Montag, 16. Januar 2023

Der Rücktritt der Verteidigungs-Omi...

von Thomas Heck...

Nun ist er endlich da. Der Rücktritt der SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Ein Rücktritt wie ihre Amtsführung: würdelos, stillos, unpassend. Die ganze Frau ein Fragezeichen. Eine unfähige Null, eine Quotenfrau hatte man auf die Soldaten der Bundeswehr losgelassen. Mitten in der größten Sicherheitskrise in Europa. 

Uns wurde vorgeworfen, wir hätten Lambrecht keine Chance gegeben. Richtig: unfähige Quotenfrauen haben keine Chance verdient. Dafür ist dieses Amt zu wichtig.

Am Ende bleibt die Frage, ob es einen Zapfenstreich für ihre Verdienste geben? Was sie sich für Musik wünschen wird, scheint klar zu sein: Westerland von den Ärzten... für Lambrecht wird das Ende als Ministerin mehr als vergoldet. Drei Monate erhält sie volle Bezüge als Ministerin, also 3 x 16.815 Euro = 50.445 Euro, sofern sie keinen neuen Job annimmt, denn ab dem 2. Monat würden diese Gelder mit privaten Einkünften verrechnet. Insgesamt steht ihr ein Übergangsgeld von 227.000 Euro zu. Mit dem Renteneintrittsalter kommt das sogenannte Ruhegehalt hinzu. Wer mindestens 4 Jahre Bundesminister war, erhält eine Pension von 4.660 Euro monatlich. Mit jedem weiteren Jahr als Regierungsmitglied steigt die Pension um 400 Euro, bis maximal 12.060 Euro. Hinzu kommt die ihr zustehende Abgeordneten-Pension. Viel Geld für wenig Leistung.


Eine verunglückte Silvester-Botschaft, Hubschrauberflug mit Nachwuchs - Ministerin Lambrecht hatte ein Faible für Fettnäpfe. Fatal ist aber, was sie nicht hatte: das nötige Rückgrat, um für eine moderne Truppe zu kämpfen.

Christine Lambrecht tritt zurück und offenbart noch in ihrer offiziellen Erklärung zum Amtsverzicht, dass sie nicht verstanden hat, warum dieser Rücktritt wirklich nötig ist. "Die monatelange mediale Fokussierung auf meine Person", so die baldige Ex-Verteidigungsministerin, "lässt eine sachliche Berichterstattung und Diskussion über die Soldatinnen und Soldaten, die Bundeswehr und sicherheitspolitische Fragen" kaum zu.

Das war es also, was aus der Sicht Lambrechts nicht gut gelaufen ist: Die Medien haben zu lange auf ihren Verfehlungen herumgehackt, dadurch fehlte der Raum für sachliche Debatten, meint sie. Eine Bewertung ihrer eigenen Performance - in der Öffentlichkeit, in der Truppe, vor allem aber auch für die Truppe - bringt sie in keinem Halbsatz ihres Statements unter.


Dabei sind die offensichtlichen Fehlgriffe - ein enorm verunglückter Silvester-Gruß für ihr Instagram-Profil, ein Mitflug des Sohnes im Militär-Hubschrauber, ein Bundeswehrbesuch in der Wüste auf hohen Absätzen - kein Grund für diesen Rücktritt. Unausweichlich war er trotzdem.



Versagt hat Lambrecht nicht in der medialen Fremd- oder Selbstdarstellung. Versagt hat sie dabei, die von Bundeskanzler Olaf Scholz drei Tage nach Beginn des russischen Vernichtungskriegs gegen die Ukraine ausgerufene "Zeitenwende" als das zu behandeln, was es ist: die schwierigste und vermutlich auch teuerste Herausforderung für Deutschland seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg.

In Zukunft geht es um Sicherheit vor Russland

Puh, ist das nicht zu hoch gegriffen? Diese Frage, diese Skepsis ist zentraler Teil des Problems. Weil zu viele Deutsche, vor allem zu viele Deutsche, die wichtige Ämter in der SPD bekleiden, noch immer denken, dass die Außen- und Sicherheitspolitik dieses Landes - wenn nur der Krieg erst zu Ende ist - weitgehend wieder genauso laufen wird wie vorher.

Bei aller Unvorhersagbarkeit, was den weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs angeht, ist das eine hundertprozentig sicher: Die europäische Zukunft wird danach anders aussehen. Denn die gemeinsame Sicherheitsordnung, basierend auf der Übereinstimmung, dass Souveränität und Grenzen anderer Staaten unantastbar sind, wurde mit der Annexion der Krim 2014 erheblich gestört, am 24. Februar 2022 aber komplett über den Haufen geworfen. In den kommenden Jahrzehnten wird es in Europa nicht um Sicherheit mit Russland gehen, sondern um Sicherheit vor Russland.

Es ist eine Zeitenwende, mit dieser Einschätzung hat Olaf Scholz vor elf Monaten ins Schwarze getroffen, und wenn man diesen Begriff in seiner vollen Größe denkt, wird schnell klar, dass es mit dem Projekt, 100 Milliarden Euro zusätzlich auszugeben, auf keinen Fall getan sein kann.

Sinnvoll Geld ausgeben ist mitnichten trivial, und wer die sich jahrelang im Kreis drehenden Debatten über den perfekten Nachfolger für den Bundeswehrflieger Tornado verfolgt hat, der musste anerkennen, dass Lambrecht das Herumgeeiere mit der beinahe geräuschlosen Entscheidung für den US-Tarnkappenjet "F-35" abgeräumt hat. Chapeau.

Das war es dann aber auch schon. Der Verteidigungsetat für die nächsten Jahre wird nicht etwa Stück für Stück hochgefahren, sondern eingefroren. Die Inflation mit eingerechnet verringert sich die Kaufkraft der Bundeswehr also. Das 2-Prozent-Ziel der NATO wird mit diesen Planungen in den kommenden Jahren nicht erreicht, das steht jetzt schon fest. Eine Perspektive, die mit verantwortungsvoller Verteidigungspolitik nicht vereinbar ist. Viele Experten haben das bereits bemängelt. Christine Lambrecht hat man dazu nicht gehört.

Produktion steigern? Am besten mit einem Auftrag!

Anders als viele NATO-Partner hat das Verteidigungsministerium 2022 nicht ein Stück Munition bei der Industrie bestellt. Bei einem Mangel, den der Bundeswehrverband auf einen Wert von bis zu 30 Milliarden Euro schätzt. Wer das hörte, hoffte verzweifelt, es stecke irgendeine ausgefeilte Planung dahinter, die von außen nur nicht gleich sichtbar wird. Um dann resigniert festzustellen: Nichts. Es gab keinen Grund. Man hat es einfach nicht gemacht.

Stattdessen wurden im November Vertreter der Rüstungskonzerne zum "Munitionsgipfel" ins Kanzleramt geladen, um auszuloten, wie sich deren Produktion steigern ließe. Der gesunde Menschenverstand findet auf diese Frage dieselbe Antwort, wie Geschäftsführer von Rüstungsunternehmen: Für die Produktionssteigerung einer Firma hilft es enorm, wenn man ihr einen Auftrag erteilt.


Der Munitionsgipfel, Austausch statt Aktion, steht beispielhaft für das, was seit Jahrzehnten im Verteidigungsministerium schiefläuft, was aber Deutschland noch nie so gefährlich wurde wie in diesen Zeiten. Man glaubt, das Problem anzugehen, indem man gründlich und mit allen darüber redet. Entscheiden und Umsetzen stehen nicht so im Vordergrund.

Diese Maxime um 180 Grad zu drehen, bei den dringenden Fragen im Turbogang in die Hufe zu kommen und mit lauter Stimme klarzustellen, dass Verteidigungsfähigkeit - für das Land und im Bündnis - bis auf weiteres das zentrale Anliegen deutscher Politik sein muss, das wäre Lambrechts Job gewesen. Beides hat sie nicht geliefert.

Die Loyalität dem Kanzler gegenüber, im Grunde eine respektable Haltung, stand ihr bei dieser Mammutaufgabe frontal im Weg. Zwar war es der Kanzler, der die Zeitenwende im Februar ausrief. Aber es ist eben auch der Kanzler, der die nötigen Konsequenzen daraus - vor allem rechtzeitig durchgeplante Waffenlieferungen, damit die Ukraine ihr Land von den feindlichen Truppen befreien kann - seitdem jeweils so lange ausbremst, bis eine Entscheidung nicht mehr vermeidbar ist.

Die Zeitenwende muss man gegen Olaf Scholz umsetzen

Wenn der Kanzler vor dem Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft in Aussicht stellt, wie nach dem Krieg die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland wieder aufgenommen werden können, wenn er bis heute nicht einräumt, dass Nord Stream 2 ein Fehler war, dann wird klar: Wer in Deutschland die Zeitenwende durchsetzen soll, der muss das tatsächlich eher gegen den Willen von Olaf Scholz tun als mit ihm.

Der Ministerin haben Mut, Visionen und, wenn man Stimmen aus der Truppe hört, dann wohl auch Interesse gefehlt, um diese Herausforderung anzugehen. Eine Person an der Spitze des Verteidigungsministeriums, der auch nur eines diese Attribute fehlt, konnte sich Deutschland auch zu Guttenbergs oder von der Leyens Zeiten eigentlich schon nicht leisten. Dieser Tage aber bekommt es nicht nur die Truppe, sondern das ganze Land zu spüren, wenn es im Bendlerblock nicht läuft. Die Mammutaufgabe wartet auf den nächsten Kandidaten.







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