feindselig eingestellt sind“, sagte Khomeini laut BBC, und versprach dem Weißen Haus, seine Islamische Republik werde “eine humanitäre sein, die der Sache des Friedens und der Ruhe für die gesamte Menschheit zugutekommt”. Khomeini versicherte der Regierung Carter damals, dass ihre wirtschaftlichen Interessen nicht beeinträchtigt würden, sollte er die Macht im Iran übernehmen: „Es sollte keine Angst vor Öl bestehen. Es stimmt nicht, dass wir nicht an die USA verkaufen würden.“ Laut BBC half Carter im Gegenzug dann Khomeini – und sorgte dafür, dass die Armee des Schahs keinen Militärputsch startete. Erken: “Khomeini kehrte am 1. Februar 1979 nach Teheran zurück, nur zwei Wochen nachdem Carter den Schah davon überzeugt hatte, einen 'Urlaub' zu nehmen und den Iran zu verlassen. Das iranische Militär, das unter dem Einfluss der USA stand, ergab sich, und innerhalb weniger Monate wurde Khomeini zum Obersten Führer erklärt und das islamische Regime war geboren.”

Diese Zusammenhänge sind in den blumigen Nachrufen auf den letzten Südstaatendemokraten im Weißen Haus selten zu lesen. Hier wird eher Carters Rolle als Friedensstifter, Verteidiger der Menschenrechte und Aktivist für freie Wahlen betont, die ihm 2002 den Friedensnobelpreis einbrachte (sieben Jahre später wurde dieselbe Auszeichnung – noch fragwürdiger – an seinen Amtsnachfolger Obama, gleich nach Amtsantritt als Vorschusslorbeeren, verliehen). Sein ambivalentes Verhältnis zu Werten und Wahrheit störte Carter dabei nie; weder seine Kranzniederlegungen am Grab des PLO-Terrorpaten Yassir Arafat noch seine einseitige antiisraelische Stimmungsmache auch bei den UN konnten seinen moralischen Heiligenschein trüben. Tatsächlich hat Carter dem “Weltfrieden” eher eine Serie von Bärendiensten erwiesen. So war es in Wahrheit ein historischer Glücksfall, dass 1981 der republikanische Falke Ronald Reagan ins Weiße Haus gelangte – der dann binnen acht Jahren die Sowjetunion erfolgreich kaputtrüstete und so den Kalten Krieg überwand; unter Carter wäre das nie und nimmer möglich gewesen. Als ältester Ex-Präsident aller Zeiten wird Jimmy Carter zwar verdientermaßen in die Geschichtsbücher eingehen – aber leider auch als Prototyp des Politikes, der das Gute wollte und dem Bösen zum Triumph verhalf.

Montag, 30. Dezember 2024

Was erlauben Steffen?

von Henryk M. Broder

Eine der tragenden Säulen der antisemitischen Propaganda ist der Vorwurf, dass Juden nicht-jüdische Kinder entführen, um aus ihrem Blut Matzen zu backen. Der deutsche Botschafter in Israel verbreitet aktuell Gerüchte über drei erfrorene Babys in Gaza, unter Berufung auf palästinensische Ärzte, die nicht lügen.

Steffen Seibert war elf Jahre, von 2010 bis 2021, Sprecher der Bundesregierung und zugleich Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. Als beamteter Staatssekretär unterstand er direkt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Vor seiner Berufung in das Staatsamt hatte er verschiedene Posten beim ZDF mit Inhalt gefüllt, als Volontär, Auslandskorrespondent, Moderator für das „Morgenmagazin“ und das „heute journal“.


Seine Ernennung zum Botschafter in Israel kam unerwartet, war aber keine große Überraschung. Es kommt vor, dass gestandene Journalisten für ihre treuen Dienste mit einem Staatsamt belohnt werden, wie brave Kinder mit einem Lego-Kasten. (Man schaue sich nur mal die Riege der jetzigen Regierungssprecher an.) Es gibt kaum etwas Schöneres als einen Botschafterposten am Ende einer dem Staatswohl gewidmeten Karriere. Und Tel Aviv ist ein Hot Spot, eine der meistbegehrten Destinationen im AA, allen politischen Widrigkeiten zum Trotz.

Seibert, das sagen alle, die ihn kennen, nimmt seinen Job ernst. Manchmal freilich meint er es zu gut und will mehr sein als nur der Repräsentant der Bundesrepublik mit Blick übers Mittelmeer. Dann berichtet er nicht nach Berlin, sondern richtet sich direkt an die Israelis und zeigt ihnen die Gelbe beziehungsweise Rote Karte.

Eine Blase aus dem Phrasen-Speicher des AA

Zwei Tage nach Heiligabend, am 26. Dezember, war es wieder einmal so weit. Seibert twitterte auf X einen Post über drei Babys, die in Gaza erfroren waren, ohne zu sagen, wann und wo es passiert war und woher er diese Information hatte. Bei dieser Gelegenheit forderte er auch ein „Ende des Krieges und des Hamas-Terrors, Wintervorräte für die Gazaner und die Freilassung aller Geiseln“. Das klang fair und ausgewogen, richtete sich doch sein Appell scheinbar an beide Seiten, war aber nur eine Blase aus dem Phrasen-Speicher des AA.

Zu dem Krieg wäre es nicht gekommen, wenn die Hamas am 7. Oktober 2023 nicht ein Blutbad angerichtet hätte, und der Krieg wäre innerhalb von Stunden vorbei, wenn die Hamas respektive das, was von ihr übrig geblieben ist, kapitulieren und die Geiseln freilassen würde. Auch Seibert weiß das, aber er will sich nicht dem Vorwurf der Einseitigkeit aussetzen. Deswegen bucht er die drei erfrorenen Babys auf das Konto der Israelis, egal ob die Geschichte wahr ist oder nicht.

Allerdings: Nur wenige Stunden später ruderte der Botschafter zurück, nachdem sich ein Shitstorm vor seiner Haustür entladen hatte. Er sei sich nicht sicher, was passiert ist, könne sich aber vorstellen, dass ein Neugeborenes an Unterkühlung sterben könnte, das hätten Ärzte in Gaza erklärt, und er denke nicht, dass sie, die Ärzte, alle lügen würden.

Was mich angeht, bin ich ebenfalls kein Experte für Unterkühlung, kenne aber das Gefühl, wenn einem das Blut in den Adern gefriert. Bei mir tritt es immer dann ein, wenn ich Außenministerin Annalena Baerbock über die Zwei-Staaten-Lösung reden höre. Oder wenn der deutsche Botschafter in Israel Gerüchte verbreitet, unter Berufung auf palästinensische Ärzte, die nicht lügen.

Das Gruselige an dieser Erzählung ist nicht die porentiefe Naivität ihres Hauptdarstellers, es ist die Quelle, aus der sie fließt.

Die Legende lebt!

Eine der tragenden Säulen der antisemitischen Propaganda ist der Vorwurf, dass Juden gerne nicht-jüdische Kinder entführen, um aus ihrem Blut Matzen zu backen, eine Art ungesäuertes und unverderbliches Knäckebrot, das während der Pessach-Woche zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten gegessen wird. Die Ritualmordlegende ist so wahr, wie es wahr ist, dass die Weisen von Zion im Weißen Haus das Sagen haben. Sie ist ein „Gerücht über die Juden“, das sich als extrem langlebig und variabel erwiesen hat. Es taucht immer wieder in neuen Versionen auf, ein fester Bestandteil der grenz- und kulturübergreifenden DNA des antisemitischen Charakters. Standfest wie eine Krupp-Kanone, unüberwindbar wie der Westwall und easy to go wie eine Handgranate.

Wie gesagt, Steffen Seibert meint es gut mit den Juden. Wie ein Sozialarbeiter, der sich um schwer erziehbare Jugendliche kümmert. Oder um Vorbestrafte, die er daran hindern möchte, rückfällig zu werden. Und er hat auch Freunde, die zu ihm halten. Zum Beispiel Volker Beck, ein grüner Ex-MdB, Multi-Tasker und seit 2022 Präsident der deutsch-israelischen Gesellschaft. Der Shitstorm gegen Seibert, postete Beck am 27. Dezember auf X, sei „völlig unangemessen“, der beanstandete Tweet entsprang „schließlich echter menschlicher Sorge“. Und: „Seibert ist ein echter Freund Israels und des jüdischen Volkes.“

Wenn das stimmt, dann drohen Israel und dem jüdischen Volk schwere Zeiten. Echt jetzt.

Große Teile des Stadtgebiets, in denen gern Bürgerkrieg gespielt wird

von Thomas Heck

Und wieder geht ein Jahr zu Ende. Wer dachte, nach 2023 kann es nicht schlimmer werden, sah sich 2024 schnell eines besseren belehrt. Dem palästinensischen Terroristen-Pöbel gehört noch immer die Strasse und das wird in der morgigen Silvesternacht nicht anders sein. Den Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr und anderen Rettungsdiensten wünsche ich die nötige Fortune, um auch diese Nacht zu überstehen. Schlimmer als die Gewalt wird das folgende Politiker-Geschwafel sein. Ändern wird sich sowieso nichts. Dennoch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr.


Bereits weit vor dem Jahreswechsel wird in Berlin kräftig geböllert – obwohl es erst am Silvesterabend erlaubt ist. Auch in anderen Bundesländern kam es zu Vorfällen.

Berlins Polizei fährt auch dieses Jahr groß auf: 4000 Beamte im Silvestereinsatz, gut 100 Gefährderansprachen, für fünf Personen ein Verbot, an pro-palästinensischen Demos teilzunehmen. Und dann war da noch Magdeburg.

Nach Weihnachtsmarkt – nach Magdeburg – ist vor Silvester, und das heißt für eine Stadt wie Berlin, sie wird in dieser fröhlichen Feuerwerksnacht zum Ort voller „weicher Ziele“. So nennen Polizisten solche Massenansammlungen – Ziele in den Augen anschlagswilliger Terroristen.

Bis zu 65.000 Menschen erwartet die Polizei allein auf der Feiermeile rund ums Brandenburger Tor. Weil aber Berlins „Magdeburg“ schon acht Jahre zurückliegt, nämlich der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in der City-West kurz vor Heiligabend 2016, hatte die Stadt viel Zeit, um daraus zu lernen. Und – hat sie?

In Polizeikreisen wird diese Frage bejaht. Weiches Ziel Nummer eins ist eben jene Feiermeile. Dort selbst wie auch in den umgebenden Ausweichräumen und zuführenden Straßen werde mittels Kontrollen, mobiler Sperren und künstlicher Serpentinen verhindert, dass mögliche Täter ein Auto in die Menschenmassen steuern könnten. Unter dem Eindruck von Magdeburg hat die Berliner Polizei ihr Silvesterkonzept noch einmal überprüft und, wie zu hören ist, wo nötig nachgeschärft. Dessen Ziele seien, Durchsetzungsfähigkeit zu zeigen und Reaktionsfähigkeit auf wechselnde Lagen. Auch die Berliner Staatsanwaltschaft ist silvesterbereit.

Denn auch unterhalb der Schwelle terroristischer Bedrohung ist Berlin etwas anders als andere Städte. Dort mag Silvester einfach ein Fest sein. In Berlin ist das zwar auch, aber zugleich ist diese Nacht, wie ein führender Polizist es höflich formuliert, eine Plattform für all jene, die etwas zum Ausdruck bringen wollen. Und das oft mit Gewalt.

In den Straßen von Neukölln oder Wedding werden dann Pyro-Batterien nicht vertikal gen Himmel geschossen, um ihre bunten Knalleffekte zu bestaunen, sondern horizontal auf Menschen abgefeuert, zumal auf Feuerwehrleute und Sanitäter, oder auf Autos und Busse – auf alles, was sich bewegt. Und nicht nur illegale Böller fand Berlins Polizei voriges Jahr, auch eine scharfe Waffe samt Munition, Schreckschusspistolen und Messer.

In dieser Silvesternacht rechnet die Polizei wieder mit solcher Gewalt und hält darum an ihrem hohen Einsatzniveau vom Vorjahr fest. 3.000 Polizeikräfte stehen speziell für Silvester bereit, inklusive Unterstützung aus anderen Bundesländern und durch die Bundespolizei. Spezialisten des Landeskriminalamts wie Kriminaltechniker, Internetfachleute und Aufklärer mit Szenekenntnissen unterstützen den diesjährigen Silvestereinsatz. Dazu kommen weitere 1.000 Polizisten für alles, was sonst noch anfällt, seien es Kneipenschlägereien oder häusliche Gewalt.

Problemzonen, wohin das Auge reicht

Auf polizeiinternen Stadtplänen sind große Gebiete der Stadt farbig markiert: Zonen, in denen Einsatzkräfte verschärft präsent sind. Waffen- und Messerverbotszonen. Pyro-Verbotszonen. Es sind vor allem drei Großgegenden, in denen an Silvester gern Bürgerkrieg gespielt wird, meist von Kiez-Tätern, wie Polizisten sie nennen. Leute, die aus ihrem Haus kommen und mit Pyros auf die andere Straßenseite feuern oder auf Rettungskräfte.

Die markierten Gegenden erstrecken sich nördlich der Mitte gen Wedding, um das klassische Neukölln herum und bis tief in die südlichen Randbezirke mit ihren Hochhaussiedlungen und notorischen Konflikten. Das heißt, Berlins Problemzonen umfassen große Teile des Stadtgebiets.

Auf Prävention legt Berlins Polizei dieser Tage viel Wert. Über 300 kriminalpräventive Auftritte in Jugendclubs und Schulen gab es, Sensibilisierungsschreiben an 485 Berliner Schulen, um den Eltern zu erklären, dass Angriffe auf Rettungskräfte eine schlechte Idee sind und Pyros auf Menschen zu feuern, diese verletzten oder gar töten kann. Dinge, die vielen Problemzonenbewohnern offenbar erst erklärt werden müssen.

Während Polizeihunde einschlägige Hinterhöfe durchstöbern auf der Suche nach Depots illegaler Böller, hat die Polizei gut hundert Gefährderansprachen durchgeführt und fünf Personen die Teilnahme an geplanten pro-palästinensischen Veranstaltungen untersagt, weil diese bereits als gewaltbereit aufgefallen seien. Das vor allem ist gemeint, wenn die Polizei Silvester als Plattform für politische Akteure bezeichnet. In dieser Zeit des Krieges in Nahost ist recht klar, wer die Kräfte sind, die in dieser Silvesternacht versucht sein werden, die Plattform zu entern.


Elon Musks Gastbeitrag in der „Welt“ und die Kernschmelze der linksgrünen Gesinnungswächter

von Lukas Mihr

Technischer Visionär, libertärer Pionier für Meinungsfreiheit und Hassobjekt der deutschen Linken: Elon Musk



Deutschland ist in Aufruhr. Der reichste Mann der Welt, Elon Musk, hatte kürzlich zur Wahl der AfD aufgerufen. Nun legte er in einem Gastbeitrag für die“ Welt” nach: Dort führte er ausführlich aus, was kaum in einen einzelnen Tweet gepasst hätte. Wie nicht anders zu erwarten, schlug ihm der Unmut der deutschen Öffentlichkeit entgegen. Niema Movassat, bis 2021 für die Linkspartei im Bundestag, warnte, dass auch der Aufstieg der NSDAP mit der Unterstützung durch Großindustrielle begonnen hatte. Dieser Vergleich ist nicht nur schief, sondern auch falsch, wie die Geschichtswissenschaft weiß. Der neue Parteivorsitzende der Linkspartei, Jan van Aken, hatte zuvor gefordert, Twitter zu verbieten und durch eine staatlich aufgebaute Alternative zu ersetzen. Das soziale Netzwerk sei eine „Pestbeule“ sowie eine Plattform für „rechte Hetze“. Linke-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek meinte, „Elon Musk ist der reichste Mann der Welt, der sich ein Massenmedium gekauft hat, um ungefiltert seine Meinung Millionen von Menschen aufzudrücken und damit Einfluss auf die Politik von diversen Staaten auszuüben.“ Twitter dürfe „nicht die Spielwiese von Multimilliardären sein. Grundsätzlich sollte es einfach keine Milliardäre geben.“

Der Wahlkampfleiter der Grünen, Andreas Audretsch, erklärte, „Tech-Milliardäre wie Elon Musk“ oder chinesische Staatskonzerne hätten die Möglichkeit, „mit ihren Plattformen und viel Geld unseren demokratischen Diskurs zu untergraben“. Musk gehe „Hand in Hand mit den Rechtsextremen in der AfD“. Dies stelle „eine Gefahr für unsere Demokratie und die Meinungsfreiheit in unserem Land“ dar. Ricarda Lang, bis vor kurzem noch Parteivorsitzende, meinte, Musk unterstützte die AfD wegen deren “rechtsextremer” Ausrichtung; er fordere eine „Broligarchie, wo nur noch das Recht des Stärkeren, also meistens des Reichsten, gilt.“ Kanzlerkandidat Friedrich Merz nannte den Vorgang „übergriffig und anmaßend“. Er könne sich an keinen „vergleichbaren Fall der Einmischung in den Wahlkampf eines befreundeten Landes“ erinnern. Zudem merkte Merz an, dass die AfD noch vor einiger Zeit zu den heftigsten Gegnern des Tesla-Werks in Brandenburg gezählt habe.

“Beschämend und gefährlich”

Unionsfraktionsvize Jens Spahn erinnerte Musk an den “Antiamerikanismus der AfD”. Reinhard Brandl, digitalpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, merkte an: „Eine solche Konzentration von Macht und Reichweite bei einer Person ist eine ernsthafte Gefahr für unsere Demokratie.“ Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke twitterte: „Musk, von einigen hier heftig gefeiert, sagt der Demokratie den Kampf an. Dieser Mann ist eine Bedrohung. Trump, Farage und nun die AfD.“ Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken erklärte, „wer eine antidemokratische, menschenfeindliche Partei wie die AfD unterstützt“, müsse mit „unserem harten Widerstand rechnen“. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch äußerte sich kritisch: „Dass der Springer-Verlag Elon Musk überhaupt eine offizielle Plattform bietet, um Wahlwerbung für die AfD zu machen, ist beschämend und gefährlich.“ Dies zeige, „wie weit rechte Netzwerke inzwischen vorgedrungen sind“. Es sei „inakzeptabel, dass ausländische Milliardäre versuchen, unsere politische Landschaft zu beeinflussen und dabei Parteien unterstützen, die unsere demokratischen Werte untergraben.“

Der SPD-Politiker Axel Schäfer sagte: „Wir sind den Amerikanern sehr nahe, aber jetzt ist Tapferkeit vor dem Freund gefragt. Wir verbitten uns eine Einmischung in unseren Wahlkampf“. Deutschland sei eine „regelbasierte, liberale Demokratie“, Musk wolle „einen autoritär geführten, illiberalen, von Milliardären geführten Staat“. Gesundheitsminister Lauterbach twitterte: „Respekt für die Gegner der Veröffentlichung. Dass man sich politische Macht jetzt immer einfacher kaufen kann wird der Demokratie noch sehr stark schaden. Wenn Zeitungen mitmachen schaufeln sie ihr eigenes Grab und sind nicht besser als soziale Medien.“ Das “Handelsblatt” kommentierte: „Die Welt lässt sich vor antidemokratischen Karren spannen“. Es handele sich um „verfassungsfeindliche Agitation“. In einer „wehrhaften Demokratie“ gäbe es Grenzen der freien Meinungsäußerung. Dass die Welt auch eine Gegenmeinung gedruckt habe, verschlimmere die Situation nur, denn so erscheine es, als könne man nach dem Motto „Einerseits...Andererseits“ über die AfD diskutieren.

Was hat Musk eigentlich geschrieben?

Der “Spiegel” sprach von einem „Vorgang, der Demokraten wachrütteln muss“, und einem „Tabubruch“. Der nächste Bundeskanzler „muss Elon Musk in die Schranken weisen“. Der Milliardär mit „schlechter Impulskontrolle“ habe vor, „Hetzer und Demokratieverächter an die Macht zu bringen“ Musks Gastbeitrag sei „verblüffend schlicht“, man könne nur hoffen, „dass er als Unternehmer mehr Sorgfalt walten lässt“. Mit einem Vermögen von knapp 440 Milliarden Dollar ist Musk allerdings wohl kaum auf die Sorgen des “Spiegel” angewiesen. Mika Beuster, der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, meinte: „Als Journalismus verpackte Wahlwerbung für eine rechtsextreme Partei, eine schmeichelnde Distanzierung, die keine ist, und das Kaltstellen der redaktionsinternen Kritiker - unglaublich! […] Deutsche Medien dürfen sich nicht als Sprachrohr von Autokraten und deren Freunden missbrauchen lassen.“ In der Vergangenheit hatte Beuster übrigens kein Problem damit, als Youtube den Auftritt des Blogs „Die Achse des Guten“ löschte – weil es sich dabei eben nicht um Journalismus handele.

Bei all der Empörung blieben Inhalte natürlich wieder gänzlich auf der Strecke. Denn was hatte Musk in seinem Gastbeitrag eigentlich geschrieben? Letztlich wenig Überraschendes und kaum Neues. Einleitend erklärt Musk, die AfD sei der „letzte Funke Hoffnung für dieses Land“. Er setze auf Deregulierung der Wirtschaft und auch billigen Strom durch Kernkraft. Technologische Innovationen und neue Impulse im Bildungssektor seien notwendig, um Deutschland voranzubringen. Auch lobte er die AfD dafür, dass sie sich gegen unkontrollierte Einwanderung ausspricht und die nationale Identität erhalten wolle.

Übereifrig “eingeordnet” und gegenkommentiert

Selbst diese legitimen und diskussionswürdigen Standpunkte erschienen in der “Welt” allerdings nur mit verschämter ”Einordnung”: Jan Philipp Burgard, der designierte Chefredakteur der “Welt”, verfasste parallel gleich die Gegenposition: „Auch ein Genie kann sich irren.“ Er stimmt Musk zwar in vielen Punkten zu, so zum Beispiel, dass es eine überbordende Migration gäbe, meint jedoch, dass die Lösungsansätze der AfD “nicht praktikabel” seien. Auch stört er sich daran, dass die Partei der EU den Kampf angesagt hätte. Dies würde Deutschland wirtschaftlich schaden. Kritische Punkte seien zudem die Haltung der AfD gegenüber Russland und China. Nicht nur Burgard, auch Franziska Zimmerer von der “Welt” hielt dagegen: „Elon Musk ist ein sehr reicher Mann mit der Impulskontrolle eines vierjährigen Kindes, das an der Kasse von Papa kein Ü-Ei bekommt. […] Jedem Welt-Autor wäre so ein 'Text' zurückgegeben worden mit der Aufforderung, mal etwas nachzudenken und Argumente zu finden. Kein Mächtiger steht über dem Gesetz des Redigats. [...]Ein Mensch kann wirtschaftlich erfolgreich sein, und trotzdem dummes Zeug reden.“ Immerhin schlug sie gegenüber der eigenen Branche selbstkritische Töne an: „Viele Journalisten genießen den Dunstkreis der Macht, sie möchten gern dazu gehören. Sie haben die Tendenz unkritisch zu werden, je mehr sie die Luft der Mächtigen atmen. Es ist im Hauptstadtjournalismus so, es war während der Corona-Pandemie so.“

Eva-Marie Kogel, bei der “Welt” ironischerweise für das Ressort Meinung verantwortlich, kündigte infolge der Veröffentlichung von Musks Gastbeitrag – bizarrerweise auf X/Twitter – an, ihren Posten aufzugeben. Dazu äußerte sich Julian Reichelt, selbst vom Springer-Verlag geschasst, wie folgt: “Wenn man als Leiterin Meinung kündigt, weil man andere Meinungen nicht aushält, war man für den Job eh ungeeignet.” Ähnlich liest sich auch die Stellungnahme des AfD-Bundestagsabgeordneten Götz Frömming. Kolumnistin Anabel Schunke schlug mit Blick auf Kogel in die gleiche Kerbe: „Die Welt sollte solchen Journalistendarstellern, die ganz offensichtlich ein Problem mit der Meinungsfreiheit haben, jedenfalls keine Träne nachweinen. Soll sie bei der TAZ anheuern, oder gleich bei den Grünen.“

“Gute” Milliardäre dürfen sich gerne weiter einmischen

Offenbar ging die Entscheidung, Musk einen Gastbeitrag verfassen zu lassen, auf Springer-Chef Mathias Döpfner zurück. In der Redaktion selbst herrschte darüber größtenteils Verärgerung vor. Das deckt sich mit dem Befund Rainer Zitelmanns, der als Insider zu berichten wusste, dass die Journalisten bei der nominell konservativen “Welt” bereits in den 1990er Jahren mehrheitlich linksgrün tickten. Auch das Springer-Flagschiff “Bild” hatte sich 2015 unkritisch der „Refugees Welcome“-Kampagne angeschlossen und seitdem immer wieder gegen die AfD Stellung bezogen. Doch Musk ist schon seit einigen Jahren ein Hassobjekt der deutschen Medienlandschaft. Seine Ankündigung, auf Twitter die Meinungsfreiheit wiederherzustellen, sorgte unter hiesigen Journalisten für Entsetzen. Ein ARD-Korrespondent schrieb, dass nun “rechte Verschwörungstheoretiker” wie „Ratten aus ihren Löchern“ gekrochen kämen, in die man sie wieder „zurückprügeln“ müsse.

Übrigens: Bei alledem dürfen die „richtigen“, “guten” Milliardäre weiterhin ungestraft die öffentliche Meinung hierzulande beeinflussen; dann handelt es sich natürlich auch nicht um eine „Einmischung“. Bill Gates beispielsweise sponsert eine Artikelreihe beim “Spiegel”; und dass Mark Zuckerberg auf Facebook reihenweise unliebsame Meinungen zensiert, hat im Mainstream noch nie jemanden verärgert. Auch George Soros nutzt sein Vermögen, um seine Agenda voranzubringen: In Deutschland unterstützen seine “Open Society Foundations” beispielsweise den “Mediendienst Integration” und die “Neuen Deutschen Medienmacher” – also die publizistischen und politischen Treiber der Migrationslobby. Soros selbst warnte in Gastbeiträgen für deutsche Medien wiederholt vor dem Klimawandel, Viktor Orban, Russland und China und lobte die grüne Partei. Das war alles noch nie ein Problem für linke Politiker und Journalisten. Apropos: Auch Popsängerin Taylor Swift ist Milliardärin. Auf ihr ruhten die Hoffnungen der deutschen Medienlandschaft, Kamala Harris den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen zu bescheren. Luisa Neubauer ist zwar keine Milliardärin, aber als Reemtsma-Miterbin mit einem üppigen finanziellen Polster ausgestattet. Sie reiste in die USA, um die Demokraten tatkräftig zu unterstützen. Da verzeiht man „Langstrecken-Luisa“ doch gern die CO2-Emission für den Transatlantikflug. Und gerade der “Spiegel”, der für seine zahlreichen martialischen Anti-Trump-Cover bekannt ist, sollte sich eigentlich davor hüten, anderen Einmischung in die Innenpolitik vorzuwerfen.

Sonntag, 29. Dezember 2024

Baerbock, Seibert & Co: Die Liga der außergewöhnlich dummen Judenhasser

von Julian Marius Plutz

Blick auf den Jerusalemer Tempelberg



Kein Ort beschreibt die Heiligkeit des Judentums prägnanter als der Tempelberg. Er gilt als spirituelles Zentrum dieser ältesten monotheistischen Religion, deren Geschichte bis ins 10. Jahrhundert vor Christus zurückreicht. Er symbolisiert die einzigartige Symbiose von Gott und Israel. Diese Melange aus Volkszugehörigkeit und Religion, die der Tempelberg auf beeindruckende Weise verkörpert, ist älter als der religiöse Bezug der Christen und Muslime. Das Judentum erkennt die Bedeutung des Tempelbergs für beide Religionen an; dabei bleibt er dennoch immer das Symbol für Hoffnung und die Rückkehr aus dem babylonischen Exil. Für Juden in der Diaspora ist der Tempelberg bis heute ein wichtiger religiöser Bezugspunkt, dessen Bedeutung kaum zu überschätzen ist.

Welchen spirituellen Anker Annalena Baerbock in ihrem Leben hat – vielleicht ein ausrangiertes Trampolin? – ist hingegen nicht bekannt. Fakt ist: Den tiefen Teller hat die deutsche Außenministerin nicht erfunden. Anders lässt sich ihre jüngste intellektuelle Entgleisung nicht erklären. Die „Diplomatin“ echauffierte sich nämlich allen Ernstes über einen Juden, der „ausgerechnet“ auf dem Tempelberg betete. Dies sei eine „Provokation“ und zudem würde der Jude „zündeln“. Einmal mehr übernahm sie damit lupenreine einseitige palästinensische-muslimische Positionen.

Gestatten, Seibert, Freund von Antijudaismus

In Zeiten, in denen die bloße Anwesenheit von Juden bereits als Provokation gilt, kehrt der hässliche Deutsche zurück, der Auschwitz-Birkenau möglich machte. Das zeigt sich im auf Steuergeld aufgeschminkten Gesicht von Annalena Baerbock. Sie propagiert lupenreinen, unverhüllten Judenhass, indem sie die unerträglichen Erzählmuster muslimischer Antisemiten übernimmt. Die Frau sollte sich in Grund und Boden schämen – doch leider ist das unmöglich, da sie keinerlei Schamgefühl besitzt. Die Abwesenheit von Scham ist der Beginn der Verblödung, und in Annalena Baerbock sehen wir den vorläufigen Höhepunkt dieser brandgefährlichen Entwicklung. Sie sollte endlich zurücktreten und ihre unmaßgebliche, dafür aber umso toxischere Karriere beenden – im Interesse Deutschlands, der Juden, der ganzen Welt.

In dieselbe Liga offenkundig außergewöhnlich dummer Diplomaten reiht sich Steffen Seibert ein. Einst das Gesicht der ZDF-Nachrichten, ist er mittlerweile als deutscher Botschafter in Israel aktiv. Auf Twitter/X drückte Seibert allen Ernstes sein „Bedauern“ über den angeblichen Tod von drei Neugeborenen im Gazastreifen aus, die – laut Quellen der Hamas (!) – “an Unterkühlung” gestorben sein sollen. Der Schuldige dafür soll – wie könnte es anders sein? – ein Jude gewesen sein. Mit seiner ungeprüften Übernahme dieser Hamas-Behauptung bedient Seibert den lupenreinen Antijudaismus – nämlich die mittelalterliche Kindermörder-These, die bis heute vor allem im muslimischen Raum großen Anklang findet. Fehlt nur noch, dass der Botschafter bei einer Hamas-Demo mitläuft und die Worte des Hasses skandiert: „Seid ihr alle taub und stumm? Israel bringt Kinder um!“. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums reagierte folgerichtig – und warf dem Ex-Merkel-Lakaien Seibert vor, sich nicht auf verifizierte Fakten, sondern auf bloße Annahmen gestützt zu haben. „Es wurde bereits so oft bewiesen, dass Ärzte in Gaza Hamas-Propaganda statt Fakten verbreiten“, erklärte der Sprecher auf Twitter/X. In der Tat, auch für Seibert ist es Zeit zu gehen – ebenso wie für Baerbock. Eigentlich hätte er den Job niemals bekommen dürfen.

Sie könnten Adolf Hitlers Job beenden

Und als wäre dies alles noch nicht entwürdigend genug, gibt es da auch noch eine gewisse Melanie Schweizer. Frau Schweizer hat intellektuell nichts, aber auch gar nichts mit Albert Schweitzer zu tun – was sich auch daran zeigt, dass sie für Arbeitsminister Hubertus Heil arbeitet. Doch dass sie die großartige jüdische Aktivistin Malca Goldstein-Wolf in herrenmenschlicher Attitüde angreift, zeigt nur, dass Frau Schweizer – wie Baerbock und Seibert – auf den Propagandazug der Hamas aufgesprungen ist; auf Twitter/X schrieb sie nämlich: „Goldstein-Wolf at it again. Sie zersetzen mit Ihren Psycho-Spielchen unsere Demokratie. Sie sind eine Gefahr für Deutschland und ein treibendes Teil im Völkermord in Gaza.“ Damit bezog sie sich auf einen Tweet von Goldstein-Wolf, in dem diese Seiberts kritiklose Übernahme der Hamas-Propaganda kritisiert hatte.

Ob Baerbock, die keine Ahnung hat, was der Tempelberg für Juden bedeutet; ob Steffen Seibert, der antijüdische Stereotype übernimmt; oder ob Melanie Schweizer, deren Twitter/X-Timeline vor Hamas-Propaganda nur so strotzt: Deutschland hat ein antisemitisches Problem von stadiongroßem Ausmaß. Der neue Judenhass tarnt sich als “Antizionismus” oder “Israelkritik”, ist jedoch im Kern nicht weniger gefährlich als der von 1933 bis 1945. Diese Entwicklung macht mir Angst. Am Ende könnte es sein, dass die hiesige Gutmenschlichkeit den feuchten Traum der Nazis – nämlich ein judenfreies Deutschland – nachhaltiger und gründlicher durchsetzen wird als Adolf Hitler selbst.

Sonntag, 22. Dezember 2024

Special: Magdeburg - Blick in die Seele des Attentäters



Am Freitagabend fuhr ein BMW mit hoher Geschwindigkeit in den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Bis jetzt wurden wurden fünf Menschen getötet, darunter ein Neunjähriger und ein Kleinkind, und 200 verletzt. Auf Social Media wird das Thema von allen Seiten instrumentalisiert.

Freitagabend fuhr der 50-jährige Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Taleb Al Abdulmohsen in die Besuchermenge des Magdeburger Weihnachtsmarktes. Wie üblich ging eine unmittelbare Welle der Empörung durch Social Media. Letztendlich stellt sich aber inzwischen alles anders dar, als viele gemutmaßt haben.

War es laut Urteil der Lautesten zunächst ein Flüchtling, der einen islamistischen Anschlag verübt hat, ist es inzwischen ein Zionist und ein AfD-Anhänger. Und manchmal ein „Psychologe“, der von den eigenen Medikamenten genascht hat. Zumindest, wenn man Social Media glauben mag.

Ich habe mir Informationen zum Täter angesehen und seine letzten Postings angeschaut. Und ich komme zu einem völlig anderen Schluss. Ich möchte versuchen, ein wenig Kontext zu geben, um es allgemeiner verständlich zu machen. Denn die Hintergründe sind zugegebenermaßen zunächst völlig abstrus und passen in keine unserer Schablonen. Und danach werden sie wirr. Dazu muss ich drei Dinge vorab erklären. Danach werde ich auf den Täter eingehen.

Fachleute werden mir großzügig verzeihen, wenn ich vereinfache. Laien, wenn ich aushole.

Und bevor das hier „Neue“ lesen: Ich bin ehemaliger Nachrichtendienstler und beschäftige mich eher mit Marschflugkörpern, Pagern und E-Scootern. Mir geht nur das dusselige Gequatsche auf Social Media auf die Kette.


Diagnostik

Zum ersten habe ich selber zwar als Erwachsenenstudent Psychologie studiert, habe aber keinen Abschluss. Da ich kurz vor dem Bachelor durch zwei unfallbedingte Schlaganfälle rausgerissen wurde. (Was Dr. House im Bein hatte, hatte ich im Hinterkopf.) Das macht aber wenig. Denn ich wollte eh kein Therapeut werden. Deshalb stelle ich hier auch keine Ferndiagnose. Um so etwas tun zu können, muss man neben der Ausbildung auch lange mit dem Menschen sprechen, den man beurteilen soll.
Was ich dennoch machen kann, ist Grundlagen zu erklären, die Teil jedes Psychologiestudiums oder so etwas wie psychologisches Grundwissen sind. Und einen Eindruck zu vermitteln. Damit wird sich hoffentlich bei vielen der Nebel lichten.

Der Name

Zum zweiten möchte ich erklären, warum ich offen damit umgehe und beispielsweise den Namen des Attentäters nenne. Den Namen von Verdächtigen nicht zu nennen macht Sinn. Denn es sind Verdächtige und als unschuldig zu behandeln. Doch die Regelung der Medien, vieles nicht zu benennen, rührt aus einer Zeit, als die Medien die einzige Möglichkeit des Bürgers waren, sich zu informieren. Inzwischen gibt es aber das Netz 2.0. Es macht keinen Sinn, Informationen nicht abzubilden, die frei verfügbar sind.

Als Beispiel sei der Messerstecher genannt, der vor wenigen Monaten den „Islamkritiker“ Michael Stürzenberger in Mannheim angegriffen und dabei einen Polizisten getötet hat. Während die Medien noch von einem „mutmaßlichen Täter“ berichteten, hatten über drei Millionen Menschen die Tat in einem Video auf X gesehen. Weniger „mutmaßlich“ geht nicht.

Zwar war ich in der Nacht einer der Ersten, der die Hintergründe des Täters veröffentlicht hat. Dafür habe ich aber lediglich offene Quellen genutzt, die jedem anderen auch zur Verfügung standen. Und die inzwischen auch von anderen Medien übernommen wurden. Deshalb macht es in meinen Augen absolut keinen Sinn, herumzudrucksen und - wie viele Medien - dadurch höchstens den Eindruck zu vermitteln, man wolle etwas verheimlichen. Es liegt in der Natur des Menschen wissen zu wollen, wer der Täter und was das Motiv war. Das dient dazu, eine Gefahreneinschätzung treffen zu können. Verwerflich wird es erst, wenn es bestimmte Grenzen überschreitet.

Der dritte Punkt ist ein möglichst kurzer, aber nützlicher Ausflug in die Psychologie.

Das Mensch-Computer Modell

Um Psychologie verstehen zu können, ist das Mensch-Maschine-Modell hilfreich. Heute würde man eher sagen, das Mensch-Computer Modell. Wie ein Computer besteht die Psyche eines Menschen aus Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe.

Die Eingabe, das ist die Wahrnehmung. Also was beim Computer Scanner, Tastatur oder der Touchscreen sind. Beim Menschen ist das Hören, Sehen, Fühlen, Schmecken, Riechen.

Die Verarbeitung ist das, was der Bordrechner daraus macht. Das ist beim Menschen ein sehr komplexer Vorgang, der vor allem auch von der mitgelieferten und später installierten Software abhängt. Die Ausgabe ist beim Computer das Rechenergebnis, also das Video, die Statistik oder dieser Text. Beim Menschen ist es das Verhalten.

Ich nehme mich selbst als Beispiel, dann muss ich mir später nicht anlesen, ich würde über andere abledern: Meine Schlaganfälle waren so genannte ischämischer Infarkte. Das bedeutet, durch Sauerstoffmangel durch Aderverschluss. (Zu unterscheiden durch eine geplatzte Ader im Hirn durch Bluthochdruck o.ä.; man sagt zu beidem landläufig „Schlaganfall“, obwohl es zwei verschiedene Dinge sind.)

Ich habe ein Bein leicht nachgezogen, konnte eine Hand nicht gut koordinieren, habe genuschelt und leicht beim Sprechen gespuckt. Nichts, was man nicht auch nach einer Flasche Schnaps hätte. Nur dass man daran seltener stirbt. Ich konnte sehen, hören, schmecken… die Eingabe war also in Ordnung. Die Verarbeitung war gestört. Meine Software für „Gleichgewicht“ und „Basketball auf einem Finger rotieren“ war defekt. Und deshalb war die Ausgabe gestört. Kognitiv, also vom Denken her, war alles prima. Ok… nicht schlimmer als sonst. (Meine Mutter hat mich testen lassen.)

Trotzdem war ich auch bei einem Psychiater in Behandlung. Das waren (und sind) nämlich zumeist auch Neurologen, also „Nervenärzte“. Damit haben Psychologen, korrekterweise Psychotherapeuten, aber nichts zu tun. Denn Psychologen machen auch Stadtplanung, wählen Bewerber aus oder programmieren Spiele. Psychotherapeuten helfen beispielsweise bei Dingen, die auch ohne Medikamente zu meistern sind. Sie geben Hilfestellungen, wenn in der Software etwas nicht funktioniert. Einem Depressiven können sie nicht „ärztlich“ helfen. Das muss ein Psychiater, genauer der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie machen. Aber sie können dabei helfen, dass ein Depressiver besser den Alltag bewältigt, sich „Skills“ aneignet oder ihm Rat geben.

Man kann es einem Menschen nicht ansehen

Bei dem weiten Feld der affektiven Störungen besteht ein Problem in der Software, die – grob gesagt - die Emotionssteuerung beeinflusst. Diese wird durch viele Neurotransmitter gesteuert: Serotonin, Noradrenalin, Dopamin und andere Ine. Inzwischen kann man die Aktivität bestimmter Hirnareale sogar bildlich darstellen. Das ist kompliziert. Das „Mutterschaftshormon“ Oxytocin hängt beispielsweise damit zusammen, dass wir Welpen niedlich finden. Aber auch mit Fremdenfeindlichkeit.

Soll heißen, mit diesem typischen, pseudoironischen Argument von zumeist Rechtspopulisten „Ach ja, der wurde in seiner Jugend traumatisiert.“ ist es nicht weit her. Inzwischen haben wir Möglichkeiten zu zeigen, dass da wirklich etwas physisch nicht in Ordnung ist.

Keine andere Wissenschaft entwickelt sich so rasant wie die Psychologie. Und Psychologie ist nicht nur „Erzählen Sie mir von ihrer Mutter“, sondern auch Neuropsychologie, empirische Wissenschaft und Statistik. Richtig ist aber, dass Stress, Leidensdruck, Einsamkeit, Niedergeschlagenheit und vieles andere ein Faktor für psychische Störungen sind. Ebenso wie das Erbgut. Und zwar bei allen psychischen Störungen. (Das Wort „Krankheit“ ist - zu Recht - verpönt.) Das Körperliche und das Psychische greifen immer ineinander. Wie das zusammenhängt, wissen wir noch nicht genau.

Eine Störung kann sich ganz unterschiedlich auswirken.

Bei einigen Störungsbildern brabbelt der Betroffene beispielsweise sehr viel oder verhält sich gegenüber Fremden ungewohnt nahe und ungehemmt. „Umgangsformen“, die sozio-kulturell streng ritualisiert und genormt sind. Durch das, was unsere Eltern uns beigebracht haben, aber auch das, was unsere Gesellschaft uns anerzieht.

In Deutschland ist es immer günstig, den Nachbarn mit Tageszeit zu grüßen oder eine Frage an die Supermarktmitarbeiterin mit „Tschulligung“ zu beginnen. Antwortet jemand im Treppenhaus auf die Frage des Nachbarn „Wie geht’s?“ mit einem ausführlichen Bericht über sein Furunkel am Gesäß, kommt uns das befremdlich vor. Und kann bereits auf eine Störung hinweisen. Kann, nicht muss!

Die Betroffenen merken das aber nicht immer.

Es lässt sich niemand geknebelt im Bordell von nackten Kleinwüchsigen während des Orgelstücks aus dem Phantom der Oper mit Kimchi bewerfen und denkt plötzlich „Wow, ich muss echt durchgeknallt sein.“ Für ihn ist das alles schlüssig.

Und deshalb können auch Psychiater, Psychologen und Psychotherapeuten an einer solchen Störung leiden, ohne es zu merken. Die sind durch die ständige Beschäftigung mit dem Thema, die zu einer starken Introspektion führen kann, vermutlich sogar näher am Wasser des Irrsinns gebaut. Das soll auch verdeutlichen, dass jemand von außen betrachtet „funktionieren“ kann, während zwischen den Ohren irgendwie nicht mehr alles so ganz cremig läuft.

Und nach dieser langen, aber in meinen Augen nötigen Vorrede, betrachten wir Taleb Al Abdulmohsen.

Er hat sich öffentlich gemacht

Üblicherweise erfährt die Öffentlichkeit wenig über Terroristen oder über Amokläufer. Umso weniger, wenn ihnen eine psychische Störung attestiert wird. Da das Recht auf Persönlichkeitsschutz in Deutschland – erneut zu Recht – höhergestellt ist, als das Informationsrecht der Öffentlichkeit.
Manchmal gibt es im Nachhinein Interviews oder Analysen zu lesen. Doch zumeist eher in der Fachliteratur oder in dicken Büchern, wenn die Öffentlichkeit sich längst am übernächsten Aufreger aufreibt.

In diesem Fall haben wir aber das zweifelhafte Vergnügen, dass der Täter ein Aktivist war und daher selber vieles öffentlich gemacht hat. Vor allem auf seinem Account „@DrTalebJawad“ auf X, der fast 43.000 Follower hatte. Inzwischen sind einige Tausend retardierte Autobahngaffer hinzugekommen.
Als der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, gegenüber den Medien einige Angaben bestätigt hat, war der Täter schnell gefunden. Es gibt nun einmal nicht viele saudische Psychiater in Sachsen-Anhalt, die 2006 nach Deutschland gekommen sind, die vorher Interviews gegeben haben.
War vielleicht auch nicht so ganz pfiffig.

Abdulmohsen war bereits fertiger Arzt und wollte hier das Studium zum Facharzt für Psychiatrie anschließen.

In dieser Zeit hat er sich nach eigenen Aussagen vom Islam losgesagt. Ob er Atheist war, wie inzwischen häufig behauptet, Agnostiker oder schlicht Probleme mit dem strengen und konservativen Wahabismus hatte, der in Saudi-Arabien vorherrscht, kann ich nicht beurteilen.

Er begann, seiner Aussage nach, Menschen bei der Flucht aus Saudi-Arabien zu helfen. Zu der Zeit muss er die ersten Drohungen durch andere Muslime, speziell durch andere Saudis, erhalten haben. In einer Nachricht wurde er beispielsweise davor gewarnt, nach Saudi-Arabien zurückzukehren. Dies halte ich für glaubwürdig. Der Gottglaube ist unter Akademikern deutlich geringer ausgeprägt. Die Ursache dürfte in der streng logischen und empirischen Art der Problemlösung liegen, zu der man zwangsläufig erzogen wird.

Inzwischen geht auch das Gerücht rum, Abdulmohsen sei in Saudi-Arabien wegen Vergewaltigung gesucht worden und die Regierung habe ein Auslieferungsgesuch an Deutschland gestellt. Um das einschätzen zu können, sollte man sich vergegenwärtigen, dass jegliche gesellschaftlich unerwünschte sexuelle Interaktion als Vergewaltigung bezeichnet werden kann, beispielsweise auch der Kontakt zu einer verheirateten Frau oder der Kontakt zu einer unverheirateten Frau, wenn männliche Familienmitglieder etwas dagegen haben. Selbst Opfer einer Vergewaltigung müssen mit einer Strafe rechnen, üblicherweise werden sie öffentlich ausgepeitscht. Ob Abdulmohsen tatsächlich eine Frau vergewaltigt hat… ich wage skeptisch zu bleiben.

Irgendwann hat Abdulmohsen dann unter dem Namen „wearesaudis.net“ ein Forum eingerichtet, in dem er online versucht hat, Menschen bei ihrer Flucht zu helfen. 2019 haben sowohl die Frankfurter Rundschau als auch die FAZ ein Interview mit dem „Fluchthelfer“ geführt.


Wir müssen an dieser Stelle konstatieren, dass diese Umstände alleine dazu geeignet sind, einen Menschen unter einen hohen Druck zu setzen. Umso mehr, als dass Abdulmohsen in die Öffentlichkeit ging und bekannt ist, dass regierungsfreundliche Agenten des Iran oder Saudi-Arabiens „Dissidenten“ auskundschaften.

Der schwule Ex-Muslim und Aktivist Ali Utlu hat auf X mehrfach erklärt, dass er Abdulmohsen nicht für einen Ex-Muslimen, sondern für einen „Schläfer“ halte, der Kontakt zu Hamas-Leuten und Anhängern des IS gehabt habe. Belegt wird das nicht, obwohl irgendwelche Screenshots herumgereicht werden. Seit 2020 arbeitete Abdulmohsen in der Fachklinik in seinem Wohnort Bernburg. Wohl in dem Bereich des Maßregelvollzuges, was die Begleitung von drogenabhängigen Häftlingen vermuten lässt.

Der Hang nach rechts

Nicht wenige Juden in Deutschland tendieren derzeit zu konservativen Parteien oder gleich zur AfD. Das erscheint naheliegend, da diese versprechen, etwas gegen die „muslimische Einwanderung“ zu tun. Die sie selber als größte Bedrohung wahrnehmen. Dass diese Parteien auf dem Nährboden des Nationalsozialismus, mindestens aber des rechtsäußeren Nationalismus wachsen, scheint für viele dabei ein akzeptables Übel. Oder man verschließt die Augen davor. Sie haben offenbar keine Vorstellung davon, was es heißt, wenn sich Anspruch auf Exklusivität mit bürokratisch-deutscher Effizienz paart.

Es scheint kein Bewusstsein dafür zu geben, dass auch sie für diese Nationalisten Menschen höchstens zweiter Klasse sind. Ich selber hatte schon einen kleinen, öffentlichen Diskurs mit einer jüdischen Aktivistin, die nach wie vor auch rechtspopulistische Postings von Nius und der AfD teilt.
Rechtsaußen wird als der Heilsbringer gesehen; dass sie selber nur geduldetes Mittel zum Zweck und das nächste Ziel sein könnten, wird ausgeblendet.


Warum sollte das also bei einem Menschen aus Saudi-Arabien, der von Muslimen angefeindet und bedroht wird, anders sein? Umso mehr, wenn er versucht, Menschen bei der Flucht aus dem streng muslimischen Regime zu entkommen?

Für Deutsche muss es erscheinen, wie das Lamm, das seinen Metzger selber wählt. Weshalb viele offenbar durch den für Sie erscheinenden Widerspruch des Arabers, der Ausländerfeindlichkeit unterstützt, verwirrt sind. Doch nur die unterschiedlichen Perspektiven sind es, die verwirren.

Im Playbook der Diktaturen steht ganz oben auf der To-Do-Liste, einen äußeren Feind zu erschaffen. Dann werden andere Bedrohungen leichter geschluckt. Man hätte Abdulmohsen erklären sollen, was „Remigration“ auch für ihn bedeutet. Und dass Anti-Islamismus und medizinische Ausbildung nicht gegen Blut und Boden immunisieren.


Am 18. Juni 2016 postete Abdulmohsen auf seinem Account, er und die AfD kämpften gegen den gleichen Feind, um Deutschland zu schützen. Am gleichen Tag postete er, er wolle die AfD kontaktieren, um eine „Ex-Muslim Academy“ zu gründen. Er repostete auch Interviews mit Alice Weidel und anderen AfD-Politikern, sowie Beiträge des bekannten „Corona-Anwalts“ Markus Haintz sowie des rechtsextremen österreichischen Aktivisten Martin Sellner.

Deutliche Anzeichen

Im Laufe der Zeit scheint Abdulmohsen sich radikalisiert zu haben. Oder er ist psychisch abgeglitten, das macht keinen großen Unterschied. Es finden sich chronologisch immer häufiger Postings von ihm, die deutsche Polizei würde den Islamismus verbreiten oder Deutschland wolle den Islamismus in Europa etablieren. In einem Interview mit der RIAD Foundation sprach er davon, dass Elon Musk Recht hätte und Deutschland durch die Migration von Muslimen den Islam in Europa gezielt installieren wolle.

„In einem Video spricht er darüber, dass »die Linken den Islamismus erfunden haben, um die Muslime auszulöschen.« Kein Islamkritiker würde so einen Blödsinn schreiben.“
Ali Utlu, X, 21.12.24

Nicht jeder Verschwörungsmythologe hat eine psychische Störung, aber psychische Störungen gehen häufig Hand in Hand mit Verschwörungsmythen. Da beide nach den gleichen Schemata funktionieren: Empfundene Wahrheiten werden durch Theorien plausibel gemacht, fehlende Beweise werden ignoriert oder durch andere wirre Thesen erklärt. Es ist wie bei einem Kartenhaus: versucht man eine Karte wegzuziehen, wird von der anderen Seite einfach eine nachgeschoben.


Am 13 August, also vier Monate vor der Tat, postete Abdulmohsen einen Thread, bestehend aus 74 (!) Postings. Inklusive Fotos des Schriftverkehrs. Es fällt mir schwer zu verstehen, warum Medien und Kommentatoren kaum darauf eingehen. Zur Erinnerung: auch Tobias Rathjen, der Attentäter von Hanau, hat ein 24-seitiges Manifest hinterlassen. Ich finde diesen Thread, den Abdulmohsen oben in seiner Timeline angepinnt hat, ungemein aussagekräftig. Zumindest einen Teil möchte ich wiedergeben. Er ist auf Arabisch verfasst, Übersetzung durch Google.

Das Posting

„Erstens: Ich versichere Ihnen: Wenn Deutschland Krieg will, werden wir ihn haben. Wenn Deutschland uns töten will, werden wir sie abschlachten, sterben oder voller Stolz ins Gefängnis gehen. Weil wir alle friedlichen Mittel ausgeschöpft haben, sind uns nur noch mehr Verbrechen seitens der Polizei, des Staatsschutzes, der Staatsanwaltschaft, der Justiz und des (Bundes-) Innenministeriums begegnet. Frieden nützt ihnen nichts.

Zweitens: Das Ziel Deutschlands ist klar geworden, nämlich die Verbreitung des Islam in Europa. Sie greifen islamkritische politische Bewegungen an, indem sie korrupte Menschen, darunter Süchtige, Prostituierte und Diebe, in sie einbinden, um die Bewegung von innen heraus zu zerstören. Dann wenden sie die schmutzigsten Mittel gegen diejenigen an, die Eindringlinge entlarven.

Drittens: Was ich am wenigsten glauben kann, ist die Rücksichtslosigkeit Deutschlands in seinem Glauben, dass die Begehung einer Reihe von Verbrechen gegen die saudische Opposition unberücksichtigt bleiben wird. Sie denken, selbst wenn Talib al-Abd al-Mohsen nicht ins Gefängnis kommt, wird Talib al-Abd al-Mohsen keine Gerechtigkeit bringen! Aufgrund mangelnder politischer Erfahrung leben sie in Illusionen und nehmen daher keine korrekte Bilanz.

Viertens: Die Verbrechen der deutschen Behörden an den saudischen Flüchtlingen sind sehr schmutzig und äußerst unverschämt. Je friedlicher wir mit ihnen umgehen, desto unverschämter werden sie, als wollten sie uns bewusst einreden, dass Frieden in Deutschland nichts nütze! All dies liegt daran, dass sie den Islam mit den schmutzigen Mitteln verbreiten wollen, auf denen der Islam seit seinem ersten Erscheinen basiert.“

Hier äußert sich eindeutig ein Mensch, der sich aufgrund einer empfundenen Bedrängnis in einer Notwehrsituation sieht. Was einer der Gründe ist, warum derartige Attentäter, egal ob Terroristen oder Amokläufer, selten Reue empfinden. Sie sehen ihr Handeln als gerechtfertigt.

Säkulare Flüchtlingshilfe Deutschland e.V.

Im Verlauf des Postings schildert er einen Fall, in dem seiner Aussage nach (!) die Säkulare Flüchtlingshilfe drei saudische Schwestern in Deutschland untergebracht habe. Ausgerechnet bei einem angeblichen Mitbegründer des Vereins, den er mehrfach namentlich nennt. Insgesamt scheint er wenig von Persönlichkeitsrechten zu halten oder sie nicht zu verstehen.

Diese drei Schwestern seien „Opfer von Misshandlungen“ und „psychologischer Folter“ geworden. Da, so die Begründung von Abdulmohsen, der Gastgeber öfter in Shirt und Unterhose durch das Haus lief. Und angeblich auch nackt.

Er belegt kleinteilig mit Screenshots, dass er mindestens ab 2019 mehrfach versucht hatte, Mitarbeiter oder Helfer der Säkulare Flüchtlingshilfe anzuzeigen. Es ist ein kaum zu durchdringender Wust von Informationen und Namen. Ein veröffentlichter Aktenvermerkt des Polizeipräsidiums Köln von 2019 bestätigt, das vermutlich eine der drei Schwestern informell befragt wurde, verängstigt wirkte, aber keine Angaben zu Straftaten gegen sie machte.

Auf der Seite der Säkularen Flüchtlingshilfe Deutschland e.V. ist inzwischen eine Stellungnahme veröffentlicht. Aus der hervorgeht, dass sie seit 2018 keinen außergerichtlichen Kontakt mehr zu Abdulmohsen hatten. Um es abzukürzen: Eine Kooperation war im Gespräch, diese war aus ungenannten Gründen gescheitert. Abdulmohsen veröffentlichte daraufhin 2019 „übelste Verleumdungen und verbalen Angriffe“ gegen Mitglieder, diese zeigten sie an. Ein Verfahren vor dem Landgericht Köln gewannen die inzwischen ehemaligen Vorstandsmitglieder, mit dem Urteil, die Postings zu löschen. Ein Berufungsverfahren läuft noch vor dem Oberlandesgericht Köln.

„Wir konnten in der gesamten Zeit keinen Grund ausmachen, welcher seine Diffamierungskampagne und die Aggressivität seiner Vorwürfe erklärt.“

Säkulare Flüchtlingshilfe Deutschland e.V., Homepage, abgerufen 22.12.24

Im Weiteren geht es um unterschlagene Spenden für vier saudische Schwestern durch eine Dritte, auch das hatte Abdulmohsen versucht bei der Polizei zur Anzeige zu bringen. Plötzlich geht es dann um Tang Yuanjun, einem angeblichen chinesischen Dissidenten, der in den USA für China spioniert hat, der im August, also im Monat des Postings, in New York festgenommen wurde.

Das erste Video

Laut Polizei begann die Todesfahrt von Abdulmohsen am Freitag, dem 20.12.24 um 19:04 Uhr.
Sein letztes Posting wurde laut Zeitstempel von X um 19:07 Uhr veröffentlicht. Er muss es also entweder vorher zur Veröffentlichung getimed haben. Was bei einer Zeit von 19:07 Uhr schon sehr merkwürdig wäre. Oder er hat es in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Anschlag gesendet. Es wäre möglich, dass sein Handy noch mit dem Upload beschäftigt war, während er bereits Menschen tötete. Egal was nun zutrifft, es erscheint doch sehr wie ein öffentlichkeitswirksames Vermächtnis, ein Manifest.

Es beinhaltet vier, bzw. fünf Videos, keinen Text. Die ich gesichert habe, da der Account sicher in naher Zukunft nicht mehr zu erreichen sein wird.


Im ersten Video, das auf einem Handy aufgenommen wurde, ist lediglich ein Posting von Abdulmohsen selbst zu sehen, in dem es um Sokrates geht. Es wurde um 17:33 Uhr aufgenommen, also vermutlich am Tag des Attentats. Dazu spricht er, sehr ruhig und gefasst wirkend, frei auf Englisch folgenden Text:

„Hi. Mein Name ist Taleb Al Abdulmohsen. Ich bin Arzt, Psychiater, ich arbeite in Deutschland in einem staatlichen Krankenhaus und diese Geschichte hat vor langer Zeit begonnen. Vor mindestens 2400 Jahren, als die Athener Sokrates für seine Kritik hinrichteten. In unseren Zeiten sind die kulturellen Nachfahren der antiken Griechen Europa und Nordamerika. Und gegenwärtig – unter diesen Ländern – ist die Nation, die krimineller Weise Islamkritiker jagt um Ihr Leben zu ruinieren, die deutsche Nation. Das ist mein Grund, warum ich die deutsche Nation verantwortlich mache, für die Tötung von Sokrates.“

Das zweite Video

Im zweiten Video, dessen Aufnahme an das erste anschließt, erklärt Abdulmohsen seinen zweiten Grund: Einen aus seinem Briefkasten gestohlenen USB Stick. Es ist ebenfalls auf dem Handy aufgenommen, man sieht also schlicht seinen Handy-Bildschirm, auf dem er durch diverse Fotos scrollt. Es dauert etwas über sieben Minuten und wurde ab 18:01 Uhr aufgenommen. Also eine Stunde, bevor er in die Menschenmenge fahren wird. Ich gebe es bewusst so wirr wieder, wie Abdulmohsen sich erklärt.


Er erklärt seine Definition der Gegensätze von Sozialismus, Liberalismus und Kapitalismus und erklärt, die Regierung habe kein Recht, den Bürgern bestimmte Dinge zu verbieten. Beispielsweise den Waffenbesitz. Da die deutschen Gesetze auf Sozialismus basieren würden.

Die deutsche Polizei habe einen Agenten geschickt, der einen USB-Stick aus seinem Briefkasten gestohlen hätte. Sie hätten seinen Strafantrag (gegen die Person, die angeblich Geld unterschlagen hatte) „vernichtet“ und gesagt, er sei verwirrt und sie verstünden nicht, was er sagt.

Exakt so ungenau ist es formuliert und das setzt sich fort.

Der Umschlag, der den USB-Stick enthalten sollte, ist auf den Fotos an der Seite aufgeschnitten zu sehen. Es handelt sich um eine Antwort auf den Strafantrag durch die Staatsanwaltschaft Köln, die die Einleitung von Ermittlungen ablehnt. Da sie keinerlei tauglichen Beweismittel sieht. Das Schreiben ist datiert vom März 2023, der Strafantrag stammte vom Februar 2023. An der Anzahl der Fotos (955 von 963) ist zu sehen, dass er danach kaum noch andere Fotos oder Screenshots gemacht hat. Warum er dies als Beweis ansieht, dass sein Strafantrag „zerstört“ wurde und die Polizei selber den USB-Stick geklaut haben soll – sie hätte ihn einfach nur nicht zurückschicken müssen – erklärt er nicht.

Er erkennt darin, dass die Polizei die seiner Meinung nach schuldige Person, gegen die die Strafanzeige gerichtet war, schützt und „benutzt“, um den Aktivismus von Ex-Muslimen zu zerstören. Er habe diese Geschichte an dem Tag auch an verschiedene Organisationen gemailt, u.a. Human Rights Watch. Er wiederholt, das läge daran, dass die Gesetze in Deutschland auf Sozialismus basieren und es ihm nicht erlaubt sei, eine Waffe zu kaufen oder zu tragen.

Ich möchte nicht unnötig dramatisch erscheinen. Aber das ist so wirr, dass man es resümieren sollte. Abdulmohsen stellt im Februar 2023 einen Strafantrag gegen eine Person, von der er glaubt, sie habe Spendengelder zugunsten von saudischen Flüchtlingen unterschlagen. Die Staatsanwaltschaft lehnt aus Mangel an Beweisen ab, Ermittlungen aufzunehmen und schickt Abdulmohsen den Bescheid zusammen mit seinem USB-Stick im März zurück.

Der sieht das als Beweis, dass die Polizei selber einen Agenten geschickt habe, um den USB-Stick aus seinem Briefkasten zu klauen (…den aufgeschnittenen Brief aber wieder einzuwerfen?). Und beklagt sich über die auf Sozialismus basierenden Gesetze, die ihm verbieten, eine Waffe zu kaufen und zu tragen.

Wann dieses Video aufgenommen bzw. die Fotos gemacht wurden, ist nicht ersichtlich. Sie müssen spätestens vom August stammen. Der Zeitstempel legt aber nahe, dass es zwischen dem ersten und dritten Video aufgenommen wurde. Etwa eine Stunde, bevor er in eine Menschenmenge rast und dabei (bis jetzt) fünf Menschen tötet.

Das dritte und vierte Video

In seinem dritten Video, aufgenommen um 18:09 Uhr, also im unmittelbaren Anschluss an das zweite Video, verweist er lediglich auf ein Posting von ihm, in dem er ein von ihm erstelltes Video geteilt hat.
Dieses Posting ging am 16. August online, also drei Tage nach seinem angepinnten Monolog zur Säkulare Flüchtlingshilfe.

In dem Video sieht man eine Animation von Elon Musk, die mit der Stimme von Abdulmohsen spricht. Worauf er auch hinweist. Er tut also nicht so, als würde Musk das tatsächlich sprechen, sondern benutzt ihn als digitale Handsprechpuppe.

Darin referiert er fast zwölf Minuten lang über einen Beitrag des Guardians und der Kritik an Musk wegen der Umsetzung der Redefreiheit auf X. Überraschend kommt er auch hier wieder auf die drei Schwestern aus dem angepinnten Posting zu sprechen, ebenso wie dem gestohlenen USB-Stick. Überschrieben ist das Video mit der Aussage „Meine Erfahrung in Deutschland lässt keinen Zweifel zu – tatsächlich werden die Opfer zensiert.“


Das vierte Video wurde um 18:36 Uhr aufgenommen. Kaum eine halbe Stunde vor dem Attentat. Es ist viereinhalb Minuten lang. Erneut referiert Abdulmohsen über die Videos aus seinem 74-teiligen August Posting.

Ein neues kommt jedoch hinzu. Hier behauptet er, eine junge Frau, seiner Aussage nach ein „Icon“ der Säkulare Flüchtlingshilfe und Gründerin, würde in Arbeitskleidung (offenbar Gesundheitsbranche) in einem Video ihre Brüste zeigen und ihre Nippel beschreiben. Tatsächlich zeigt sie nur den Ansatz ihres BHs und scheint etwas darüber zu erklären. Die Sprache ist für mich nicht zu erkennen, das Video stammt von Snapchat.


So etwas würde sie (die junge Frau) in der Öffentlichkeit machen, sagt Abdulmohsen. Und man habe ihm gesagt, sie sei eine illegale Prostituierte, die Flüchtlinge davon überzeuge, ebenfalls als Prostituierte zu arbeiten. So auch eine Siebzehnjährige. Außerdem sei sie drogen- und alkoholsüchtig.

Die Gründerin der Säkulare Flüchtlingshilfe bezeichnet er als Polizeispitzel. Es habe keinen Grund gegeben, die Organisation überhaupt zu gründen, da sie bereits Leiterin einer andere Ex-Muslimische Hilfsorganisation sei.

Asterix und Rudel

Was wir derzeit auf Social Media sehen, möchte ich einmal als zwei Mechanismen beschreiben. Dem Asterix-Mechanismus und dem Rudel-Mechanismus. Asterix hat den meisten von uns Europa erklärt. Kindlich naiv und doch nachhaltig.

Es ist eigentlich verwunderlich, dass woke Aktivisten noch nicht auf die zumeist hakennasigen Assyrer, militanten Germanen und absurd-stolzen Spanier aufmerksam geworden sind. Es sind Karikaturen, Überspitzungen, die uns als Kinder die Welt begreiflich machten. Italiener überheblich, Goten militärisch und die Engländer trinken heißes Wasser und haben schiefe Zähne.

In der Adoleszenz, im Reifungsprozess des Erwachsenwerdens, gleichen wir diese Stereotype mit der Realität ab. Wenn alles richtig läuft. Das kann nur gelingen, wenn wir etwas über die anderen wissen.
Erst definieren wir, was wir nicht sind. (Kleinkinder lernen, dass andere sie noch sehen können, wenn sie sich die Augen zuhalten.) Dann definieren wir uns selber in Abgrenzung zu anderen.

Ein Internet-Video ist mir sehr im Gedächtnis verhaften geblieben. In dem wenige Sekunden dauernden Clip filmte ein ostdeutsches Pärchen offenbar versteckt aus einem Straßenkaffee heraus, man sah eigentlich kaum mehr als die Tischkante. Anlass war ein anderes Pärchen, das an dem Café vorbei ging: Sie weiß, er schwarz. Und die Aufnehmende sagt mit deutlichem ost-süd-ost Akzent „So einen habe ich noch nie in echt gesehen“.

Wenn wir mit einem eingeschränkten Weltbild aufwachsen oder wenig über Muslime wissen, ist es nicht verwunderlich, dass wir sie alle für gleich halten. Wie die meisten Muslime sicherlich alle Christen für gleich halten. Erst, wenn wir uns mit Sunniten, Schiiten, Aleviten und Radikalen befassen, lernen wir, dass es große Unterschiede gibt. Tun wir das nicht, sind wir dazu verdammt, die Welt auf dem kindlichen Niveau von Asterix zu sehen.

Und der Mensch ist ein Rudeltier. Er versucht sich einem Rudel anzuschließen, mit dem er sich identifiziert. Und das macht einen großen Teil seiner Identität aus. Diese Identität ist für Menschen so wichtig, dass sie mit Klauen und Zähnen verteidigt wird und teilweise bis zur Selbstzerstörung reicht. Man denke nur an Samurai, die sich im Namen der Ehre selber aufschlitzten.

Wer sich als Teil einer völkischen Gemeinsamkeit sieht, muss alles Fremde für mindestens suspekt halten.

Und diese beiden Mechanismen führen dazu, dass Viele ratlos und verwirrt auf Magdeburg blicken, wenn ein 50-jähriger Arzt und Anti-Islamismus-Aktivist in einen Weihnachtsmarkt rast. Plötzlich scheint alles in Frage zu stehen, alle Stereotype die wir uns für unser Weltbild bereitgelegt hatten. Und bei manchen sogar das Selbstbild. Denn wenn schon einer, der gegen Islamismus ist, in eine Menge Christen rast, was sagt das dann über Feindbilder aus?

Vor allem aber stellt es eins auf den Prüfstand: Selbst, wenn einige Menschen nach wie vor Meinung und Fühlen höher bewerten, unsere Kultur basiert vor allem auf Rationalität und Logik. Und bei jemandem, der nicht alle Nadeln an der Tanne hat, kommt man mit Logik nicht weiter. Das überfordert leicht.

Viel Meinung, wenig Recherche

Einen Großteil aller Meinungsäußerungen auf Social Media zu dem Anschlag kann man durch diese Mechanismen erklären.

Für Rechtspopulisten musste der Attentäter ein Islamist sein. Und selbst jetzt, nachdem viele Hintergründe bereits öffentlich sind, beharren viele darauf, dafür sei nur die Regierung verantwortlich und Ausländer seien die Wurzel allen Übels.

Muslime weltweit erklären den Anschlag zu einer False Flag Aktion des Zionismus.

Ex-Muslime, nennen wir sie lieber antiislamistische Opposition, hingegen versuchen krampfhaft zu erklären, dass Abdulmohsen ein radikaler Schläfer gewesen sein muss. Muss! Denn verständlicherweise wäre es für sie erschütternd, persönlich und für ihre Sache, wenn herauskommt, dass „einer der ihren“ so etwas gemacht hat.

Mehrfach wurde mir das Video der Iranerin Maral Salmassi verlinkt, die erklärt, die Ex-Muslim-Nummer von Abdulmohsen sei Taqīya gewesen, eine Verschleierung. (Vergleichbar mit der russischen Maskirowka, Details würden hier den Rahmen sprengen, sorry.) Genau so würden radikale Schläfer agieren. Da bleibt doch die Frage, ob radikale Muslime dann nicht zumindest ihn ihrem letzten Posting unmittelbar vor dem Anschlag irgendetwas pro-muslimisches äußern würden. Anstatt ausführlich über eine Hilfsorganisation abzuledern oder über sozialistische Gesetze.

Aber ich habe so das Gefühl, die meisten werden sich die Äußerungen von Abdulmohsen gar nicht genauer angesehen haben. Und lediglich nach dem Confirmation Bias gefiltert haben, was ihre vorgefasste Meinung bestätigt und ihren Standpunkt stützt.

„Alle großen Islamkritiker haben den Taleb geblockt, weil jeder wirre Nachrichten und Drohungen bekam.“

Ali Utlu, X, 21.12.24

Die Medien

Was mich ratlos zurücklässt ist, warum die Medien nicht entsprechend berichten. Denn auch jetzt, während ich dies tippe, sind die Quellen alle noch offen. Es wird angedeutet, zusammengefasst, zwischendurch erwähnt. Drohungen seien ausgesprochen worden. Und der Staatsanwalt meinte bei der PK nach Zögern, er habe den Eindruck, der Grund für den Anschlag sei eine Unzufriedenheit gewesen, wie Deutschland mit Flüchtlingen aus Saudi-Arabien umginge.

Es scheint, als sei man übervorsichtig, sich festzulegen. Als wolle man unliebsame Wahrheiten nicht aussprechen. Die für alle offen dar liegen. Wenn man nur wollen würde. Und während ich mir die wirren Auslassungen von Abdulmohsen antun muss, erklärt eine Interviewpartnerin beim ZDF heute live, die Tat sei – bei aller Vorsicht – wohl geplant gewesen. Ach was. Warum hat der wohl sonst einen BMW gemietet?

Die unbefriedigende nicht-Diagnose

Ich kann, wie eingangs erklärt, keine Diagnose stellen. Zwei Nächte und einen Tag habe ich nun quasi durchgearbeitet. Daher möchte ich es ganz ohne Vorsicht mit einem psychologischen Fachausdruck abkürzen: Der Mann hat eine kapitale Delle am Helm. Heilige Scheiße noch eins, ist der durch. Tut mir leid, aber mehr bleibt nicht.

Nicht nur das Mitteilungsbedürfnis von Abdulmohsen spricht Bände. Nicht nur die Litanei von kleinteiligen Erklärungen aus dem August. Nicht nur ein Wust aus Videos mit Erklärungen, die über eine Stunde hinweg aufgenommen wurden, bis nur etwa 20 Minuten vor der Tat. Nicht nur die Veröffentlichung Minuten vor der Tat.

Und zu allem Überfluss verlautbarte aus Polizeikreisen am Samstag, dass er bei der Festnahme offenbar unter Drogeneinfluss stand. Wenn schon die Nazis Panzerfahrern und Piloten Methamphetamin gaben, dann wird ein Psychiater kurz vor einem Attentat schon wissen, was er sich reinziehen sollte. Außerdem sei er derzeit arbeitsunfähig gewesen.

Der Mann hatte sich offenbar mit absolut allen angelegt. Mit anderen Ex-Muslimen, mit Spendensammlern, mit einem Verein, gegen ihn lief mindestens ein Gerichtsverfahren wegen öffentlicher Anschuldigungen. Die Fälle, die er referenziert, liegen zum Teil Jahre zurück. Tobias Huch berichtet, dass er schon vor drei Jahren anlässlich eines Verfahrens in Magdeburg Kontakt zu Abdulmohsen hatte, es dabei auch um Klagen über seine eigenen Anwälte ging und das Ganze wohl etwas wirr war.

Als Sahnehäubchen auf diesem Eisbecher des Irrsinns kommt er nicht auf die Idee, dass ein Mitarbeiter der Post einen USB Stick aus einem Umschlag klaut, sondern dass die Polizei einen Agenten schickt, um ihn aus seinem Briefkasten aus einem Brief der Staatsanwaltschaft zu klauen. Wenn das nicht Paranoid ist, dann weiß ich nicht was sonst.

Und als Amarena Krische auf dem Sahnehäubchen beschwert sich über „sozialistische“ Gesetze, die ihm verbieten, eine Waffe zu tragen. Kurz bevor er mit einem eigens gemieteten Auto mindestens fünf Menschen tötet und 200 verletzt.

Es ist völlig irrelevant, was die genaue Diagnose sein wird. Es kommt viel in Betracht, von einer Manie bis zur Paranoia. Und gern genommene Mischungen, ein buntes Potpourri aus Durchgeknallt. Spannend wird nur sein, ob er als straffähig beurteilt werden wird. Also ob er in den Knast kommt, oder in die Geschlossene. Beides wird sicher mit „Ende offen“ gebucht. Auch wenn ich jetzt schon weiß, dass das Urteil vermutlich 15 Jahre lauten wird, worüber sich dann wieder Rechtspopulisten werden aufregen können, weil sie deustche Gesetze nicht verstehen.

Bei Tobias Rathjen aus Hanau wurde zwar auf eine rassistische Motivation abgestellt. Die also vorher bereits in Ansätzen vorhanden gewesen sein muss. Letztendlich wurde ihm aber eine schwere narzisstische Persönlichkeitsstörung und eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie diagnostiziert.

Und ich bin mir völlig bewusst, dass viele Menschen das nicht gerne hören werden. Weil es unbefriedigt zurücklässt. Mehr noch, es macht Angst. Denn es ist leichter zu ertragen, wenn Islamisten in einen Weihnachtsmarkt rasen, als wenn ein psychisch auffälliger Verhaltensexot das tut. Hat man einen Feind, hat der Tag Struktur. Dass das aber sogar einem Psychiater „passiert“, macht die Gefahr unberechenbar. Und sowas sitzt quer im Magen.

Rechtspopulisten müssen sich wohl damit begnügen, dass der Mann wohl doch keine „Fachkraft“ war, sondern tatsächlich ein hochausgebildeter Facharzt, der mindestens drei Sprachen hervorragend beherrschte.

Linke müssen sich damit begnügen, dass die primäre Motivation des Attentäters wohl nicht die AfD war.

Ex-Muslime müssen sich damit abfinden, dass auch einer der ihren durchknallen und durch eine solche Horroraktion ihrer Sache massiv schaden kann.

Die Politiker, die gebetsmühlenartig nach mehr Sicherheit rufen, müssen auf ihr so einfaches Argument verzichten, weil es gegen so etwas keinen umfassenden Schutz geben kann.

Die Antisemiten müssen sich abfinden, dass dieses Mal wohl doch nicht die Juden dahinterstecken.

Die Deutschen müssen sich klar machen, dass sie erschreckend wenig Ahnung von Psychologie haben.

Und der Mitarbeiter der Post, der den USB Stick geklaut hat, muss sicher viel verarbeiten, wenn er davon erfährt.

Aber irgendetwas sagt mir, dass die wenigsten es tun werden. Sondern lieber weiter ihre eigennützigen Narrative in den Äther blasen.

Und ich… Ich muss jetzt ausschlafen.