Demonstranten während einer Solidaritätskundgebung für Gaza in Sanaa. Ende Oktober begannen die jemenitischen Huthis mit dem Abschuss von Raketen und Drohnen im Rahmen ihrer „Operation zur Unterstützung der Palästinenser“.
Seit Ende Oktober, kurz nach Beginn des
Krieges zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen, haben die jemenitischen Huthis wiederholt Handelsschiffe im Roten Meer angegriffen. Einige Unternehmen, darunter BP, Maersk oder die deutsche Reederei
Hapag-Lloyd, hatten angekündigt,
alle Fahrten durch das Rote Meer einzustellen. Die vom Iran unterstützte Bewegung, die seit 2015 weite Teile des Jemen, darunter auch die Hauptstadt Sanaa, kontrolliert, feuerte zudem Drohnen und Raketen auf
Israel ab. Die Huthis fordern einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza und drohen, jedes Schiff auf dem Weg nach Israel anzugreifen.
Die Berliner Zeitung hat sich mit den Huthis (auch bekannt als Ansar Allah) in Verbindung gesetzt, um zu erfahren, wie sie ihre Ziele verstehen, was ihre Forderungen sind und wie sie ihr Vorgehen rechtfertigen. In einem Exklusivinterview, das schriftlich stattfand, nutzte der Brigadegeneral Aber al-Thaur, militärischer und strategischer Experte sowie stellvertretender Direktor der Abteilung für moralische Führung der Armee, die Gelegenheit, eine Botschaft an Berlin zu richten.
Das Interview übersetzte Eman Alsaeed.
Brigadegeneral al-Thaur, wer sind die Huthis beziehungsweise Ansar Allah? Donald Trump hatte sie als „Terrororganisation“ eingestuft, Joe Biden machte diese Entscheidung dann rückgängig.
Al-Kaida und IS breiteten sich in den südlichen und östlichen Gouvernements des Jemen aus, die alle unter der Kontrolle der Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabiens und jemenitischer Söldner standen. Diese Gruppen werden international als terroristisch eingestuft. Die saudischen und amerikanischen Streitkräfte schützten sie, versorgten sie mit Waffen, Ausrüstung und Geld und setzten sie als Söldner an der Seite der Kräfte ein.
Als die Vereinten Nationen und die USA Al-Kaida und IS als terroristische Gruppen einstuften, führte dies zu einer Zunahme der Bedrohungen gegen amerikanische und westliche Interessen in den südlichen und östlichen Regionen. Unsere Streitkräfte bekämpften die Terrorgruppen, töteten und nahmen viele von ihnen gefangen und räumten die Gebiete, die seit dem Jahr 2000 unter ihrer Kontrolle waren.
Die USA befanden sich zwischen zwei realen Gefahren: den terroristischen Gruppen und den Kräften von Sanaa unter der Führung von Ansar Allah, die von den USA als terroristische Organisation eingestuft wurde, was der Realität und der Vernunft widersprach.
Sobald die Standorte der Terrorgruppen unter die Kontrolle von Ansar Allah gerieten, änderte sich die Haltung der
USA: Sie widerriefen die Einstufung der Ansar Allah als ausländische terroristische Organisation, um ihr Image im In- und Ausland zu verbessern. Aber Sanaa hat immer noch die Dokumente und Beweise, die die USA in gemeinsame Aktionen mit Al-Kaida und dem IS verwickeln – diese werden von Jemen gegen die USA vorgelegt.
Die Ansar Allah wurden zu den Rettern des jemenitischen Volkes, als sie die Revolution vom 21. September 2014 durchführten. Ihr Ziel war es, den Jemen von seiner 45-jährigen saudischen Vormundschaft zu befreien, das amerikanische Diktat über die politischen Entscheidungen im Jemen abzulehnen und den ausländischen Mantel abzulegen.
Diese Situation hat die USA und ihre Verbündeten beunruhigt. Die Republik Jemen, ihre Hauptstadt Sanaa und ihre hoch entwickelten Streitkräfte sind „ein arabischer Pol in der Region“ und ein wichtiger Akteur in der arabischen nationalen Sicherheit. Ansar Allah ist heute eine politische Kraft, die die Führung des
Jemen übernommen und dem Land geholfen hat, in die Reihen der Industrieländer aufzusteigen und die Selbstversorgung in allen Aspekten des Lebens zu erreichen.
Was ist das Ziel der derzeitigen Operationen am Roten Meer? Was würde die Huthis dazu veranlassen, keine Schiffe mehr anzugreifen?
Das Hauptziel ist es, Israel zu zwingen, seine Aggression und seine Verbrechen gegen
Palästina und den Gazastreifen einzustellen und die Einfuhr von Lebensmitteln, Medikamenten und Trinkwasser für die Menschen in Gaza zu ermöglichen. Die USA haben angekündigt, die Position Israels zu unterstützen, das sich an der Hamas rächen will, indem es die Bevölkerung des Gazastreifens ab dem ersten Tag nach dem 7. Oktober 2023 angreift.
Die Hamas hat die Operation Al-Aqsa-Flut durchgeführt, um die israelische Armee vor den Palästinensern, den Arabern und der Welt bloßzustellen und zu zeigen, dass Israel ein koloniales Gebilde ist, das ein arabisches Land besetzt hält, und dass sich sein politischer Ansatz in der Politik der israelischen Armee und den von ihr begangenen Verbrechen widerspiegelt, zu denen Völkermord und die Vertreibung der Bevölkerung aus ihrem Land gehören.
Jemen erfüllt seine nationale und religiöse Pflicht, da Palästina ein arabisch-muslimischer Staat ist. Diese Pflicht, Palästina zu verteidigen, liegt in der Verantwortung aller arabischen und islamischen Länder, genau wie die USA und Europa Israel verteidigen. Die vorsätzlichen Angriffe auf zwei Millionen Muslime und Christen müssen aufhören, die Familien sollten die Möglichkeit haben, ihre Toten zu begraben und die Vermissten aus den Trümmern zu bergen.
Die Huthi-Angriffe haben den Welthandel gefährdet. Die größten Unternehmen der Welt suchen derzeit nach anderen Routen. Warum zielen Sie auf ihre Schiffe?
Ansar Allah und die Parteien der Gemeinsamen Sitzung des Allgemeinen Volkskongresses, die Sozialistische Partei und andere nationale Parteien sind die legitimen Vertreter der Republik Jemen. Als der Jemen am 31. Oktober 2023 ankündigte, dass er in eine militärische Konfrontation an der Seite Palästinas gegen Israel eintritt, geschah dies mit dem Ziel, die israelischen Angriffe und ihre täglichen Verbrechen gegen wehrlose Zivilisten zu stoppen.
Deshalb hat der Jemen seine Kontrolle über Bab al-Jemen, den Golf von Aden, das Arabische Meer und das Rote Meer durchgesetzt und israelische Schiffe an der Durchfahrt durch internationale Gewässer im Roten Meer gehindert. Die Änderung der Schifffahrtsrouten hat Israels Verbrechen gegen den
Gazastreifen und dessen Belagerung nicht gestoppt. Deswegen hat der Jemen die Belagerung Israels verschärft: Er hindert nun alle Schiffe, die das Rote Meer durchfahren wollen, um israelische Häfen zu erreichen, unabhängig von ihrer Nationalität.