Mittwoch, 4. Mai 2022

Im Bunker mit Nancy...

von Mirjam Lübke...

Der alte Regierungsbunker in Ahrweiler sieht ziemlich gruselig aus, man kann ihn mittlerweile wie ein Museum besichtigen. Vor ein paar Jahren wollte eine Kollegin ihrer besseren Hälfte einen Gutschein für eine solche Besichtigung schenken und bat mich um dessen Erstellung - das Ergebnis sah aus wie die Werbung für ein postapokalyptisches Computerspiel, wir hatten alle unseren Spaß daran - vor vier Jahren dachte auch noch niemand daran, dass wir noch einmal ernsthaft über die Reaktivierung solcher Schutzräume nachdenken müssten. Die Ergebnisse einer Recherche zum Thema Zivilschutz für die Fraktion sahen ebenfalls ziemlich ernüchternd aus. Sagen wir es einmal so: Die noch existierenden Bunker sind in einem noch schlechteren Zustand als deutsche Schulen. Und das will etwas heißen. 




Gerade tobt ein Shitstorm gegen die Unterzeichner eines offenen Briefes an Kanzler Scholz, der in der Emma veröffentlicht wurde. Neben Alice Schwarzer haben auch Dieter Nuhr, Julie Zeh und Reinhard May unterschrieben, insgesamt 28 Prominente schlossen sich der Aktion an. Mittlerweile kann sich jeder, der möchte, in die Liste eintragen, wenn er den Mut hat, sich als "Putin-Versteher" beschimpfen zu lassen. Dabei geht es den Unterzeichnern lediglich darum, den Kanzler zu Bedacht aufzurufen, niemand hat Putin auf irgendeine Weise in Schutz genommen. Und wenn ich mir anschaue, wie schlecht wir auf eine Krisensituation vorbereitet sind, ist es wohl tatsächlich vernünftig, wenn Deutschland in dieser Krise den Ball ein wenig flach hält. Das hat nichts damit zu tun, wie man Russlands Handeln moralisch bewertet. Bei realistischer Einschätzung unserer Möglichkeiten benehmen sich unsere Haltungskrieger allerdings gerade wie ein Chihuahua, der eine Bulldogge ankläfft. Das mag tapfer sein, aber nicht sehr schlau. 

Um ehrlich zu sein denke ich, dass man auf einen Atomkrieg niemals adäquat vorbereitet sein kann (es sei denn, man lebt in einer Forschungsstation am Nordpol weit vom Schuss - aber selbst das erhöht die Überlebenschancen nur unwesentlich). Allerdings gibt es auch noch andere drohende Krisen, die uns die Politik der letzten Jahre eingebrockt hat: Den Blackout zum Beispiel, ein klassisches, hausgemachtes Problem. Niemand würde seine Wohnung kündigen, ohne schon eine neue in Aussicht zu haben, das würde von seinem Umfeld als außerordentlicher Leichtsinn betrachtet. Bei der Energieversorgung wurde genau dieses Verhalten bejubelt, obwohl noch kein Ersatz für die abgeschalteten Kraftwerke bereit steht - zumindest nicht in Deutschland selbst. 

Unser Land halst sich eine selbstverschuldete Krise nach der anderen auf - die Zeche dafür zahlen die Bürger. Nicht nur im finanziellen Sinne, sondern auch dadurch, dass sie die Nachteile dieser Politik ausbaden und kompensieren müssen. In den Corona-Wintern saßen Schüler in kalten Klassenzimmern, weil die Länder keine Lüftungsgeräte kaufen wollten, im Januar schnellsten die Energiepreise steil nach oben. Und seit einigen Monaten wird das "Preppen" salonfähig, das einen früher unverzüglich in die rechte Ecke befördert hat. Das Bundesamt für Katastrophenschutz machte es vor, jetzt zieht Nancy Faeser nach. Ich habe nie verstanden, was am "Preppen" so böse sein sollte, vor allem die Idee, dazu auch ein Netzwerk von Menschen mit verschiedenen Begabungen aufzustellen, fand ich ziemlich gescheit. Dass aber nun aus heiterem Himmel auch die Innenministerin zum Anlegen eines Notvorrats aufruft, ist bezeichnend: Man bereitet einmal wieder die Bürger darauf vor, die von der Politik eingebrockte Suppe auszulöffeln. 

Manchmal denke ich, Regierung, Medien und ihre Anhänger stürzen sich mit Begeisterung in die nächste Krise, um sich nicht mit den Folgen der letzten auseinandersetzen zu müssen. Ist es nicht zum Beispiel sehr günstig, dass die "Ich habe mitgemacht"-Aktion zur Aufarbeitung des schäbigen Verhaltens vieler Prominenter gegenüber Ungeimpften in Vergessenheit geraten ist? Gleichzeitig nagt die Entropie an allen Ecken und Enden unseres Landes. Schulden, eine nicht funktionierende Landesverteidigung, ächzende Sozialsysteme, Migrationskrise oder Energieknappheit: Mein Onkel würde es "Graf Känguru"-Politik genannt haben - mit leerem Beutel große Sprünge machen. 

Wer hätte gedacht, dass wir mal in Zeiten leben, in denen es fraglich ist, ob man in der Apotheke seine Medikamente bekommt? Daneben sind leere Toilettenpapier-Regale schon fast ein Luxusproblem. Und das Milchpulver, das seit Wochen aus ist, rührt sich wohl grinsend Putin in den Kaffee. All das zusammengefasst, braucht man sich bald nicht mehr zu wundern, warum die Gefahr eines Atomkriegs auf die leichte Schulter genommen wird. Ganz böse gesagt: Viel schlimmer kann es ohnehin nicht mehr kommen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen