Freitag, 11. Dezember 2020

Linker Antisemitismus unter den Kulturschaffenden...

von Thomas Heck...

Über den Antisemitismus von links haben wir schön öfters berichtet. Der Kampf gegen den Hass auf Juden und Israel war von Beginn an DIE Antriebsfeder dieses Blogs und wird es auch immer sein. Und da zeigte sich unmittelbar, wo die Feinde sitzen, die Israel gefährlich werden könnten, weil sie an den Schaltstellen der Macht sitzen. Es sind nicht die Glatzen mit Springerstiefeln aus der Ostzone, die in der Gesellschaft sowieso keinerlei Rückhalt haben. Es sind die Linken, die Grünen, die SPD, die "Kulturschaffenden" und sie machen es subtiler. Keine Hetzreden im Sportpalast-Style. 

Die Nazis sagten damals „Kauft nicht bei Juden“. Irgendwelche „Künstler“ sagen heute: „Kauft nicht vom jüdischen Staat“. Was sagt uns das über diese „Künstler“?

So schreibt die WELT:


In einer gemeinsamen Erklärung wenden sich die Intendanten führender Theater und Stiftungen gegen die BDS-Resolution des Bundestages. Sie fürchten, dass die Verurteilung der Bewegung die Meinungsfreiheit in Deutschland einschränkt. Belege dafür haben sie nicht.

Seit der Gründung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen haben seine Mitglieder Israel 62 Mal wegen Menschenrechtsverstößen verurteilt, alle anderen Staaten zusammengenommen aber nur 55 Mal. Allein das Zahlenverhältnis zeigt, wie einseitig und verzerrt der Blick auf Israel ist.

Keine einzige deutsche Kulturinstitution – vom Goethe-Institut bis zum Deutschen Theater Berlin – hat jemals den Versuch unternommen, in einer Resolution auf diesen Missstand hinzuweisen. Auch die Besetzung der Krim durch die Russen, die Verhaftungswelle in Hongkong oder das Abschlachten Hunderttausender von Syrern durch das dortige Regime hat nicht dazu geführt, dass die hiesigen Vertreter wichtiger Kulturinstitutionen sich zusammenrauften und ihren Protest formulierten. Israel aber schafft es.

In einer gemeinsamen Erklärung wenden sich die Intendanten führender Theater und Stiftungen gegen die BDS-Resolution des Bundestages. Sie fürchten, dass die Verurteilung dieser Bewegung, die für den Boykott israelischer Waren kämpft und in Teilen sogar das Existenzrecht des jüdischen Staates bestreitet, die Meinungsfreiheit in Deutschland einschränkt.

Belege dafür haben sie nicht. Zur Erinnerung: In einer großen Koalition aus Union, SPD, FDP und Grünen hat der Bundestag im Mai vergangenen Jahres beschlossen, Vertretern des BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) keinerlei staatliche Fördermittel zukommen zu lassen und ihnen für ihre Veranstaltungen keine Räumlichkeiten zuzuweisen – keine jedenfalls, in denen der Bundestag der Hausherr ist. Allein mit dieser Resolution hat der Bundestag als eines der ersten Parlamente der westlichen Welt deutlich gemacht: Antizionismus ist eine Form des Antisemitismus.

Genau dagegen wendet sich der Zusammenschluss der Kulturinstitutionen, der sich „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ in Anspielung auf Artikel fünf des Grundgesetzes über die Meinungsfreiheit nennt. Denn der Initiative geht es in Wahrheit nicht um die Sorge vor einer eingeschränkten Debattenfreiheit, sie will sich das eigene Weltbild nicht zerstören lassen.

Seit Ende des Sechstagekrieges sind die Juden in ihrer zionistischen Version für den eher linken deutschen Kulturbetrieb zu einem Ausbund des Kolonialismus geworden. Ihn darf man nach Kräften attackieren. So wurde der Antizionismus allmählich zu einem gerechtfertigten Antisemitismus. „Er ist“, wie der Philosoph Pascal Bruckner schreibt, „die Erlaubnis, demokratischer Antisemit zu sein“. Die Resolution des Bundestages weist letztlich darauf hin. Sie empört nun diejenigen, die sich angesprochen fühlen.


Die TAZ sieht es etwas anders und schreibt dazu:

Das Deutsche Theater, unweit des Bundestages gelegen, ist ein Art Haustheater der Berliner Republik. Auf dem Spielplan stehen oft Stücke wie von Schirachs Politdrama „Terror“, über das nach der Aufführung auch mal Minister diskutieren. Man spielt hier gern der Politik ihre eigene Melodie vor. Die Initiative „GG 5.3. Weltoffenheit“ hat diesen Ort nicht zufällig gewählt.

Am Donnerstagmorgen stehen VertreterInnen zentraler Kulturinstitutionen der Republik auf der Bühne und melden Protest gegen den Anti-BDS-Beschluss des Bundestags an: LeiterInnen und IntendantInnen unter anderem vom Goethe-Institut, vom Humboldt Forum im Berliner Schloss, vom Wissenschaftskolleg sowie des Hauses der Kulturen der Welt.

In ihrem Plädoyer schreiben sie: „Die Anwendung der BDS-Resolution des Bundestags bereitet uns große Sorge.“ Man lehne „den Boykott Israels durch den BDS ab“, halte aber „die Logik des Boykotts, die die BDS-Resolution des Bundestags ausgelöst hat, für gefährlich“.

Zudem warnen die UnterzeichnerInnen vor der „missbräuchlichen Verwendungen des Antisemitismusvorwurfs“. Und sie kritisieren, dass die demokratische Öffentlichkeit leide, „wenn wichtige lokale und internationale Stimmen aus dem kritischen Dialog ausgegrenzt werden sollen, wie im Falle der Debatte um Achille Mbembe zu beobachten war“.

Gegen den Boykott Israels, gegen die BDS-Resolution

Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, sieht durch das faktische Verbot, global mit BDS-AnhängerInnen kooperieren zu dürfen, die Grundlage der Arbeit des Instituts bedroht. Das Institut öffne im Sinne „kultureller Realpolitik“ Gesprächskanäle auch und gerade zu missliebigen Auffassung.

Ebert fordert daher eine Überprüfung des Bundestagsbeschlusses. Hartmut Dorferloh, Chef des Humboldt Forums, betont, dass seine Arbeit global offen und ohne Selbstzensur stattfinden müsse und bringt das Interesse der Institutionen praktisch auf den Punkt: „Wir wissen nicht, wen wir noch einladen dürfen.“

Hortensia Völckers, Leiterin der Kulturstiftung des Bundes, sekundiert mit dem Argument, dass der Bundestag mit dem BDS-Beschluss eine „rechtliche Grauzone“ geschaffen habe, die die Arbeit behindere. Selbstzensur in seinem Institut beobachte zudem Thomas Krüger, Leiter der Bundeszentrale für politische Bildung.

Der BDS-Beschluss des Bundestags von 2019 sei ein Zeichen, dass „die deutsche Vergangenheit den Blick auf die israelische Gegenwart“ zu verstellen drohe, denkt Susan Neiman, amerikanische Jüdin und Leiterin des Einstein Forums. Amelie Deuflhard, Leiterin vom Kampnagel, sieht ein wachsendes „Klima von Misstrauen und Angst“. Und der Rechtsprofessor Christoph Möllers warnt vor einem Missbrauch des Antisemitismusvorwurfes.

„Klima von Misstrauen und Angst“ entstehe, so Deuflhard

Es ist äußerst ungewöhnlich, dass Institutionen, die nicht nur staatlich finanziert werden sondern, wie das Goethe-Institut, die Bundesrepublik auch repräsentieren, einmütig einen Beschluss des Bundestags kritisieren. Die Institutionen, die sich zu der Initiative bekennen, wollen künftig die eigene Arbeit für jene durch den Anti-BDS-Beschluss eingeschränkten Diskurse öffnen.

Realpolitisch setzt man auf Dialog mit der Politik. Barbara Stollberg-Rilinger, Leiterin des Wissenschaftskollegs zu Berlin, sieht darin inzwischen gute Chancen. Gespräche hätten gezeigt, dass manche PolitikerInnen heute zweifeln würden, ob der Beschluss richtig war.

Die Initiative sei auch mit einem energischen Fürsprecher des Anti-BDS-Beschlusses in Kontakt: Felix Klein, dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung. Am Mittwoch debattieren Barbara Stollberg-Rilinger und Felix Klein im Deutschlandradio über das Thema. Auch bei Klein, so die Hoffnung, gebe es inzwischen Bewegung.



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