Freitag, 12. Dezember 2025

Israelische Fußballfans und ihr Geschenk an die Propaganda

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Die israelischen Fans beim gestrigen Spiel in Stuttgart.

Gestern spielte Maccabi Tel Aviv in Stuttgart gegen den VfB.
Im Rahmen des Spiels kam es zu kleineren Verstößen. Die Polizei sagte, es sei „ruhig“ geblieben. Trotzdem ermittelt sie.
Die pro-palästinensische Propaganda greift das heute dankbar auf. Gehen wir es kurz durch.

Etwa 400 Fans waren aus Israel angereist.
Gegen einen Fan von Maccabi wird ermittelt, weil er den Hitlergruß gezeigt haben soll. Sechs Personen wurden vorläufig festgenommen, weil sie Pyrotechnik gezündet haben. Wodurch sie das Spiel verpasst haben.

Kern des Aufregers ist jedoch ein Gesang, den die Fans vor dem Spiel angestimmt haben.
„Auf Nachfrage bestätigte die Polizei, dass eines der Lieder misogyne Gewalt- und Vergewaltigungsfantasien zum Inhalt gehabt habe – möglicherweise kombiniert mit der Verächtlichmachung von Arabern.“ (Stuttgarter Zeitung)

Dies wird heute, in Verbindung mit dem Video, von der pro-palästinensische Propaganda aufgegriffen. Üblicherweise mit einer Übersetzung, die verzerrend bis falsch ist.

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Screenshot eines von vielen solcher Postings.

Aufhänger ist dabei aber nicht etwa die „misogyne Gewalt“. Die scheinen einige ganz akzeptabel zu finden. Sondern die angebliche „Verächtlichmachung von Arabern“. Die die Polizei mit „möglicherweise“ meldet.

Ich habe einen mir bekannten Israeli gefragt, ob er mir übersetzen kann, was dort gesungen wurde.
Daher konnte ich dies auch nicht posten, da ich sonst befürchten musste, dass die Bots der Social Media Plattformen mich blockieren.

Eine herumgereichte Übersetzung lautet:

»You are the Arab whores (…)
We will fuck you and drink your blood (…)
we will rape your girls
and shout: Today is death«

Der „Journalist“ Tarek Baé übersetzt den Gesang so:

»Ihr seid die Araber-H*ren (…)
Wir werden euch f*cken
und euer Blut trinken (…)
wir v*rgewaltigen eure Mädchen«

Die X-KI Grok übersetzt den Song unterschiedlich.
Daher habe ich die Übersetzung meines Kontaktes wiederum abgeglichen.

»Ihr spielt euch auf als Extremisten,
Singt dabei Holocaust Lieder
und findet es auch noch lustig
„euren“ Staat zu leugnen.
Ihr seid arabische Huren (Huren der Araber),
wir schämen uns für euch!
Am Ende werden wir „Gate 5“ zerstören,
dann euer Blut trinken
und im Stadtzentrum wird jeder rote Kommunist,
der hierherkommt, gehängt.
Wir werden euch die Mädchen nehmen, die die gerne wild (sexuell freizügig) sind
und während wir Sie vergewaltigen, rufen „Heute stirbt Hapoel“.
Heute ist Hapoels Todestag.«

Der Hintergrund

Um das nicht nur in der wörtlichen Übersetzung zu verstehen, muss man ein wenig über den Fußball in Israel wissen.

Maccabi Tel Aviv gilt als rechts und nationalistisch.
Der Name bezieht sich auf die Freiheitskämpfer der Makkabäer (wörtliche „Hammer“), einer Familie aus dem Priestergeschlecht der Hasmonäer. Diese eroberten Jerusalem und den Tempel von den Seleukiden, also den Nachfolgern Alexander des Großen, zurück.
Der Name sagt also schon etwas über die Selbst-Identifizierung. In der höchsten israelischen Liga tragen vier Vereine den Namen „Maccabi“.

Dem gegenüber steht die sozialistische, sozialdemokratische, gewerkschaftliche Bewegung Israel, die früh angefangen hat Sportvereine aufzubauen. Diese Vereine tragen den Namen Hapoel (wörtl.: „Arbeiter“). Den Namen tragen derzeit sechs Vereine in der höchsten Liga.
Die Feindschaft ist also schon im Namen abzulesen.

»Heute stirbt Hapoel«

Die mit Abstand größten Rivalen sind Maccabi Tel Aviv und Hapoel Tel Aviv.
Ich habe keine Ahnung von Fußball, aber ich würde sagen, Dortmund und Schalke sind Ponyhof. Um es auf meine Sportart zu übersetzen: Green Bay Packers und Chicago Bears sind dagegen Tablettenausgabe im Seniorenstift. Wo schon eine Tanzeinlage zu einem Nippelgate führt.

Die beiden Vereine spielen auch noch im gleichen Stadion, dem Bloomfield-Stadion. Zu oft wird vergessen, dass wir bei Israel von einem quasi Zwergen-Staat sprechen.
Und in diesem Stadion sitzen die Ultras von Hapoel Tel Aviv im Block 5.

»Am Ende werden wir „Gate 5“ zerstören«

Und mit diesem Hintergrund im Gepäck kann jetzt jeder nochmal hoch scrollen, und überlegen, ob der Text an Araber adressiert war, oder vielleicht doch an jemanden anders.
Das Wort „Hapoel“ kann man im Video auch ohne Hebräisch-Kenntnisse sogar verstehen. In den Übersetzungen kommt es komischerweise nicht vor. Was sicher kein Zufall ist.

Die Übersetzung für „arabische Huren“ kann, ähnlich wie im Deutschen, auch „Huren der Araber“ bedeuten. Was ich in dem Kontext eher verstehe.

„Meine“ Übersetzung halte ich für sehr glaubwürdig.
Auch weil mein Kontakt zufällig eine Dauerkarte in genau diesem Block 5 hat. Und die derzeitige israelische Regierung noch weniger mag als ich.

Man kann also sehen, dass in der Propaganda bewusst die Passagen ausgelassen wurden, die zeigen, an wen der Gesang adressiert war: Happoel, Gate 5 und Huren der Araber.

Fassen wir zusammen

  • Haben die Fans sich verhalten wie ausgemachte Arschlöcher?
    Ja.

  • Im Vergleich zu anderen Hools und Ultras beispielsweise aus Großbritannien, Deutschland oder den Niederlanden?
    Eher nein.

  • Stehen sie stellvertretend für alle israelischen Fußballfans?
    Eindeutig nicht, es gibt sogar eine enorme, tradierte Rivalität.

  • Haben die Fans alle Araber verächtlich gemacht?
    Die Polizei spricht bereits von „möglicherweise“. Mit dem Hintergrund sicher nicht.

Das Problem ist, dass sehr viele Menschen nicht viel über Israel wissen. Und über den Gazastreifen noch weniger. Was grundsätzlich völlig normal und verzeihlich ist.
Das wird von der pro-palästinensischen Propaganda bewusst ausgenutzt. Beispielsweise werden alle Israelis mit den Siedlern gleichgesetzt, oder jetzt mit Maccabi Fans.

Lüftbild einer riesigen Demonstration in Tel Aviv.
Proteste gegen die Justizreform der Regierung Netanjahu: Monatelang sind Hunderttausende auf die Straße gegangen. 19.08.2023

Dass Israel eine pluralistischere und diverse Gesellschaft als jede andere vergleichbare Gesellschaft dieser Größe weltweit ist, wird nicht gesagt.
Und jede Gesellschaft hat ihre Retardierten.


Erschienen auf steady.page


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