von Daniel Matissek
Jimmy Carter und sein Geschöpf, Ruhollah Khomeini
In den US-Präsidenten der Geschichte rangiert Jimmy Carter regelmäßig auf den hinteren Plätzen. Er gilt als gescheiteter und vor allem außenpolitisch schwacher Präsident, der einem weiteren One-Term-Präsidenten nachfolgte – dem nach Nixons Rücktritt 1974 ins Amt gekommenen Republikaner Gerald Ford. Dass Carter überhaupt gegen Ford obsiegen konnte, lag maßgeblich an dem Generalpardon, das er gleich zu Amtsantritt seinem durch Watergate erledigten Vorgänger erteilte, womit er Nixon von jeder Strafverfolgung befreite. Die über den beispiellosen Vertrauensverlust in die Politik empörte Nation verzieh Ford dies nicht; Carter profitierte. Doch keine vier Jahre später waren Carters Ansehen wie auch seine Chance auf Wiederwahl gleichermaßen im Keller, woran insbesondere das von ihm zu verantwortende nationale Trauma der gefloppten Geiselbefreiung im Zuge der Teheraner Botschaftsbesetzung maßgeblichen Anteil hatte. Wenn auch inzwischen als gesichert gilt, dass die folgende Reagan-Administration geheime Absprachen mit dem Mullah-Regime traf, um die Freilassung der Geiseln zu verzögern und diese medienwirksam gleich nach Reagans Amtsantritt seiner Regierung zu vollziehen (tatsächlich endete das 444-tägige Martyrium der 52 US-Diplomaten wenige Minuten nach Reagans Vereidigung), so war es zuvor Carters Verzagtheit und Zaudern zu verdanken, dass der militärische Befreiungsversuch vom 24./25. April 1980 zum Debakel geriet.
Dem noch vorgelagert war es allerdings überhaupt nur Carter zu verdanken gewesen, dass die Mullahs ihr bis heute herrschendes Terrorregime errichten konnten. Denn es war seine Regierung, die dem Schah die Unterstützung entzog und – in einer frühen Form von moralisierendem Menschenrechtsinterventionismus – die Blaupause lieferte für dasselbe mörderische Missverständnis, dem auch sein Amtsnachfolger und Parteifreund Barack Obama dreißig Jahre später im Zusammenhang mit dem sogenannten “Arabischen Frühling” erlag: Dass nämlich die sogenannten “Freiheitskämpfer” schlimmere Barbaren sind als die, gegen die sie ankämpften, und dass die Absetzung eines Schlächters nur den Weg für andere Schlächter an der Macht ebnete.
Indirekter Urheber des Mullah-Regimes
Der Schweizer Publizist und Rechtsanwalt Emrah Erken schreibt auf Facebook: “Der Urvater der Mullah Regime Appeaser, ist verstorben. Jimmy Carter destabilisierte den Iran und trug zum Sturz des Schahs bei, was zur Islamischen Revolution und zum Verlust eines der wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten führte.” Zutreffend verweist er auf einen Bericht der britischen BBC von 2016, der die umfangreichen Kontakte der Carter-Regierung mit Ayatollah Ruhollah Khomeini vor 1979 aufdeckte. Demzufolge unternahm Khomeini große Anstrengungen, um die USA davon zu überzeugen, seinen Plan, den Iran zu regieren, nicht zu gefährden: „Es ist ratsam, dass Sie der Armee empfehlen, Schapur Bachtiar nicht zu folgen”, sagte Khomeini laut BBC in einer Nachricht. Bachtiar war der letzte Premierminister unter Schah Reza Pahlevi.
Carter lag mit seinem realpolitisch aberwitzigen Untergrabungskurs gegen Schah Reza ganz auf Linie der schon damals fürchterlich realitätsblinden europäischen Linken, die in Khomeini allen ernstes einen sanftmütigen, philosophischen und zutiefst demütigen spirituellen Freiheitsführer, eine Art persischen Ghandi sehen wollten und ganz verzückt waren über die vermeintliche sozialistische Revolutionskraft vor allem der Jugendlichen und Studenten im Iran, die sie an die schon damals nostalgisierten 1968er-Studentenunruhen in Europa erinnerten. Tatsächlich wurde die iranische Jugend des Landes von Khomeini ausgenutzt und als Vehikel zum Umsturz missbraucht. Die grausame Quittung folgte auf dem Fuß, als die Universitäten jahrelang unter den Mullahs geschlossen wurden, eine islamfaschistische Diktatur errichtet wurde, gegen die der Schah-Iran geradezu paradiesisch anmutete, und als große Teile der Intelligenzja und Intellektuellen ins Exil flüchteten, sofern sie nicht im Ersten Golfkrieg an der Front verheizt wurden. Dies war Carters Werk, der sich von Khomeini ebenso blenden ließ wie die deutschen und französischen Journalisten, die in der Maschine saßen, welche den Ayatollah von Paris nach Teheran brachte, wo fünf Millionen seine Machtergreifung bejubeln.
Auf Du und Du mit Terroristen
Mit derselben Naivität, mit der heutige regierende Gutmenschen ihre Doppelstandards und ihren politischen Selbstbetrug rechtfertigen, ließ sich Carter damals einlullen: “Sie werden sehen, dass wir den Amerikanern gegenüber nicht besonders feindselig eingestellt sind“, sagte Khomeini laut BBC, und versprach dem Weißen Haus, seine Islamische Republik werde “eine humanitäre sein, die der Sache des Friedens und der Ruhe für die gesamte Menschheit zugutekommt”. Khomeini versicherte der Regierung Carter damals, dass ihre wirtschaftlichen Interessen nicht beeinträchtigt würden, sollte er die Macht im Iran übernehmen: „Es sollte keine Angst vor Öl bestehen. Es stimmt nicht, dass wir nicht an die USA verkaufen würden.“ Laut BBC half Carter im Gegenzug dann Khomeini – und sorgte dafür, dass die Armee des Schahs keinen Militärputsch startete. Erken: “Khomeini kehrte am 1. Februar 1979 nach Teheran zurück, nur zwei Wochen nachdem Carter den Schah davon überzeugt hatte, einen 'Urlaub' zu nehmen und den Iran zu verlassen. Das iranische Militär, das unter dem Einfluss der USA stand, ergab sich, und innerhalb weniger Monate wurde Khomeini zum Obersten Führer erklärt und das islamische Regime war geboren.”
Diese Zusammenhänge sind in den blumigen Nachrufen auf den letzten Südstaatendemokraten im Weißen Haus selten zu lesen. Hier wird eher Carters Rolle als Friedensstifter, Verteidiger der Menschenrechte und Aktivist für freie Wahlen betont, die ihm 2002 den Friedensnobelpreis einbrachte (sieben Jahre später wurde dieselbe Auszeichnung – noch fragwürdiger – an seinen Amtsnachfolger Obama, gleich nach Amtsantritt als Vorschusslorbeeren, verliehen). Sein ambivalentes Verhältnis zu Werten und Wahrheit störte Carter dabei nie; weder seine Kranzniederlegungen am Grab des PLO-Terrorpaten Yassir Arafat noch seine einseitige antiisraelische Stimmungsmache auch bei den UN konnten seinen moralischen Heiligenschein trüben. Tatsächlich hat Carter dem “Weltfrieden” eher eine Serie von Bärendiensten erwiesen. So war es in Wahrheit ein historischer Glücksfall, dass 1981 der republikanische Falke Ronald Reagan ins Weiße Haus gelangte – der dann binnen acht Jahren die Sowjetunion erfolgreich kaputtrüstete und so den Kalten Krieg überwand; unter Carter wäre das nie und nimmer möglich gewesen. Als ältester Ex-Präsident aller Zeiten wird Jimmy Carter zwar verdientermaßen in die Geschichtsbücher eingehen – aber leider auch als Prototyp des Politikes, der das Gute wollte und dem Bösen zum Triumph verhalf.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen