von Mirjam Lübke...
"Herr Maier, die Beweislast gegen Sie ist nun wirklich erdrückend. Warum geben Sie nicht endlich zu, dass Sie Ihrer Erbtante eine Überdosis Haschkekse verabreicht haben, um an das Geld für ein neues Smartphone zu gelangen?"
So hörte sich es in den Gerichtssoaps an, die früher auf den Privatsendern am Nachmittag liefen. Der Anwalt von Herrn Maier hätte noch auf mildernde Umstände plädiert, da sich sein Mandant in seelischen Nöten befand ("Ohne das neue Apple ist man heute ein Paria"). Herr Maier gesteht schließlich widerwillig in der Hoffnung, mildernde Umstände zu bekommen. Aber nur, weil ihm nichts anderes übrig bleibt. Und sollte die Tante das Keks-Attentat überlebt haben ("Ach, im Grunde bin ich ja froh, dass der Junge sich für's Backen interessiert!"), dann kommt Herr Maier eventuell tatsächlich mit einer Bewährungsstrafe davon.
Ein wenig agieren auch die etablierten Medien so: Wenn es sich gar nicht mehr vermeiden lässt, ein brenzliges Thema anzufassen, dann quetscht man ein paar kritische Artikel heraus und gibt vor, es sei investigativer Journalismus. Immer viel zu spät, denn das Veröffentlichte hat sich längst herumgesprochen. Es wird Courage vorgetäuscht, wo keine ist, Monate, nachdem ein offenes Wort von den Medien dringend gebraucht worden wäre. Das ist vielleicht kein direktes Lügen, kommt dem aber schon sehr nahe. Schon häufig fiel mir auf, dass Deutschland wohl das einzige Land der Welt ist, in dem nicht die Regierung die Pressefreiheit einschränkt, sondern die Presse das selbst erledigt.
Ob man sich als Journalist wohl dabei fühlt? Schließlich tötet diese Selbstzensur alles ab, was man sich gemeinhin als Ideal des Reporters vorstellt: Neugier, den Wunsch, Ungerechtigkeit aufzudecken und nach entlarvenden Informationen zu graben. Letzteres ist nur noch gefragt, wenn es der Demonstration der eigenen korrekten ideologischen Haltung dient - dann muss man es auch mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Das wiederum ist der eigentliche Skandal: Das Verbreiten von nach Gusto zusammengestückelten Informationen wider besseres Wissen, um missliebige Personen zu diskreditieren. Das kann man durch politische Verblendung allein nicht erklären, dahinter steckt eine gehörige Portion Böswilligkeit.
Während der Corona-Krise erfuhr diese Lust an der Diffamierung noch einmal einen gehörigen Aufschwung, indem etwa mit der Pandemie befasste Mediziner in "Fachleute" und "umstrittene Forscher" eingeteilt wurden. Man erzählte uns, wer die echten Experten seien, da wir als dumme kleine Leser ohne virologische Fachausbildung dies natürlich nicht allein beurteilen könnten. Da konnte man schon einmal vergessen, dass die Experten für das Expertentum größtenteils selbst kein Medizinstudium vorzuweisen hatten - sie traten, mit der Macht ihrer Medienhäuser im Rücken, lediglich selbstbewusster auf. Ein großer Teil des Publikums jedoch vermag diese dreiste Überrumpelung nicht zu erkennen - und klammert sich an das Verkündete.
Auch wenn der Ukraine-Krieg mittlerweile alles überschattet - auch in diesem Fall werden wir wohl offiziell einiges erst erfahren, nachdem wir es längst selbst herausgefunden haben - steckt die verbreitete Panik einzelnen noch immer in den Knochen. Jedoch scheint in der Öffentlichkeit der Appetit auf Corona-Schreckensnachrichten stark nachgelassen zu haben, stattdessen befindet man sich nun im Selenskij-Taumel. Während unser eigenes Land wirtschaftlich und sozial immer weiter absäuft, ohne dass es jemandem auffällt, scheint in diesem Fall das Leid der anderen eine große Anziehungskraft auszuüben, bis man auch dieses Themas überdrüssig wird.
Das ZDF schreckte noch nicht einmal davor zurück, beim Marsch der Lebenden, bei dem der Weg zwischen Auschwitz und Birkenau zum Gedenken noch einmal gegangen wird, ehemalige KZ-Häftlinge zu bedrängen: Sie sollten vor der Kamera Parallelen zwischen ihrem eigenen Schicksal und dem Krieg in der Ukraine ziehen. Die Kamera zog von einem zum anderen, doch die Menschen wollten dem Drängen nicht recht nachgeben. Juden als Statisten zu missbrauchen, um sich etwas ganz anderes moralisch aufwerten zu lassen, das ist nichts Neues, das wurde auch zur Rechtfertigung der Massenmigration praktiziert. In diesem Fall verfuhr das ZDF jedoch besonders dreist und hemmungslos.
Das zu späte Reagieren auf wichtige Themen, moralischer Druck und gebogene Wahrheiten - das schafft kein Vertrauen. Daher verwundert die erstaunte Reaktion von Frau Diekmann so sehr - sie hätte sich vielmehr ertappt fühlen sollen. Glauben diese Journalisten selbst noch daran, ordentliche Arbeit zu leisten? Oder glauben sie, der moralische Zweck heilige die Mittel?
Leider führt das zu allgemeinem Medienfrust oder treibt die Konsumenten in die Arme von dubiosen Internetseiten, welche ihre Ziele - nur eben die genau entgegengesetzten - mit ähnlichen Mitteln verfolgen und den Hunger der Leser nach "Wahrheit" stillen. Gäbe es nur diese alternativen Medien, könnte man sich bei ARD und ZDF getrost zurücklehnen und abwarten, welche Kuriositäten dort verbreitet werden. Jedoch, die Zahl der gut und seriös gemachten alternativen Medien wächst. Nicht jeder mag seine knappe Freizeit mit Recherche zum Weltgeschehen verbringen - aber es ist gut, sich einen breiten Überblick zu verschaffen. Ich selbst schaue mir auch weiterhin die öffentlich-rechtlichen Nachrichten an - schon allein um zu wissen, welche Meinung gerade "trendet".
Man weiß dann einfach, was in der nächsten Diskussion auf einen zukommt und kann zum anderen ein paar eigene Studien dazu betreiben, wie dort Zuschauer kräftig manipuliert werden. Noch geht die Rechnung der etablierten Medien auf, bis das nächste schreckliche Thema auf der weltpolitischen Bühne auftaucht.
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