von Thomas Hartung
Unlustig, borniert, primitiv, intellektuelle Zumutung – aber im linken Kulturmilieu wohlgelitten: „El Hotzo“Am Anfang steht ein aus zwei Fotos montierter Tomatenwitz: Sebastian Hotz, besser bekannt als „El Hotzo“ (beziehungsweise bei denen, die seine geistigen Ergüsse hinreichend lange goutiert haben, auch als “El Kotzo”), fragt seine Hunderttausende Follower auf X, wie sie Ketchup zu ihren Pommes essen – „Trump-Style“ mit einem kleinen Klecks am Rand, oder „Kirk-Style“, wenn der ganze Teller in der blutroten Sauce ertränkt ist.
Der Doppelsinn erschließt sich sofort: Donald Trump überlebt im Sommer 2024 ein Attentat, er wurde am Ohr getroffen; der rechtskonservative Aktivist Charlie Kirk dagegen verblutete 2025 an einem Halsschuss. Diese menschenverachtende Niveaulosigkeit verdiente eigentlich keine Analyse – wenn nicht “El Hotzo” ein Liebling der Haltungsmedien und des öffentlich-rechtlichen Staatsfunks wäre; beim RBB hatte er jahrelang eine Sendung, bei Böhmermanns “ZDF Royal” war er Gagschreiber. Sein Debütroman wurde im Feuilleton besprochen und im Düsseldorfer Schauspielhaus in ein Bühnenstück umgesetzt. Linker Menschenhass ist salonfähig.
Die Metapher von “El Hotzos” Pommes-Entgleisung lebt von der ästhetischen Entdramatisierung realer, tödlicher Gewalt. Das Massaker wird hier in die Konsumästhetik des Pommes-Snacks überführt; Blut wird zum Soßendesign, das man „präferiert“. Die Kälte der Pointe speist sich aus der demonstrativen Harmlosigkeit der Oberfläche. Das ist nicht subversiv, sondern zynisch: Tragik wird zur Lifestyle-Frage. Verglichen mit klassischer politischer Satire – Kraus, Tucholsky, selbst frühe Böhmermann-Formate – fehlt hier jede Fallhöhe. Es gibt keinen intellektuellen Mehrwert, keine wirklich überraschende Brechung – nur die billige Lust daran, den Tod des „Faschisten“ als Geschmacksfrage zu inszenieren. Ästhetisch ist das eher Social-Media-Meme auf Reklamelevel als Satire – flach in der Form, brutal in der Implikation. Wenn man das bündeln will, könnte man sagen: Die Ketchup-Metapher ist ästhetisch schwach und moralisch hart. Sie trivialisiert reale Gewalt in der Bildsprache der Imbissbude – und dokumentiert damit mehr den Zustand eines Milieus als eine besondere satirische Begabung.
Ungebrochener Liebling des Kulturbetriebes
Dieser Ketchup-Gag ist nicht isoliert. Er folgt früheren Posts, in denen Hotz den Schüssen auf Trump attestierte, dieser habe den „letzten Bus leider knapp verpasst“ und ergänzte, er finde es „absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben“. Der öffentlich-rechtliche RBB beendete daraufhin die Zusammenarbeit mit ihm zumindest beim Jugendsender “Fritz”, Hotz verlor seine Sendung – blieb aber ansonsten ungebrochen Liebling eines großen Teils des Kulturbetriebs, zumal beim ZDF. Später bescheinigt ihm ein Berliner Gericht Straflosigkeit: geschmacklos, aber Satire. Hotz ist keine Randfigur. Er verkörpert einen Typus, der im deutschen Medienbetrieb zur festen Rolle geworden ist: der linksironische Netz-Satiriker, der sich selbst als moralisch aufgeklärte Stimme einer urbanen Generation inszeniert. Hohe Reichweite in den sozialen Medien, Präsenz in Talkshows, Buchverträge, Kabarettpreise, Moderationsjobs im öffentlichrechtlichen Rundfunk – es sind genau diese Schnittstellen, an denen aus einem primitiven Meme-Produzenten ein Bestandteil der medialen Infrastruktur wird.
Seine Marke besteht aus drei Elementen: ironisierte Alltagsbeobachtung, Affirmation eines linksliberalen Weltbildes, aggressiver Spott gegen alles, was rechts von den Grünen steht. Das Besondere ist nicht der Witz an sich, sondern der moralische Überbau: Hotz tritt nicht einfach als Komiker auf, sondern als jemand, der die vermeintlichen Abgründe des Spießertums, des „alten weißen Mannes“, des Konservativen erhellt – aus der sicheren Distanz des eigenen Milieus.
Gewaltphantasien als Satire – und als Grenztest
Diese Selbstinszenierung als reflektierter, feministischer, antiautoritärer Medienmann erhält allerdings Risse, als 2024 Vorwürfe laut werden, Hotz habe Partnerinnen systematisch betrogen, emotional manipuliert und sein öffentliches Image ausgenutzt. Er selbst räumt in einem Statement ein, gelogen, „gelovebombt, gegaslighted, manipuliert“ zu haben; es gebe dafür “keine Ausrede”. Die Diskrepanz zwischen Auftreten und Verhalten ist frappierend: Öffentlich gibt der Autor den kritischen Feministen, privat agiert er – folgt man den Vorwürfen und seinem eigenen Eingeständnis – genau in dem Muster, das er öffentlich anklagt. In einer normalen Öffentlichkeit wäre dies Anlass zu einer grundsätzlichen Debatte über Glaubwürdigkeit, Machtmissbrauch und den Charakter des neuen, moralistisch aufgeladenen Influencer-Typs. Im deutschen Medienbetrieb wird das Thema dagegen rasch entschärft: ein kritischer Tag, ein paar distanzierte Kommentare – und dann weiter im Programm.
“El Hotzos” Trump-Posts markieren eine Verschiebung, die man leider sehr ernst nehmen muss. Es ist eine Sache, sich über Politiker lustig zu machen, ihre Sprache zu parodieren, ihre Entscheidungen zu kritisieren. Es ist eine qualitativ andere, den Tod politischer Gegner nicht nur „fantastisch“ zu finden, sondern Gewalt mittels Ketchup-Metapher auch noch in das Vokabular eines Fastfood-Werbespots zu übersetzen. Juristisch mag man das – wie das Berliner Gericht – noch unter „straflose Satire“ verbuchen. Politisch und kulturell ist es ein Symbol: Wenn der Tod von als „Faschisten“ etikettierten Gegnern ausgelacht werden darf, dann rückt Gewalt in den Bereich des Sagbaren als etwas, das zumindest emotional bejaht werden kann. Der Begriff „Faschist“ fungiert hier als moralischer Freibrief: Wer mit ihm etikettiert ist, verliert den Anspruch auf menschliche Solidarität – und in der Logik dieser Rhetorik auch auf das nackte Leben.
Das erwünschte moralische Label
Bemerkenswert ist, wie wenig Distanz ein großer Teil des Medienmilieus dazu wahrt. Kritik gibt es, auch Shitstorms, ja. Der RBB zieht eine Grenze – aber eher aus institutioneller Notwehr, weil ein ARD-Sender sich öffentliche Gewaltfantasien nicht leisten kann, ohne sein eigenes Rechtsverständnis zu kompromittieren. Gleichzeitig bleiben Verlage, Bühnen und ein großer Teil des Feuilletons bei der Lesart: Hier sei jemand „zu weit gegangen“, aber im Grunde gehöre er doch zur richtigen Seite der Geschichte. Die Botschaft an das Publikum ist eindeutig: Gewaltphantasien sind im Prinzip tabu, aber Ausnahmen sind möglich – vorausgesetzt, die falschen Menschen sind betroffen und der Absender trägt das erwünschte moralische Label. Für Linke gilt insofern die Toleranz, die hierzulande ursprünglich einmal für alle galt – und genau das ist das Problem.
Apropos falsche Menschen: Trotz Morddrohung gegen AfD-Chefin Alice Weidel auf einem Fadenkreuz-Aufkleber mit dem Logo der “linksjugend.solid” stellte die Staatsanwaltschaft Hannover das Verfahren jetzt ein; es hatte ausgereicht, dass die extremistische Jugendgruppierung fadenscheinig behauptete, sie sei es nicht gewesen. Anfang Oktober waren die Aufkleber in der niedersächsischen Landeshauptstadt an mehreren Stellen angebracht worden. Die AfD-Landtagsfraktion hatte daraufhin Strafanzeige erstattet.
Die Doppelmoral des Betriebs
Die eigentliche Pointe des „El-Hotzo“-Skandalons liegt in der asymmetrischen Normsetzung. Man stelle sich vor, ein konservativer Satiriker wie etwa Uwe Steimle würde nach einem Attentat auf einen linken Politiker oder Aktivisten einen ähnlichen Post absetzen – „leider knapp verpasst“, mit der Bemerkung, es sei „fantastisch, wenn Marxisten sterben“. Die Reaktion der Medien wäre absehbar: mehrtägige Empörungswellen, Forderungen nach Karrierebeendigung, Debatten über „rechte Hasskultur“, Talkshow-Tribunale. Im Fall Hotz begrenzt sich die strukturelle Konsequenz auf einen öffentlich-rechtlichen Sender; im Übrigen bleibt er verwertbare Figur. Gerichte erklären seine Äußerungen, bei allem Ekel, als von der Kunstfreiheit gedeckt; große Medienhäuser betonen die Meinungsfreiheit – eine Freiheit, die sie konservativen Stimmen ansonsten selten so großzügig zugestehen. Nicht der einzelne „entgleiste“ Tweet ist interessant, sondern die Struktur, die ihn hervorbringt, entschuldigt und zugleich produktiv verwertet.
Damit wird ein doppelter Standard zementiert. Wer sich selbst als links, progressiv, antifaschistisch versteht, kann sich im sprachlichen Grenzbereich sehr viel mehr leisten als der politische Gegner. Das gilt nicht nur für Satire, sondern auch für den Umgang mit persönlichen Skandalen. Die Enthüllung, dass ein lautstarker Feminist Frauen in Beziehungen manipuliert hat, wird als tragischer Ausrutscher behandelt; bei einem konservativen Politiker wäre sie Beleg für die an-gebliche Heuchelei eines ganzen Lagers.
Die Wirkung dieser Doppelmoral ist langfristig fatal. Nicht, weil „rechts“ zu kurz kommt, sondern weil die Idee einer neutralen, auf gleichen Regeln beruhenden Öffentlichkeit unterminiert wird. Wenn das Publikum den Eindruck gewinnt, dass moralische Maßstäbe vom Parteibuch abhängen, dann bricht das Vertrauen in Medien und Institutionen unvermeidlich ein.
Die linke Satireblase
Der Fall Hotz zeigt auch, wie eng öffentlich-rechtliche Strukturen mit einer spezifischen Filterblase verknüpft sind. Dass ein junger Autor, der in sozialen Medien vor allem linke Milieus bedient, eine Sendung beim RBB-Jugendradio bekommt, ist zunächst nicht skandalös. Problematisch wird es allerdings dort, wo der Sender nicht erkennt, dass er nicht irgendeinen bunten Komiker engagiert hat, sondern einen politischen Akteur, der seine Reichweite explizit für Stimmungsmache nutzt – und damit in den Bereich der politischen Kommunikation eindringt. Die Reaktion des RBB, der sich nach dem Trump-Eklat von Hotz trennte und erklärte, seine Posts seien „mit unseren Werten nicht vereinbar“, war aufschlussreich; denn einerseits ist das richtig: Wer Tötungsfantasien teilt, sollte keine Jugendformate eines öffentlich-rechtlichen Senders prägen.
Andererseits kommt diese Erkenntnis viel zu spät und bleibt halbherzig, solange die gleiche Institution systematisch Kabarett- und Comedyformate pflegt, die politische Gegner routiniert dämonisieren – allerdings in anderen Tonlagen. Die Frage ist nicht: Darf der ÖRR Satire? Selbstverständlich darf er das. Die Frage ist: Darf er sich einseitig mit einer politischen Richtung verschränken, deren Satire sich immer wieder am Rand der Entmenschlichung von Gegnern bewegt, während er konservative Stimmen als „problematisch“ abwehrt? Genau diese Asymmetrie zerstört das, was die Legitimation des öffent-lichrechtlichen Systems einmal ausmachen sollte: Ausgewogenheit, Pluralität, redaktionelle Distanz.
Die Moralindustrie und ihr Menschenmaterial
Die Kombination aus moralischem Hochton und privaten Fehlleistungen, die man bei Hotz beobachten kann, ist kein Zufall, sondern Symptom einer moralindustriellen Medienkultur. Sie lebt davon, dauernd das Richtige zu sagen, strukturelle Unterdrückung anzuprangern, patriarchale Muster zu demaskieren – und sie ignoriert dabei, wie verführbar Menschen sind, die eine solche Rolle spielen. Der Influencer, der sich als moralischer Leuchtturm inszeniert, gewinnt einen enormen Machtvorsprung – insbesondere gegenüber jenen, die ihn bewundern, mit ihm zusammenarbeiten oder sich ihm emotional anvertrauen. Wenn ausgerechnet diese Figur privat manipulierend, untreu, verletzend agiert, ist das nicht bloß eine persönliche Tragödie, sondern ein Alarmzeichen: Das Milieu, das ständig über „strukturelle Gewalt“ spricht, ist blind für die strukturelle Gewalt im eigenen Inneren.
Dass weite Teile der Medien hier lieber schnell zur Tagesordnung übergehen, anstatt eine selbstkritische Debatte über die eigene Heldengalerie zu führen, ist bezeichnend. Der Apparat verteidigt sich selbst. Er braucht Figuren wie Hotz – als Verstärker seiner Weltsicht, als prägnantes Gesicht, das in Timeline-Geschwindigkeit liefert, was der redaktionelle Betrieb in schwerfälligerer Form aussendet. Man kann diese Entwicklung als Fall eines aus dem Ruder gelaufenen Satirikers erzählen. Man kann sie aber auch als Hinweis lesen, dass mit der Form der Satire selbst etwas nicht stimmt, wenn sie sich vollständig in die Logik des politischen Lagerkampfs integriert. Satire, die nur noch nach unten und nach rechts tritt, die sich an den immer gleichen Feindbildern abarbeitet, wird von der Kunstform zur Kampfform.
Gemeinsam über die “richtigen” Leute lachen
“El Hotzo” ist in diesem Sinne weniger Urheber als Symptom. Er bedient ein Bedürfnis vieler Redaktionen, Kulturinstitutionen und urbaner Milieus nach moralischer Selbstbestätigung: Die Welt ist in Ordnung, solange wir gemeinsam über die richtigen Leute lachen. Dass die Grenzen zur Verrohung fließend sind, zeigt sich, wenn der Tod von Gegnern zur Pointe taugt – und dafür Applaus kommt, solange das Etikett „Faschist“ auf der Zielscheibe klebt. Der Fall Hotz ist kein Aufruf zur Zensur. Er ist ein Anstoß, darüber nachzudenken, was eine freie Öffentlichkeit ausmacht. Meinungsfreiheit schützt auch geschmacklose, idiotische, verletzende Äußerungen – gerade deshalb ist sie ein hohes Gut. Aber eine offene Gesellschaft darf nicht blind bleiben für die Frage, welche Formen von Rede sie belohnt, aufwertet, institutionell adelt. Eine Medienkultur, die Gewaltfantasien gegen politisch markierte Gegner als Satire relativiert, während sie konservative Stimmen schon für ungeschickte Formulierungen moralisch exkom-muniziert, unterhöhlt ihre eigene Grundlage.
Eine Öffentlichkeit, die moralische Helden feiert, ohne deren reale Praxis zu prüfen, schafft sich Götzen – und wird irgendwann von deren Sturz überrascht. Ein rechtsintellektueller Blick auf den „El-Hotzo-Komplex“ verlangt daher nichts Spektakuläres. Er fordert lediglich, dass wieder gleiche Maßstäbe gelten: keine Lust an der Entmenschlichung, egal gegen wen; kein moralischer Freibrief für die „richtige“ Gesinnung; keine öffentlich-rechtlichen Karrieren für Leute, die mit politischem Tod scherzen. Das wäre keine „rechte“ Medienordnung, sondern schlicht der Versuch, die Idee einer freiheit-lichen Öffentlichkeit ernst zu nehmen – gegen die Versuchung, sie in ein moralisch aufgeladenes Kampagnenökosystem zu verwandeln, in dem Figuren wie “El Hotzo” nicht Ausreißer, sondern Funktionseliten sind.

El Votzo, das GEZ-Arschloch
AntwortenLöschen