von Claudio Casula
Dank Benjamin Netanjahus Mut und Entschlusskraft werden die Karten im Nahen Osten neu gemischt.
Mit dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien bricht dem Bündnis des Iran mit islamistischen Terrorgruppen im Libanon und den Palästinensergebieten eine zentrale Verbindungsroute weg. Das bedrohte Israel, seit Herbst 2023 im Existenzkampf, nutzt die Gelegenheit, schnell, hart und entschlossen gegen seine Todfeinde vorzugehen.
Die „Achse des Widerstands“, wie die Erzfeinde Israels ihr Bündnis nennen, hat einen folgenschweren Fehler begangen und die Büchse der Pandora geöffnet. Der mit dem Iran und der Hisbollah abgestimmte Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sollte den jüdischen Staat schwer treffen und in einen Mehrfrontenkrieg stürzen – doch gut ein Jahr später hat Israel längst das Heft des Handels in der Hand. Und räumt nach und nach mit islamistischen Regimen und Terrororganisationen auf.
Nächtliche Luftangriffe auf Ziele wie Waffendepots bei Damaskus.
Das winzige Israel – mit 20.000 Quadratkilometern nur so groß wie das Bundesland Hessen – muss sich seit jeher seiner Haut in einer sehr rauen Nachbarschaft erwehren. Oft ist von der „Villa im Dschungel“ die Rede. Naivität in der Einschätzung der vielen Staaten und Terrorgruppen, die von der Vernichtung des jüdischen Staates träumen, können sich die Israelis nicht leisten, sie wäre selbstmörderisch. Als der Westen den sogenannten Arabischen Frühling bejubelte, meinte Dan Shueftan, Vorsitzender des National Security Studies Center an der Universität Haifa, trocken: „Ach ja, der ‚Arabische Frühling‘. Ich hab‘ noch nie so gefroren.“
Israel rüstet seine Feinde gründlich ab.
Jetzt nutzt die israelische Armee ihre Möglichkeiten
Die hochvolatile Lage im Nahen und Mittleren Osten wird in Israel sehr genau analysiert, Szenarien werden entwickelt – und politische und militärische Antworten für den Fall der Fälle.
Regierungschef Benjamin Netanjahu hat immer – und anders, als oft behauptet wird – vor größeren militärischen Auseinandersetzungen zurückgeschreckt, hat selbst angesichts von Raketenbeschuss israelischer Städte Konflikte immer auf „kleiner Flamme“ gehalten. Es gibt in Israel Stimmen, die schon vor Jahrzehnten forderten: „Lasst die IDF gewinnen!“, aber die wahre Feuerkraft der Armee wurde nie eingesetzt. Im Kern blieb etwa die bis an die Zähne bewaffnete Hamas immer bestehen, auch wenn hier und da einige ihrer Führer ausgeschaltet wurden. Luftschläge blieben begrenzt.
Benjamin Netanjahu beim Nordkommando im Grenzgebiet.
Israelischer Panzer an der Nordgrenze.
Mit dem Überfall am 7. Oktober änderte sich alles. Israel musste seinen mörderischen Nachbarn zeigen, dass es trotz der Katastrophe im Süden noch immer verteidigungsfähig ist. Und diesmal auch mit Hamas und Hisbollah abrechnen würde. Beide Terrororganisationen wurden empfindlich getroffen. Im Gazastreifen hat die IDF erstmals massiv das große Besteck hervorgeholt und die Hamas in einer Großoffensive praktisch zerschlagen. So gut wie die gesamte Führungsriege der Hamas, von Ismail Haniye bis Yahya Sinwar, wurde eliminiert.
Die beiden führenden Köpfe der Hamas, Sinwar und Haniye, wurden von Israel ausgeschaltet.
Kaum war die Hamas in der Substanz erledigt, wurden die Raketenangriffe der Hisbollah aus dem Libanon, unter dem der Norden Israels seit dem 8. Oktober 2023 litt, ebenfalls mit einer Großoffensive unterbunden – nachdem man in einer spektakulären Aktion mit präparierten Pagern tausende Terroristen außer Gefecht setzte. Bis heute sollen etwa 3.500 der Gotteskrieger getötet worden sein, darunter der Generalsekretär Hassan Nasrallah, 13 weitere Mitglieder der Führungsebene sowie Dutzende Kommandanten auf verschiedenen Ebenen.
Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah wurde im September eliminiert.
Laut IDF-Angaben wurden über 12.500 Hisbollah-Ziele zerstört, darunter 1.600 Kommandozentralen und 1.000 Waffendepots. Die israelischen Streitkräfte sicherten während der Operation umfangreiche Mengen an Waffen und Ausrüstung, darunter Tausende Sprengsätze, Raketen, Drohnen und Panzerabwehrsysteme.
Die ganze Achse des Bösen wird jetzt schrittweise zerlegt
Als das Mullah-Regime in Teheran, als Verbündeter von Hamas und Hisbollah beide Terrororganisationen über Syrien und Jordanien mit Waffen versorgend, den Fehler machte und Israel erst mit Drohnen und dann mit ballistischen Raketen angriff, antwortete Israel im Oktober mit einem Schlag, der in seiner Tragweite noch gar nicht begriffen worden ist: Mehr als 100 Kampfflugzeuge legten 1200 Kilometer zurück, um in drei Wellen an 20 verschiedenen Orten zuzuschlagen, um die Luftabwehr des Irans auszuschalten und Produktionsstätten von Raketen und ähnlichen Waffensystemen zu zerstören.
Mit solchen Kampfjets schlug Israel im Iran zu.
Jetzt wird die ganze Achse des Bösen schrittweise zerlegt. Die Nachschubwege aus dem Persischen Golf, von Iran nach Irak, vom Irak nach Syrien und von dort in den Libanon sind durch den Zusammenbruch des syrischen Regimes ins Visier der Israelis geraten. Die nutzen das gegenwärtige Chaos, um gezielt Waffenlager, den Mittelmeerhafen Latakia und Flughäfen zu attackieren.
Waffen im Milliardenwert gehen gerade in Rauch auf.
Um die 300 Luftangriffe – in zwei Tagen, rund um die Uhr – zerstörten Panzer, Flugzeuge (auch gesamte russische MiG- und Sukhoi-Kampfjet-Staffeln), Hubschrauber, Schiffe, Flugabwehrsysteme, Raketen, Militärfabriken und Geheimdiensteinrichtungen, damit sie nicht möglicherweise Israel feindlich gesinnten Gruppen in die Hände fallen.
Israels Außenminister Gideon Sa’ar: „Unsere Mission ist klar: ‚Wir wollen verhindern, dass strategische Waffen – darunter chemische Kampfstoffe und Langstreckenraketen – in die Hände von Extremisten gelangen, die Israel und die gesamte Region bedrohen könnten.“
Die Luftwaffenbasis Mezzeh nach einem israelischen Luftschlag.
Ein zerstörter syrischer Hubschrauber.
Flugunfähig: die syrische Luftwaffe.
Geknickt: die Rotoren eines syrischen Helikopters.
Auf den Golanhöhen rückten israelische Soldaten in entmilitarisierte Zonen vor, bevor es Islamisten aus Syrien tun. Die Elitetruppe Shaldag besetzte die syrische Seite des Berges Hermon, etwa zehn Kilometer von der Grenze entfernt. Vom Berg Meron aus war der IDF bisher der Blick hinter den Hermon und Teile des Südlibanon versperrt. Tieffliegende Drohnen, die Richtung Israel unterwegs waren, konnten nicht rechtzeitig lokalisiert werden. Jetzt wird das Radarsystem tief nach Syrien und in den Libanon hineinhorchen. Angriffe des IS, des Iran oder der Hisbollah werden mittels Drohnen, Boden-Boden-Raketen und lasergesteuerter Bomben vereitelt werden können.
Vom Hermon aus hat Israel seine Feinde im Blick.
„Geradezu atemberaubende Informationsüberlegenheit“
Dass Israel sich seine Feinde jetzt nacheinander vorknöpfen und massiv treffen kann, ahnte man schon vor dem 7. Oktober. Jetzt aber wird klar, dass der jüdische Staat für jeden Fall vorgesorgt hat – und nun auch bereit ist, seine Möglichkeiten zu nutzen. Im Focus schrieb Joachim Krause vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel:
„Tatsächlich ist offenkundig, dass hier eine Operation abläuft, die auf einer intelligenten und komplexen Planung beruht, die seit vielen Jahren entwickelt und immer wieder neu an die Gegebenheiten angepasst worden ist. Diese Planungen lassen eine Informationsüberlegenheit erkennen, die geradezu atemberaubend ist. Sie basieren auf einer nahezu kompletten Überlegenheit in der Luft und im Cyberspace sowie auf der Verfügbarkeit von präziser und bunkerbrechender Munition.“
Im Visier der Israelis: Die Atomanlage in Busher.
Der Iran, der vor Jahren durch Haniyes und Sinwars Bereitschaft, sich mit dem schiitischen Regime in Teheran zu verbünden, eine Möglichkeit sah, Israel einzukreisen, steht jetzt da wie der Schwarze Ritter in Monty Python’s „Die Ritter der Kokosnuss“: ohne Gliedmaßen. Durch die Vorarbeit der Luftwaffe im Oktober kann Israel zu einem günstigen Zeitpunkt endlich die tief verbunkerten Nuklearanlagen angreifen und das seit Jahrzehnten laufende Atomwaffenprogramm des Iran pulverisieren.
Die Atomanlage Fordo, nördlich der heiligen Stadt Qom im Iran.
Zerschlägt Israel das iranische Atomprogramm?
Das Mullah-Regime, das noch vor wenigen Jahren auf dem „besten Weg“ war, über seine islamistischen Hilfstruppen im Libanon und in Gaza in einem Dauerkrieg zu zermürben, muss nun fürchten, dass Israel auch hier die Gunst der Stunde nutzt. Möglicherweise ist das Regime in einem solchen Fall sogar selbst gefährdet.
Die ohnehin schwer angeschlagenen Kettenhunde des Iran werden künftig nicht mehr über Syrien mit Waffen versorgt werden können. Ein großes geostrategisches Asset ist dem Regime in Teheran binnen zwei Wochen abhandengekommen. Und noch ist nicht absehbar, wie es in Syrien weitergeht. Bei der Neuordnung des Landes wird der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan wohl ein gewichtiges Wort mitreden. Zerfällt das Land in autonome Regionen, etwa auch für Kurden und Drusen, ergeben sich Möglichkeiten für neue Bündnisse.
Sicher ist nur eines: Israel hat in einem Jahr mehr im Kampf gegen den mörderischen Terrorismus erreicht als die Europäische Union in 70 Jahren, wie es Geert Wilders eben bei seinem Besuch in Jerusalem ausdrückte. Die Welt sollte Israel und seinem Regierungschef dankbar sein!
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