Mittwoch, 14. Juli 2021

"Rechter Brandschlag" war wohl Betrug... Gastwirt Ali T. narrte sogar Angela Merkel

von Thomas Heck...

Nach dem Anschlag vom Breitscheidplatz musste Bundeskanzlerin Merkel gezwungen werden, sich mit den Angehörigen der vom Terroristen Amri Ermordeten zu treffen. Bei der kürzlichen Messertat von Würzburg hat sie sich auch 4 Wochen danach nicht einmal geäußert. Doch bei vermeintlich "rechten Anschlägen" kommt sie gerne auch mal persönlich vorbei. Manchmal schneller als die Polizei. Peinlich wird es nur, wenn das vermeintliche Opfer gar nicht das arme Opfer war... ein weiterer Beleg, bei ALLEN Anschlägen und Einzelfällen IMMER die Ermittlungsergebnisse der Polizei abzuwarten...

Ausgebranntes Restaurant "Mangal" in Chemnitz, Besitzer Mehmet Ali T. zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel 2018.


Es ist ein Lehrstück über voreilige Politiker-Reaktionen und falsche Verdächtigungen: Ein angeblich „rechter“ Brandanschlag auf ein türkisches Grillrestaurant in Chemnitz 2018 war wohl die Straftat des Besitzers Mehmet Ali T. Jetzt wurde der 49-Jährige, der viele Medien und sogar die Kanzlerin hinters Licht führte, verhaftet. FOCUS Online weiß, wie die sächsischen Fahnder dem Mann auf die Spur kamen.

Am 18. Oktober 2018 gegen 2.20 Uhr ging im sächsischen Chemnitz ein türkisches Restaurant in Flammen auf. Dass bei dem Inferno niemand starb, war Zufall. In den Mietwohnungen über dem lichterloh brennenden Lokal „Mangal“ hielten sich zur Tatzeit 15 Menschen auf. Sie konnten rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden, eine Mieterin wurde durch die giftigen Rauchgase leicht verletzt. Sachschaden: rund 500.000 Euro.

Fast noch schneller als die Chemnitzer Feuerwehr reagierte die Polit-Prominenz. Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) empörte sich: „Was heute Nacht geschehen ist, ist aufs Schärfste zu verurteilen. Wie hasserfüllt, verantwortungslos und feige müssen diejenigen sein, die so etwas tun?“ Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sinnierte öffentlich über einen „fremdenfeindlichen, rassistischen Hintergrund‘. Sein Parteikollege und Innenminister Roland Wöller sprach von einer „verabscheuungswürdigen Tat“. 

Gastwirt Mehmet Ali T. mit Sachsens Ministerpräsident Kretschmer und der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Ludwig 2018 vor seinem ausgebrannten Restaurant "Mangal".


Brand in Chemnitzer Lokal: Türkischer Besitzer unter Verdacht

Verabscheuungswürdig war die Tat auf jeden Fall. Doch der von den Politikern vermittelte Eindruck, bei dem Brandanschlag handele es sich um das Werk von Rechtsextremisten, ist offenbar falsch. Mittlerweile richtet sich der Tatverdacht gegen zwei Männer, die definitiv keine Neonazis sind.

Es handelt sich um den kurdischen Besitzer des abgebrannten Restaurants Mehmet Ali T. (49) und seinen mutmaßlichen Komplizen Yalcin E. (35). Die beiden Männer wurden am 7. Juli 2021 festgenommen. Gaststätten-Boss Mehmet Ali T. kam sogar in Untersuchungshaft und sitzt derzeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Dresden.

Nach Informationen von FOCUS Online ermittelt die Chemnitzer Staatsanwaltschaft gegen das Duo wegen versuchten Mordes in 15 Fällen in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung und Betrug(Aktenzeichen: 250 Js 31610/20). 

Abgebranntes Lokal "Mangal" in Chemnitz, Besitzer Mehmet Ali T.


Große Anteilnahme: Sogar die Kanzlerin traf Mehmet Ali T.

Wenn es stimmt, was die sächsischen Ermittler bislang herausfanden, dann haben sich Politiker wie Kretschmer und Ludwig nicht mit einem Opfer fremdenfeindlicher Gewalt solidarisiert, sondern - unwissentlich - mit einem mutmaßlichen Kriminellen. Die beiden Volksvertreter hatten Mehmet Ali T. im November 2018 medienwirksam in seinem verkohlten Lokal besucht. Später schüttelte sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem Gastwirt mit Migrationshintergrund die Hand, der sich als Opfer des „rechten Terrors“ in Chemnitz ausgab. 

Unmittelbar nach dem verheerenden Feuer hatte das „Mangal“-Team Fotos aus dem zerstörten Gastraum bei Facebook gepostet („Leider ist alles abgebrannt“) und damit eine Welle der Empörung ausgelöst. Eine Userin schrieb: „Lasst den Menschen, die scheinbar so viel Wut und Hass in sich tragen, nicht die Genugtuung, euch von hier vertrieben zu haben.“ Ein anderer Nutzer rief zum Kampf gegen „diese elendigen Nazis“ auf, die nicht nur für ihn zweifelsfrei als Täter feststanden.

Gastwirt nach Brand: "Hier nicht mehr sicher genug"

Gestreut wurde dieser „Verdacht“ vor allem durch einen Mann: „Mangal“-Inhaber Mehmet Ali T. Der heute 49-Jährige ließ praktisch keine Gelegenheit aus, den Brandanschlag Rechtsextremisten in die Schuhe zu schieben. Schon wenige Stunden nach der Tat sagte er der „Bild“-Zeitung: „Wenn sich herausstellen sollte, dass es wirklich Rechtsextreme waren, werde ich Chemnitz wohl wieder verlassen. Dann ist es mir hier nicht mehr sicher genug.“

Blick in das 2018 abgebrannte Lokal "Mangal" in Chemnitz.


Im November 2019 zimmerte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) ein rührendes Porträt des türkischen Gastwirts zusammen, der seit 1994 im Raum Chemnitz lebt. Überschrift: „Der Anschlag und die Angst“. Mehmet Ali T., dessen Nachname damals noch voll ausgeschrieben wurde, erklärte dem Reporter seine Haltung zu Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit. Er sagte: „Ich bin mehr als besorgt über die Lage in Deutschland.“ Und natürlich seien die Täter, die sein Restaurant angezündet haben, „im Kreis von Rechtsradikalen zu suchen“.

Mehmet Ali T. rügte Polizei als unfähig - jetzt ist er in Haft

Zugleich übte der Zuwanderer massive Kritik an den Ermittlungsbehörden. „Die Polizei hat gar nichts ermittelt“, schimpfte Mehmet Ali T. angeblich tief frustriert. Zitiert wird er auch mit dem Satz: „Das macht uns ein bisschen Angst, wenn die Polizei, die uns von unseren Steuergeldern schützen soll, sich so blöd hinstellt.“

Ganz so „blöd“ wie der türkische Gastarbeiter-Sohn meinte, waren die Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) Sachsen offenbar doch nicht. Vor wenigen Tagen, am 7. Juli 2021, legten Polizisten Mehmet Ali T. Handschellen an. Damit endete das offenkundige Märchen von „rechten Anschlag“ in Chemnitz. Jetzt geht es um versuchten Mord und Versicherungsbetrug!

Feuerschaden: 300.000 Euro von der Versicherung kassiert

Nach Informationen von FOCUS Online kassierte Mehmet Ali T. für den Feuerschaden in seinem Restaurant rund 300.000 Euro von der Sparkassen-Versicherung. Das war zwar weniger als der Unternehmer erhofft hatte, aber offenbar genug, um ein neues Lokal außerhalb von Chemnitz zu eröffnen. Sollte sich herausstellen, dass Mehmet Ali T. selbst hinter dem Brandanschlag steckt, dürfte er das Geld zurückzahlen müssen – und für längere Zeit ins Gefängnis kommen.

Laut den Unterlagen ermittelte die Polizei zunächst, wie es so schön heißt, „in alle Richtungen“, auch das Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum des sächsischen LKA war eingebunden. Die Fahnder standen unter hohem Druck.

"Rechte Hochburg" Chemnitz: Die Tat passte ins Muster

Wenige Wochen vor dem Brand war es in Chemnitz zu Demonstrationen und Ausschreitungen gekommen, an denen auch Rechtsextremisten beteiligt waren. Auslöser war der tödliche Messerangriff auf den Tischler Daniel H. durch zwei Asylbewerber Ende August 2018 am Rande des Chemnitzer Stadtfests. Fortan herrschte eine angespannte Stimmung, die sächsische Großstadt und ihre Bürger gerieten unter eine Art „braunen Generalverdacht“.

Wenn in einem solchen Klima ein türkisches Lokal abbrennt, liegt der Verdacht nahe, dass rechtsextreme Ausländerfeinde dahinterstecken. Sollte dies das Kalkül des türkischen Gastwirts gewesen sein?

Tatsache ist, dass die sächsischen Ermittler keinerlei Anhaltspunkte für eine politisch motivierte Straftat von rechts finden konnten. Da auch ein technischer Defekt ausschied, mussten sie andere Szenarien in Betracht ziehen. Dazu zählten auch Finanzermittlungen rund um Restaurant-Besitzer.

Finanzermittlungen führten Fahnder auf Spur des Gastwirts

Dabei stellte sich heraus, dass Mehmet Ali T. erhebliche Schulden hatte. Waren es zur Eröffnung seines Chemnitzer Lokals noch mehrere Zehntausend Euro, lagen die Schulden zum Zeitpunkt des Brandes bereits im sechsstelligen Bereich. So zumindest steht es in den Akten.

Versicherungsbetrug als Tatmotiv – bei Wohnungs- und Hausbränden ist das ein „Klassiker“. Auch im Fall des Feuers im „Mangal“ konnten die LKA-Ermittler einen solchen Hintergrund nicht ausschließen.

Fakt ist: Die Täter waren durch ein Fenster in das Lokal eingestiegen, hatten etwa fünf Liter Benzin verschüttet und angezündet. Drei bis heute unbekannte Männer flüchteten in einem roten Kleinwagen (FOCUS Online kennt die genaue Marke) vom Tatort. Die Hypothese der Fahnder: Mehmet Ali T. könnte das Trio angestiftet haben, um Geld von der Versicherung zu erhalten und so einen finanziellen Schub für den wirtschaftlichen Neustart zu erhalten.

Telefonüberwachung und verdeckte Ermittlungen

Aus der Hypothese wurde irgendwann ein Anfangsverdacht. Die LKA-Fahnder erwirkten richterliche Beschlüsse zur Telefonüberwachung und führten verdeckte Ermittlungen. Gut zwei Jahre nach dem Feuer lobte die Polizei im Oktober 2020 für sachdienliche Hinweise zur Tat 10.000 Euro Belohnung aus. Zwar ergab sich daraus keine heiße Spur. Allerdings erhärtete sich der Verdacht gegen Mehmet Ali T. durch die zu diesem Zeitpunkt laufende Telefonüberwachung.

Am Ende waren die Indizien gegen den türkischen Gastwirt so erdrückend, dass die Polizei mit einem richterlichen Beschluss zuschlagen konnte: Restaurant-Boss Mehmet Ali T. wurde am 7. Juli 2021 festgenommen, ebenso wie sein Kumpel und mutmaßlicher Komplize Yalcin E., der aus der Türkei stammt, aber deutscher Staatsbürger ist. Insgesamt drei Objekte in Chemnitz und Frankenberg wurden durchsucht.

Nach Informationen von FOCUS Online hat sich der angebliche Helfer Yalcin E. bei seiner Festnahme spontan zu den Vorwürfen geäußert und dabei den Hauptbeschuldigten Mehmet Ali T. belastet. Der Gastwirt selbst hat sich bisher nicht offiziell eingelassen, sein Verteidiger lehnte eine Stellungnahme gegenüber FOCUS Online ab.

Verdacht: Hat Mehmet Ali T. noch mehr auf dem Kerbholz?

Laut behördlichen Unterlagen, die FOCUS Online einsehen konnte, steht der 49-jährige Unternehmer nicht nur wegen des Brandes in seinem Lokal unter Verdacht. Quasi als Beifang stellten die Kriminalbeamten weitere mögliche Straftaten fest. Dazu zählen unter anderem Betrugsdelikte, Urkundenfälschung und Erpressung.

Seit der dramatischen Ermittlungs-Wende hat sich die Stimmung gegen den einst beliebten Restaurant-Boss gedreht. Auf Facebook findet man diverse Schmäh-Kommentare gegen ihn – und auch die von ihm offenbar getäuschten Politiker bekommen ihr Fett weg. 

So kritisiert ein User den sächsischen Ministerpräsidenten für dessen Solidaritäts-Besuch bei Mehmet Ali T., obwohl die Hintergründe der Tat nicht ansatzweise aufgeklärt waren - und fordert eine Entschuldigung gegenüber der Öffentlichkeit: „Herr Kretschmer, wie wäre es mit einer Entschuldigung für die Vorverurteilung für einen angeblich rechtsextremen Anschlag auf das Restaurant?“




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