Donnerstag, 28. März 2019

Brauchen wir etwa wieder Betriebskampgruppen?

Die Drohung der Linksradikalen war auf makabere Weise nützlich. Für Dienstagabend mobilisierten Szeneaktivisten ihre Anhänger, nach Berlin zu einem „Tag X gegen das Treffen von Verfassungsschutz und Kapital“ zu reisen, kombiniert mit der Kampfparole „Crash Their Party“. Die Wut richtete sich gegen die „Sicherheitstagung“, die das Bundesamt für Verfassungsschutz am Mittwoch gemeinsam mit dem Bundesverband der „Allianz für Sicherheit der Wirtschaft (ASW)“ in einem Hotel nahe des Hauptbahnhofs veranstaltete. Mit dem Titel „Extremismus – steigende Gefahr für Sicherheit und Reputation von Unternehmen“. Die Linksradikalen sorgten zuvor für Authentizität.




Angesichts der „Crash“-Drohung verlegte die ASW ihr für Dienstag geplantes Vorabendtreffen mit Teilnehmern der Tagung von einer Bar im Bezirk Mitte zu einem anderen, geheim gehaltenen Standort. Trotzdem kam ein größerer Trupp Linksradikaler zum Lokal und lief dann zum Tagungshotel. Die Polizei zog mehrere Personen aus der Demonstration heraus, unter anderem, weil sie vermummt waren.


Die Protestierer zählen zur Bewegung „Ende Gelände“, die teils friedlich, teils militant den Ausstieg aus der Braunkohleenergie fordert. Ein Schauplatz heftiger Konflikte ist im Rheinland der Hambacher Forst, den der Konzern RWE roden will, um den nahen Braunkohletagebau zu erweitern. Polizei und Mitarbeiter des Unternehmens sind immer wieder Angriffen linksextremer Kohlegegner ausgesetzt. Anfang der Woche flog ein mit Fäkalien gefüllter Eimer aus einem Baumhaus von Forstbesetzern, Angestellte von RWE wurden nur knapp verfehlt.


Die Gewalt gegen den Energiekonzern sei ein Beispiel, wie sich Linksextremisten in Proteste einmischen, sagte der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Sinan Selen, zu Beginn der Tagung in dem von der Polizei gesicherten Hotel. Und Selen erwähnte zwangsläufig die Krawalle von Autonomen beim G-20-Gipfel in Hamburg. Leidtragende waren auch Kleinunternehmer, ihre Geschäftsräume wurden von linksextremen Plünderern demoliert.


Die Liste der Probleme der Wirtschaft mit Extremisten ist lang. Selen und der ASW-Vorsitzende Volker Wagner nannten weitere Fälle, darunter die mutmaßlich linksextremen Brandanschläge auf Transporter des Onlineversandhändlers Amazon, auf Fahrzeuge der Deutschen Telekom und der Deutschen Bahn und auch auf deren Kabelanlagen. Die Schäden sind beträchtlich. Nach dem Brandanschlag der Gruppierung „Vulkangruppe NetzHerrschaft zerreißen“ auf einen Kabelschacht in Berlin waren im März 2018 nicht nur 6500 Privathaushalte stundenlang ohne Strom, sondern auch 400 Gewerbebetriebe.


Der Wirtschaft setzen allerdings nicht nur radikale Linke zu. Rechtsextreme Ausschreitungen wie im Spätsommer 2018 in Chemnitz „untergraben das Ansehen der Bundesrepublik in der Welt“, sagte Selen. Ausländische Fachkräfte und Investoren würden abgeschreckt. „Die Marke Deutschland leidet“, warnte der Verfassungsschützer. Und ASW-Mann Wagner verwies auf den Imageschaden, den Firmen erleiden, deren Produkte die rechte Szene demonstrativ nutzt. Als Beispiele nannte er die britische Marke „Fred Perry“, deren Polohemden Neonazis tragen, und den US-amerikanischen Sportartikelhersteller „New Balance“. Dessen Laufschuhe sind bei Rechtsextremisten beliebt, wegen des gut sichtbaren, aufgenähten Buchstabens „N“. In der Szene ein Code für „Nationalismus“, „nationaler Sozialismus“ oder auch „Nationalsozialismus“.


Auch von Islamisten bleibt die Wirtschaft nicht verschont. Wagner berichtete von Firmen mit radikalisierten Mitarbeitern. Ein Salafist, der bei der Telekom in Bonn beschäftigt war, reiste zur Terrormiliz „Islamischer Staat“. Im August 2015 wurde im Internet ein Video verbreitet, in dem der Mann zusammen mit einem Komplizen Geiseln erschießt. Probleme hatte auch der VW-Konzern mit einem Anhänger des IS. Erst nach längerem Rechtsstreit gelang es, den Mann loszuwerden.


Selen appellierte an die Wirtschaft, sich dem Extremismus entgegenzustellen. Gerade auch in den Betrieben. Als Beispiel nannte der Vizepräsident des BfV rassistische Äußerungen von Mitarbeitern. Es müsse in den Unternehmen „Chefsache“ sein zu verdeutlichen, „das wollen wir nicht“.


Auch der Spiegel berichtete hierüber, hier wurden die Rechten aber als das Hauptproblem dargestellt. Ein echter Relotius. "Terroristen aus dem islamistischen und rechten Spektrum schadeten dem Wirtschaftsstandort Deutschland zudem indirekt, weil sie mit ihren Aktionen "potenzielle Fachkräfte sowie Investoren aus dem Ausland abschrecken", sagte Selen. Er nannte gewalttätige Ausschreitungen wie im vergangenen August und September in Chemnitz als Beispiel."


Erschienen im Tagesspiegel






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