von Hans-Günter Appel...
Dämmerung über Wolfsburg: Politische Fehlentscheidungen und das Setzen aufs falsche E-Pferd haben VW in eine existenzielle Krise geführt (Foto: Imago)
Unsinnige Grenzwerte von Stickstoff- und Kohlenstoffdioxid zerstören die deutsche und europäische Automobilindustrie. Vorstände und Gewerkschaften zeigen keine Gegenwehr. Das wär früher anders. Nach dem Studium war ich im Volkswagenwerk als Werkstoffingenieur tätig. Die Aufgabe war, den Käfer besser und billiger zu machen. Das gelang. Es gab Lohnerhöhungen von 10 Prozent im Jahr bei gleichbleibenden oder sogar sinkenden Preisen. Erreicht wurde dies durch zunehmende Automatisierung, die auf einer sicheren und preiswerten Stromversorgung mit heimischer Kohle basierte.
Der Vorsitzende von Volkswagen war damals Heinrich Nordhoff, der das Werk nach dem Krieg ab 1948 aufgebaut hat. Er war ein hervorragender selbstbewusster Wirtschaftsführer, der nicht vor Politikern buckelte. In einer Betriebsversammlung erinnerte er an die Antwort des schwedischen Reichskanzlers Oxenstierna vor 400 Jahren an seinen Sohn, der sich über unsinnige politische Entscheidungen beklagt hatte: „Du ahnst nicht, mein Sohn, mit wie wenig Verstand die Welt regiert wird.“ Dies war seine Kritik an einseitigen Steuern, die den Absatz des „Bulli“ stark beeinträchtigten. In einer Versammlung leitender Angestellter berichtete er von seiner Reise zur Industriemesse in Posen über die staatliche Bevormundung in Polen. Seine Erkenntnis war: Jeder Pfennig, der an den Staat fließt, schränkt unsere Freiheit ein. Geben Sie dem Staat nur das unbedingt Erforderliche, war sein Credo.
Unsinnige Stickoxid-Grenzwerte
Mit der weiteren politischen Entwicklung wurde die bisherige Volkswagen GmbH, die im Besitz des Landes Niedersachsen stand, privatisiert. Niedersachsen behielt einen Anteil von 20 Prozent an dem Werk und bekam Mitspracherechte garantiert; damit stieg der politische Einfluss auf die Werksführung. Hinzu kam das Erstarken der Gewerkschaften. Politiker und Gewerkschaften erreichten im Aufsichtsrat die Mehrheit und bestimmen damit über den Vorstand. Der Vorstand kann sich nur halten, wenn er politische Entscheidungen mitträgt. Ähnliche politische Einflüsse gab und gibt es auch bei den meisten Konzernen in Europa.
Nur vor diesem Hintergrund wird es verständlich, dass der von der EU festgesetzte, unsinnig niedrige Stickoxid-Grenzwert von 40 µg NO2/m³ Luft (1 NO2-Molekül auf 50 Millionen Luftmoleküle – dieser Wert liegt knapp an der Nachweisgrenze) durch die Autohersteller nicht beanstandet wurde. Erste gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Stickoxide liegen um den Faktor 1.000 (!) höher. Warum der damalige Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn diesen unsinnigen Grenzwert akzeptierte, bleibt Spekulation. Er diente nicht der Gesundheit der Menschen, sondern war ein Schlag gegen die sparsamen deutschen Dieselmotoren, die in den USA immer stärker nachgefragt wurden. Es mag sein, dass Herrn Winterkorn von seinen Motorenentwicklern versichert wurde, der Grenzwert könne eingehalten werden. Damit sah er die Chance, den Absatz von Dieselfahrzeugen gegenüber der Konkurrenz noch zu vergrößern. Ob ihm auch klar mitgeteilt wurde, dass der Grenzwert nur im Test eingehalten wird, bleibt offen; denn für die freie Fahrt brauchte man höhere Motortemperaturen zur Kraftstoffeinsparung, die zwangsläufig mehr Stickoxide bringen.
Dekarbonisierung bringt Wohlstandsverlust
Die Aufdeckung dieser Manipulation hat VW bis heute viele Milliarden Euro gekostet, obwohl kein Mensch dadurch gesundheitlich beeinträchtigt wurde. Der Absatz von Dieselfahrzeugen brach in Europa und in den USA ein. Der EU-Grenzwert wurde aber nicht infrage gestellt, sondern einige Jahre mit Fahreinschränkungen durchgesetzt. Heute sind Stickoxide kaum noch ein Thema. Die Profiteure dieser Regulierung, wie die “Deutsche Umwelthilfe”, haben offensichtlich mit Abmahnungen genug daran verdient. Der Grenzwert wird nun mit „Add blue“, einer Harnstofflösung, die dem Kraftstoff beigemischt wird, eingehalten. “Add blue” und höherer Treibstoffverbrauch erhöhen die Fahrkosten.
Auch der nächste Schritt zum Niedergang der europäischen Fahrzeugindustrie kommt von der EU: Die CO2-Emissionen aus dem Verbrennen von Kohle, Erdöl und Erdgas sollen angeblich zu einem kritischen Anstieg der Erdtemperatur führen – obwohl es dafür bis heute keinen schlüssigen Beweis gibt. Hingegen haben viele namhafte Physiker nachgewiesen, dass eine Erhöhung des CO2-Gehaltes in der Luft zu keiner weiteren Erhöhung der Erdtemperatur führen kann. Trotzdem hämmern uns fast alle Medien ständig ein, CO2 sei ein “Klimakiller” und so ist es erklärte Politik der EU, die CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen in den nächsten Jahrzehnten gänzlich zu stoppen. So soll das “Weltklima” gerettet werden. Dabei ist der Einfluss von CO2 auf das Klima im Vergleich zu natürlichen Einflüssen, vor allem wechselnden Sonnenaktivitäten, vernachlässigbar.
Von wegen ”emissionsfrei”
Das CO2 in den Abgasen der Verbrennungsmotoren wird als ein maßgebender Anteil der klimaschädlichen Emissionen angesehen und soll daher verboten werden. Fahrzeuge sollen in ferner Zukunft nur noch elektrisch oder mit grünem Wasserstoff angetrieben werden. Dazu werden die erlaubten CO2-Emissionen im Abgas Jahr für Jahr reduziert. Inzwischen sind sie so gering, dass ein Mittelklassewagen mit Verbrennungsmotor keine ausreichende Leistung mehr aufweist.
Die erlaubten Emissionen werden für den Flottendurchschnitt berechnet. Das ist der Mittelwert aller Typen eines Herstellers. Batterie-Autos gelten als “emissionsfrei”, obwohl sie mit Strom fahren, der vorwiegend aus Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen stammt. Diese E-Autos drücken den Flottendurchschnitt. Das ist der Grund, warum alle Hersteller sehr schnell Elektroautos gebaut haben. Der US-Hersteller von E-Autos, Tesla, verdient ausschließlich Geld durch den Verkauf seiner Emissionsrechte an andere Autofirmen.
Schwächen der Elektro-Autos
Die Autofahrer in Europa haben die Schwächen der E-Autos schnell erkannt: Zum Laden wird preiswerter Strom mit hohen Leistungen gebraucht. Das ist jedoch Wunschdenken in Deutschland mit seiner “Energiewende”. Jede Fakepower-Anlage – also Wind- und Solarstrom – erhöht die Stromkosten und senkt die Verfügbarkeit. Strom gibt es nur, wenn die Sonne scheint und der Wind weht. Dann kann es allerdings Überschuss geben, der unter Zuzahlung ins Ausland entsorgt werden muss. Die Batterie soll in Zukunft nur dann geladen werden, wenn genügend “grüner Strom” verfügbar ist; eine abschreckende Idee. Darüber hinaus braucht das Laden viel Zeit. Selbst mit einer hohen Ladeleistung von 100 Kilowatt (kW) muss man fast eine Stunde warten, um dann 400 Kilometer weiter zu kommen. Das Tanken mit Treibstoff für die gleiche Fahrstrecke dauert dagegen nur eine Minute.
So ist es verständlich, dass immer mehr der produzierten E-Autos auf Halde landen. Es finden sich keine Käufer. Die Kunden wollen Autos, die bezahlbar und jederzeit fahrbereit sind – und E-Autos erfüllen diese Forderungen definitiv nicht. Wohl aber tut es der Dieselantrieb mit seinem hohen Wirkungsgrad. Wir werden daher noch viele Jahrzehnte mit Verbrennungsmotoren unsere Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe, Baumaschinen und viele andere Aggregate antreiben. Das ist auch vernünftig. Die Verbrennungsmotoren sollten daher weiterentwickelt und weiter in ihrer Effizienz verbessert werden; das wäre der richtige Weg. Ihr Verbot hingegen führt zu einem erheblichen Wohlstandsverlust.
Drohende Strafzahlungen in Milliardenhöhe
Das „Heizungsgesetz“ verhindert den Kauf von E-Autos zusätzlich: Es fordert unter Strafandrohung den Einbau emissionsloser Heizungen, die mindestens so viel kosten wie ein Mittelklassewagen. Dieses Geld fehlt zum Autokauf. Mit der Ablehnung von E-Autos durch immer mehr Autokäufer kann VW im kommenden Jahr den geforderten Flottendurchschnitt nicht erreichen, der dann um weitere 15 Prozent abgesenkt wird. Es drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe, die der finanziell angeschlagene Konzern nur kurzzeitig stemmen kann. Der Absturz von VW in die Bedeutungslosigkeit ist eingeleitet.
Dabei ist es kein Trost, dass es den übrigen Autoherstellern in Europa ähnlich geht. Eine Umkehr ist nur möglich, wenn die Energiewende beendet wird und die Energieversorgung marktwirtschaftlich mit Kohle, Erdgas und Erdöl gesichert wird. Vorrang sollten dabei die heimischen Rohstoffe haben: Braunkohle zur Verstromung, Erdgas und Erdöl aus Schiefergestein zum Heizen, für Treibstoffe und die chemische Industrie. Steinkohle für die Kraftwerke muss importiert werden. Sie ist preiswert auf dem Weltmarkt zu haben.
Chinas sichere und preiswerte Stromversorgung
Autoexperten und Politiker verweisen immer wieder auf den hohen Anteil an E-Autos in China und behaupten, Deutschland und Europa hätten die Entwicklung “verschlafen”. Die Energieversorgung in China ist jedoch völlig anders aufgebaut: Strom kostet dort nur ein Drittel der deutschen Preise und ist sicher in beliebiger Menge aus regelbaren Kraftwerken verfügbar. Jede große Stadt hat ihr eigenes Kohle- oder Kernkraftwerk. Die Versorgung mit Strom geschieht auf kurzen Wegen– ohne größere Leitungsverluste. Die zahlreichen Windstromanlagen dienen vor allem dazu, den regelbaren Strom aus den Wasserkraftwerken der großen Stauseen zu strecken und stören das Stromnetz nicht durch Überproduktion. Damit steht mehr Regelenergie zur Verfügung. Die Windstromanlagen in China sollen keine Kohle- und Gaskraftwerke ersetzen, sondern allein zur besseren Nutzung der Wasserkraft beitragen. Mit Deutschland ist das überhaupt nicht vergleichbar.
Die deutsche Energiepolitik ist daher auf Sand gebaut. Doch Gewerkschaften und Vorstände stützen diesen politischen Kurs der Ampel weiterhin. Das ist unverständlich, denn damit ebnen sie den Weg Deutschlands in die Bedeutungslosigkeit. Gemeinsam müssten sie von der Regierung eine marktorientierte Energiepolitik ohne ideologische Vorbehalte einfordern. Doch davon ist man anscheinend weit entfernt. Bis sich die Einsicht durchsetzt, gilt wohl weiter die von Herrn Nordhoff wiedergegebene Erkenntnis: „Du ahnst nicht, mein Sohn, mit wie wenig Verstand die Welt regiert wird.“ Und wir werden weiterhin für unsinnige Staatsausgaben, die unsere Freiheit einschränken, zur Kasse gebeten.