Sonntag, 30. September 2018

Millionen für den neuen Bischofssitz... für die Opfer bleibt nichts...

von Thomas Heck...

Nach dem enttäuschenden Ergebnis der Vollversammlung der Katholischen Kirche in Fulda, wo angesichts tausendfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Pfarrer, wo es keinerlei personelle Konsequenzen gab, sich die Übernahme von Verantwortung auf allzu warme Worte beschränkte und auch keinerlei finanzielle Entschädigung im Raum in Aussicht gestellt wurde, ist es umso erbärmlicher, was sich die Katholische Kirche nunmehr in Berlin erlauben will. So sollen 60 Millionen Euro für den neuen Bischofssitz ausgegeben werden, wie die Berliner Morgenpost zu berichten weiß. Für die Opfer sexuellen Missbrauchs durch notgeile Pfaffen bleibt da natürlich nichts mehr übrig.



Der Oberhirte von mehr als 400.000 Katholiken in Berlin, Brandenburg und Vorpommern lebt recht bescheiden. Erzbischof Heiner Koch bewohnt eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit Wintergarten in einem Lichterfelder Pfarrhaus. Das soll aber nach den Vorstellungen des Erzbistums nicht so bleiben.
Im Zuge des Umbaus der Sankt Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz in Mitte soll das aus den 70er-Jahren stammende Quergebäude zum historischen Bernhard-Lichtenberg-Haus an der Französischen Straße abgerissen werden. Ein Neubau mit vier Etagen soll dort entstehen. Auf dem Dach ist ein Staffelgeschoss geplant – als Penthouse-Wohnung für den Erzbischof.
Bistumssprecher Stefan Förner wollte auf Nachfrage die Absichten für die großflächige Dachwohnung nicht direkt bestätigen. Die Pläne für das Lichtenberg-Haus und den Neubau seien noch nicht abgestimmt und unterlägen noch Änderungen. Der Erzbischof wolle aber dort wohnen, so der Sprecher.


Bistum hat im Denkmalamt Mitte seine Pläne eingereicht

Gegenüber dem Denkmalamt des Bezirks Mitte, das bauliche Eingriffe in der historischen Umgebung genehmigen muss, hat sich das Bistum aber detailliert festgelegt. „WHG Erzbischof“ steht auf dem Plan für das Staffelgeschoss. Die Bruttogeschossfläche wird mit 163,37 Quadratmetern angegeben. Darin enthalten ist eine „WHG Haushälterin“. Die Terrasse umfasst 167,10 Quadratmeter, läuft einmal um den Aufbau herum und weitet sich mit Blick zum Bebelplatz.
Der FDP-Abgeordnete Stefan Förster hat die Akten eingesehen und dabei die Informationen der Berliner Morgenpost aus einer anderen Quelle bestätigt gefunden. „Das ist ganz eindeutig aus den Plänen ersichtlich“, sagte Förster.
Berlins Erzbischöfe verfügen schon lange nicht mehr über eine Residenz in der Nähe ihrer Bischofskirche. Kochs Vorgänger Rainer Maria Kardinal Woelki wohnte zur Miete in einer Fünf-Zimmer-Wohnung in Wedding. Diese wird jetzt aber von der Caritas anderweitig genutzt. Vor Woelki nutzte Kardinal Georg Sterzinsky eine Sieben-Zimmer-Residenz im Lichtenberg-Haus. Dieses Domizil schien dem jetzigen Oberhirten zu luxuriös. „Da fuhr man mit dem Aufzug in die Wohnung, und alles war mit Gold“, zitiert die katholische Wochenzeitung „Tag des Herrn“ Erzbischof Koch: „Die Miete war so hoch wie zwei Erzieherinnengehälter.“

30 Millionen für Bischofssitz von Tebartz-van Elst

Das dürfte auch bei dem geplanten Penthouse nicht viel anders sein. Immobilien in dieser Top-Lage werden für 15.000 Euro pro Quadratmeter verkauft. Die Bischofswohnung hätte selbst bei bescheidener Ausstattung daher einen Marktwert von sicherlich zwei Millionen Euro. Solche Vorhaben sind heikel in der katholischen Kirche, zumal in einem armen Bistum wie Berlin. Kritiker denken sofort an den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Dieser musste 2013 sein Amt aufgeben, nachdem die Bauarbeiten für seinen Bischofssitz mehr als 30 Millionen Euro verschlungen hatten.
Ob und wenn ja wann das Erzbistum seine Baupläne realisieren kann, ist jedoch noch unklar. Derzeit versuchen die Künstler beziehungsweise die Erben derjenigen, die den Innenraum der Hedwigs-Kathedrale in den 50er-Jahren gestaltet haben, den Umbau der Kirche vor Gericht zu stoppen. Sie sehen sich in ihrem Urheberrecht verletzt.
Leuchter, Bilder und Statuen sind eingelagert und könnten im Falle eines Erfolges der Kläger wieder nach Sankt Hedwig zurückkehren, versicherte Bistumssprecher Förner. Das Erzbistum möchte vor allem die mitten in der Kirche gelegene Öffnung zur Unterkirche schließen und den Altar ins Zentrum des Raumes rücken. Trotz Einwänden des Denkmalschutzes haben Berlins Behörden das Vorhaben genehmigt. Sie bewerteten die Neuordnung als ein liturgisches Interesse einer Religionsgemeinschaft, das schwerer wiege als der Schutz des von Künstlern aus Ost- und Westdeutschland gemeinsam geschaffenen Innenraums.

Das gesamte Projekt soll 60 Millionen Euro kosten

Die Sanierung des Kirchenbaus hängt aber nach den Worten des Bistumssprechers auch mit den Plänen für die Nebengebäude zusammen. Aber noch ist die Finanzierung des Gesamtprojekts unsicher. Auf 48 Millionen Euro beziffert das Bistum die Kosten für die Kathedrale selbst, zwölf Millionen kommen für das Bernhard-Lichtenberg-Haus und den Neubau hinzu.
Acht Millionen Euro Förderung hat das Land zugesagt, zwölf Millionen die Bundesregierung. Ursprünglich wollte das Bistum sich eine höhere Summe sponsern lassen. Nun sollen die anderen deutschen Bistümer ein Drittel der insgesamt 60 Millionen Euro Kosten übernehmen, 20 Millionen will das Erzbistum Berlin selbst aufbringen. Man warte auf die Förderbescheide von Bund und Land, sagte Bistumssprecher Förner. Dann könne man zunächst mit der Sanierung der Kuppel von Sankt Hedwig beginnen. Bis 11. November ist in der Kirche jeden Abend eine Installation von Rebecca Horn zu sehen. Danach wird die Kathe­drale wieder zugesperrt.

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